Stuhlinkontinenz

Aus Familienwortschatz
Version vom 30. Januar 2014, 18:45 Uhr von Admin (Diskussion | Beiträge) (1 Version: Domainwechsel)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fäkalkollektor für immobile Patienten

Als Stuhlinkontinenz wird das Unvermögen bezeichnet, den Stuhlgang willentlich zu kontrollieren. Oftmals geht er unbemerkt ab. Sie betrifft Menschen aller Altersgruppen, kommt aber häufiger bei älteren Menschen vor.

Pflegerisch geht es dabei um Maßnahmen zur ATL Ausscheiden.


Ursachen

Die Ursachen einer Stuhlinkontinenz können vielfältig sein und es müssen schon mehrere Faktoren zusammen treffen, um eine Stuhlinkontinenz auszulösen. Wenn nur einer der Mechanissmen zur Steuerung der Stuhlentleerung ausfallen, so wird das in der Regel durch sogenannte Kompensationsmechanissmen wieder ausgeglichen. Außerdem spielen auch subjektive Eindrücke eine Rolle dabei. Folgende Ursachen können eine Stuhlinkontinenz auslösen:


Störung der Impulsverarbeitung:
Unterbrechung der Pulsüberleitung:
Sensorische Störung:
Muskuläre Störung:
  • Tumoren, Tumor-OP
  • Fistelspaltung
  • Dammriss während der Geburt wenn auch der Schließmuskel mitverletzt wird)
  • Infiltrierende Abszesse
  • Beckenbodensenkung (häufige Alterserscheinung durch Bindegewebsschwäche und Abbau der Beckenmuskulatur, Operationen an der Gebärmutter)
  • Überdehnung durch Obstipation
  • Angeborene Fehlbildung (Analatresie)
Medikamente:
  • Psychopharmaka
  • Abführmittel in hoher Dosierung (z.B. Paraffin)
Psychische/psychiatrische Störung:
  • Rückfall in kleinkindliche Verhaltensweisen (Psychosen)
  • Konflikte mit Betreuungspersonen

Häufigkeit und Schweregrade

Stuhlinkontinenz ist häufiger als man zunächst vermuten möchte. Es leiden darunter immerhin ca. 1-3 Prozent der Bevölkerung, in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 800.000 erkrankte Personen. Davon betroffen sind alle Jahrgänge, jedoch nimmt die Häufigkeit mit dem Alter stark zu. Frauen und Männer sind etwa gleich stark betroffen, mit einem leichten Übergewicht bei Männern. Nicht jeder Patient ist gleich betroffen, daher unterscheidet man bei der Stuhlinkontinenz zwischen verschiedenen Schweregraden:

Grad 1: Leichte Form
  • Unkontrollierter Abgang von Winden
  • Leichte Verschmutzung der Wäsche ( Stuhlschmieren )
Grad 2: Mittlere Form
  • Unkontrollierter Abgang von dünnflüssigen Stuhl
  • Unkontrollierter Abgang von Winden
  • Gelegentlicher unkontrollierter Stuhlabgang
Grad 3: Schwere Form
  • Stuhl und Winde gehen vollständig unkontrolliert ab

Formen der Stuhlinkontinenz

Man unterscheidet verschiedene Formen der Stuhlinkontinenz. In vielen Fällen kommen mehrere der Faktoren zusammen und bilden das Krankheitsbild der Stuhlinkontinenz. Die Inkontinenz kann sowohl angeboren, als auch erworben werden.

Stuhlinkontinenz durch rektale Koprostase oder durch Obstipation wird ausgelöst durch die lange Verweildauer des Stuhles im Dickdarm und vorallem in der Rektumampulle. Durch die hohe absorptive Kapazität der Dickdarmschleimhaut wird dem Stuhl soviel Flüssigkeit entzogen, daß sich in einzelenen Segmenten der Stuhl soweit eindickt und daraus dann Kotsteine entstehen können. Die dadurch entstandene mechanische Passagebehinderung führt dann zur Entwicklung einer Stuhlimpaktion, einer klinischrelevanten und behandlungsbedürftigen Erkrankung. Die Hauptlokalisation der Stuhlimpaktion ist das Rektum. Stuhlimpaktionen sind jedoch im gesamten Dickdarm möglich. Das Vollbild einer Koprostase ist dann gegeben, wenn durch die Ansammlung der Stuhlmassen der Passageweg weitestgehend verlegt ist und die spontane Entleerung nicht mehr möglich ist.

