Neuropathie

Aus Familienwortschatz
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Die Neuropathie ist eine Erkrankung der peripheren Nerven. Besonders betroffen sind meist der Tastsinn (Sensibilität) und die Bewegungsfähigkeit (Motorik). Bei Schäden am vegtativen Nervensystem (autonome Neuropathie) kommt es zu Störungen des Herzrhythmus, der Magen-, Darm- oder Blasenentleerung oder auch Potenzstörungen. Als ideopatische Neuropathie bezeichnet man eine Erkrankungsform, bei der die Ursachen noch nicht bekannt sind. Für alle Erkrankungsformen ist die progredient verlaufende Missempfindungs- und Schmerzsymptomatik typisch (siehe auch: Polyneuropathie).

Die diabetische Neuropathie

Die Diabetische Neuropathie ist eine typische Spätfolge der Zuckerkrankheit (Diabetes / Diabetes mellitus).

Ursachen

Eine schlechte Blutzuckereinstellung führt zu Durchblutungsstörungen der Nerven auf der Grundlage einer Mikroangiopathie (Gefäßschädigung). Mehr zur Mikroangiopathie - Klick hier: [1] Die Folge: Es kommt zu einer Schädigung der peripheren Nerven.

Symptomatik

Wie bei allen Neuropathien stehen auch hier Sensibilitätsstörungen und Schmerzen im Vordergrund:

  • Kribbeln („Ameisenlaufen“),
  • pelziges Gefühl, Missempfindungen,
  • Taubheitsgefühl
  • oft auch nächtliche Schmerzen an den betroffenen Körperregionen (häufig: Hände und Füße).

Therapie

Das Problem: Viele dabei eingesetzte Medikamente sind ineffektiv und haben unerwünschte Nebenwirkungen. Selbst Cannabis hilft in dieser Situation nicht. [1]

Anhand verschiedener Blutwerte haben Wissenschaftler aus den USA untersucht, ob sich das weitere Voranschreiten einer Nervenschädigung vorhersagen lässt. Das interessante Ergebnis: Tatsächlich scheint es einen Zusammenhang zwischen erhöhten Triglyzerid-Spiegeln (Fettstoffwechselstörung) und dem Risiko für eine Neuropathie-Verschlimmerung zu geben.[2]

In einer Studie mit 165 Patienten mit diabetischen Neuropathien testeten Gießener Forscher um Professor Dr. med. Hilmar Stracke über sechs Wochen den Wirkstoff Benfotiamin. Diese fettlösliche Vitamin-Vorstufe nimmt der Körper zehnmal besser auf als das wasserlösliche Vitamin B1. »Benfotiamin ist gut verträglich und lindert auch ohne zusätzliche Gabe anderer Wirkstoffe die Schmerzen deutlich«, sagt Endokrinologe Professor Dr. med. Reinhard G. Bretzel, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Universitätsklinikum Gießen und Marburg. Auch eine höhere Dosis von 600 Milligramm (mg) pro Tag erwies sich als verträglich und zudem noch wirksamer als 300 mg pro Tag. [3]

Zur Therapie der schmerzhaften diabetischen Neuropathie sollte die Durchführung einer transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) auf jeden Fall erwogen werden. Ein positiver Effekt einer solchen Behandlung kann jedoch nicht sicher vorausgesagt werden.[4]

Die Polyneuropathie (PNP)

Die Polyneuropathie (PNP) ist eine nicht-verletzungsbedingte Erkrankung des peripheren Nervensystems. Die wortgetreue Übersetzung des Begriffes wäre: „Viel-Nerven-Krankheit.“ Die Beeinträchtigungen sensibler, motorischer und vegetativer Nerven prägen das Symptombild. In der Literatur werden über 250 verschiedene Auslöser beschrieben. Eine grobe Unterscheidung kann zwischen erworbenen ((Diabetes mellitus, Alkoholismus, Neurotoxität bestimmter Behandlungsformen) und angeborenen Formen erfolgen. Eine Sonderform ist die autonome Polyneuropathie.

