Irrigation

Aus Familienwortschatz
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Die Technik der Irrigation (lat.: Aus-, Durchspülung, Eingießung) ist eigentlich nicht neu, sie stammt ursprünglich aus dem Bereich der Stomaversorgung und wird zunehmend auch für die Versorgung der Stuhlinkontinenz verwendet. Im Vergleich zum gewöhnlichen Einlauf mit einem Irrigator bei dem der Patient auf der linken Seite liegt, wird die Irrigation auf der Toilette sitzend durchgeführt.

Ziel der Irrigation ist es, den Darm durch regelmäßige Spülungen zu entleeren und zu reinigen. Leider ist die Irrigation bei uns noch nicht sehr gebräuchlich, da sich viele Patienten vor der Anwendung ekeln und es ihnen unangenehm ist, sich einen "Einlauf" zu verpassen. Hier liegt es auch etwas am behandelnden Arzt, dem Patienten diese Technik schmackhaft zu machen und ihn von den Vorteilen zu überzeugen. Bevor die Irrigation durchgeführt wird, muss auf alle Fälle der behandelnde Arzt gefragt werden. Er wird ggf. entsprechende Untersuchungen wie zum Beispiel eine Tastuntersuchung des Enddarmes oder eine Rektoskopie vorher durchführen, um Passagehindernisse auszuschließen, die eine Durchführung der Irrigation verhindern würden. Hat der Arzt grünes Licht gegeben, so steht der Irrigation nichts mehr im Wege. Selbst Kleinkinder können mit der Irrigation behandelt werden.


Erste Schritte

Es gibt zwei Systeme auf dem Markt, die sich aber nur vom Aufbau her unterscheiden. Das erste System nutzt dabei die Schwerkraft aus, um die Spülflüssigkeit in den Darm zu bringen und das andere System wird mit einer kleinen Elektropumpe betrieben. Welches der beiden Systeme der Patient nun verwendet, das spielt dabei keine Rolle. Für den häuslichen Gebrauch haben sich die Systeme mit einer Elektropumpe bewährt, da sie einfach zu bedienen sind und sich auch leicht reinigen lassen. Ist der betroffene Patient dagegen häufig auf Reisen unterwegs, so bieten sich die Schwerkraftsysteme an, da sie im Vergleich zur elektrischen Irrigationspumpe sehr platzsparend im Gepäck verstaut werden können. Der zweite Vorteil der Schwerkraftsysteme liegt darin, dass sie von der Stromversorgung unabhängig sind und nicht nach jedem Gebrauch an ein Ladegerät angeschlossen werden müssen. Natürlich können auch die elektrischen Irrigationspumpen mit auf Reisen genommen werden.

Die Technik

Durch den Dehnungsreiz, den das schnell einlaufende Wasser ausübt, wird die Peristaltik des Darmes angeregt. Dadurch wird zur gewünschten Zeit eine vollständige Entleerung des Dickdarmes herbeiführt, so dass der Betroffene danach in der Regel für 24 bis 30 Stunden keine weiteren Stuhlentleerungen zu erwarten hat. Die Dauer des entleerungsfreien Intervalls hängt unter anderem von der Länge des Dickdarms und den Ernährungsgewohnheiten ab. Wenn die Irrigation richtig durchgeführt wird, dann ist auch keine Schädigung der Darmflora zu erwarten, da die Spülflüssigkeit nur im Enddarm bleibt und dort ihre volle Wirkung entfaltet. Der restliche Darm soll hierbei nicht mit der Spülflüssigkeit gefüllt werden, auch irgendwelche Zusätze zur Spülflüssigkeit sind hier in der Regel nicht notwendig.

Sollte trotz der Irrigation keine befriedigende Darmentleerung zustande kommen, so kann die Gabe eines Abführzäpfchens (10 mg Bisacodyl) etwa 15 Minuten vor der Irrigation hilfreich sein. Zwischen der Gabe des Zäpfchens und der Irrigation sollte der Darm nicht entleert werden, damit das Abführmittel besser wirken kann.

Durchführung

Schwerkraft - Irrigationsset zur Darmspülung
Datei:PAI.JPG
Irrigationsgerät zur Darmspülung

Die Technik selbst ist recht einfach zu erlernen und können Kinder ab etwa 8 Jahren nach einer Anlernphase selbst ohne fremde Hilfe durchführen. Für eine Spülsequenz werden je nach Alter und Statur des Patienten etwa 100 ml bei Kleinkindern bis 1000 ml bei Erwachsenen pro Spülvorgang verwendet. Zur Bestimmung der Menge an Spülflüssigkeit hat sich die Faustregel von etwa 10 ml/kg Körpergewicht bewährt. Um gute Ergebnisse zu erzielen, sollte die Spülsequenz aus 3 bis 5 Spülungen bestehen, wobei beim Erwachsenen mindestens 500 ml Wasser pro Spülung verwendet werden soll. Von Vorteil hat sich auch erwiesen, die Irrigation einmal täglich durchzuführen.

