Bitte beachten, wenn Sie für jemanden in einer Lebenskrise dringend Hilfe suchen

Sofortige Hilfe erhalten Sie rund um die Uhr bei der Telefonseelsorge unter der bundeseinheitlichen kostenlosen Rufnummer

 0800 - 111 0 111 oder
 0800 - 111 0 222

und im Internet unter http://www.telefonseelsorge.de

Nach einem Suizidversuch ist beim Auffinden der hilflosen Person immer die nächste Rettungsstation eines Krankenhauses aufzusuchen bzw. ein Rettungsdienst über
Notfallnummer 112 zu rufen.

Es geht zunächst um lebensrettende Maßnahmen wie Entgiftung, Kreislauf zu stabilisieren, Fortsetzung des Versuchs zu verhindern.


Begriffsklärung

Selbsttötung oder lateinisch Suizid (auch Suicid, von suicidium von sui-sich, für sich und von caedere-töten), auch „letzter Ausweg in den Tod“ Freitod oder diskriminierend Selbstmord genannt, ist die willentliche Beendigung des eigenen Lebens durch eine selbst bestimmte Handlung oder durch das Unterlassen einer Handlung (z. B. Nichteinnahme lebenswichtiger Medikamente bzw. Nahrungsmittel und/oder Flüssigkeit). Bei Erfolg tritt der Tod ein.

In der wissenschaftlichen Fachsprache und im beruflichen Umgang mit den Betroffenen wird meist das Wort Suizid bevorzugt, in der Rechtswissenschaft / juristischen Fachsprache häufig der Ausdruck Selbsttötung, der lediglich den Vorgang, nicht die Motive beschreibt.

Im Alltagssprache wird oft noch der Ausdruck Selbstmord verwendet. Das Wort stammt aus einer Zeit, als im deutschen Sprachraum der (versuchte) Suizid noch strafbar und moralisch geächtet war, geprägt vor allem durch die katholische Glaubenslehre. Heute ist der Suizid dagegen nicht mehr strafbar. Der Ausdruck Selbstmord wird noch häufig verwendet, obwohl er falsch und diskriminierend ist: "Mord" ist ein schweres Verbrechen, was ein Suizid in keiner Weise ist. Mit dem Ausdruck Selbstmord werden die Suizidenten und ihre Angehörigen diskriminiert.

Die Bezeichnung Freitod enthält andererseits den Gedanken der freien Wahl zwischen Leben und Tod. Meistens wird von den Menschen, die einen Suizid beabsichtigen, der eigene Tod jedoch als der einzig mögliche Ausweg gesehen. Die Entscheidungsfreiheit einer suizidalen Person ist in der Regel stark eingeschränkt. Daher wird die Bezeichnung Freitod ebenfalls von einigen Wissenschaftlern abgelehnt.

In der Wissenschaft wird die dauerhafte Einnahme von Alkohol, anderen Drogen, Magersucht oder extreme Fettsucht auch als "Suizid auf Raten", als extrem gesundheitschädigendes Verhalten gesehen. Hier wird von einem chronischen Suizid gesprochen. Korrekt ist das nicht, weil hinter dem jeweiligen Genuss weder eine Tötungsabsicht steckt noch mit der langfristigen tödlichen Wirkung wirklich gerechnet wird. Als moralischer Vorwurf bringt es wahrscheinlich auch nur wenige dieser sich durch Konsum schädigenden Personen von ihrem Verhalten ab. Vergleiche hierzu auch die Autoaggression als psychiatrische Störung.

Im weiteren soll es im Rahmen eines Pflegelexikons hier vorrangig um Möglichkeiten der Prävention und der Behandlung gehen.

Verschiedene Ursachen

Suizid ist in den sehr vielen Fällen das Symptom einer Depression oder einer verwandten psychischen Erkrankung. Suizide aus anderen Gründen (z. B. als Konsequenz eines "Gesichtsverlustes" oder einer Lebenskrise) sind dagegen relativ selten. Allerdings in der Gruppe der alten Menschen ist die Selbsttötung als sogenannter „Bilanzselbstmord“ zahlenmäßig bedeutsam. Er wird von Männern häufiger vollzogen als von Frauen. Dabei trägt als Auslöser oft eine schwere Erkrankung oder Behinderung Anteil, die der betroffene Mensch nicht mehr länger aushalten möchte.