Die PNP tritt schleichend auf, oft sind (und bleiben) die Auslöser unbekannt (idiopathische PNP). Für die angeborenen Formen gibt es noch keine Therapie. Eine Ausnahme bildet hier die akuten intermittierenden Porphyrie, die medikamentös therapiert wird. Bleibende Nervenschäden sind keine Seltenheit und durch deutlich entzündliche Beschwerden gekennzeichnet, die nicht selten zu bleibenden Nervenschäden führen (Polyneuritis).

Prophylaxe

"Diabetes heute" berichtet über eine Studie bei Typ 1 Diabetes. Zitat: "Eine normnahe Blutzuckereinstellung von Beginn des Typ 1 Diabetes an ist in der Lage, das Auftreten einer diabetischen Polyneuropathie und einer autonomen kardialen Neuropathie zu verhindern. Eine schlechte Blutzuckereinstellung ist offensichtlich der treibende Faktor für das Auftreten und die Verschlechterung deiner diabetischen Neuropathie." [5]

Symptomatik

In der Regel kommt es zu Schmerzen und Missempfindungen (Kribbeln), brennende Schmerzen in den Beinen (burnig feet), Wadenkrämpfen. Wärme, Kälte und Schmerzen werden nur mit verringerter Intensität wahrgenommen. Dieser Umstand führt dazu, dass Verletzungen der Haut gar nicht oder zu spät bemerkt werden. Die Erkrankung verschlechtert das Fühlen, die Muskelkraft und oft auch die Bewegung.

Die autonome Polyneuropathie betrifft das vegetative Nervensystem und ist durch die folgende Symptomatik gekennzeichnet: Herzrhythmusstörungen, Blutdruckregulationsstörungen mit Schwindel und Übelkeit , Störungen der Magenentleerung (Atonie) Beeinträchtigung der Darmperistaltik mit Durchfall oder Verstopfung, Störungen der Blasenentleerung und Impotenz

Diagnostik

Neben der eigentlich sehr deutlichen Symptomatik und einer gründlichen Untersuchung (Internist und Neurologe) ist nur selten eine weiterführende Diagnostik nötig. Eine Ausschlussdiagnostik ist differenzialdiagnostisch bezüglich vermuteter Entzündungen, Diabetes, Nierenerkrankungen, Leberwerte bei Verdacht auf alkoholische Genese unter Ausschluss von Vitaminmangel durch Bestimmung des Serumwertes für B1, B12 und Folsäure bei unkooperativen Patienten allerdings unumgänglich..

Ein Blick ins Auge könnte in naher Zukunft den Nachweis einer Neuropathie ermöglichen

"Bisher beschränkt sich die Diagnostik einer Neuropathie auf Untersuchungen durch Sensibilitätsprüfungen und Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit sowie weiteren Spezialuntersuchungen, je nachdem, welche Bereiche des Körpers betroffen sind. Eine Arbeitsgruppe der Universitätsklinik in Rostock untersuchte jetzt die Augen von sechs gesunden Probanden im Alter von 22-35 Jahren und vier Patienten, welche zuvor einer Laser-chirurgischen Augenoperation (LASIK, Laser-in-situ-Keratomileusis) unterzogen wurden. Mithilfe eines neu entwickelten Systems kann ein großes Areal von bis zu 3,2 x 3,2 Millimetern mit 64 nicht überlappenden Einzelarealen von 400 x 400 Mikrometern rekonstruiert werden. Bisher wurde diagnostisch nur dieses kleine Einzelareal mit hierdurch beschränkter Aussage verwendet. Verschiedene Arbeitsgruppen fanden heraus, dass sich das Ausmaß der diabetischen Neuropathie am Nervengeflecht (subepithelialem Nervenplexus) der Hornhaut abbilden lässt. Sie verwendeten hierzu ein spezielles Mikroskopie-Verfahren (Konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie), mit dem sich Strukturen zweidimensional darstellen lassen. Anhand der Veränderungen im Gewebe der Hornhaut können Veränderungen des peripheren Nervensystems (Teil des Nervensystems, das außerhalb des Gehirns und Rückenmarks liegt) zukünftig genauer festgestellt werden."[6]

Therapie

Ist die Polyneuropathie die Folge anderer Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus und Alkoholabusus), erfolgt eine ursächliche (kausale) Therapie, die gute Erfolge aufweist. Ein klassisches Medikament in der Behandlung der Polyneuropathie gibt es nicht. Bei nachgewiesenem Vitaminmangel ist eine Substitutionstherapie hilfreich, bei Alkoholikern fehlt meistens auch das Vitamin B1. Bei Sensibilitätsstörungen kann eine Therapie mit Liponsäure zur Besserung führen. Das gesamte Beschwerdebild bedarf einer detalierten symptomatischen Therapie bis hin zur Schmerztherapie.

Neueste Untersuchungen zeigen (stand 11/2010) dass mit der Hochtontherapie eine tiefgehende, effektive medizinische Muskelstimulation erreicht werden kann, die zugleich zu einer Verbesserung des Zellstoffwechsels beiträgt. Beide Effekte wirken bei der Linderung der Schmerzen der Polyneuropathie zusammen.[7]

"Die schmerzhafte Diabetische Periphere Polyneuropathie (DPN) wird mehr als häufig mit unwirksamen Medikamenten behandelt, kritisiert Professor Dr. Hans-Georg Kress (AKH Wien). In der aktuellen Ausgabe von "Update Schmerztherapie" stellt er die neuen Empfehlungen detailliert vor - medikamentöse, nicht-medikamentöse und komplementärmedizinische Verfahren." [8]

Pflege

Die pflegerischen Maßnahmen innerhalb derMobilisation richten sich vordringlich nach dem Beschwerdebild und der betroffenen Körperregion und brauchen nicht selten die Unterstützung der Physio- und Ergotherapeuten.

Bei Entleerungsstörungen des Magens ist auf mehrere kleine Mahlzeiten zu achten. Passiertes Essen erleichtert nicht selten das Schlucken. Bei orthostatischer Dysregulation kann nur schonend mobilisiert werden (vor dem Aufstehen Kompressionstrümpfe anziehen). Diabetiker brauchen eine gute Fußpflege, Inkontinente ein kontinuierliches Blasentraining. Die Dekubitusgefahr ist infolge der der Sensibilitätsstörungen hoch. Daher ist auf eine entsprechende Weichlagerung zu achten. Immobile Intensivpatienten brauchen ein druckentlastendes Lagerungssystem.


Quellen

  1. D. Selvarajah et al: Randomized Placebo-Controlled Double-Blind Clinical Trial Product (Sativex) in Painful Diabetic Neuropathy, Depression is a major confounding factor, Diabetes Care 33:128-130, 2010
  2. Wiggin TD, Sullivan KA, Pop-Busui R et al. Elevated Triglycerides Correlate with Progression of Diabetic Neuropathy. Diabetes 2009; published ahead of print doi:10.2337/db08-1771
  3. Stracke H et al. Benfotiamine in Diabetic Polyneuropathy (BENDIP) Results of a Randomised, Double Blind, Placebo-controlled Clinical Study, Exp Clin Endocrinol Diabetes 2008, 116: 600-605
  4. RM Dubinsky J Miyasaki: Assessment: Efficacy of transcutaneous electric nerve stimulation in the treatment of pain in neurologic disorders (an evidence-based review): Report of the Therapeutics and Technology Assessment Subcommittee of the American Academy of Neurology. Neurology 2010; 74: 173-176
  5. D. Ziegler, M. Roden: Near Normoglycemia Prevents the Development of Polyneuropathy, a 24-year Prospective Study from the Diagnosis of Type 1 Diabetes. 46th Annual Meeting EASD, 20-24 September 2010. Diabetologia 2010; 53:[Suppl] S25.
  6. http://www.diabetes-heute.uni-duesseldorf.de/news/index.html?TextID=3845
  7. http://www.diabetes-deutschland.de/news165.html?XuniqueOPEN=1
  8. Diabetische Polyneuropathie: Schmerzbehandlung häufig fehlerhaft, http://www.anaesthesie-intensivmedizin.com/

Siehe auch:


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