Subcutane Infusion

Aus Familienwortschatz
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Bei der subcutanen Infusion werden größere Flüssigkeitsmengen unter die Haut verabreicht. Sowohl im stationären als auch im ambulanten Pflegebereich ist diese Methode eine Alternative zur intravenösen Infusion.

Anwendungsbereich

Mithilfe einer subcutanen Infusion kann ein akuter Flüssigkeitsmangel behoben werden oder eine unzureichende orale Flüssigkeitszufuhr ergänzt werden. Durch die langsame Resorption sind s.c. Infusionen kreislaufschonender als i.v. Gaben. Sie bedarf einer ärztlichen Anordnung, aber nicht der Anwesenheit des Arztes, da das Pflegepersonal die Infusion selbst anlegen kann (im Gegensatz zu einem venösen Zugang, den nach deutschem Recht nur der Arzt oder Heilpraktiker legen darf). Somit kann die s.c.-Infusion im häuslichen Bereich und im Pflegeheim durchgeführt werden: Der Heim- oder Hospizbewohner muss nicht ins Krankenhaus, der Hausarzt kann in seiner Praxis bleiben.

Die tägliche Menge darf jedoch nicht höher als 1000 bis 1500 ml liegen, da sonst die Resorption im Gewebe nicht gewährleistet ist.

Zum Einsatz kommen nur isotone Wasser- und Elektrolytlösungen wie beispielsweise

Die Lösungen sind nicht explizit für diesen Applikationsweg zugelassen. Zum Zeitpunkt der Zulassung war die s.c. Infusion noch relativ ungebräuchlich; eine Nachzulassung scheint wirtschaftlich wenig attraktiv.

Vielfach wird darauf hingewiesen, dass nur isotone Kochsalzlösung in das subcutane Gewebe gegeben werden dürfe, da andere Substanzen (z.B. auch Ringerlösung durch das enthaltende Kalium) zu Zelltod und also zu Nekrosen führen könne.

In Versuchen mit markierter physiologischer Kochsalzlösung wurde die vollständige Bioverfügbarkeit der subcutan zugeführten Flüssigkeit bewiesen.


Anwendung in der Palliativpflege

Bei Sterbenden sind in der Regel 500 ml Infusionsflüssigkeit am Tag ausreichend. Ist die infundierte Menge nach 24 Stunden noch nicht resorbiert, kann das als ein Zeichen des bevorstehenden Todes angesehen werden, da der Organismus seine Funktionen einstellt und zu einer Verstoffwechselung nicht mehr in der Lage ist (auch bei i.v.-Gabe ist dann aus dem gleichen Grund oft eine Flüssigkeitsansammlung im Gewebe zu beobachten). Die Infusion sollte in diesem Fall unverzüglich beendet werden.

Durchführung

Applikationsorte sind in der Regel infra- oder supraclaviculär (ober und unterhalb des Schlüsselbeins), die Außenseite der Oberschenkel (lateral, ventral) oder das Abdomen. Die erforderliche Menge kann auf mehrere Einstichstellen verteilt werden. Das Vorgehen ist eine Kombination aus s.c. Injektion und den Regeln zur Infusionstherapie.

Benötigt wird eine Butterfly-Kanüle, welche im 45° Winkel eingestochen, abgepolstert (z.B. mit Pur-Zellin®-Tupfern) und fixiert wird.

Die Tropfgeschwindigkeit richtet sich nach dem Infusionsvolumen und der Verordnung, in der Regel liegt sie so, dass die Infusion in 4-8 Stunden eingelaufen ist.

Die Butterfly-Kanüle sollte nach einer Infusion entfernt werden, die folgende Infusion wird dann am nächsten Tag an einer anderen Körperstelle angelegt, um das Gewebe nicht zu sehr zu strapazieren und das Risiko einer Entzündung zu senken.

In der Folge einer subcutanen Infusion kann es zu auch größeren Schwellungen an der Einstichstelle geben, die erst nach Ablauf mehrerer Stunden resorbiert werden. Dies ist ein Zeichen, dass der Gefäßkreislauf die verabreichte Menge nicht in der gedachten Zeit aufnehmen konnte. So wird durch diese Applikationsform ein relativer Flüssigkeitsüberschuss im Gefäßsystem vermieden.

Kontraindikationen

  • Blutgerinnungsstörungen
  • Wasser- Elektrolyt- und Stoffwechselentgleisungen
  • Schockzustände
  • bestehende Ödeme

Vorteile

  • subcutane Infusionen können selbständig durch jede Pflegekraft angelegt werden (ohne Arzt)
  • subcutane Infusionen können zu einem geeigneten Zeitpunkt (z.B. über Nacht) angelegt werden
  • zieht ein verwirrter Patient ausversehen die Kanüle, besteht dennoch keine Gefahr einer Infektion der Blutwege (Sepsis)
  • bei einer subcutanen Infusion resorbiert das Herz-Kreislaufsystem nur die Menge an Flüssigkeit, die es benötigt und bewältigt

Nachteile

  • es kann "nur" isotone Kochsalzlösung gegeben werden
  • die Tropfgeschwindigkeit muss sehr niedrig liegen - die Infusion dauert mehrere Stunden (500 ml können s.c. in etwa 3 Stunden infundiert werden)

Rechtliche Aspekte

Die subcutane Infusion erfüllt wie jede Infusion / Injektion den Tatbestand der Körperverletzung. Deswegen bedarf es eines Rechtfertigungsgrundes, wie der Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters/Betreuers oder der mutmaßlichen Einwilligung (sofern sich der Patient nicht äußern kann und der Wille auch nicht anders zu ermitteln ist, zum Beispiel durch eine Patientenverfügung). Die ärztliche Anordnung allein ist kein Rechtfertigungsgrund.

  • Häusliche Pflege in Deutschland:

Die s.c. Infusion wird in den drei jährigen Ausbildungen zur Pflegefachkraft unterrichtet und darf entsprechend nach ärztlicher Anordnung selbstständig durchgeführt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat jedoch in einer Anlage zur [HKP-Richtlinie] festgestellt: "Die i. v. Medikamentengabe, die venöse Blutentnahme sowie die arterielle, intrathekale und subcutane Infusion sind keine Leistungen der häuslichen Krankenpflege." [1]. In der Regel lehnen gesetzliche Kassen die Übernahme der Kosten für eine s.c. Infusion durch Pflegedienste mit Verweis auf diese Regelung ab. Wer die Richtlinie genau liest findet auf Seite 3: "Nicht im Leistungsverzeichnis aufgeführte Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege im Sinne von § 37 SGB V sind in medizinisch zu begründenden Ausnahmefällen verordnungs- und genehmigungsfähig, wenn sie Bestandteil des ärztlichen Behandlungsplans sind, im Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich sind und von geeigneten Pflegekräften erbracht werden sollen." In welcher Weise die zuständigen MitarbeiterInnen Ausnahmefälle begründet haben wollen oder wie lange eine solche Einzelfallprüfung dauern kann ist nicht fest gelegt.

Literatur

C. Bausewein et al.: Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin. Elsevier, München 2005. ISBN 3-437-23670-9

Einzelnachweise

  1. Häusliche Krankenpflege-Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 und Absatz 7 SGB V Anlage: Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege (Leistungsverzeichnis) Seite 19; Download von den Seiten des GBA

Weblinks

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