Fragebogen

Aus Familienwortschatz
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Eine Befragung kann in verschiedenen Formen erfolgen:

  • Schriftlich, Mündlich
  • standardisiert, nicht standardisiert

Standardisiert heißt, daß jeder befragten Person dieselben Fragen in derselben Formulierung und in derselben Reihenfolge gestellt werden (siehe auch standardisierte Befragung).

Unterschiede

Ein Fragebogen mit standardisierten Fragen wird auch als strukturierter Fragebogen bezeichnet. Als Gegensatz dazu benutzt man in der qualitativen Forschung halbstrukturierte oder teilstrukturierte Fragebogen oder Interviewleitfäden.

Genau genommen handelt es sich bei der Strukturierung um ein Kontinuum von vollstrukturiert bis unstrukturiert.

Gemeinsam ist allen nicht standardisierten Erhebungsmethoden, daß die Art der Erhebung von Fall zu Fall variiert, also individuell orientiert ist.

Eine wesentliche Unterscheidung der verschiedenen Untersuchungsmethoden sind auch die Möglichkeiten der Auswertung. Standardisierte Erhebungsmethoden erlauben quantitative Auswertungen und die Anwendung statistischer Verfahren. In der qualitativen Forschung sind völlig andere Auswertungsstrategien einzusetzen.

Die Aussage, daß eine Befragung mündlich erfolgt, sagt nach obiger Darstellung im allgemeinen noch nichts darüber, ob diese Befragung standardisiert ist oder nicht. Ebenso wenig besagt die Information, daß ein standardisierter Fragebogen eingesetzt wird, etwas darüber, ob die Befragung mündlich oder schriftlich erfolgt.

Üblicherweise wird eine mündliche Befragung als Interview bezeichnet. Eine besondere Form des standardisierten Interviews gewinnt zunehmend an Bedeutung: das Telefoninterview.

standardisierter Fragebogen

Es gibt verschiedene Gründe, die für die Anwendung standardisierter Erhebungsmethoden sprechen:

  1. Vergleichbarkeit von Antworten: Wenn alle Befragten die gleiche Frage beantworten mußten, dann ist ihre Antwort auf eben diese einheitlich formulierte Frage zurückzuführen, Unterschiede in den Antworten sind dann auf Unterschiede der Befragten zurückzuführen und haben nichts mit möglicherweise unterschiedlich formulierten Fragen zu tun.
  2. Geringerer Interviewereffekt: Bei der Anwendung standardisierter Formulierungen in einem Interview hängen die Reaktionen der Befragten nicht so stark von der Persönlichkeit der Interviewerin ab wie bei nicht standardisierten Fragen. Die Zuverlässigkeit, vor allem die Interraterreliabilität wird erhöht.
  3. Einsatzmöglichkeit in großen Populationen: Die Erarbeitung eines standar disierten Erhebungsinstrumentes erfordert zwar einige Mühen und Zeit, ermöglicht es aber dann, daß es bei sehr vielen Personen mit einem überschaubaren Aufwand gleichartig eingesetzt werden kann. Unter entsprechender Berücksichtigung der Stichprobentheorie sind die Ergebnisse eher verallgemeinerbar als die von qualitativen Untersuchungen.


Nachteile standardisierter Erhebungen:

  1. Bedeutungsgehalt der Frage: Eine für alle Befragte gleich formulierte Frage hat noch keinesfalls von selbst für diese Befragten auch den gleichen Bedeutungsgehalt. Also: Verstehen alle Befragten auch dasselbe bei der Frage wie die Fragestellerin? Und: Wie läßt sich eine Frage formulieren, die bei verschiedenen Befragten den gleichen Reiz auslöst? Diese Überlegungen sind neben den allgemein inhaltlichen der Untersuchungsfrage die wichtigsten bei der Konstruktion eines Fragebogens.
  2. Unveränderbarkeit während der Untersuchung: Wenn die Frage für alle gleich sein muß, darf sie bei der Datenerhebung auch dann nicht mehr verändert werden, wenn man erkennt, daß sie wesentlich besser formuliert werden könnte. Sonst kann die Vergleichbarkeit nicht gewährleistet sein. Aus diesen Gründen ist gerade bei standardisierten Verfahren ein ausführlicher Pretest von größter Bedeutung.
  3. Entfremdete Interaktion: Eine standardisierte Befragung stellt zwar immer eine soziale Interaktionssituation dar, ein standardisierter Fragebogen wirkt jedoch aufgrund der Formulierungsnotwendigkeiten immer gestelzt und künstlich im Vergleich zu einem "normalen" Gespräch. Eine gewisse Entfremdung zum Themenbereich ist also damit verbunden.
  4. Eingrenzung auf Bewußtseinsoberfläche: Durch die standardisierte Befragung können vor allem die Themenbereiche erfragt werden, die nahe der Bewußtseinsoberfläche liegen oder mit einfachen Anreizen ins Bewußtsein gelangen.

Insgesamt ist zu empfehlen, daß eine standardisierte Erhebungsmethode nur angewandt wird, wenn ein erhebliches Vorwissen über die zu erforschende Situation besteht.



Allgemeine Formulierungsregeln

Sprache ist ein lebendiges Verständigungsmittel, das ständigem Wandel unterworfen ist, schicht- und lebenslagenspezifisch verwendet wird, je nach situativem Kontext, Emotionen, Tageszeiten und Regionen unterschiedlich sein kann. Die Alltagssprache ist also nicht standardisiert, die Sprache und das Sprachverständnis des Fragenden in einer Untersuchung können völlig anders sein als die der Befragten. Dieser Grundsatz sollte bei der Formulierung von standardisierten Fragebogen immer mitbedacht werden.

Die erste und grundsätzliche Frage, die sich die Fragebogenkonstrukteurin stellen muß, ist folglich, ob die Befragten dasselbe unter Worten und Sätzen verstehen werden, wie sie selbst. Wenn dazu keine genaueren Erfahrungen vorliegen, sollte dies in frühen - also vor der endgültigen Fertigstellung des Fragebogens - Voruntersuchungen (Pretest) mit Menschen, die der späteren Befragtengruppe ähneln, eruiert werden. Bei den verschiedenen Pretestformen ist immer zu bedenken, daß die Personen aus den Pretests nicht mehr in die Hauptuntersuchung aufgenommen werden können.


Grundsätzliche Formulierungsmaßstäbe

so eindeutig, einfach und klar wie möglich

Z.B.:

  • Wieviele Personen wohnen in Ihrem Haushalt?"
    • Eine sehr einfache Frage wie es scheint. Aber auch hier kommt es vor, daß manche Befragten sich mit einbeziehen, andere dagegen nicht.
    • Also eindeutiger: "Wieviele Personen wohnen außer Ihnen noch in Ihrem Haushalt?"

Zu der geforderten Klarheit gehört auch, daß immer nur ein Sachverhalt erfragt werden kann. Z.B.:

  • "Haben Sie im vergangenen Kalenderjahr eine Fortbildung auf Anregung Ihrer Vorgesetzten oder auf eigene Initiative hin besucht?"
    • Hier wird sowohl erfragt, ob eine Fortbildung besucht wurde als auch, auf wessen Veranlassung hin. Sinnvollerweise müssen daraus zwei Fragen gemacht werden:
    • "Haben Sie... eine Fortbildung besucht?" "Wenn ja, auf Anregung von...?"


keine suggestiven Fragen!

Zu den wichtigen Formulierungsregeln gehört auch, daß Fragen nicht suggestiv sein dürfen. Das gilt vor allem für Einstellungs- oder Bewertungsfragen. Je nach Fragestellung läßt sich natürlich jedes Ergebnis produzieren.

Z. B.:

  • "Schon Florence Nightingale und Agnes Karll haben umfassenden theoretischen Unterricht, Forschung und Eigenständigkeit der Pflege gefordert. Halten Sie es für notwendig, daß Pflegewissenschaft weiterentwickelt werden muß?"
    • Diese Formulierung wird mit Sicherheit ein anderes Ergebnis mit sich bringen als die folgende:
    • "Pflegewissenschaft beinhaltet die Gefahr, daß sie sich von der Pflegepraxis entfernt und damit keinen Nutzen für sie hat. Halten Sie es für notwendig, daß Pflegewissenschaft weiterentwickelt werden muß?"


