Akupunktur

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Die Akupunktur ist ein Therapieverfahren aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) mit Jahrtausende alten Wurzeln.

Bei der Akupunktur werden spezielle Akupunkturpunkte, die lt. TCM an Energiebahnen im Körper liegen, mit Akupunkturnadeln behandelt. Die Leitbahnen werden auch Meridiane genannt. Den Punkten sind verschiedene Körperbereiche bzw. unterschiedliche Organe zugeordnet. Durch Einstechen der Nadeln in die betreffenden Punkte werden positive Therapieeffekte im Bereich der korrelierenden (in Beziehung stehenden) Körperbereiche/Organe erzielt (z.B. Stimulation, ableiten überschüssiger Energie, Aufbau/Stärkung, Schmerzminderung und Ausschaltung).

Eine Behandlung mit bis zu 16 Nadeln dauert ca. 30 Minuten. Einsatz z.B. in der Allergiebehandlung und Schmerztherapie, teilweise Leistungsumfang der Krankenkassen, eine Akupunkturrichtlinie soll verabschiedet werden (Stand 2006).

Die Akupressur versucht ähnliche Effekte durch Massage von Akupunkturpunkten zu erzielen.

Akupunktur

"Die Akupunktur ist eine der wichtigsten Behandlungssäulen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)" (Richter 2000, 126). Die Anfänge der Akupunktur beginnen bereits vor ca. 6000 Jahren. Im damaligen China stachen sich die Menschen mit verschiedenen Anwendungen und Techniken an Stellen in die Haut, wo es gerade schmerzte. In der klassischen chinesischen Medizin werden 657 Punkte benutzt, heute sind 1270 Punkte bekannt (ebd.).

Qi und Xue

Qi ist Auslöser aller Bewegungen im Körper und nimmt Anteil an jeder Bewegung. Es ist Sitz der Lebenskraft. Xue steht hingegen als Oberbegriff für alle Körperflüssigkeiten. Für das Verständnis der Akupunktur bilden diese beiden eine wichtige Grundlage, denn jedes Organ des menschlichen Körpers beinhaltet ein eigenes Qi, das mit Qi und Xue verbunden ist. Untrennbar davon zu betrachten sind auch Yin und Yang, die Einfluss auf Qi und Xue haben (Richter 2000, 128).

Yin und Yang

Yin bildet den Gegensatz zu Yang. Beides sind Energieformen, die für das Gleichgewicht des Körpers verantwortlich sind. In der chinesischen Medizin wird mit Yin "alles Passive mit schwachen Funktionen, das Ruhige, Zurückhaltende, nach unten Tendierende..., die Erde" (Richter 2000, 130) verbunden, wohingegen Yang für das, was "aktiv und kräftig ist, was sich bewegt, nach oben steigt (Feuer) oder oben ist (Himmel)" (ebd.) steht. Daher findet im menschlichen Körper für Yin folgende Zuteilung statt: Herz, Milz, Pankreas, Lunge, Niere, Leber, Kreislauf und Sexualität. Für Yang: Dünndarm, Magen, Dickdarm, Blase, Gallenblase (ebd.).

Meridiane

Sie stellen eine wichtige Basis für die Akupunktur dar und bestehen aus Kanälen, die sich im menschlichen Körper zahlreich befinden. Jedes Organ im menschlichen Körper hat einen entsprechenden Meridian. Es gibt 12 Hauptmeridiane, die sich in 6 Yin-Meridiane und 6 Yang-Meridiane unterteilen. Die Yin-Meridiane verlaufen von unten nach oben und die Yang-Meridiane von oben nach unten. In diesen Kanälen fließt das Qi, es dient der Aufrechterhaltung der Körperfunktionen und vermittelt die Lebenskraft. Des Weiteren gibt es noch zwei Sondermeridiane, sechs außergewöhnliche Nebengefäße, 12 Meridianverbindungen, 15 Lo-Gefäße und 12 Meridiansehnen. Dort, wo ein Meridian endet, beginnt wiederum ein neuer Meridian, das heißt, dass alle Meridiane miteinander in Verbindung stehen. Innerhalb von 24 Stunden werden die Meridiane vom Qi durchströmt und sind gerade dann besonders stimulierbar (Richter 2000, 133-136). Zu den Aufgaben eines Meridians zählen vor allem, das entsprechende Organ zu steuern und zu modifizieren (Chernyak/Sessler 2005, 4).