Zunächst bereitet man das verwendete System für die Spülung vor. Die Schwerkraftsysteme bestehen meistens aus einem Beutel, der etwa Volumen von 2500 ml hat und einen fest angeschlossenen Schlauch mit Schlauchklemme. Am Ende des Schlauches wird hierbei meistens ein Konus oder ein Ballondarmrohr verwendet. Zunächst wird der Beutel mit körperwarmen Wasser gefüllt und in etwa Kopfhöhe aufgehängt, gerechnet wenn der Patient auf der Toilette sitzt. Die elektrische Irrigationspumpe wird vom Ladegerät getrennt und der Spülschlauch an das Gerät angeschlossen. Am vorderen Ende wird dann der Konus oder ein Rektalkatheter mit Kegel aufgesetzt. Nun wird die Irrigationspumpe mit der für den gesamten Spülvorgang benötigten Wassermenge mit körperwarmen Wasser gefüllt und eventuell ein weiteres Gefäß mit Spülflüssigkeit bereitgestellt. Durch kurzes Öffnen der Schlauchklemme am Beutel bzw. Einschalten der Irrigationspumpe wird die Luft aus dem Schlauchsystem entfernt.

Der Patient sollte aus hygienischen Gründen Einmalhandschuhe anziehen, wie sie auch der Arzt bei Untersuchungen verwendet. Danach setzt er sich nun auf der Toilette, bestreicht den Konus, den Rektalkatheter oder das Ballondarmrohr mit einem Gleitgel und führt ihn in den After ein. Der Konus und der Kegel des Rektalkatheters werden nun fest gegen den After gepresst, damit der Darmausgang abgedichtet wird und keine Spülflüssigkeit ausläuft. Der Ballon vom Ballondarmrohr wird mit einer Spritze geblockt und dichtet so den After von innen her ab. Nun wird die Schlauchklemme geöffnet oder die Irrigationspumpe eingeschaltet und die entsprechende Menge der Spülflüssigkeit zügig in den Enddarm geleitet. Der Druck des einlaufenden Wassers sollte dabei möglichst hoch gewählt werden, um einen starken Dehnungsreiz und damit einen starken Stuhldrang auszulösen.

Ist die entsprechende Menge an Spülflüssigkeit eingelaufen, wird der Zufluss der Spülflüssigkeit gestoppt und der Kegel, Rektalkatheter oder das Ballondarmrohr noch einige Minuten im Darm belassen, damit die Peristaltik des Darmes stärker angeregt wird. Nachdem der Kegel bzw. das Ballondarmrohr entfernt wurde, wird der Darm entleert. Zusätzlich kann mittels Bauchmassage die Entleerung unterstützt werden. Nach etwa 5 Minuten hat sich der Darm soweit entleert, dass mit der nächsten Spülung begonnen werden kann. Insgesamt werden etwa 3 bis 5 Spülungen gemacht, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Nach der letzten Spülung sollte der Patient noch mindestens 10 - 15 Minuten auf der Toilette bleiben, um weitere Entleerungen abzuwarten. Ein Nachteil, der hier nicht verschwiegen werden sollte, ist der hohe Zeitaufwand für die Irrigation. Bei einer richtig durchgeführten Irrigation muss mit etwa 45 bis 60 Minuten Zeitaufwand gerechnet werden. Von Vorteil hat sich erwiesen, wenn die Irrigation am Morgen durchgeführt wird.

Nach Abschluss der Irrigation werden die Teile gereinigt, gut abgetrocknet und die elektrische Irrigationspumpe wird wieder mit dem Ladegerät verbunden. Bei entsprechender Reinigung sind die Kegel, Rektalkatheter oder das Ballondarmrohr mehrere Wochen verwendbar. Wer die elektrische Irrigationspumpe verwendet, der sollte zur Sicherheit auch ein Schwerkraftsystem zu haben, falls die elektrische Pumpe einen Defekt aufweist oder vergessen wurde, die Pumpe mit dem Ladegerät zu verbinden.

Ergebnisse

Es sollte hier auch nicht verschwiegen werden, dass die Irrigation nicht vom ersten Tag an optimale Ergebnisse liefern kann. Da sich der Darm erst an diese Prodezur gewöhnen muss, sollte die Irrigation immer in etwa zur selben Zeit ausgeführt werden, zum Beispiel vor dem Frühstück. In der Regel wird die Irrigation einmal täglich durchgeführt, es kann aber auch sein, dass die Irrigation zweimal täglich gemacht werden muss oder es auch genügt, die Irrigation alle zwei Tage zu machen. Es muss auch die optimale Menge der Spülflüssigkeit durch Versuche ermittelt werden, ebenso wie die Anzahl der notwendigen Spülzyklen. Die Eingewöhnungsphase dauert bei den meisten Patienten 2 Wochen bis 3 Monate. Erst dann hat sich die Technik im alltäglichen Rythmus soweit eingespielt, dass es nur noch selten zu unkontrollierten Stuhlentleerungen kommt, also eine Sicherheit von gut 95% erreicht. Meistens ist es dann so, dass nur sehr wenig ausgeschieden wird und oft nur etwas Schleim oder Flüssigkeit kommt. Zur Sicherheit, wenn keine Einlagen oder Windeln getragen werden, können hier noch Analtampons verwendet werden. Es ist aber ratsam, gerade in der Anlernphase auf Windeln oder Einlagen nicht zu verzichten, da hier doch noch mit "Unfällen" gerechnet werden muss.