Überforderungen der Befragten vermeiden

Dazu gehört, keine doppelten Verneinungen zu benutzen. Wenn z.B. gefragt wird "Sind Sie gegen die Einführung neuer Pflegemethoden" muß eine Befürworterin neuer Pflegemethoden mit "nein" antworten.



Typen von Fragen

Formen: Offene - geschlossene

Unabhängig von der standardisierten Fragestellung ist die Art der Antwortmöglichkeiten: Diese können entweder offen oder geschlossen sein. Eine offene Frage erwartet von der Befragten die eigene Formulierung der Antwort, während eine geschlossene Frage mehrere Antwortmöglichkeiten vorgibt, unter denen ausgewählt werden kann. Folgendes Beispiel aus der Studie zur Arbeit im Nachdienst zeigt die verschiedenen Möglichkeiten. Die Originalfrage in dem Fragebogen ist eine geschlossene und lautet (Bartholomeyczik et al. 1993, S. 184):

Z. B.:

  • Warum machen Sie Nachtwache?
    • weil der stationäre Schichtdienst dies vorsieht. weil Familienpflichten besser damit vereinbar sind.
    • weil die Freizeitregelung für mich günstiger ist als im Tagdienst.
    • weil ich mir mit dem Entgelt meine Ausbildung finanziere.
    • weil es für mich die beste Möglichkeit ist, Geld zu verdienen."

Die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten schließen sich nicht immer eindeutig gegenseitig aus, d.h. Gründe können sowohl in den Familienpflichten liegen als auch in der besten Möglichkeit, Geld zu verdienen. Das bedeutet, daß hier Mehrfachantworten möglich sein sollten. Da Mehrfachantworten die Auswertung immer etwas komplexer gestalten, können die Befragten auch aufgefordert werden, nur den für sie wichtigsten Grund anzugeben.

Grundsätzlich hätte natürlich auch offen gefragt werden können:

  • "Warum machen Sie Nachtwache?"
    • Die Befragten hätten frei antworten können, z.B. "Nachts habe ich mehr Zeit für die Patienten."
    • Oder "Mein Mann arbeitet tags, deshalb muß ich wegen der Kinder in den Nachtdienst."
    • "In diesem Beruf bleibt einem ja nichts anderes übrig."

Es ist leicht zu sehen, daß die Antworten bei der offen gestellten Frage noch andere inhaltliche Dimensionen berühren können als die geschlossenen Vorgaben. Offen gestellte Fragen können es immer mit sich bringen, daß die Antworten nicht in die Richtung dessen gehen, was das Erkenntnisinteresse des Forschers ist. Viele Befragte fühlen sich bei offenen Fragen leicht überfordert und sind nicht in der Lage den Vorteil der Offenheit, nämlich uneingeschränkt eigene Ideen äußern zu können, zu nutzen.

Darüber hinaus gibt es jedoch einen schwerwiegenden Nachteil offener Fragen, der im Arbeitsaufwand liegt: Die Antworten müssen im Nachhinein in Kategorien zusammengefaßt werden, damit sie quantitativ ausgewertet werden können, d.h. jeder Fragebogen muß noch einmal nach dem Ausfüllen bearbeitet werden.

Grundsätzlich wichtig ist bei geschlossenen Fragen, daß sich alle Befragten in irgendeiner Weise in den Antwortmöglichkeiten wiederfinden müssen. Dies läßt sich mit einem einfachen "Trick" mit der Kategorie "sonstiges" gewährleisten. Z. B. "Sind Sie tätig ausschließlich als Dauernachtwache - überwiegend im Tagdienst - sonstiges." Obwohl es zunächst so scheint, als könnte es nur die beiden ersten Alternativen geben, waren es einige Befragte, die sich unter "sonstiges" am besten eingeordnet fühlten.

