Salutogenese

Aus Familienwortschatz
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Der Begriff Salutogenese (aus: salus (= Heil, Gesundheit) und genese (=Entstehung)) bedeutet soviel wie Gesundheitsentstehung oder die Ursprünge von Gesundheit und wurde vom israelisch-amerikanischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky (1923-1994) in den 1970er Jahren entwickelt.

Nach dem Salutogenese-Modell ist Gesundheit kein Zustand, sondern muss als Prozess verstanden werden.

Die Hauptthese von Antonowsky ist, dass das Kohärenzgefühl als Kern der Frage "Wie entsteht Gesundheit?" gesehen werden muss.


Kohärenzgefühl

Das Kohärenzgefühl ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass

  1. die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind;
    • Gefühl von Verstehbarkeit (sense of comprehensibility)
  2. einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen;
    • Gefühl von Handhabbarkeit bzw. Bewältigbarkeit (sense of manageability)
  3. diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen. Das Gefühl von Bedeutsamkeit ist laut Antonovsky das Wichtigste.
    • Gefühl von Sinnhaftigkeit bzw. Bedeutsamkeit (sense of meaningfulness)

Antonovsky sieht dieses Gefühl als eine von außen bedingte, bis zu einem Alter von ca. 30 Jahren weitgehend abgeschlossen entwickelte Disposition. Siehe hierzu auch den Artikel Kohärenzgefühl

Das Beispiel vom Schwimmer im Fluss

Bei der Behandlung von Krankheiten gleicht nach Antonovsky die pathogenetische Herangehensweise der Medizin (die sich ausschließlich mit der Entstehung und Behandlung von Krankheiten beschäftigt) im Bild dem Versuch, Menschen mit hohem Aufwand aus einem reißenden Fluss zu retten, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie sie da hineingeraten sind und warum sie nicht besser schwimmen können.

Die Salutogenese hingegen sieht den Fluss als den Strom des Lebens:

Die traditionelle Medizin und Therapie sieht Lebenseinflüsse wie Stresserfahrungen, Krisen, Schicksalsschläge und Krankheit als generell schädlich an, versucht bildlich gesprochen, den Menschen aus den bedrohlichen Fluten des Flusses zu retten und ihm schnell wieder festen Boden unter den Füßen zu verschaffen, was jedoch in den wenigsten Fällen gelingt. Die Salutogenese dagegen sieht den Menschen nicht trockenen Fußes am Ufer spazieren, sondern ständig mitten im wechselvollen Strom des Lebens befindlich, aus dem es keine Rettung gibt, es sei denn, darin ein guter Schwimmer zu werden. Sie will ihn trainieren und ermutigen, mit Widrigkeiten im Leben zu rechnen, sich möglich gut dagegen zu wappnen und Widerstandskräfte zu mobilisieren. Sie will ihn dahin führen, auch mitten in der Strömung den Kopf über Wasser zu halten, d.h. ein routinierter Schwimmer zu sein, der trotz aller Risiken auf das Tragende des Lebensstroms vertraut und an den gemeisterten Herausforderungen über sich hinaus wächst.

"Niemand geht sicher am Ufer entlang. Darüber hinaus ist für mich klar, dass ein Großteil des Flusses sowohl im wörtlichen wie auch im herkömmlichen Sinn verschmutzt ist. Es gibt Gabelungen im Fluss, die zu leichten Strömungen oder in gefährliche Stromschnellen und Strudel führen. Meine Arbeit ist der Auseinandersetzung mit folgender Frage gewidmet:

  • Wie wird man, wo immer man sich in dem Fluss befindet, dessen Natur von historischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter Schwimmer?"

(Antonovsky)

siehe auch



Literatur

  • Antonovsky "Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit", 1997
  • Bengel, Jürgen & Strittmeyer, Regine u. a. (1998): Was erhält den Menschen gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese - Diskussionsstand und Stellenwert. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung, Bd. 6. Köln.
  • Huck, G.: Krankheit bekämpfen oder Gesundheit aktivieren? Die Bedeutung der Salutogenese für die psychiatrische Pflege. Psych Pflege Heute 2004; 10; Nr. 1; S. 2-12.
  • Huck, G.: "Gesundheitsförderung in der Psychiatrie: Konzepte und Modelle" [ausführliche Darstellung der Salutogenese] In: Gaßmann M., Marschall W., Utschakowski J. (Hrsg.) Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege. Mental Health Care. Heidelberg: Springer 2006, S. 39-63

Weblinks