Armut und Krankheit

Aus Familienwortschatz
Version vom 12. Dezember 2011, 01:25 Uhr von Admin (Diskussion | Beiträge) (1 Version: Pflegewiki Ergänzung)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Sozial bedingte Unterschiede der Gesundheit

Es existiert ein signifikanter Zusammenhang zwischen Gesundheitszustand und Lebenserwartung auf der einen Seite und Einkommen, sozialer Schicht und Bildungsniveau auf der anderen Seite. Damit wird die Analyse des Gesundheitszustandes der Bevölkerung eines Landes zu einem Spiegel des sozialen und politschen Lebens. Diese Aussage gilt auf Ebene von Staaten, ethnischen Gruppen und sozialen Schichten innerhalb jeder Personengruppe. Der Versuch einer Kategorisierung der Ursachen führt bei den meisten Studien zu folgenden Annahmen:

  1. Kausalitätshypothese (materielle These): Armut führt zur Krankheit
  2. Selektionshypothese (Drift-Theorie): Krankheit führt zur Armut
  3. Strukturhypothese: die Lebensumstände und Zusammensetzung der (niedrigeren) Bevölkerungsschichten führen zu (verminderter) Gesundheit

Alle drei Hypothesen treffen zu und verstärken sich gegenseitig - sie bieten jedoch auch Ansatzpunkte zur Verbesserung der Situation. Die Armutsschwelle ist mit 60% des Einkommens-Medians definiert. Mittelschicht, Statistik. "Akut arm" (unter der Armutsschwelle und „bedrückende Lebensumstände“ treffen zu) waren lt. Armutskonferenz in Österreich 2008 ca. 460.000 Personen, es ist ein deutlicher Anstieg in den letzten Jahren zu verzeichnen. Die Armutskonferenz, Armut in Zahlen. Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Oberschicht und Unterschicht der Bevölkerung ist auch in Mitteleuropa erheblich (3-4 Jahre bei Männern, 4-5 Jahre bei Frauen).

ad 1.) Armut führt zu Krankheit

Beispiele

  • schlechte Wohnverhältnisse (Schimmel, Platznot,..)
  • schlechte Ernährung (minderwertige Lebensmittel, geringe Vielfalt,..)
  • schlechte Bildung (geringeres Krankheitsbewusstsein, Angst vor dem Arztbesuch, kein Wissen um Zugangsmöglichkeiten,..)
  • Depression aufgrund der aussichtslosen Lage
  • fehlende Erholungsmöglichkeiten (kein Urlaub, kein Sportverein,..)
  • Höhere Kindersterblichkeit

Staatliche Maßnahmen

  • Freier Zugang zu Bildung
  • Mindestlohn
  • Mindestpension
  • Sozialversicherung ohne Hürden
  • Beratungsstellen

Privat organisierte Maßnahmen

  • Günstige Angebote für Betroffene Sozialmärkte Wien
  • Selbsthilfegruppen (koordinierte Einkäufe, Sozialkontakt, ..)
  • Nachbarschaftshilfe

Maßnahmen der Betroffenen

  • Informieren über Unterstützungsmöglichkeiten
  • Vermeiden von suchterzeugenden Ersatzbelohnungen (Tabak, Alkohol,..)
  • Optimieren der Einkaufsgewohnheiten
  • Akzeptieren von Hilfe

ad 2.) Krankheit führt zu Armut

Beispiele

  • Behandlungskosten
  • Zeitaufwand für private Pflege
  • Geringere Leistungsfähigkeit
  • Veringertes Jobangebot
  • Arbeitslosigkeit

Staatliche Maßnahmen

  • Krankenversicherung
  • Behindertenarbeitsplätze
  • Fördermaßnahmen zur (Wieder-)eingliederung

Privat organisierte Maßnahmen

  • Unterstützung von erkrankten Mitarbeitern
  • Heimarbeit
  • Förderungsprogramme

Maßnahmen der Betroffenen

  • Eigeninitiative, Psychohygiene

ad 3.) Strukurelle Ursachen

Wie an den folgenden Beispielen erkennbar, trifft dieser Problemkreis in Mitteleuropa nur in relativ unbedeutender Form zu. In den Entwicklungsländern dagegen stellen die strukturellen Ursachen das Hauptproblem dar.

Beispiele

  • Weite Wege zu sozialen Einrichtungen
  • schlechte Nahrungsmittelversorgung
  • schlechte Trinkwasserversorgung
  • Schlechte Wohnungssituation
  • Ghettobildung
  • Sozialer Druck durch Zuwanderung
  • Gefährliche, schlecht bezahlte Arbeit (bei typischerweise wenigen regionalen Arbeitgebern)

Staatliche Maßnahmen

  • Flächendeckendes Netz von Bildungs- und Gesundheits-Einrichtungen
  • Öffentliche Verkehrsmittel
  • Sozialer Wohnbau
  • Geordnete Integration
  • Sicherheitsvorschriften
  • Betriebsansiedlungen, -förderungen

Privat organisierte Maßnahmen

  • Mitfahrgemeinschaften
  • Günstige Lieferdienste
  • Gewerkschaftliche Organisation

Maßnahmen der Betroffenen

  • Mobilität
  • Ernährungsbewusstsein
  • Öffentlichkeitsarbeit (Proteste, Leserbriefe, Petitionen,..)
  • Risikobewusstsein, Arbeitsschutz

Quellenangaben

Ungleichheit von Gesundheitschancen

Schneider, S., Lebensstil und Mortalität. Welche Faktoren bedingen ein langes Leben? Wiesbaden, Westdeutscher Verlag, 2002, ISBN 3-531-13760-3

Schenk, M.: Und raus bist Du! Die Stärke und die Ohnmacht der Schwachen. Armut, Katalog zur 298. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 2002