Stuhlverhaltung

Aus Familienwortschatz
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Unter einer Stuhlverhaltung versteht man das Unvermögen, den Darm zu entleeren. Die Ursachen für eine Stuhlverhaltung können unterschiedlicher Natur sein. Häufig kann ein Ileus, Megacolon oder eine chronische Verstopfung die Ursache sein. Bei Kindern tritt die Stuhlverhaltung häufig als psychische Ursache in Verbindung mit Enkopresis auf.


Definition

Eine Stuhlverhaltung ist eigentlich nur das Symptom einer Erkrankung. Für eine Stuhlverhaltung kann es unterschiedliche Gründe geben, die entweder mechanischer, neurologischer oder psychischer Natur sind. So können z.B. als Ursache ein Ileus, eine akute Obstipation, eine Erkrankung des Mastdarms, aber auch neurologische Störungen wie eine Darmlähmung vorkommen. Gerade bei Kindern kann eine Stuhlverhaltung auch in Verbindung mit einer Enkopresis vorkommen, deren Ursache häufig eine Verletzung des Afters ist.

Physisch

Ileus
Unter einem Ileus versteht man in der Medizin die Unterbrechung der natürlichen Passage des Nahrungsbreis im Darm als Teil des menschlichen Verdauungstraktes. Dabei werden zwei Formen des Darmverschlusses unterschieden, der mechanische Ileus und der paralytische Ileus. Der Sonderfall des so genannten Subileus zeigt im Röntgenbild einen Bewegungsstillstand des Darmtraktes, aber kein eigentliches Passagehindernis. Bei einem Ileus wird zumeist kein Stuhl mehr abgesetzt, das dann als Stuhlverhaltung bezeichnet werden kann.


Akute Obstipation
Die Stuhlverhaltung bei einer akuten oder chronischen Obstipation ist nur scheinbar, da die Passagezeit der Nahrung bis zur Ausscheidung hierbei deutlich verlängert ist. So kann bei einer Obstipation mehrere Tage oder sogar Wochen vergehen, bis meist sehr harter Stuhl entleert wird. Als Folge daraus kann sich ein Megacolon oder sogar ein mechanischer Ileus ausbilden.


Koprostase
Die Koprostase ist eine Kotanstauung im Dickdarm mit Bildung von verhärteten Kotballen (Skybala). Die Kotballen sind evtl. durch die Bauchdecke tastbar (Koprom) und können sogar einen Tumor vortäuschen. Durch die Koprotase kann häufig kein Stuhl mehr abgesetzt werden, da der Dickdarm oder Mastdarm durch das Hindernis blockiert ist.


Megacolon
Ein akutes Megacolon kann durch einen mechanischen Ileus ausgelöst werden wenn der Ileus zu Beginn keine Schmerzen verursacht, mit der Folge, daß sich der vor der Engstelle liegende Darmteil ballonartig ausweitet. Als Symptom zeigt sich meistens nur das Ausbleiben des Stuhlganges über mehrere Tage bis Wochen (Stuhlverhaltung) und einem stark aufgeblähten Bauch. Der Allgemeinzustand des Patienten wird immer schlechter und äußert sich anfänglich in Appetitlosigkeit und später vielleicht auch in Erbrechen.


Rektum-Prolaps
Bei einem Rektum-Prolaps tritt der Mastdarm aus dem After heraus. Die Ursache dafür ist eine lockerung der Aufhängung des Dickdarms im Bereich des Kreuzbeins. Der vorgefallene Mastdarm erscheint zumeist als etwa faustgroßer Knoten außerhalb des Afters. Dieser Knoten schwillt stark an und nässt häufig etwas, dabei kann es auch zu einer Inkontinenz als Folge kommen. Bei einer starken Schwellung ist auch ein Stuhlverhalt möglich, der Patient kann den Stuhl trotz aller Anstrengungen nicht entleeren.