Unabhängig davon, welche Frageform gewählt wird, ist eine wichtige Voraussetzung für die Formulierung, genau zu wissen, was man wissen will.


Inhaltsarten

Fragen nach Fakten

Hier wird nach überprüfbaren Tatsachen gefragt, die zunächst recht einfach erscheinen. z.B.

  • "Wieviele BewohnerInnen leben in Ihrem Altenheim?"

Zu den Faktfragen gehören auch die üblicherweise gestellten demographischen Fragen wie Alter, Geschlecht, Beruf, Einkommen usw. Als Beispiel für die auch den Faktfragen innewohnende Problematik sei die Frage nach dem Einkommen genommen. Die Schwierigkeit liegt zunächst in der Sache. Da Einkommen oft aus verschiedenen Quellen gespeist wird, ist zu entscheiden, ob alle Quellen erfaßt werden sollen. Ist Netto- oder Bruttoeinkommen gemeint? Kann unterstellt werden, daß die Befragten ihr Einkommen so genau kennen?

Der zweite Aspekt bei der Einkommensfrage ist der der sozialen Wünschbarkeit:

Erfahrungsgemäß geben sehr arme Menschen ein etwas höheres als ihr tatsächliches Einkommen an und sehr reiche ein niedrigeres als ihr tatsächliches. Die jeweiligen Befragten glauben, daß sie ihr tatsächliches Einkommen nicht so einfach preisgeben können, -da sie sich als gesellschaftliche "Außenseiter" in diesem Zusammenhang fühlen und sich den von ihnen wahrgenommenen Normen anpassen möchten.

Faktfragen können jedoch auch sehr komplex werden. Dazu wiederum ein Beispiel aus der Studie zum Nachtdienst, wo erfragt werden sollte, was die Befragte in der vergangenen Nacht an Arbeit zu erledigen hatte. Dies sollte relativ differenziert nach Tätigkeiten, aber auch nach Zeitabschnitten in der Nacht erfragt werden. Daraus wurde eine sehr komplizierte Frage, die vor dem Ausfüllen immer einer besonderen Erläuterung bedurfte (Bartholomeyczik et al. 1993, S. 176):

Welche Aufgaben haben Sie bei wievielen Patienten nach 3.00 Uhr ausgeführt? Bitte ordnen Sie die entsprechende Patientenzahl den Aufgaben und Uhrzeiten zu!
Aufgabe Patientenzahl
. 3 – 4 Uhr 4 – 5 Uhr 5 – 6 Uhr 6 – 7 Uhr
Blutdruck messen
Betteln, Lager
Einreibungen
Absaugen, Bronchialtoilette

Unabhängig von der Komplexität des erfragten Faktums ist auch hierbei zu bedenken, daß auch einfache Fakten unterschiedlich wahrgenommen oder erinnert werden können.

Fragen nach Wissen

Fragen, die überprüfbares Wissen erfassen sollen, sind sehr bedacht anzuwenden. Die meisten Menschen lassen nicht gern ihr Wissen kontrollieren, schon gar nicht in einer Untersuchung, die nicht von vornherein als Wissensüberprüfung klar deklariert wird. Wissensfragen erinnern an Prüfungssituation, die allgemein als unangenehme Kontrollen empfunden werden. Sie können also leicht auf Ablehnung stoßen und die gefürchteten fehlenden Werte (Missing Data) produzieren.

Um das Gefühl des Kontrolliertwerdens und damit das Ausweichen vor der Frage und die Demotivation zu vermeiden, sollte nicht gefragt werden: "Nennen Sie mir die wichtigsten Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe", denn das ähnelt einer Prüfung. Ein Alternativbeispiel findet sich in einer niederländischen Studie über Wissen, Einstellung und Verhalten bei der Dekubitusprophylaxe (HALFENS et al. 1995). Dort wurde zum Wissenstand nicht direkt nach den Kenntnissen gefragt, sondern folgende Formulierung gewählt:

"Stellen Sie sich vor, Sie sollten Ratschläge zu Methoden der Dekubitusprophylaxe geben. Dabei gibt es keinerlei Einschränkungen (durch Zeit, Geld, Material oder gegenwärtige Regeln):
Nur was hätten Sie gerne aufgrund Ihrer persönlichen Erfahrung, Meinung und Ideen eingesetzt.
Was würden Sie empfehlen?"

