Unter Wahrnehmung ist der komplette Vorgang der Aufnahme von Sinneseindrücken durch Sinnesorgane und die integrative Verarbeitung von Umwelt- und Körperreizen durch das Nervensystem (vorwiegend Reizleitung, Gehirnteile) zu verstehen. Dabei werden Lernfähigkeiten und Erinnerungsvermögen benötigt (knappe Definition).

Wahrnehmung

Begriffsbestimmung

Wahrnehmung erfolgt zufällig und ungezielt. Sie dient lediglich der Orientierung in der Umwelt, ihre Inhalte werden nur in das Bewusstsein bzw. Gedächtnis aufgenommen, wenn dem Beobachteten besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Ansonsten wird das meiste Wahrgenommene scheinbar gleich wieder gelöscht, da es sonst zur Reizüberflutung käme (Neue Studien in der Hirnforschung liefern aber inzwischen Hinweise, dass vieles unbewusst Wahrgenommene entgegen früherer Annahme doch gespeichert wird und sich in bestimmten Situationen - wiederum unbewusst, als "Bauchgefühl" - abrufen lässt.) Wahrnehmung ist ein Teil der Intelligenz; die Zusammenarbeit mit dem Gedächtnis - Erinnerung - wird häufig wissenschaftlich in verschiedene "Arbeitsspeicher" unterteilt.

Physiologische Grundlagen der Wahrnehmung

Umweltreize werden von den Sinnesrezeptoren aufgenommen und in elektrische Impulse umgewandelt. Über die afferenten Nervenbahnen werden sie zum Gehirn geleitet und dort verarbeitet. Anhand der Ergebnisse sendet das Gehirn über die efferenten Nervenbahnen an die verschiedensten Affektoren (Muskeln, Drüsen) Impulse, welche eine Reaktion auslösen. Diesen Vorgang nennt man Reflexbogen nach Pawlow Im Gegensatz dazu sind Beobachtung und Aufmerksamkeit gezielt. Sie dienen dazu, Informationen über eine Sache oder Person zu erhalten. Das Gehirn speichert die Informationen, verarbeitet die Erfahrung und vergleicht sie mit bereits gespeichertem Wissen.

Elemente des Wahrnehmungsprozesses

Selektion: Aufgrund seiner Hirnkapazität ist der Mensch nicht in der Lage, alle Informationen sofort bis ins Detail aufzunehmen und zu verarbeiten; individuell Gewünschtes, aber auch drohende Gefahr wird eher wahrgenommen, Unerwünschtes eher verdrängt.

Ergänzung: Wahrgenommene Reize werden zu einem Ganzen zusammengeführt, doch das Ganze ist mehr als Summe seiner Teile, da über das "neu" Wahrgenommene hinaus auch "alte" Erfahrungswerte mit hinzugezogen werden.

Strukturierung: Man ordnet die wahrgenommenen Teile derart, dass ein passendes Bild entsteht. Auch wahrgenommene Sachverhalte werden zusammengefasst, so dass daraus eine schlüssige und nachvollziehbare Geschichte wird.

Fehler in der Wahrnehmung

Aufgrund ihres ungerichteten Charakters ist die Wahrnehmung vielen Fehlerquellen unterworfen (siehe Wahrnehmungsfehler). Eine Auswahl der wichtigsten:

  1. Erster Eindruck Besonders stark auf die weitere Beziehung zu anderen Menschen wirkt sich der erste Eindruck aus, weil durch ihn nachfolgende Eindrücke vorbestimmt sind. Dieses Vorgehen dient den Menschen als Vergleichs-Werkzeug.
  2. Kontrasteffekt Werden mehrere Objekte wahrgenommen, wird automatisch das erste als Vergleichs-Maßstab genommen.
  3. Projektion Eigene Wünsche werden auf andere Personen projiziert. Dabei spielt die momentane Befindlichkeit des Wahrnehmenden eine wichtige Rolle
  4. Subjektive Persönlichkeitstheorie: Der Wahrnehmende hat eine eigene Meinung, welche Eigenschaften zusammengehören. Daher werden beobachtete Eigenschaften in diesem System erkannt und die 'dazugehörigen' Eigenschaften automatisch mitgesehen.
  5. Halo-Effekt: Eine wahrgenommene Eigenschaft strahlt dermaßen aus, dass sie die anderen überdeckt und diese nicht wahrgenommen werden.
  6. Stereotypen: Personen, die Mitglieder einer bestimmten Gruppe sind, werden mit Attributen assoziiert, welche man selber mit der Gruppe assoziiert.
  7. Täuschungen aufgrund der Art der Reizübertragung, z. B. optische Täuschungen beim Sehen

Wahrnehmungsprozess

(innerhalb der Beobachtung)

Information (direkt oder indirekt) -> Informationsauswahl und -verarbeitung -> Informationsverarbeitung anhand verschiedener Schemata -> Beurteilung

Siehe auch

Literatur

  • Zielke-Nadkarni, A. (2005): "Das Kompetenzentwicklungsmodell nach Benner als Grundlage von Wahrnehmungs- und Beobachtungsschulung", in: Unterricht Pflege 5/2005, S.2-5
  • Schneider, K. (2005): "Wir sehen, was wir sehen wollen!", in: Unterricht Pflege 5/2005, S.14-18
  • Muster-Wäbs, H. (2005): "Die bewusste Wahrnehmung und der bewusste Umgang mit meinem "inneren Team"", in: Unterricht Pflege 5/2005, S.19-21
  • Sander, K.; Schneider, K. (2005): "Wahrnehmen, beobachten, handeln - Unterrichtskonzept und Lernsituation", in: Unterricht Pflege 5/2005, S.27-30
  • Stumpf-Parketny, T.; Tünte, A. (2005): "Wahrnehmen, beobachten, handeln in der Pflege von Menschen mit Schmerzen", in: Unterricht Pflege 5/2005, S.43-50

Weblinks