Darmlähmung
Die Darmlähmung (paralytischer Ileus) betrifft in der Regel beide Darmabschnitte gleichzeitig. Es liegt primär kein mechanisches Hindernis vor, sondern der Darm hat seine natürlichen Transportbewegungen aufgrund einer Erkrankung eingestellt. Die Darmlähmung kann als Folge einer Bauchfellentzündung nach einem Wanddurchbruch (Perforation) im Magen-Darmtrakt, als toxische Lähmung durch bakterielle Gifte so bei länger dauerndem mechanischem Verschluss oder nach Freisetzen von Verdauungsfermenten in die Bauchhöhle bei Bauchspeicheldrüsenentzündung entstehen. Auch eine akute Durchblutungsstörung ist in der Regel Folge einer Embolie der Darmschlagader. Man spricht auch von Mesenterialinfarkt. Die Reflektorische (neurogene) Darmlähmung tritt ein, ohne dass am Darm selbst ein organischer Schaden nachzuweisen ist, am häufigsten nach Blutergüssen im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule (Wirbelbrüche), bei Querschnittlähmung oder nach operativen Eingriffen in der Bauchhöhle. Seltener kommt als Ursache eine Stoffwechselstörungen und Störungen des Elektrolythaushalts infrage.

Psychisch

Eine psychische Ursache für eine Stuhlverhaltung tritt praktisch nur bei Kindern oder bei Erwachsenen mit einer psychischen Störung auf. Die Rolle des Sauberkeitstrainings spielt bei der Erziehung der Kinder eine tragende Rolle. Forciertes und strafendes Training kann das Kind dazu bringen, den Stuhl zurückzuhalten und dadurch eine chronische Obstipation, oder sogar eine Stuhlinkontinenz zu entwickeln. Die Kinder benutzen die Stuhlverhaltung als Druckmittel um z.B. bei der Mutter eine vermehrte Aufmerksamkeit zu erlangen.

Manchmal wird der Stuhl von Kindern auch zurück gehalten, wenn Verletzungen am After die Stuhlentleerung sehr Schmerzhaft machen. Das Kind zögert dabei die Entleerung immer weiter hinaus, um dem unangenehmen Gefühl des Schmerzes bei der Darmentleerung aus dem Weg zu gehen. Die Folge ist eine weitere Eindickung des Stuhles und die Verstärkung der Obstipation. Die lange im Mastdarm gehaltenen Stuhlmassen können den Enddarm ausweiten und zu einem chronischen Megacolon werden. Der Darm reagiert zumeist mit verstärkter Schleimbildung, um den Stuhl auszutreiben. Fälschlicherweise wird dann manchmal das als Durchfall abgetan bzw. es kommt zu einem unkontrolliertem Schleimabgang, was als Überlaufenkopresis bezeichnet wird.

Symptome

Die Symptome einer Stuhlverhaltung können sehr unterschiedlich ausfallen und sind von ihrer eigentlichen Ursache abhängig. Wichtigstes Symptom ist dabei das Fehlen des Stuhlganges über einen längeren Zeitraum.

Beim Ileus sind häufig krampfartige Bauchschmerzen, Erbrechen, unter Umständen auch von Stuhl (Miserere), ein aufgeblähter Bauch (Meteorismus), Winde (Flatulenz) und Stuhlverhalt. Bei einem mechanischen Ileus ist eine sehr hohe Darmtätigkeit (Hyperperistaltik) zu beobachten, während im Falle eines paralytischen Ileus deutlich weniger oder garkeine Darmgeräusche zu vernehmen sind. Beim Strangulationsileus ist schnellerer Verlauf der Symptomatik zu beobachten.

Bei der Obstipation treten häufig Schmerzen beim Pressen durch harten oft sehr trockenen Stuhlgang, manchmal Stuhl mit großem Volumen und gelegentlich Analfissuren durch harten Stuhl verursacht und verbunden helles Blut auf dem Stuhlgang auf, damit verbunden sind gelegentlich auch Blähungen.


Diagnostik

Die Diagnostik richtet sich nach der Ursache der Stuhlverhaltung, aber eine sonografische Untersuchung und eine Abdomenübersichtaufnahme (Röntgenuntersuchung) sollte nicht fehlen. Bei länger anhaltender Obstipation unbekannter Ursache sollte auch die Kolontransitzeit bestimmt werden und evt. eine endoskopische Untersuchung von Magen und Darm erfolgen.


Behandlung

Die Behandlung der Stuhlverhaltung richtet sich nach deren Ursache. Bei einem Ileus ist in den allermeisten Fällen eine sofortige operative Behandlung notwendig, um den Stuhltransport wieder herzustellen, auch ein Megacolon wird in der Regel operativ behandelt. Ebenfalls nur operativ ist ein Rektum-Prolaps zu behandeln, da es sich hier um einen mechanischen Defekt handelt.