Akupunkturpunkte

Dies sind Punkte, die sowohl auf den Meridianen liegen als auch in der Nähe der Meridiane, aber örtlich begrenzt sind. Sie haben einen Durchmesser von 2-5 mm und befinden sich sehr zahlreich an Händen, Ellenbogen, Knien, Füßen, Muskelansätzen und -rändern, aber auch an Gefäßen- und Nervenbündeln, die bestimmte Rezeptoren enthalten. Bei jedem Menschen liegen die Punkte an der gleichen Stelle. Auf den 12 Hauptmeridianen und den Sondermeridianen befinden sich 361 Akupunkturpunkte. Für die Bestimmung der Akupunkturpunkte gibt es folgende Merkmale:

  • es kann ein Gefühl von Wärme entstehen
  • die elektrische Leitfähigkeit der Haut kann sich erhöhen
  • diese Stellen reagieren schneller auf Druck
  • können sich weicher oder fester anfühlen als andere Stellen des Körpers (Richter 2000, 136)
  • während der Stimulation eines Akupunkturpunktes soll der Patient das sog. De-Qi-Gefühl erfahren, das sich in Form von Wärme, Kribbeln oder Taubheit ausdrückt und damit einhergehend die Energie des Lebens erreicht (Richter 2000, 139).

Typen der Akupunktur:

  • "Lokale Akupunkturpunkte
  • Akupunkturpunkte zur Behandlung der Nachbarregion
  • Akupunkturpunkte zur Behandlung entfernter Körperstellen
  • Symptombezogene Akupunkturpunkte
  • Funktionsbezogene Regulationspunkte (Richter 2000, 137)"

Besondere Punkte der Akupunktur:

  • Alarmpunkte (werden zur symptomatischen Behandlung benutzt und liegen in der Nähe des betroffenen Organs und sind Druck empfindlich)
  • Tonisierungspunkte (tonisieren/regen Meridian und zugehöriges Organ an)
  • Sedierungspunkte (beruhigen und wirken entspannend auf den Meridian und das zugehörige Organ)
  • Quellpunkte (verstärken die Wirkung der Tonisierungs- und Sedierungspunkte)
  • Neupunkte (liegen außerhalb der Meridiane; werden bei symptomatischer Behandlung benutzt)
  • Zustimmungspunkte (für jedes Organ gibt es einen Zustimmungspunkt am Rücken auf dem Blasenmeridian; Störungen des betroffenen Organs lassen den entsprechenden Punkt druckempfindlich werden)
  • Kardinalpunkte (mit acht der 12 klassischen Meridiane verbunden; befinden sich in den Extremitäten und regulieren die Energie)
  • Meisterpunkte (sind abhängig von der Erfahrung des Akupunkteurs und daher besonders wirkungsvoll)
  • Passagepunkte (auch als Lo-Punkte bezeichnet; energetische Verbindung zwischen einem Yin-Meridian und einem Yang-Meridian) (Richter 2000, 137f.)

Ohrakupunktur

Die Ohrakupunktur ist ein besonderer Teil der Akupunkturbehandlung. Auf dem Ohr ist jeder Teil des Körpers als Akupunkturpunkt lokalisiert. Allerdings ist der genaue Wirkmechanismus noch nicht näher untersucht. Die Ohrakupunktur kann einen schmerzstillenden Effekt auf das entsprechende Organ haben, jedoch sind zumeist einem Punkt mehrere Organsysteme zugeordnet (Chernyak/Sessler 2005, 5-6).

Nebenwirkungen

Bei der Anwendung von Akupunktur kann es zu Entzündungen, Infektionen oder auch zum sog. Nadelkollaps kommen. Des Weiteren kann es auch zu Muskelverspannungen, Blutungen, Pneumothorax und extremen Schmerzen kommen. In den hier genannten Fällen sind die Nadeln sofort zu entfernen (Richter 2000, 142-144).

Die Akupunkturbehandlung

In die Akupunkturbehandlung spielen verschiedene Faktoren hinein. Unter anderem hat die Verfassung des Patienten einen Einfluss auf die Behandlung, aber auch die geographische Lage des Behandlungsraums, die Jahreszeit, die Tageszeit und das Geschlecht des Patienten. Dies macht die Vergleichbarkeit der Behandlung so schwierig, dass somit die Behandlung auch von Patient zu Patient unterschiedlich sein kann (Chernyak/Sessler 2005, 1f.).

