Gegenbetreuer

Aus Familienwortschatz
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Der Gegenvormund ist eine spezielle Form der gesetzlichen Vertretung, die der Kontrolle des eigentlich bestellten Vormundes im Bereich der Vermögenssorge dient (§ 1792 BGB). Der Gegenvormund hat Kontroll- und Überwachungspflichten und entlastet dadurch das Vormundschaftsgericht (ab 01.09.2009 Betreuungsgericht). Im Bereich der Betreuung Volljähriger wird die Funktion Gegenbetreuer genannt (infolge des Verweises in § 1908i Abs. 1 BGB auf § 1792 BGB).

Bestellung des Gegenvormundes

Zuständig für die Bestellung ist der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichtes (ab 1.9.2009 Betreuungsgerichtes). Der Gegenvormund wird in der Praxis in der Regel bei der Verwaltung größererer Vermögenswerte bestellt. Der Gegenvormund hat hier insbesondere die Aufgabe, den Vormund zu überwachen und bei Pflichtwidrigkeiten das Gericht einzuschalten. Der Vormund hat dem Gegenvormund Auskunft zu erteilen (§ 1799 BGB).

Die Bestellung eines Gegenvormundes ist eher die Ausnahme. Ist kein Gegenvormund vorhanden, so tritt an die Stelle des Gegenvormundes das Gerichtes (§ 1812 Abs. 3 BGB). Der Gegenvormund /-betreuer kann ehrenamtlich oder beruflich tätig sein. Im letzteren Falle muss die berufliche Tätigkeit nach § 1 VBVG ausdrücklich vom Gericht im Bestellungsbeschluss genannt werden.

Aufgaben des Gegenvormundes

  • Überwachung des Vormundes bzw. Betreuers und Meldung von Pflichtwidrigkeiten an das Gericht, § 1899 BGB
  • Mitarbeit beim Vermögensverzeichnis, § 1802 BGB
  • Genehmigung bei Sperrvermerken im Rahmen der Mündelgeldanlage, § 1809 BGB
  • Genehmigung von regelmäßigen (mündelsicheren) Geldanlagen im Rahmen des § 1807 BGB, § 1810 BGB
  • Genehmigung über Geldverfügungen, § 1812 BGB
  • Genehmigung bei der Überlassung von Gegenständen, § 1824 BGB
  • Anhörung bei gerichtlichen Genehmigungen, § 1826 BGB
  • Haftung bei Verletzung der eigenen Pflichten, § 1833 BGB

Nicht dagegen genehmigen kann der Gegenvormund Geldanlagen des Vormundes nach § 1811 BGB (z. B. Kauf von Investmenanteilen) oder die genehmigungsbedürftigen Geschäfte nach § 1821 BGB, § 1822 BGB. Hier ist stets das Gericht einzuschalten.

Rechtsprechung

LG Bonn, Beschluss vom 29.12.1992, 5 T 207/92, Rpfleger 1993,233

Für die Bestellung eines Gegenbetreuers gemäß §§ 1908i, 1792 BGB ist funktionell der Rechtspfleger zuständig (folgt daraus, dass § 15 RPflG nicht auf § 1908i BGB verweist).

BayObLG, Beschluss vom 28.10.1993, 3Z BR 220/93; BayObLGR 1994,3 (LS) = FamRZ 1994,325

  1. Die Frage der Beschwerdeberechtigung in einem Verfahren auf Bestellung eines Gegenbetreuers ist in entsprechender Anwendung von § 69g Abs. 1 FGG zu entscheiden. Dabei bleibt offen, ob dies mit §§ 1908i, 1792 Abs. 2 BGB oder mit § 69i Abs. 5 FGG zu begründen ist.
  2. Die Höhe des Vermögens eines Betreuten ist bei der Entscheidung der Frage, ob die Verwaltung des Vermögens erheblich ist im Sinn von § 1792 Abs. 2 BGB, ohne unmittelbare Bedeutung.
  3. Einzelfall fehlender Kausalität bei Verstoss gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs.
  4. Im Verfahren auf Bestellung eines Gegenbetreuers besteht keine Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen gemäß § 68 FGG, wenn der Aufgabenkreis der Betreuung nicht erweitert werden soll.