Es folgt eine Liste von 27 möglichen Maßnahmen, die in einem als bekannt vorauszusetzenden nationalen Standard entweder grundsätzlich empfohlen, situationsspezifisch empfohlen oder abgelehnt werden. Die Befragte muß nun ankreuzen, was sie grundsätzlich empfehlen, nur in spezifischen Situationen empfehlen oder grundsätzlich ablehnen würde. Mit einer derartigen Fragekonstruktion kann ziemlich gut überprüft werden, welche Kenntnisse über den nationalen Standard vorhanden sind.



Fragen nach Einstellungen bzw. Bewertungen

Hier werden Werturteile erfragt, z.B. Zufriedenheit mit der Arbeit, Einstellung zur Berufstätigkeit junger Mütter, Beurteilung der Notwendigkeit des Pflegeprozesses oder die Wichtigkeit der eigenen Privatsphäre als Patientin im Krankenhaus. Es wäre natürlich einfach zu fragen: Sind Sie mit Ihrer Arbeit zufrieden? Dabei ist eine pauschale oder gestufte Antwort möglich, aber beides sagt kaum etwas über die Art der Zufriedenheit aus. Darüber hinaus zeigen empirische Untersuchungen, daß die pauschale Arbeitszufriedenheit meist recht hoch ist, auch wenn die meisten Befragten eine andere Arbeit bevorzugen würden oder einzelne wichtige Kriterien der Arbeit sehr negativ beurteilt werden (WIENDIECK 1980). Aus diesen Gründen wird in der Regel die Zufriedenheit als theoretisches Konstrukt operationalisiert, d.h. es werden die einzelnen Bestandteile dieser Zufriedenheit definiert und mit mehreren Items eine Frage oder Aussage zu der die Befragte Stellung beziehen soll im Rahmen einer Fragenbatterie mehrere gleichartige Items oder Fragen zu einem Bereich erfaßt.

Sehr verbreitet ist hierfür eine bestimmte Frageform: Die Likertskala. Benannt ist diese Frageform nach dem Psychologen Rensis Likert, der diese Methode der Einstellungsmessung bereits 1932 veröffentlicht hat (LIKERT 1932).

Das Prinzip liegt darin, Aussagen zum Themenbereich als Aussagen anderer vorzustellen und zu fragen, wieweit die Befragte diesen zustimmt.

Z.B.: Zur Feststellung der Bedeutung der Intimsphäre von Patienten (BAUER -1996, S. 222f.)

"Sie finden auf diesem Bogen eine Auflistung von Aussagen von Patienten. Nach jeder Aussage haben Sie die Wahl zwischen fünf Wertungen ...Bitte versuchen Sie nach Möglichkeit die mittlere Spalte "habe keine Meinung" zu vermeiden. Bitte bedenken Sie, daß es keine "richtigen" und "falschen" Antworten gibt. Es ist Ihre Meinung, die zählt.
Ich stimme voll zu Ich stimme zu Ich habe keine Meinung Ich stimme nicht zu Ich stimme überhaupt nicht zu
Es ist peinlich, im Krankenhaus als Patient erkannt zu werden
Es macht nichts, wenn Patientennamen an Bett oder Tür stehen
Es stört mich nicht, wenn Fremde Information über mich erhalten
Es geht niemanden etwas an, daß ich im Krankenhaus bin

Ein weiteres Prinzip dieser Fragenkonstruktion ist, daß die verschiedenen Items inhaltlich in unterschiedliche Richtungen formuliert sein sollen. In obigem Beispiel wird sowohl Gleichgültigkeit gegenüber der Information zum Patientenstatus formuliert als auch eine ausdrückliche Ablehnung. Sinn dieser offensichtlichen Gegensätze ist, daß die Befragten dadurch gezwungen werden sollen, jedes Item genau zu lesen und über die Antwort nachzudenken und nicht durch das Ankreuzen immer derselben Antwortkategorie ohne inhaltlichen Zusammenhang Antworten zu .produzieren, also z.B. bei jedem Item "stimme voll zu" anzukreuzen. Dieser als Ja-Sage-Tendenz bezeichnete Effekt kann bei unterschiedlich gerichteten Items zumindest erkannt, und die Daten können aus der Auswertung ausgeschlossen werden.