Oberhalb der relevanten Dickdarmstenosen kommt es zu einer Aktivierung sekretorischer Prozesse mit dem Versuch des Körpers, das Passagehindernis durch verflüssigung der Stuhlmassen funktionell zu umgehen. Der auf dem Boden dieses Mechanismus flüssige Stuhl passiert das mechanische Hindernis und wird fälschlicherweise als Durchfall eingestuft. Eine Situation, die für den Patienten nachteilig bei der Anamnese sein kann.

Inkontinenz durch Störung der rektalen Speicherfunktion. Zur Störung der Speicherfunktion der Rektumampulle kann es auch nach Operationen kommen. Zwar wurden in der Rektumkarzinom-Chirurgie mehr und mehr schließmuskelerhaltende Operationen eingeführt, die nach der Entfernung des Tumors einen Wiederanschluss des Darmes bis zur inneren Schließmuskelöffnung ermöglichen, eine Vernarbung in der Umgebung sowie das Fehlen der speziellen Erweiterung der Rektumampulle führen dann aber zum häufigen Stuhlgang und zur Inkontinenz. Auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), die über Jahre zu einer Veränderung der Rektumwand führen, können Ursache für einen Verlust der Speicherfunktion sein.

Eine sensorische Stuhlinkontinenz liegt vor, wenn die sensible Wahrnehmung der Schleimhaut des Analkanals gestört ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein bei neurologischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Bewusstlosigkeit oder Schlaganfall, aber auch, wenn die Schleimhaut des Analkanals wie zum Beispiel bei einem Anal- oder Rektumprolaps nach außen gestülpt ist und damit an Wahrnehmungssensibilität einbüßt. Ist bei einer Analatresie der Analkanal nicht angelegt oder kam es durch Korrekturoperationen im Durchzugsverfahren zum teilweisen oder vollständigen Verlust der Analschleimhaut, fehlt hier ebenfalls die sensible Wahrnehmung, so dass sich wiederum das klinische Bild einer sensorischen Stuhlinkontinenz ergibt.

Bei der muskulären Stuhlinkontinenz ist der Analsphinkter geschädigt, die sensible Wahrnehmung durch die Analkanal-Schleimhaut ist dabei intakt. Häufigste Ursache für eine Schädigung des Schließmuskelapparates ist die vaginale Entbindung mit Dammriss. Insbesondere bei Kindern sind auch Pfählungsverletzungen (Übersteigen von spitzen Zäunen) häufig. Weiterhin können sich komplexe Schädigungen durch eine unzureichende Funktionsfähigkeit der Beckenbodenmuskulatur bei der sogenannten Beckenbodeninsuffizienz ergeben. Häufig zeigt sich hier die Kombination mit einem Rektumprolaps, vor allem bei älteren Frauen. Aber auch Fisteln und Fisteloperationen, speziell bei den hochreichenden ischiorektalen Fisteln, können eine teilweise oder vollständige Zerstörung des Ringmuskels (Sphincter ani internus) zur Folge haben. Eine narbige Ausheilung des Defektes führt zwar nicht zum vollständigen Verlust der Sphinkterkraft, jedoch ist durch die Erweiterung des Ringmuskels die Kraft herabgesetzt. Im höheren Lebensalter kann sich dann bei Nachlassen der Gewebeelastizität eine Stuhlinkontinenz ausbilden.

Die Kombination von sensorischer und muskulärer Stuhlinkontinenz lässt sich am besten am Beispiel des Rektumprolapses darstellen. Gleitet die Rektumwand durch den muskulären Sphinkter durch, führt das zum Verlust der Wahrnehmungssensibilität und zur dauerhaften Überdehnung des Schließmuskels durch den prolabierten Darmanteil, so dass seine Funktion allmählich schwächer wird.

