Altenpflege (Zeitschrift)/Stück für Stück

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Jörg Schlarmann

Stück für Stück

Jörg Schlarmann: Als Student der Pflegewissenschaft weiß er zur Genüge, wie mühsam mitunter die Suche nach Informationen ist. Als Internet-Experte will er nun Abhilfe schaffen. Unter dem Titel "Pflegewiki" hat der 27-Jährige aus Gelsenkirchen ein interaktives Speziallexikon ins Netz gestellt. Von Holger Jenrich und Werner Krüper (Foto)


Ein Fernseher im XXL-Format, ein paar Mobiltelefone und jede Menge Computer-Bildschirme: Wer die Wohnung im Gelsenkirchener Stadtteil Bismarck betritt, weiß ziemlich schnell, mit welcher Sorte Mensch er es hier zu tun hat. Jörg Schlarmann ist das, was man gemeinhin wohl einen Medienjunkie nennen würde. Per N-TV immer auf dem Laufenden, per Handy immer erreichbar, per Laptop immer online - der 27-Jährige macht aus seinen Suchten keinen Hehl. "Ein paar Stunden am Tag gehen für all das schon drauf", sagt er, "aber warum auch nicht? Ich hab schließlich meinen Spaß daran."

Beruflich hat Jörg Schlarmann mit der bunten Welt der Medien eher weniger zu tun. Nach dem Abi und dem Zivildienst in einer Diakoniestation vor Ort hatte er die Wahl zwischen Medizin- und Informatikstudium - und entschied sich letztlich fur eine Ausbildung zum Krankenpfleger. "Die Zeit als Zivi hat mir gut gefallen", sagt er, "so bin ich in der Pflege hängen geblieben." Inzwischen allerdings ist der einstige Praktiker eher auf Seiten der Theoretiker gelandet. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Dozent an einem DRK-Fachseminar für Altenpflege in Bochum, seine Karriere plant er als Student der Pflegewissenschaft an der Universität Witten-Herdecke. Um seinen Bachelor-Abschluss zu erlangen, bastelt er derzeit an einer empirischen Arbeit darüber, inwieweit die Einführung der DRGs das Tätigkeitsprofil der Mitarbeitenden in einer Pflegeeinrichtung verändert hat. "Vielleicht sattele ich irgendwann noch einen Master-Abschluss obendrauf", sagt der Mann mit dem Ruhrgebietsdialekt und dem Pferdeschwanz, "aber das ist reine Zukunftsmusik. Erst einmal muss ich zusehen, dass ich diese Arbeit fertig bekomme."


Woran ihn vor allem seine Medienleidenschaft hindert. Und da nicht zuletzt sein Faible für Bits und Bytes, für Homepages und Downloads. "Das Internet", sagt Jörg Schlarmann, "ist so spannend und faszinierend - da fällt es mir manchmal schon schwer, mit dem Surfen aufzuhören." Im World Wide Web bewegt er sich dank jahrelanger Übung traumwandlerisch sicher und höchst professionell. Für sein Studium hat er mühelos in elektronischen Archiven und Datenbanken recherchiert. Mit einem Freund hat er eine kleine EDV-Firma gegründet. Und für den "Deutschen Verein für Pflegewissenschaft" oder das "Internationale Hospitationsprogramm Pflege" der Robert Bosch Stiftung hat er interessante Websites gestaltet.


Weil das Internet für ihn gleichzeitig Wundertüte, Bibliothek und Spielwiese ist, hat Jörg Schlarmann nun vor wenigen Monaten ein neues Projekt in Angriff genommen - unter www.pflegewiki.de ist es im Netz anzuschauen. "Wikis", sagt er, "sind Enzyklopädien, die es jedem Besucher ohne weitere Anmeldung erlauben, den jeweiligen Inhalt zu ergänzen, zu verbessern oder zu löschen." Auf diese Weise entstehe Stück für Stück eine untereinander verknüpfte Wissensdatenbank, die sich durch die Benutzer selbst pflege, erweitere und auf dem neuesten Stand halte. Wie das in der Praxis funktioniert, macht das freie Online-Lexikon ,,Wikipedia" vor -die internationale Ausgabe zählt rund 300 Millionen Zugriffe pro Monat. Seit Mai 2001 gibt es im Netz auch eine Variante in deutscher Sprache. Rund 175 000 Einträge von "Ab-coude" bis "Zylinderkoordinaten" sind dort jederzeit abrufbar. Und zwar in Sekundenschnelle - das Wort ',wikiwiki" entstammt der Sprache der Hawaiianer und bedeutet nichts anderes als "schnell".


Jörg Schlarmann hat es sich nun in den Kopf gesetzt, ein ,,Wiki" speziell für den Pflegebereich aus der Taufe zu heben. "Gerade für Schüler ist ein solches Angebot doch eine tolle Sache", sagt der Internet-Pionier, "vieles von dem, was sie im Unterricht erarbeitet haben, können sie anschließend ins Wiki stellen. Und im Laufe der Zeit verfolgen, wie sich ihre Texte verändern und wie sie wachsen." 417 Artikel sind seit Ende August im "Pflegewiki" vertreten. Darunter Beiträge zur Krankenpflege, zur psychiatrischen Pflege, zur Altenpflege. Referate über Snoezelen, Basale Stimulation, Demenz, Diskussionen über Schlafstörungen, Wundbehandlung, Hospizarbeit. "Den allerersten Text zum Thema DRGs habe ich selbst reingestellt", sagt Jörg Schlarmann, "und zwar bewusst lückenhaft, weil ich ja zum Mitmachen animieren will."


Inzwischen hat so mancher InternetUser aus Krankenhäusern oder Altenheimen das Angebot des "Pflegewiki" schätzen gelernt. Mehrere Tausend Anwender haben seit dem Start des Lexikons Veränderungen, Ergänzungen, Korrekturen an einzelnen Texten vorgenommen - und sind selbst in ihren Ansichten von anderen verändert, ergänzt, korrigiert worden. Mit der Resonanz sei er bisher sehr zufrieden, sagt Jörg Schlarmann, schließlich "gilt der gemeine Pfleger in der Branche nicht unbedingt als Computercrack" Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Für einen solchen Fall hat er bereits eine neue Idee in der Schublade: "Warum soll es in ein paar Jahren nicht ein Wiki nur für die Altenpflege geben...?"

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