Sehr häufig möchten Befragte keine offensichtlich positive oder negative Meinung äußern und kreuzen daher gerne die neutrale Mitte an. Neben der hier aufgeführten Strategie, die Befragten explizit aufzufordern, diese neutrale Mitte möglichst nicht zu nutzen, kann man sie natürlich einfach wegfallen lassen und damit die Befragten zu einer Meinung zwingen, wie das z.B. in der Studie zum Nachtdienst gemacht wurde (Bartholomeyczik et al. 1993, S. 181). Es hängt von den Inhalten der Items ab, ob ein solches Verfahren sinnvoll ist. Wenn die Befragten dadurch eher abgestoßen werden, dann wird die Zahl der fehlenden Angaben im Fragebogen (Missing Data) erhöht und die Qualität verschlechtert.

Auch die Antwortformulierungen können modifiziert werden, z.B.: stimmt genau, stimmt ziemlich, stimmt wenig, stimmt nicht (ebenda).

Eine Likertskala hat noch einen weiteren sehr wichtigen Vorteil, der in den Möglichkeiten der statistischen Auswertung liegt, da sie als Intervallskala interpretiert werden kann.


Fragen nach Wünschen

Sehr häufig gibt es ein Interesse von Forscherinnen etwas über die Wünsche von Befragten zu erfahren. So wurde in der Untersuchung zum Nachtdienst versucht zu erfassen, welche Aufgaben aus Sicht der Befragten vom Tagdienst übernommen werden sollten. Diese Frage war fast nicht auszuwerten, weil viele Befragte sich nicht dazu entschließen konnten, bestimmte Aufgaben z.B. Mundpflege, Lagern oder Material Auffüllen als Aufgabe des Tagdienstes anzugeben (BARTHOLOMEYCZIK et al. 1993, S. 178 und 135 ff.). Viele haben diese Frage nur sehr unvollständig ausgefüllt, also die gefürchteten Missing Data produziert. Teilweise lag diese Schwierigkeit auch in der möglicherweise nicht präzise genug formulierten Frage, bei der hätte betont werden müssen, daß alle Aufgaben auch nachts ausgeführt werden müssen, wenn die Patienten ihrer bedürfen. Teilweise zeigte sich aber hier die Schwierigkeit, die bereits aus anderen Untersuchungen bekannt ist, daß Befragte sich oft nicht zu Wunschvorstellungen äußern können, weil dies ein Abwägen und damit mehr Nachdenken bei der Beantwortung der Fragen nach sich ziehen muß. Wahrscheinlich wird die Frage nach Wünschen oft als Überforderung erlebt, wenn diese Wünsche nicht bereits intensiv reflektiert wurden.


In Industrieuntersuchungen ließ sich feststellen, daß Schichtarbeiter immer ihr eigenes Schichtsystem am besten finden (NACHREINER 1980). Das wurde zunächst als Beharrungstendenz interpretiert, hängt aber viel mehr von der persönlichen Erfahrung ab. Wenn die Befragten verschiedene Schichtsysteme aus eigener Anschauung kannten, dann konnten sie sehr wohl ihre Präferenz für eines von ihnen angeben unabhängig davon, in welchem Zeitrhythmus sie selbst arbeiteten.


Es bleibt hier anzuraten, nur nach bereits diskutierten Wünschen zu fragen oder derartige Fragen nicht zu stellen.