Mechanismus der Akupunktur

Bereits in den 1960er Jahren haben die Forscher angefangen den Wirkmechanismus der Akupunktur in Bezug auf den analgetischen Effekt (schmerzstillender oder -lindernder Effekt) zu untersuchen. Besonderen Wert bei ihrer Betrachtung haben sie dabei auf die Effekte im zentralen Nervensystem gelegt. Im folgenden Teil geht es um Mechanismen, die bei einer Akupunkturanwendung einen analgetischen Effekt haben können und von Pomeranz und Stux verständlich dargestellt worden sind:

  • durch das Eindringen der Nadeln werden afferente Nervenbahnen des Typs 1 und 2 im Muskel stimuliert. Sie senden daraufhin Impulse zum anterolateralen Teil des Rückenmarks. Mithilfe der Freisetzung der Substanzen Enkephalin und Dynorphin wird der Schmerz im Rückenmark präsynaptisch blockiert, daher kann kein Schmerzsignal weitergeleitet werden (Pomeranz/Stux 1989).
  • Stimulation erfolgt während einer Akupunkturanwendung auch im Mittelhirn. Es kommt zu einer Aktivierung von Zellen im periaquäduktalen Grau und im nucleus raphe magnus. Sie senden Signale durch den dorsolateralen Teil und lösen damit die Freisetzung der Monoamine Noradrenalin und Serotonin im Rückenmark aus. Noradrenalin und Serotonin sind Neurotransmitter und unterbinden im folgenden den Schmerz präsynaptisch und postsynaptisch, da sie die Übertragung von Signalen durch den spinothalamischen Bereich vermindern (Pomeranz/Stux 1989).
  • des Weiteren entsteht während einer Akupunkturanwendung auch die Stimulation des hypophysisch-hypothalamischen Komplexes. Es findet daraufhin eine Ausschüttung von Betaendorphinen aus der Hypophyse ins Blut statt. Diese Ausschüttung hat eine weitere Freisetzung zur Folge, adrenocorticotropische Hormone werden ausgeschüttet (Pomeranz/Stux 1989).

Sham-acupuncture

Die Sham-acupuncture oder Schein-Akupunktur wird im Falle von Studien zur Akupunkturanwendung als Vergleichsmöglichkeit benutzt. Die Schein-Akupunktur bietet bei diesen Studien die Möglichkeit, die Teilnehmer der Therapiegruppe mit den Teilnehmer der Placebogruppe adäquat zu vergleichen. Denn bei der Durchführung der Studien wissen die Teilnehmer zumeist nicht, ob sie während der Studie in der Therapiegruppe waren und die Akupunktur erhalten haben oder ob sie in der Placebogruppe waren und eine Schein-Akupunktur erhalten haben. Bei der Schein-Akupunktur werden die Nadeln oberflächlich in die Haut der Studienteilnehmer gesetzt und zwar an Punkte, die sich etwa 1cm seitlich neben einem Akupunkturpunkt befinden. Das Problem der Vergleichbarkeit dieser Schein-Akupunktur mit der "normalen" Akupunktur ergibt sich daraus, dass die Schein-Akupunktur ebenfalls bestimmte Areale im Gehirn aktiviert, allerdings unterscheiden sich diese von den Arealen der "normalen" Akupunktur (Chernyak/Sessler 2005, 7). Die Schein-Akupunktur wie auch die "normale" Akupunktur können im Gehirn dafür sorgen, dass hemmende Schmerzbahnen aktiviert werden. Daher kann auch eine Schein-Akupunktur einen analgetischen Effekt bei 40-50% der Patienten haben (Usischenko et al. 2007, 183).

siehe auch:

Literatur:

  • Chernyak, Grigory V.; Sessler, Daniel I.: Perioperative Acupuncture and Related Techniques. In: Anaesthesiology (2005). 102 (5). S. 1-39.
  • Richter, Isolde (2000): Naturheilkundliche Therapieverfahren. Einführung in die wichtigsten Behandlungsverfahren. Urban&Fischer 2. Aufl. S. 125-145.
  • Pomeranz, B.; Stux, G.: Scientific Bases of Acupuncture. Springer Verlag.1989. Berlin. S. 1-199. In: Chernyak, Grigory V.; Sessler, Daniel I.: Perioperative Acupuncture and Related Techniques. In: Anaesthesiology (2005). 102 (5). S. 1-39.
  • Usischenko, TI.; Kuchling, S.; Witstruck, T.; Pavlovic, D.; Zach, M.; Hofer, A.; Merk, H.; Lehmann, C.; Wendt, M.: Auricular acupuncture for pain relief after ambulatory knee surgery: a randomized trial. CAMJ (2007). S. 179-183.

Ausbildung

  • Akupunkturausbildung für Ärzte (ca. 200-300h)
  • Akupunkturlehrgänge
  • Teilgebiet der Ausbildung für Heilpraktiker