Bei der neurogenen Stuhlinkontinenz ist die Ursache der Funktionsstörung zumeist Zerebral: Schlaganfall, Metastasen/Tumor, Demenz oder aber degenerative Erkrankungen, Spinal: Multiple Sklerose, Metastasen/Tumor, degenerative Erkrankungen, Cauda-equina-Syndrom (pferdeschweifförmiges Nervenfaserbündel am Ende des Rückenmarks), periphere Neuropathie (Nervenschädigung), Rückenmarkschwindsucht, Spina bifida (Spaltbildung an der unteren Wirbelsäule).

Diagnostik

Zunächst ist eine sorgfältige Anamnese in Hinsicht auf eine chirurgische oder geburtshilfliche Verletzung des Anus wichtig, da derartige Risse der Sphinktermuskulatur operativ behebbar sind und gute Aussichten auf eine Rückbildung der Inkontinenz bestehen. Eine langanhaltende Obstipation und die Anwendung von Laxanzien können eine Kotverhaltung verursachen, die bei älteren Patienten häufig zu einer Stuhlinkontinenz führt. Symptome eines Rektalprolapses (Vorwölbung im Anus während der Defäkation), einer systemischen Neuropathie (Diabetes mellitus mit Funktionsstörung des autonomen Nervensystems), von Myopathien (Dermatomyositis, Sklerodermie), Erkrankungen des Zentralnervensystems oder Rückenmarksverletzungen weisen darauf hin, daß es sich um eine sekundäre Inkontinenz auf dem Boden eines organischen Grundleidens handelt. Eine Inkontinenz für festen Stuhl läßt in nahezu allen Fällen auf eine Läsion des Analsphinkters schließen. Eine Inkontinenz für flüssige Stühle kann auch bei normaler Sphinkterfunktion auftreten.

Durch eine rektale Untersuchung und die Sigmoidoskopie lassen sich Analfissuren, Hämorrhoiden, eine Proktitis oder anale bzw. rektale Tumoren feststellen, die eine Inkontinenz verursachen können, wobei die Sphinktermuskulatur entweder von der Erkrankung mit betroffen ist oder die pathologischen Veränderungen als Irritationsherde in Rektum und Anus fungieren. Der Sphinktertonus kann bei der rektalen Untersuchung beurteilt werden, indem der Ruhetonus (zu dem äußerer und innerer Analsphinkter beitragen) und der Sphinktertonus bei maximalem Pressen (Ausdruck der Funktion des äußeren Sphinkters) gemessen werden.

Manometrische Untersuchungen des Anus werden in der Regel mit Hilfe eines perfundierten Kathetersystems vorgenommen, womit sich der Ruhedruck im Analsphinkter und der Druck bei maximaler willkürlicher Muskelkontraktion (Druck während des Pressens) (s. Abb.) messen lassen. Der anorektale Hemmreflex wird registriert, indem eine Analsonde innerhalb des Analkanals plaziert und ein Ballon im Bereich des Rektums mit Luft aufgeblasen wird. Eine derartige Dehnung des Mastdarms verursacht normalerweise eine vorübergehende reflektorische Relaxierung des inneren Analsphinkters und eine willkürliche Tonussteigerung im äußeren Analsphinkter. Ein Ruhetonus im Sphinkter unterhalb von 50 mmHg, das Unvermögen, den Druck im äußeren Sphinkter 75 mmHg über die Basisdruckwerte hinaus zu erhöhen und das Ausbleiben einer Reaktion des äußeren Sphinkters auf die Balloninsufflation korrelieren gut mit dem klinischen Schweregrad der Analinkontinenz.

"Operant conditioning" (Biofeedback) erweist sich bei vielen Patienten mit einer Stuhlinkontinenz bei intaktem Sphinkterapparat als günstig. Bei einigen dieser Patienten beruht die Inkontinenz auf einer herabgesetzten Reaktion auf die Dehnung des Rektums und einem konsekutiv unzureichenden anorektalen Hemmreflex. Bei solchen Patienten kann im allgemeinen durch Training eine Reaktion auf eine geringgradigere Dehnung des Rektums erzielt werden. Auch bei manchen Patienten mit einer Dysfunktion des Sphinkters aufgrund neurogener oder myogener Erkrankungen kann die Inkontinenz durch "Operant conditioning" positiv beeinflußt werden.