In der Praxis hat sich auch bewährt, zusätzlich zur Irrigation auch Ballaststoffe wie zum Beispiel Flohsamenschalen am Abend zu nehmen, um das Stuhlvolumen zu erhöhen und damit die Wirkung der Irrigation zu verbessern. In Ausnahmefällen kann auch die Gabe von Loperamid angeraten sein, um den Darm in seiner Mobilität zu bremsen, das dann am Morgen nach der Irrigation genommen wird. Danach ist relativ sicher die nächsten 4 bis 8 Stunden mit keiner Stuhlentleerung zu rechnen.

Reinigung und Wartung

Die Reinigung und Wartung der Schwerkraftsysteme bzw. der elektrischen Irrigationspumpe sollte hier auch erwähnt werden, da hiervon die Lebensdauer und Einsatzbereitschaft abhängt. Ein besonderes Augenmerk muss hier auf die Hygiene gelegt werden, um keine Brutstätte für Keime entstehen zu lassen. In der Regel genügt es, den Irrigationsbeutel des Schwerkraftsystems bzw. den Wasserbehälter der Irrigationspumpe mit heissem Wasser durchzuspülen. Die Darmrohre sollten mit heissem Wasser und Seife gründlich von Stuhlresten gereinigt und durchgespült werden. Hier empfiehlt sich alle ein bis zwei Wochen auch eine Desinfektionslösung wie z.B. Lysoform® zu verwenden.

Der Zuleitungsschlauch des Schwerkraftsystems bzw. der Irrigationspumpe sollten zum trocknen so aufgehängt werden, dass das im Schlauch verbliebene Wasser nach unten ablaufen kann. Der Zuleitungsschlauch der Irrigationspumpe sollte dabei mit dem Rückschlagventil (weißer Anschluss) nach unten aufgehängt werden. Beim abtrocknen der Irrigationspumpe sollte die Pumpe einmal auf den Kopf gedreht und mit dem Mund in den Schlauchanschluss geblasen werden, damit das restliche Wasser im Schlauchsystem der Pumpe besser entfernt werden kann. Diese Vorgehensweise verhindert größtenteils die Bildung von Kalkablagerungen und Schimmelflecken, das wiederum der Lebensdauer der Geräte und sowie der Verbrauchsmaterialien verlängert. Bei entsprechender Pflege können die Verbrauchsmaterialien (Zuleitungsschlauch, Darmrohre, ...) bis zu 4 Wochen und länger verwendet werden.

Als sehr Günstig hat sich auch herausgestellt, keine Vaseline als Gleitmittel für die Darmrohre zu verwenden, da sie sich nach dem Gebrauch schwerer reinigen lassen. Wasserlösliche Gleitmittel wie Aquagel® oder Kathetergleitmittel wie Endosgel® bzw. Instillagel® eignen sich genauso gut und sind bei der Reinigung leichter zu entfernen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass das Material der Darmrohre weniger angegriffen und dadurch die Lebensdauer verlängert wird.

Die Akkus der elektrischen Irrigationspumpe sollten vor der ersten Inbetriebnahme mindestens 20 Stunden ununterbrochen geladen werden, um ihre volle Kapazität zu erreichen. Die Akkus können nur geladen werden, wenn die Irrigationspumpe ausgeschaltet ist (Drehschalter). Die Akkus der Pumpe sollten auch nach jeder Benutzung des Gerätes geladen werden, um immer eine ausreichende Kapazität zur Verfügung zu stellen. Die Kapazität der Akkus ist so bemessen, dass die Irrigationspumpe auch einmal einen Tag ohne das Aufladen der Akkus z.B. bei der Anreise oder Abreise vom Urlaubsort verwendet werden kann. Die Labensdauer der Akkus bei täglicher Benutzung des Gerätes beträgt etwa 2 Jahre, danach sollten die Akkus ausgetauscht werden. Der Akkupack der elektrischen Irrigationspumpe ist mit handelsüblichen NiCa-Akkus 800-1100mAh der Größe Mignon (AA) ausgestattet und befindet sich auf der Unterseite der Irrigationspumpe.

Generell sollte die elektrische Irrigationspumpe einmal im Jahr einer technischen Prüfung von einem anerkannten Fachbetrieb (Sanitätsfachgeschäft oder Hersteller) unterzogen werden, damit die Betriebssicherheit gewährleistet ist und evtl. Verschleißteile wie z.B. Schläuche ausgetauscht werden.


Siehe auch


Weblinks



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