Akute Verstopfung

Eine akute Verstopfung wird in der Regel zuerst mit Abführmitteln behandelt, um den Darm zu entleeren. Im Anschluss daran ist je nach Ursache der Obstipation eine Kostumstellung sinnvoll, auch die Gabe von Lactulose (z.B. Bifiteral®) bringt gute Ergebnisse. Die Koprostase lässt sich gut mit einer PEG-Lösung (z.B. Movicol®) behandeln, bei der etwa 1 Liter über den Tag verteilt gegeben wird.

Neurogene Darmlähmung

Die neurogene Darmlähmung, wie sie z.B. bei einer Querschnittlähmung oder nach operativen Eingriffen in der Bauchhöhle vorkommt, müssen mit Abführmitteln behandelt werden, damit ein Transport des Nahrungsbreies gewährleistet bleibt. Hier werden oft über einen langen Zeitraum perorale und rektale Abführmittel kombiniert (z.B. Bifiteral®, Dulcolax® Zäpfchen), um eine Stuhlfrequenz von 1-2 Tagen zu bekommen.

Stuhlverhaltung bei Kindern

Der Stuhlverhaltung bei Kindern bekommt eine besondere Aufmerksamkeit, da sie häufig vom Kind gewollt ist, um entweder Schmerzen z.B. bei Analfissuren zu vermeiden, oder aber um sie als "Druckmittel" gegen die Eltern einzusetzen. Die oft daraus entstehende Obstipation mit einer häufig großen Menge an Stuhl im Rektum kann auch zu einer Enkopresis führen. Die Behandlung beginnt zunächst damit, dass der gesamte Darm entleert wird und das Kind danach über mehrere Monate Abführmittel in genügender Dosierung bekommt. Zur Darmentleerung hat sich ein 3-Tageszyklus bewährt:

1.Tag:
2 Practo-Clyss® Klistiere hintereinander (je 120 ml)
oder bei älteren Kindern einen Einlauf mit 500-750 ml Wasser und 2 darin aufgelösten Dulcolax®-Zäpfchen
2.Tag:
2 Dulcolax®-Zäpfchen (je 10 mg)
Das erste Zäpfchen nach der Schule, bzw. nachmittags
und das zweite Zäpfchen am frühen Abend
3. Tag:
2 Dulcolax®-Dragées (je 5 mg)
Das erste Dragée nach der Schule, bzw. nachmittags
und das zweite Dragée am frühen Abend
Kinder unter 4 Jahren bekommen nur die halbe Dosis!


Je nach Ausprägung der Obstipation sind 3-4 Zyklen notwendig, um den Darm zu entleeren. Anschliessend ist eine Abdomenübersichtaufnahme (Röntgenuntersuchung) notwendig, um sicherzustellen, dass sich keine Kotballen (Skybala) mehr im Darm befinden. Die weiteren Darmentleerungen sollten nach Möglichkeit mit peroralen Medikamenten forciert werden, um eine "anale Fixierung" von Eltern und Kind zu durchbrechen. Die Kinder bekommen daher über mehrere Monate Abführmittel in genügender Dosierung verabreicht, wie z.B. 20 ml Bifiteral® (morgens) und 2 Dulcolax®-Dragées (abends), wo sie die Defäkation praktisch nicht mehr unterdrücken können. Kinder unter 4 Jahren bekommen die halbe Disierung der Abführmittel verabreicht. Wenn sich die Kinder dagegen streuben, die Abführmittel zu nehmen, dann können auch statt der 2 Dulcolax®-Dragées 20 Tropfen Laxoberal® (Geschmacksneutral) gegeben werden, die wie das Bifiteral® (Achtung Süß!) in das Essen bzw. in Getränke gemischt werden können und so das Kind nicht weis, dass es Abführmittel bekommen hat. Das Ziel sollte sein, dass das Kind mindestens einmal am Tag weichen Stuhlgang hat.

Das frühzeitige Absetzen der Abführmittel ist die häufigste Ursache für Rückfälle, daher sollte erst nach frühestens zwei Monaten mit dem "Ausschleichen" der Abführmittel begonnen werden. Auch bei mehrmonatiger Anwendung sind keine nachteiligen Wirkungen auf Darm oder Ernährungszustand des Kindes zu erwarten.


Siehe auch: