Fehlermanagement

Aus Familienwortschatz
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Fehlermanagement klingt etwas hochgestochen. Der Begriff ist aber in der Managementliteratur gebräuchlich. Gemeint sind die Fehler, die Mitarbeiter in Unternehmen machen und wie Führungskräfte mit den Fehlern ihrer Mitarbeiter umgehen.


Erwartungsdruck

Albert Ellis, der Begründer der rational-emotiven Verhaltenstherapie, meint, dass Menschen mit Forderungen im Kopf durchs Leben gehen, eine davon ist:

Ich muss meine Sache unbedingt gut machen! Menschen setzen sich oft unter zu starken Erwartungsdruck: Um den eigenen Idealen gerecht zu werden, muss ich Erfolg haben, tüchtig sein und alles erreichen, wozu ich fähig bin. Wenn nicht, bin ich ein elender Versager.

Chefs können den Druck durch den Hang zum Perfektionismus noch verstärken. Alles wird bis zur kleinsten Kleinigkeit geplant und kontrolliert, ob die Ausführung perfekt erledigt worden ist. Wenn etwas schief läuft, wird es als Katastrophe empfunden. Solche Chefs nehmen den Mitarbeitern die Luft zum Atmen. Die Bereitschaft, etwas zu ändern und der Mut, etwas Neues auszuprobieren wird im Keim erstickt. Die amerikanischen Therapeuten Arnold und Clifford Lazarus (Vater und Sohn) erzählen in ihrem Buch „Der Taschentherapeut“, dass sie auf einer Party einen Gast voller Stolz sagen hörten: „Ich bin ein Perfektionist!“ Darauf sagte einer der beiden: Tut uns leid, das zu hören. Sie haben unser ganzes Mitgefühl.

Bereits der französische Schriftsteller Marcel Proust war davon überzeugt, dass man erst dann wirklich etwas lernt, wenn etwas schief geht.

Von der Angst, Fehler zu machen

Angst tritt immer dort auf, wo wir uns in einer Situation befinden, der wir nicht gewachsen sind. Jede Entwicklung, jeder Reifungsprozess ist mit Angst verbunden, denn er führt uns in etwas Neues, bisher Unbekanntes, in innere und äußere Situationen, die wir noch nicht erlebt haben.

Menschen haben Angst davor, Fehler zu machen. Diese Angst sitzt offenbar tief. Das Konkurrenzsystem Schule sorgt bei vielen für den ersten großen Misserfolg. Schlechte Noten und Sitzen bleiben sind oft der Schock ihres Lebens. Das Scheitern lernten sie nicht, meint Martin Walser (SPIEGEL 22/02), obwohl sie beim Verlieren wichtigere Erfahrungen machen könnten als beim Gewinnen.

Was tun viele ein Leben lang gegen diese Angst? Sie versuchen, fehlerlos, korrekt und perfekt zu sein, alle Fehlerquellen zu eliminieren und die Arbeit so zu organisieren und Kontrollen einzubauen, dass Fehler vermieden werden.

Doch Fehler ist nicht Fehler. Bei einem Kassierer muss die Abrechnung auf den Cent genau stimmen, einem Arzt darf kein Kunstfehler unterlaufen, eine Gesundheits- und Krankenpflegerin darf keine falschen Medikamente verabreichen, ein Pilot muss exakt und fehlerfrei arbeiten und bei einem Bergsteiger kann ein Fehler tödlich sein.

Bei anderen Berufen sind Fehler notwendig, um ein Problem zu lösen, zu neuen Erkenntnissen durch Versuch und Irrtum zu kommen oder um Neues auszuprobieren wie zum Beispiel ein neues Pflegekonzept oder Methoden zur Qualitätssicherung.

Angst hat nicht nur etwas Bedrohliches und Quälendes. Angst fordert uns heraus, macht uns mutig, lässt uns die Erfahrung machen, Hindernisse zu überwinden und unsere Ziele zu erreichen.


Vertrauen schaffen, offen über Fehler reden

Emotionale Defizite am Arbeitsplatz, so der amerikanische Psychologe Daniel Goleman, führten zu Fehlern und Pannen, zu sinkender Produktivität und hoher Fluktuation. Der Manager als Dschungelkämpfer gehöre der Vergangenheit an, die Zukunft werde von „Virtuosen am interpersonalen Fähigkeiten“ bestimmt. Zur emotionalen Intelligenz gehört demnach auch der angemessene Umgang mit Fehlern, wie man Frust und Niederlagen wegsteckt und auch die Art, wie Führungskräfte Kritik äußern.

Wir brauchen eine Fehlerkultur! Das liest man immer öfter. Wir müssen mit Fehlern anders umgehen, das stimmt. Aber eine Kultur brauchen wir deshalb nicht. Wir wollen Fehler weder pflegen (lat. colere = pflegen, bebauen) noch kultivieren. Führungskräfte müssen vielmehr dafür sorgen, dass eine Arbeitsatmosphäre herrscht, bei dem die Mitarbeiter Lust haben zum Mitdenken und Mitmachen, wo neue Ideen willkommen sind und nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird und bei Fehlern nicht gleich ein Donnerwetter losbricht.

Ich habe es vermasselt (screwed up), sagte der amerikanische Präsident Barack Obama in einem Fernsehinterview und gab freimütig seinen Fehler zu, den er mit der Nominierung des Gesundheitsministers Daschle gemacht hat.


Faustregeln

Wenn man sich gegenseitig vertraut, lassen sich auch ein paar Regeln aufstellen für den Umgang mit Fehlern:

  • Fehler gelten als Lernerfahrung und sind Anhaltspunkte für unsere Weiterentwicklung.
  • Es wird offen über Fehler geredet. Auch Chefs gestehen ihre Fehler ein.
  • Wer Fehler macht, hat auch die Verantwortung.
  • Aus Fehlern lernen und Konsequenzen ziehen, um Wiederholungen zu vermeiden.

Wenn Führungskräfte von ihren Mitarbeitern erwarten, dass sie selbständig und eigenverantwortlich ihren Job machen, müssen wir ihnen auch Fehler zugestehen. Nach außen müssen die Mitarbeiter auf die Loyalität und Unterstützung des Chefs vertrauen können.


Siehe auch:

Literatur

  • Ellis, Albert: Grundlagen und Methoden der rational-emotiven Verhaltentherapie, Stuttgart 2008
  • Goleman, Daniel: Emotionale Intelligenz, München 2001
  • Lazarus, Albert / Lararus, Cifford: Der kleine Taschentherapeut, München 2006
  • List, Karl-Heinz: Praxisbuch Personalmanagement in der Pflege, Berlin 2010