Anmerkungen zur Schluckstörung

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Anmerkungen zur Schluckstörung

Patienten, die Schwierigkeiten beim Schlucken sowohl von flüssigen als auch von festen Speisen haben, bei denen keine vorübergehende Ösophagusobstruktion durch einen Nahrungsbolus vorliegt und bei denen sich ein langsam fortschreitender Gewichtsverlust bemerkbar macht, leiden wahrscheinlich unter einer neuromuskulären Erkrankung, welche eine Motilitätsstörung des Ösophagus verursacht. Subjektive und objektive Symptome von Kollagenosen, Myopathien, einer Muskeldystrophie oder einer dystrophischen Myotonie, eines Diabetes mellitus oder von Erkrankungen des ZNS müssen sorgfältig eruiert werden.

Falls die anschließenden Untersuchungen bei solchen Patienten eine Striktur ergeben, darf dies nicht dazu führen, daß die Untersuchung der Ösophagusmotilität unterbleibt. Im Gegensatz dazu muß der Patient mit einer anatomischen Obstruktion die feste Nahrung, die er zu sich nimmt, immer mehr zerkleinern, während er mit Flüssigkeiten keine Probleme hat. Er verliert auch rasch an Körpergewicht. Bei Patienten mit einer dementsprechenden Anamnese sollte man die Röntgendarstellung der Speiseröhre und eine Endoskopie des oberen Gastrointestinaltrakts vornehmen.

Patienten, die kurz nach dem Schlucken die Speise wieder herauswürgen oder bei denen Flüssigkeiten rasch durch die Nase regurgitiert werden, leiden wahrscheinlich unter einer neuromuskulären Erkrankung, die hauptsächlich den oberen Ösophagus betrifft. Beobachtet man den Patienten beim Schlucken von Wasser, so kann sich ein Hinweis darauf ergeben, daß bereits die Einleitung des Schluckaktes gestört ist (Funktionsstörung des N. hypoglossus oder im Bereich des Pharynx). Läßt man den Patienten im Stehen Wasser schlucken und auskultiert gleichzeitig über dem Magen, so kann mit dieser einfachen klinischen Prüfung zusätzlich die Passagezeit im Ösophagus ermittelt werden. Dauert die Passagezeit von Mund zu Magen bei normalem Beginn des Schluckaktes länger als 10 Sekunden, so ist dies als Hinweis auf eine Achalasie zu werten.

Eine leicht behebbare Ursache einer Dysphagie bei der Aufnahme fester Nahrung - z. B. ein schlechtes Gebiß, mit dem die Speisen nicht ausreichend gekaut werden kön- nen -, läßt sich möglicherweise allein dadurch feststellen, daß man den Patienten beim Essen beobachtet. Verschwinden die Schluckstörungen nach Gebißkorrektur, so kann die weitere Untersuchung verschoben werden.

Wird bei einem Patienten mit einer Dysphagie erstmals eine Röntgenuntersuchung angeordnet, so sollte dem Radiologen unbedingt mitgeteilt werden, ob die Anamnnese auf eine anatomische Obstruktion oder auf eine Motilitätsstörung hinweist. Die sorgfältige Beobachtung des gesamten Schluckablaufs während der Röntgendurchleuchtung mit späterer Überprüfung der Magnetbandaufzeichnung ist unerläßlich. Manchmal kann die Sensitivität der Untersuchung durch Schluckenlassen eines in Barium getauchten Weißbrot- oder Fleischstücks verbessert werden. Zum Ausschluß von Läsionen der Kardia, die sich bis in den Ösophagus hinein erstrecken, oder anderer peptischer Schädigungen muß auch der Magen untersucht werden. Es hat sich als praktisch erwiesen, bei allen Patienten als nächstes eine Endoskopie durchzuführen (zur Entnahme von Biopsien aus den beobachteten Läsionen und zum Ausschluß falsch-negativer Röntgenbefunde). Ausgenommen sind diejenigen Patienten, bei denen sich die Motilitätsstörung durch charakteristische Befunde im oberen Ösophagus erklärt. Bei dieser Patientengruppe ist der nächste diagnostische Schritt die Durchführung einer Motilitätsprüfung. Anschließend sollte dann aber auch bei diesen Patienten eine Ösophagoskopie durchgeführt werden.

Es muß betont werden, daß psychogene Ursachen einer Dysphagie, wie beispielsweise ein "Globus hystericus", Ausschlußdiagnosen sind. Die Tatsache, daß eine Dysphagie in zeitlichem Zusammenhang mit psychosozialen Belastungssituationen stehen kann, darf nicht von einer sorgfältigen diagnostischen Abklärung abhalten.

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