BayObLG, Beschluss vom 05.11.1996; 3Z AR 81/96; BayObLGZ 1996, 274 (Nr. 59)= BayObLGR 1997, 14 (LS)=B tPrax 1997, 123 (LS)= FamRZ 1997, 438 = NJWE-FER 1997, 90:

  1. Das Gericht ist grundsätzlich nicht gehalten, dem Gegenbetreuer Gelegenheit zu geben, sich zu der beabsichtigten Abgabe des Betreuungsverfahrens zu äußern.
  2. Auch bei einer Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts des Betreuten sind für die Frage der Abgabe des Betreuungsverfahrens letztlich Zweckmäßigkeitserwägungen maßgebend.

BayObLG, Beschluss vom 26.3.2001, 3Z BR 5/01; BayObLGR 2001, 60 (LS)= BtPrax 2001, 218 (LS) und BtPrax 2002, 129 (LS) = FamRZ 2001, 1555:

  1. Bei der Bestellung eines Gegenbetreuers ist die persönliche Anhörung des Betroffenen in der Regel nicht erforderlich. Bestehen aber Zweifel, ob der Vorschlag des Betroffenen, eine bestimmte Person zu bestellen, dem wirklichen Willen des Betroffenen entspricht, so kann die persönliche Anhörung des Betroffenen geboten sein.
  2. Bestehen solche Zweifel, muss das Beschwerdegericht diese Anhörung wiederholen, wenn das Erstgericht nach Anhörung des Betroffenen deren Wünschen nicht entsprochen hat und das Beschwerdegericht anders entscheiden will.

BayObLG, Beschluss vom 21.04.2004; 3Z BR 051/04, 3Z BR 51/04; BayObLGR 2004, 286 = BtPrax 2004, 199 = FamRZ 2004, 1992:

Zu den Voraussetzungen der Bestellung eines Gegenbetreuers bei erheblicher Vermögensverwaltung. Diese liegt im pflichtgemäßen Ermessen des VormG. Der Gegenbetreuer ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen, sondern ein Überwachungsorgan, das dem Gericht Kontrollaufgaben abnehmen soll (BayObLG FamRZ 1994, 325; Zimmermann FamRZ 1991, 270/277 m.w.N.). Die Bestellung eines Gegenbetreuers liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Vormundschaftsgerichts (§ 1792 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieses Ermessen ist jedoch zugunsten der Bestellung eines Gegenbetreuers eingeschränkt durch die Sollvorschrift des § 1792 Satz 2 BGB, die über § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anwendbar ist. Die Vorschrift verlangt die Bestellung eines Gegenbetreuers, wenn der Betreuer ein Vermögen zu verwalten hat, es sei denn dass diese Verwaltung nicht erheblich ist. Für die Erheblichkeit ist nicht an den Wert des Vermögens anzuknüpfen (BayObLG aaO). Entscheidend ist der Umfang der zu erbringenden Tätigkeit des Betreuers.

BayObLG, Beschluss vom 10.05.2004; 3Z BR 011/04, 3Z BR 11/04; BtPrax 2004, 195 = FamRZ 2004, 1899 (LS) = FGPrax 2004, 236 = Rpfleger 2004, 565:

  1. Beschwerde ein und erhält hiervon weder der Betreuer noch der Betroffene vor der für diesen nachteiligen Beschwerdeentscheidung Kenntnis, ist diese Entscheidung auf Rechtsmittel des Betroffenen ohne Rücksicht auf ihre sachliche Richtigkeit wegen eines absoluten Beschwerdegrundes aufzuheben.
  2. Bewilligt das Vormundschaftsgericht dem Betreuer eines vermögenden Betroffenen im Hinblick auf die außergewöhnliche Schwierigkeit der Betreuung einen deutlich über dem Regelbetrag liegenden Stundensatz, kann dieser grundsätzlich auch für die Vergütung des zur Überwachung dieses Betreuers bestellten Gegenbetreuers herangezogen werden (zur Rechtslage bis zum 30.6.2005).

Vergütung des beruflichen Gegenvormundes

Der Gegenvormund eines Minderjährigen wird nach konkretem Zeitaufwand vergütet, § 3 BGB VBVG. Die Stundensätze liegen zwischen 19,50 Euro und 33,50 Euro (zuzüglich MWSt.) je nach Qualifikation. Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB wird zusätzlich gezahlt.