Suchterkrankungen und chronische Schmerzen spielen ebenfalls eine gewichtige Rolle, haben aber auch fließende Übergänge zur Depression. Denn Suizid auslösende Faktoren können dann zwar Lebenskrisen wie die Trennung vom Partner, Versagensängste oder der wirtschaftlichen Ruin sein – als alleiniger Hintergrund eines Suizids kommt dies aber nur in ca. 5–10% der Fälle vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sowohl eine innere wie eine äußere Ursache für eine Depression bestehen kann, d. h. ein für Depressionen empfänglicher Patient wird durch seine Lebensumstände depressiv.

In seltenen Fällen geht einem Suizid die Tötung Dritter (meist Ehepartner, (behinderter) Kinder) voraus; in diesen Fällen wird von einem erweiterten Suizid gesprochen. Dieser Begriff ist jedoch umstritten, da die Tötung anderer kein Suizid ist, sondern ein Verbrechen.

Amoklauf als spezieller Fall eines "erweiterten" Suizids mit gleichzeitiger Tötung weitere Personen oder Formen der Selbstopferung, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (Tokkōtai|Kamikaze) oder einer Sache dienlich zu sein aufgrund eines echten oder vermeintlichen Mangels an Alternativen (Selbstmordattentäter) auch in Form einer Erpressung oder Geiselnahme sind nicht Gegenstand des Artikels.

Wo genau die Grenze zum selbstgefährdenden oder auch zum selbstverletzendes Verhalten liegt, ist teilweise schwer auszumachen: So handeln Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung bei riskanten Autofahrten latent suizidal.


Sonderfall Alters-Suizid

Die Menschen über dem 60. Lebensjahr bilden die einzige umschreibbare Perrsonengruppe in der Bevölkerung, in der in den vergangenen Jahren die verschiedenen Formen der Selbstötung zahlenmäßig zugenommen hat.

Eine besondere Form, statistisch gar nicht greifbar, ist die Selbstaufgabe bei befürchteter oder tatsächlicher schwerer Erkrankung. Die Nahrungsaufnahme wird reduziert oder ganz aufgegeben. Für Angehörige und Pflegende entsteht dabei eine ethische Konfliktsituation.

Die dabei evtl. auch zutreffende Ursache Depression ist in jeder Altersstufe, also auch bei Hochaltrigen, mit ungefähr gleich guten/schlechten Erfolgsaussichten (Prognose) therapierbar oder zumindest behandelbar.


Wer behandelt evtl.?

Mit dem Suizid befassen sich Wissenschaften wie Psychiatrie, Gerontopsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychologie, Soziologie, Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaft. Hier geht es um die praktischen Ansätze zur Suizidverhütung und der Betreuung derjenigen, die einen Suizidversuch überlebt haben. Der Fachausdruck dafür ist Suizidprävention (s. u.).

Statistik

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass es weltweit etwa eine Million Suizide pro Jahr gibt und dass 10 bis 20 Mal soviele Suizidversuche scheitern. In der Europäischen Union begehen nach einer Meldung der EU-Kommission aus dem Jahr 2005 jährlich 58.000 Menschen Suizid, wobei die meisten dieser Fälle von Personen begangen werden, die an Depressionen leiden.

Im Durchschnitt sterben in der Bundesrepublik Deutschland jährlich zwischen 11.000 und 12.000 Menschen durch Suizid, wobei zusätzlich von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist. Diese Zahl entspricht ca. 1,3% aller Todesfälle und übersteigt damit die Anzahl der Verkehrstoten. In der Altersgruppe der 15- bis 35jährigen ist der Suizid die zweithäufigste Todesursache (nach dem Unfalltod). Erst im höheren Alter steigen diese Zahlenwerte wieder an.

Die Zahl ernsthafter Suizidversuche liegt bei ca. 100.000 bis 150.000 (auch hier sind genaue Erkenntnisse aufgrund der hohen Dunkelziffern schwierig), also um den Faktor 10 bis 15 über der der ausgeführten Suizide. Mit anderen Worten: Etwa jeder zehnte Suizidversuch ist (geschätzt) erfolgreich.

Im Jahr 1982 nahmen sich in der Bundesrepublik und der DDR 18.711 Menschen das Leben, während die Zahl im Jahr 2002 bei 11.163 lag. Das heißt, dass die dokumentierte Suizidrate im Zeitraum von 20 Jahren um 40,3% zurückging.

Die Zahl der Suizidversuche ist bei Frauen weit höher als bei Männern. Allerdings ist die Zahl der erfolgreichen Suizide bei Männern größer. Das Verhältnis der Suizidrate von Frauen zu Männern liegt etwa bei 1:3. Von den 11.163 Suiziden im Jahr 2002 wurden 8.106 (73%) von Männern und 3.057 von Frauen begangen.

Moralische Bewertungen

Bei alten oder schwerkranken Menschen sind Suizidgedanken oft verständlich. Das Recht, einen unabwendbaren langen Leidensprozess abzukürzen, wird in verschiedenen Ländern durch die Gesetzgebung unterschiedlich unterstützt. Dies erregte in einigen Ländern eine Debatte um die gesetzliche Zulässigkeit aktiver und passiver Sterbehilfe.

Forschungsgeschichte

Der Soziologe Emile Durkheim hat 1897 mit seinem Werk über den Suizid (Le suicide) die sozialen Zusammenhänge der Selbsttötung auf empirischer Grundlage analysiert. Er unterscheidet zwischen dem egoistischen, dem altruistischen und dem anomischen Suizid. In jedem Falle ist nach Durkheim eine soziale Desintegration eigentliche Ursache.

Rechtliches

Versicherungsrecht

Bei einer Selbsttötung kann die Versicherungssumme einer Lebensversicherung nur dann beansprucht werden, wenn seit der Zahlung des ersten Versicherungsbeitrages in der Regel mindestens drei Jahre vergangen sind. Tötet sich die versicherte Person vor Ablauf der Dreijahresfrist, braucht die Versicherung nur leisten, wenn nachgewiesen ist, dass die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen worden ist[1]. Andernfalls ist nur der Zeitwert der Versicherung zum Todeszeitpunkt auszuzahlen [2].

Strafrecht

Eine Selbsttötung ist nach deutschem Strafrecht nicht strafbar. Ein erfolgreicher Täter könnte ohnehin nicht mehr bestraft werden. Da die Tat selbst nicht strafbar ist, bleibt auch ihre Anstiftung oder die Beihilfe zu einer (selbstverantwortlichen) Selbsttötung, z.B. durch die zur Verfügungstellung eines zur Selbsttötung geeigneten Mittels, straffrei.

Handelt die sich selbst tötende Person dagegen nicht aufgrund einer freien Willensentscheidung, z.B. ein unreifer Jugendlicher, ein geistg erkrankter oder ein seelisch schwer gestörter Mensch oder ein krankhaft Lebensmüder, so ist schon das Nichtverhindern der Selbsttötung durch eine Pflegekraft als Tötung durch Unterlassen strafbar[3]. Eine Pflegekraft hat in einer solchen Situation (ebenso wie ein Arzt oder ein naher Verwandter) eine so genannte Garantenstellung inne. Aus dieser Garantenstellung folgt die Pflicht zum Verhindern der Tötungshandlung bzw. des Erfolgseintritts der schon ausgeführten Handlung. Wegen der fehlenden Freiverantwortlichkeit der sich selbst tötenden Person, wird der Garantin die Tatherrschaft zugeschrieben, das heißt, sie selbst begeht die Tötungstat, die sich selbst tötende Person ist gleichsam das Werkzeug zu einer Fremdtötung. Die Pflicht zum Eingreifen der Garantin besteht sowohl vor und während als auch nach der Tötungshandlung.

Eine Person, die nicht Garant ist, muss dagegen eine Selbstötung nicht verhindern. Etwas anders gilt allerdings, wenn der Nicht-Garant erst nach der Tötungssituation hinzukommt, ohne zu wissen, was passiert ist (so genannte Auffindungssituation). Leistet die Person in dieser Situation keine Hilfe, so kann sie wegen unterlassener Hilfeleistung bestraft werden (§ 323c StGB).

Suizidprävention

Grundfragen einer systematischen Suizidprävention

Hier soll es um Grundfragen einer systematischen Suizidprävention gehen, die zu lösen sind, wenn nicht in einer einzelnen Verzweiflungstat zu helfen ist.

  • Welchen Klienten wird Beratungsangebot angeboten?
  • Wie wird bei akuter Suizidgefahr vorgegangen?
  • Es gibt einen Plan über den Umgang mit akuter Suizidgefahr (am Telefon/in der Beratung/in anderen Settings), den alle Mitarbeitenden kennen und zur Anwendung bringen können.
  • Welche psychotherapeutische Methoden und Techniken werden verwendet?

Neben eventuellen neuen Methoden wird zumindest ein bewährter Ansatz zur Anwendung gebracht.

  • Welche konkreten Hilfen werden angeboten? (Hilfe bei Behörden etc.)
  • Welche Kriseninterventionsstrategien werden verwendet?
  • Wie wird die Lebensgefahr eingeschätzt?
  • Gibt es ein institutionell erarbeitetes Konzept?
  • Werden jüngere wissenschaftliche Ergebnisse verarbeitet?
  • Wird Übung/Berufserfahrung bei der Einschätzung berücksichtigt?
  • Gibt es eine Regelung, wie andere Mitarbeiter zur Hilfe gezogen werden?


Alle Mitarbeiter kennen das institutionelle Konzept der Einschätzung und haben Übung darin. Sie erkennen eigene Grenzen und ziehen ggf. Hilfe hinzu.

Näheres siehe weiter unten: Leitlinie

Wo können Suizidgefährdete Hilfe bekommen?

Allgemeine Informationen In Deutschland gibt es 104 Telefonseelsorgestellen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit anonym Beratung am Telefon anbieten. Unter der bundeseinheitlichen Telefonnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 kann kostenlos angerufen werden. Die Mitarbeiter der Telefonseelsorge hören zu, nehmen Anteil und verweisen bei Bedarf an andere Einrichtungen. Die Telefonsseelsorge ist somit die flächendeckende Basis aller spezialisierten Krisenhilfeangebote.

Unter der Rufnummer 0800-1110333 finden sich bundesweit Beratungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche, überwiegend vom Deutschen Kinderschutzbund.

Informationen über Selbsthilfegruppen erhält man über die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) unter der Rufnummer: 030 / 8914019.

In jeder Gemeinde gibt es Sozialpsychiatrische Dienste. In jedem Fall erfährt man die Adresse und Telefonnummer des nächsten Dienstes über die Gemeindeämter. Für Kinder, Jugendliche und Eltern gibt es bei akuten Krisen Hilfe über Beratungsstellen der Jugendämter, Erziehungsberatungsstellen und Ehe-, Familien-, Lebensberatungsstellen in den Gemeinden.

Die im Absatz zuvor genannten Beratungsangebote sind nicht in der nachfolgenden Liste aufgeführt, da sie als regionale Basisangebote überall in Deutschland zu finden sind. Der Beratungsführer online von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB) listet mit einem guten Suchsystem unter http://www.dajeb.de ca. 12.000 Beratungsangebote auf.


Die Organisation der Suizidprävention

Die Organisation der Suizidprävention setzt ein langfristiges Konzept voraus. Sie kann nicht aus aktueller Betroffenheit heraus geleistet werden. Einzelne Personen wären überfordert und überlastet. Die Unterstützung durch beruflich damit erfahrene Stellen bei einer Neugründung solch einer Organisation ist in der BRD leicht zu erhalten. Dafür kommen die Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände oder die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) in Betracht. Sie vermitteln Kontakte zu bereits bestehenden Diensten.


Leitlinien zur Suizidprävention

Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) hat 1994 Leitlinien für Krisenintervention und Suizidprävention herausgegeben. Die Leitlinien beziehen sich auf sieben Themenbereiche. Für jeden Bereich gibt es Checklisten mit „Besinnungsfragen" sowie die Beschreibung von „Minimal-Standards", die den Status von –inzwischen unverzichtbaren– Qualitätsstandards repräsentieren. Minimalstandards, die sich nach den vorliegenden Kenntnissen und Erfahrungen der nun schon bald 30-jährigen Praxis der Krisenintervention/Suizidprävention in Deutschland als unumgänglich notwendig herausgestellt haben, um die Arbeit der Klientel gegenüber verantworten zu können. Wird in einem Bereich der Minimalstandard der Organisation nicht erreicht, beeinträchtigt dies die Güte der gesamten Arbeit. Die genannten Checklisten enthalten Hinweise darauf, dass die Krisenintervention auf einem höheren Organisationsniveau angesiedelt werden kann. Keinesfalls sollen diese Listen als Beschreibung von Perfektionsidealen missverstanden wissen, sondern sie sollen wichtige Ziele der Weiterentwicklung aufzeigen.


1. Das Selbstverständnis der Arbeit und ihre theoretische Basis

Es ist wichtig, sich im Team über das Selbstverständnis der Arbeit einig zu werden. Manche Einstellungen, zum Beispiel zu aktiver oder passiver Sterbehilfe etc., werden nicht immer einheitlich sein. Möglichkeit solche Reflexion anzustellen und wer an ihr beteiligt wird. Dazu bedarf es kommunikativer Bemühungen sowohl innerhalb der Einrichtung, als auch auf fachlicher Ebene und in der allgemeinen Öffentlichkeit. Gemeinsames Konzept. Umsetzung des Selbstverständnisses einer Einrichtung in praktisches Handeln. Dynamik des Selbstverständnisses. Wie werden konzeptuelle Streitigkeiten gelöst? Wird das Konzept der Einrichtung einheitlich nach aussen vertreten?

2. Verwaltung und Organisation

Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden ist eng verknüpft mit der Art der Verwaltungsstruktur und der Organisation der Finanzierung einer Stelle. Nicht nur die Klientel ist Kunde der Einrichtung, auch die Mitarbeitenden sind es. Die Einrichtung der Krisenintervention wird in der Regel zwar überwiegend von öffentlichen Zuschussgebern gefördert, sie sollte jedoch ihre inhaltlichen und strukturellen Gegebenheiten weitgehend unabhängig von öffentlichen Zuschussgeldern entwickeln und realisieren können. Gerade für die Arbeit mit suizidalen Menschen, die in Lebenskrisen Orientierung brauchen, ist die Klarheit der institutionellen Rahmenbedingungen ein wichtiges Begleitinstrument (Rechtsform, Mitbestimmung, Gremien). Die Vertretung des Trägers und dessen Funktionen. Zuständigkeiten. Qualifikation und Selbstverständnis der fachlichen Leitung. Die Notwendigkeit der Personalplanung. Finanzplanung und Haushaltsplan (Über welchen Zeitraum ist die Finanzierung der Einrichtung gesichert?). Standard für die Räumliche Ausstattung.


3. Qualifizierung der Mitarbeitenden

Krisenhilfe erfordert eine spezielle Ausbildung und regelmäßige Supervision der Mitarbeitenden. Burn out muß nicht sein. Die sorgfältige Auswahl der Mitarbeitenden und schon eine verhältnismäßig kurze und gezielte Ausbildung (Fertigkeiten, Wissen, Haltungen) können sehr entscheidend zur Qualitätsverbesserung der Einrichtung und ihres Angebotes beitragen, vor allem, wenn langfristig für Qualitätserhaltende Maßnahmen (Supervision, Balint-Gruppe, Fortbildung) gesorgt wird. Praxisbegleitende Qualifizierung/Hospitation. Qualifikation der Ausbilder und Ausbilderinnen, Supervisoren und Supervisorinnen.


4. Das Angebot

Wie muß das Angebot organisiert werden, damit die Organisationsstruktur die Beziehungsaufnahme und den Kontakt zu den Betroffenen bestmöglich unterstützt und nicht fahrlässig beeinträchtigt? Öffnungszeiten. Wann ist die Einrichtung telefonisch, wann persönlich erreichbar? Wer (Ausbildung, Erfahrung) ist wann und wie erreichbar? Formen der Hilfe - ambulant oder stationär? Wird Hilfe auch außerhalb der Einrichtung angeboten (Gehstruktur)? Gibt es nach Abschluss/Abbruch der Intervention einen Modus für Nachkontakte? Welche Rolle spielt der Telefonkontakt? ( alleiniger Bestandteil oder Teilaspekt) Frageliste für Klientenmerkmale. Gibt es Kontakt zu Multiplikatoren/Medien? Interventionsmethoden. Minimalstandard dazu: Es kann gezielt an andere Stellen weiter verwiesen werden.


5. Kooperation und Vernetzung

Selten kann eine Stelle in einer Kommune alle Krisenfälle allein abdecken. Gibt es Wege der Zusammenarbeit? Werden sie gesucht, benutzt? Sich zu vernetzen erfordert Arbeit. Verzeichnis psychosozialer Angebote. Für die Weitervermittlung kann es manchmal notwendig sein, den Kontakt zur anderen Einrichtung direkt herzustellen, vielleicht sogar den Klienten hinzubegleiten. Andererseits sind aktive Überweisungen, die den Klienten nicht ausreichend selbst entscheiden lassen, zu vermeiden. Vertraglich geregelte Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen.


6. Ethik

Wie wird das Recht des Einzelnen auf Selbstbestimmung - auch bezüglich Suizid - gewahrt? Wie geht man vor, wenn aus Unterlagen des Suizidenten eindeutig hervorgeht, dass er sterben will und nicht "gerettet" werden will? Was geht vor: das Grundrecht auf Selbstbestimmung oder die Hilfepflicht? Wie wird die Klientel und wie werden die Mitarbeitenden geschützt? Welche Regeln gelten für den Umgang mit den Medien? Minimalstandards: Es finden sich Aussagen über die ethische Grundhaltung und Praxis in verschiedenen Papieren der Einrichtung, wie z.B. Kanzepte, Berichte, etc. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind über die Grundregeln des Datenschutzes informiert. Die Daten werden vor fremdem Zugriff geschützt. Es gibt eine allgemeine Schweigepflichtsvereinbarung im Mitarbeitendenvertrag, auch Ermahnung zur Schweigepflicht in der Einarbeitung, jedoch keine regelmäßig fortgesetzte inhaltliche Auseinandersetzung über die Schweigepflicht. Das Problem des Umgangs im Konflikt zwischen institutionellen Vorgaben bzw. Entscheidungen und Gewissenskonflikten des einzelnen Mitarbeiters oder der einzelnen Mitarbeiterin ist im Team erörtert und die Bedeutung der eigenen Gewissensentscheidung hervorgehoben worden. Es gibt Informationsmaterialien. Über die Problematik in der Zusammenarbeit mit Medien und den Schutz für die Klienten wurden im Team gesprochen. Auch über den Umgang mit Informationen aus ethischen/rechtlichen Grenzsituationen

7. Evaluation und Weiterentwicklung

Eine Prioritätenliste der Evaluationsziele wird aufgestellt und beschlossen. Evaluation kann grundsätzlich intern (durch die Mitarbeitenden der Einrich- tung) oder durch externe Berater erfolgen. Minimalstandard: Regelmäßige Erfassung und Dokumentation einfacher Daten. Regelmäßige Erstellung eines Tätigkeitsnachweises. Auch die Benutzung der Leitlinie ist eine Form der Evaluation. Auch die Leitlinien sollen regelmäßig evaluiert und neue Erkenntnisse in sie aufgenommen werden. Den Verfassern und Verfasserinnen ist es wichtig, daß die Entwicklung der Leitlinien ein gemeinsamer Prozeß ihrer NutzerInnen bleibt. Daher die Bitte: Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit den Leitlinien der DGS-Geschäftsstelle mit.


Alle sieben Bereiche sind aufeinander bezogen, sie bedingen sich gegenseitig.


Ausführliche Leitlinie als Druck beim S. Roderer-Verlag, 1994, Hildesheim und zum Download als Word Dokument via http://www.suizidprophylaxe.de

Pflege einer Person nach versuchter Selbsttötung

akute Phase

  • Vitalfunktionen sichern (ABCD-Regel )
  • Kontinuierliche Vitalzeichenkontrolle
  • Diagnose absichern - Urin-Screening, Material zur toxikologischen Analyse zurückstellen(asservieren): Speisereste, Tabletten, Gläser, Flaschen, Urin, Mageninhalt, Stuhl.
  • Vordringliche Fragen für weiteres Vorgehen – solange bei Bewußtsein: Wer? Was? Wann? Wie? Wieviel?

weiteres Vorgehen nach Ärztl. Anweisung. Auf intern. Intensiveinheiten – nach entspr. Schema.

  • Antidottherapie bei Vergiftungen.
  • Bei (unklarer) Bewußtseinsstörung evtl. auch neurol. Symptome kontrollieren (Fachärztl. Anweisng.)
  • Beatmung
  • Bilanzierung und Infusionstherapie

Um die Aufnahme des Gifts in den Stoffwechsel (Resorption) zu verringern: induziertes Erbrechen, Magenspülung(Ausheberung), induzierte Diarrhoe, Darmspülung, Adsorbentien.

Um die Ausscheidung von Giftresten aus dem Blutkreislauf und Stoffwechsel zu beschleunigen (Elimination) kommen in Frage: Hämofiltration, extrakorporale Hämodialyse, extrakorporale Hämoperfusion, Plasmapherese, Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufes, Blutaustauschtransfusion, forcierte Diurese.

danach

Psychologische Betreuung einleiten (auch bei evtl. Angehörigen)


Fußnoten

  1. Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung, § 5 (Stand 6. Mai 2006)
  2. § 176 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz, VVG)
  3. Beispiele nach: Wolfgang Putz, Strafrechtliche Aspekte der Suizid-Begleitung in Deutschland vom 19. September 2006, S. 14

Siehe auch:

Literatur

  • Jean Amery: Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod, Stuttgart: Klett-Cotta. 1. Aufl. 1976 [damals Ernst-Klett-Verlag, Edition Alpha].
  • J.C. Arnold: CRASH - Erlebnisse vom Absturz - Ein gratis E-Book (religiös motiviert)
  • Ursula Baumann: Vom Recht auf den eigenen Tod. Die Geschichte des Suizids vom 18. bis zum 20. Jahrhundert ISBN 3740011807
  • Emile Durkheim: Der Selbstmord ISBN 3518280317
  • Claude Guillon / Yves LeBonniec: Gebrauchsanleitung zum Selbstmord. Eine Streitschrift für das Recht auf einen frei bestimmten Tod. Robinson-Verlag, Frankfurt/Main 1982. ISBN 3-88592-032-8
  • Stone, Geo: Suicide and Attempted Suicide. New York: Carroll & Graf, 2001. ISBN 0-7867-0940-5
  • Erwin Ringel (Hg.): Selbstmordverhütung ISBN 3-88074-224-3
  • Elmar Etzersdorfer, Georg Fiedler, Michael Witte (Hg.): Neue Medien und Suizidalität - Gefahren und Interventionsmöglichkeiten, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 3-525-46175-5
  • Literaturliste der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention
  • Freytag, R. et al. (1994). Leitlinien der DGS zur Organisation von Krisenintervention/Suizidprävention. Hildesheim.
  • Freytag, R. (1997). Die Entwicklung von Leitlinien und Minimalstandards in der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention – Hilfe in Lebenskrisen. In Th. GIERNALCZYK & R. FREYTAG (Hrsg.), Qualitätsmanagement und Krisenintervention/ Suizidprävention. Göttingen.

Weblinks