Therapie

Die Ursache ist entscheidend für die Behandlung der Stuhlinkontinenz, so z.B. werden Entzündungen des Darms häufig medikamentös behandelt. Durch Operationen kann man z.B. Tumore abtragen, den Beckenboden straffen oder ein künstlicher Schließmuskel eingesetzt werden. Mit Krankengymnastik kann man die Muskulatur im Beckenboden stärken, z.B. durch trainieren des Schließmuskels mehrmals täglich oder mit Hilfe von Reizstrom/Biofeedback. Bei Schmerzen rund um den After helfen Salben mit Zink oder Lebertran.

Durch Medikamente kann die Stuhlkonsistenz so beeinflußt werden, daß nicht mit unerwarteten Stuhlentleerungen gerechnet werden muß. So gibt man z.B. Abführmittel in Form von Zäpfchen oder Klistieren, um den Darm zu einer bestimmten Zeit zu entleeren. Mit Ballaststoffen wie z.B. indische Flohsamen und Medikamenten die auf die Darmmotorik wirken wie z.B. Loperamid kann zusätzlich die Kontinenz verbessert werden.

Stuhlinkontinenz im Alter

Die Anwendung obstipierend wirkender Pharmaka zusammen mit planmäßigen, regelmäßigen Stuhlentleerungen mittels Klistier und Rektalsuppositorien kann sich vor allem bei älteren Patienten bei der Kontrolle einer Stuhlinkontinenz als vorteilhaft erweisen. Bei offensichtlich erschlafftem Sphinkterapparat, der auf eine konservative Therapie nicht anspricht, sollte ein chirurgischer Eingriff erwogen werden.

Training zur täglichen Stuhlentleerung
  • immer zur gleichen Tageszeit zu Toilette gehen.
  • Intimsphäre schützen.
  • sich ablenken (Zeitung lesen, Kreuzworträtsel lösen, Musik hören etc).
  • sich genügend Zeit nehmen, zu Beginn dauert eine Sitzung 20 - 30 Min.
  • Bauchmassage durch den Patienten selber oder durch das Pflegepersonal, ideal wirkt auch eine Reflexzonenbehandlung
  • ein Training dauert ungefähr 3 Wochen, d.h. auch Geduld haben.

Inkontinenzversorgung

Es gibt heutzutage eine Menge an Inkontinenzhilfsmittel, welche die Unanehmlichkeiten des täglichen Lebens etwas mindern. So stehen z.B. Windeln, Analtampons und die Irrigation zur Verfügung, um den Betroffenen einen Teil der Lebenqualität zurück zu geben und ihm ermöglichen, ein fast normales Leben zu führen. Bereits während der Diagnostik und Behandlung sollten die betroffenen Personen mit entsprechenden Inkontinenzhilfsmitteln versorgt werden, dabei kommt der Auswahl des geeigneten Inkontinenzhilfsmittels eine besondere Bedeutung zu. Besonders Wichtig ist die Versorgung mit passenden Hilfsmitteln bei Patienten, die keine Aussicht auf Besserung oder Heilung ihrer Inkontinenz haben.

Kriterien für die Auswahl der Inkontinenzhilfsmitteln:
  • Wie viel Sicherheit soll gegeben werden?
  • Welche Inkontinenzart (Harn- und/oder Stuhlinkontinenz) liegt vor?
  • Welche Menge und welche Beschaffenheit hat die Ausscheidung?
  • Wann tritt die Inkontinenz auf (z.B. nur in der Nacht)?
  • Wie ist die Mobilität des Betroffenen?
  • Ist der Betroffene aufgrund seiner geistigen und körperlichen Verfassung in der Lage, die Inkontinenzversorgung selbst vorzunehmen?
  • Wie ist die Hautbeschaffenheit des Betroffenen?
Anforderungen an die Inkontinenzversorgung:
  • Möglichst dicht gegen Ausscheidungen und Gerüche
  • Geräuscharmes und optisch unauffälliges Hilfsmittel
  • Hautfreundliches Material
  • Ausscheidungen sicher aufnehmen
  • Möglichst die Selbstständigkeit des Betroffenen erhalten (einfache Handhabung)
Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel:
  • Vorlagen
  • Einlagen
  • Pants, Pullons, Trainers
  • Windeln (z.B. Höschenwindeln)
Sonstige Inkontinenzhilfsmittel:

Siehe auch:

Weblinks