Bei besonderer Schwierigkeit kann der Stundensatz erhöht werden: bewilligt das Gericht dem Vormund eines vermögenden Mündels wegen außergewöhnlicher Schwierigkeiten eine erhöhten Stundensatz, kann dieser grundsätzlich auch für die Vergütung des zur Überwachung dieses Vormundes bestellten Gegenvormund herangezogen werden: BayObLG BtPrax 2004, 195 = FGPrax 2004, 236 = FamRZ 2004, 1899 = Rpfleger 2004, 565.

Vergütung des beruflichen Gegenbetreuers

Ein beruflicher Gegenbetreuer darf nach § 1899 Abs. 1 BGB neben einem beruflichen Betreuer bestellt werden. Dies ist eine Ausnahme vom Verbot der Bestellung mehrerer Berufsbetreuer. Der Gegenbetreuer hat den gleichen pauschalierten Vergütungsanspruch wie der sonstige berufliche Betreuer. Rechtsgrundlagen: § 4 und § 5 VBVG.

Rechtsprechung:

OLG Schleswig, Beschluss vom 02.02.2006; 2 W 12/06; FGPrax 2006, 166 = OLGR 2006, 438 = SchlHA 2006, 241:

Für die Bemessung der Betreuervergütung (§ 5 VBVG) eines nachträglich bestellten Gegenbetreuers ist die erstmalige Begründung des Betreuerverhältnisses durch Bestellung des Betreuers maßgeblich (Ergänzung zum Senatsbeschluss vom 25.01.2006 - 2 W 240/05, OLGR 2006,201).

OLG Köln, Beschluss vom 02.11.2006; 16 Wx 214/06, FamRZ 2007, 937 = FGPrax 2007, 123 = BtMan 2007, 104 (Ls) = BtPrax 2007, 255 (Ls):

Auch für die Bemessung der Vergütung des Gegenbetreuers ist von dem Grundsatz auszugehen, dass für die Beurteilung des Stundenansatzes des Gegenbetreuers die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses maßgebend ist.

OLG Köln, Beschluss vom 07.03.2008, 16 Wx 17/08; FamRZ 2008, 2064 = FGPrax 2008, 155 = BtMan 2008, 166 (Ls):

Der Senat bleibt bei seiner Rechtsprechung, dass auch die Vergütung eines auf ein Aufgabengebiet beschränkten Betreuers, worunter Kontroll- und Gegenbetreuer fallen, sich – wie die Vergütung des eigentlichen Betreuers – über §§ 1908 i, 1836 Abs. 1 BGB nach den §§ 4, 5 VBVG richtet (Senat vom 02.11.2006, OLGR Düsseldorf/Köln/Hamm 2007, 444).

Neben der Honorierung nach §§ 3 ff VBVG steht einem Berufsbetreuer nur in Ausnahmefällen ein zusätzlicher Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 Abs. 3 BGB zu. Seine Aufwendungen sind –wie § 4 Abs. 2 VBVG ausdrücklich regelt - mit der Vergütung nach §§ 3 ff VBVG abgegolten. Ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 VBVG, § 1835 Abs. 3 BGB verlangt, dass der Berufsbetreuer spezielle Dienste leistet, die zu seinem Beruf gehören. Es muss sich um Leistungen im Kernbereich des Berufsbetreuers handeln und die Tätigkeit muss ihm wegen seiner speziellen Kenntnisse übertragen worden sein, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind (vgl. Jurgeleit, Betreuungsrecht, § 1835 BGB, Rdnr. 50; Palandt/Diederichsen, 67. Auflage, § 1835 Rdnr.13).

OLG München, Beschluss vom 08.07.2008, 33 Wx 119/07, FamRZ 2008, 2309 = BtMan 2008, 227 (Ls) = FamRZ 2009, 78:

Wird ein Anwalt als Gegenbetreuer eingesetzt und rechnet seine bei der schwierigen Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Vergleiches (hier nach Schweizer Recht) zulässigerweise nach anwaltlichem Gebührenrecht (i.V.m. § 1835 III BGB) ab, kann er nicht auch noch eine Vergleichsgebühr verlangen.

Siehe auch

Bestellung mehrerer Betreuer, Verhinderungsbetreuer, Kontrollbetreuer

Weblinks



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