Erfassung von Merkmalsmustern (Polaritätsprofil)

Wenn das Interesse besteht, ein "Objekt" durch ein Muster von Merkmalen zu beschreiben, dann eignet sich dafür das Polaritätsprofil insbesondere dann, wenn verschiedene "Objekte" miteinander verglichen werden sollen.

Hierbei werden eine Reihe von gegensätzlichen (meist Adjektiv-) Paaren t gesammelt. Das "Objekt" muß nun bei jedem Paar zwischen die beiden Gegensätze eingeordnet werden, wobei der Raum zwischen den beiden Polaritäten in 5 bis 7 Punkte aufgeteilt wird.

In folgendem Beispiel (FRIEDRICHS 1980, S. 186 ff.) wurden Studierende gebeten, die Begriffe "Alte Menschen" und "Ich als alter Mensch" zu beschreiben.

Die Frage lautete: "Nachstehend finden Sie 25 Gegensatzpaare. Sie werden nun gebeten, den Begriff (...) mit Hilfe dieser Gegensätze zu beurteilen. Meinen Sie also, daß er z.B. eher mit 'sicher' als mit 'unsicher' zusammenhängt, machen Sie Ihr Kreuz bei 1,2, oder 3. Je mehr Sie 'sicher' urteilen, desto weiter müssen Sie nach links, je mehr Sie 'unsicher' ;urteilen, desto weiter müssen Sie nach rechts gehen...

1 2 3 4 5 6 7
Sicher o x Unsicher
Heiter o x traurig
Ausgeglichen o x Wechselhaft
Stark o x Schwach
x = Alte Menschen
o = Ich als alter Mensch

Auch bei einem Polaritätsprofil sollten die positiven bzw. negativen Eigenschaften abwechselnd untereinander stehen. Bei der Auswertung zeigen verbindende Linien zwischen den Punkten, die Mittelwerte darstellen, sehr schnell die Unterschiede zwischen den beiden "Objekten".

Fragebogenaufbau

Sinnvoll ist es, den Fragebogen mit allgemeineren und unverfänglichen Fragen zu beginnen, die allerdings Interesse bei dem Befragten wecken sollen ("Eisbrecherfragen").

Üblicherweise steigt die Aufmerksamkeit im ersten Teil des Fragebogens, nimmt aber nach einiger Zeit wieder ab. Aus diesem Grunde werden die schwierigsten und wichtigsten Fragen im zweiten Drittel des Fragebogens plaziert.

Soziodemographische Fragen (z.B. Alter, Familienstand, Bildung, Wohnort) sind für die Befragten von geringerem Interesse und werden üblicherweise an den Schluß des Fragebogens gestellt.

Häufig gibt es Fragestellungen, die nur einer Gruppe von Befragten gestellt werden können. So werden z.B. nur Frauen mit Kindern nach der Unterbringung der Kinder während ihrer Arbeitszeit befragt. Frauen ohne Kinder können diese Fragen überspringen. Hier folgt auf eine Filterfrage ("Haben Sie Kinder?") die Folgefrage nur für diejenigen, die eine bestimmte Antwort auf die Filterfrage gegeben haben. Bei solchen Verzweigungen ist vor allem in schriftlich auszufüllenden Fragebögen ein sehr deutliches Layout wichtig.

Der Hinweis auf die optische Gestaltung eines schriftlich auszufüllenden Fragebogens gilt natürlich ganz allgemein. Hier sollte evtl. mit unterstützenden graphischen Darstellungen gearbeitet werden. Wie bereits gesagt, ist ein Pretest von großer Bedeutung. Das gilt nicht nur für die Formulierung einzelner Fragen, sondern auch für den Aufbau des ganzen Fragebogens und seine Länge.

Testlauf

Vor der Durchführung erfordert auch ein Fragebogen die Erstellung eines Leitfadens für die beteiligten "Forschenden", in dem das Verhalten bei Rückfragen etc. festgelegt wird. Ausserdem sollte ein Probelauf stattfinden, in dem Unklarheiten bei den einzelnen Formulierungen (Fragen und Antw.möglichkeiten) oder im technischen Ablauf aufgedeckt und korrigiert werden können.


siehe auch