Zentraler Venendruck

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Definition

Der zentrale Venendruck (ZVD) entspricht dem Druck in der Vena cava superior und im rechten Vorhof. Gemessen wird dabei im oberen, klappenlosen Hohlvenensystem mittels eines zentralen Venenkatheters, welcher beispielsweise über die Vena subclavia oder die Vena jugularis bis vor den rechten Vorhof geschoben wird. Veränderungen des ZVD geben frühzeitig Auskunft über Volumenveränderungen, Veränderungen der Herztätigkeit und der Druckverhältnisse im Thorax.

Normwerte

gemessen über Transducer/Monitor 3 - 9 mmHg gemessen über "Prinzip der kommunizierenden Röhren" 6 - 12 cm H2O (unterschiedliche Angaben in der Literatur mögl.)

Theoretische Grundlagen

Nachdem das aus dem arteriellen Schenkel kommende Blut das Kapillarnetz passiert hat, ist der Druck im venösen Schenkel nur noch sehr gering. Dieser verbleibende Restdruck ist jedoch von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • dem Kapillardruck
  • der zirkulierenden Blutmengen
  • dem Tonus der Gefäßwände
  • den Druckverhältnissen der Umgebung
  • der Leistungsfähigkeit des rechten Herzens
  • verschiedenen Medikamenten

In der Regel schwanken die physiologischen Normalwerte zwischen 6 und 12 cm Wassersäule (cm H2O). Der ZVD kann erniedrigt sein bei Hypovolämie, unter Umständen sogar negative Werte bieten (Es gibt keine absolut gesehen negativen Drücke, aber hier im Sinne von niedriger als den uns umgebenden Luftdruck auf den sich der ZVD bezieht). Erhöht ist es bei Hypervolämie, Rechtsherzinsuffizienz, Stauungen im rechten Herzen (Behinderung des Blutstromes, Veränderungen der Lungenstrombahn), Katheterfehllage und Druckerhöhungen im Gehirn, im Abdomen und im Thorax.

Meßprinzip

Der ZVD bezieht sich auf den Druck im rechten Vorhofs. Die Höhe des rechten Vorhofs ist identisch mit dem Nullpunkt, auch als hydrostatischer Nullpunkt bezeichnet. Bei der Messung läßt man eine Wassersäule in einem zur Luft hin offenen System gegen den Blutdruck in der oberen Hohlvene sinken. Die Wassersäule sinkt soweit ab, bis Wassersäule und Blutdruck sich die Waage halten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Wassersäule atemsynchron schwankt.


Bestimmung des hydrostatischen Nullpunktes

Nach der Flachlagerung des Patienten wird der Thoraxdurchmesser des Patienten, gemessen von der Auflagefläche bis zur Sternummitte, bestimmt. Als Hilfsmittel dienen hierzu zwei Lineale oder ein Lineal und eine kleine Wasserwaage. Die ermittelte Strecke des Thoraxdurchmessers wird durch 5 geteilt und anschließend 3/5 der Strecke ab der Auflagefläche des Patienten (immer unter Beachtung der Sternummitte) am Thorax angezeichnet. Der so ermittelte Punkt entspricht dem Nullpunkt, der mit der Lage des rechten Vorhofs identisch ist. Mittels Filzstift wird dieser Punkt markiert, damit er für weitere Messungen zur Verfügung steht. Als wertvolle Alternative erweist sich die Verwendung der Thoraxschublehre nach Burri und Perren, die so konstruiert wurde, daß bei Verschieben der beiden Abgreifschenkel gegeneinander der Abstand zwischen diesen stets durch den Zeiger im Verhältnis 2/5 zu 3/5 unterteilt wird.


Durchführung

  • den Patienten über die Maßnahme informieren
  • die Thoraxschublehre in Höhe des Sternums unter den Patienten schieben
  • den oberen Schenkel der Schublehre bis auf die Thoraxwand herunterdrücken, dabei die Wasserwaage ins Lot bringen
  • der an der Schublehre befindliche Metalldorn zeigt nun den Nullpunkt an, dieser muß an der seitlichen Thoraxwand mit einem Fettstift markiert werden.
  • Die am Infusionsständer befindliche Meßlatte muß nun mit dem Nullpunkt in einer Ebene justiert werden.
  • Merke:
    • Der Nullpunkt der Meßlatte muß vor jeder Messung neu justiert werden.


Vorbereitung der Messung

Datei:ZVDmessung.gif
w:Thoraxschublehre

Zwischen Infusionsbesteck und Cavakatheter wird anschließend unter Wahrung der Sterilität das Venendrucksystem zwischengeschaltet, der Ansatzschlauch für den Cavakatheter luftleer gemacht und mit dem Konnektor des Cavakatheters verbunden. Der Meßschlauch des Venendrucksystems wird am Venotonometer befestigt.

Füllen des Meßschenkels

Der Meßschlauch des Venendrucksystems wird mit Infusionsflüssigkeit bis etwa 25 cm gefüllt, wobei zu beachten ist, daß der Flüssigkeitsspiegel nicht über das offene Ende des Meßschlauches geht, da dadurch der kleine Schaumstoffzylinder durchnäßt würde und das System luftdicht abschließen könnte. Dadurch könnte eine Messung unmöglich gemacht werden, denn der Flüssigkeitsspiegel sinkt während der direkten Messung nicht ab.


Messen des zentralen Venendrucks

  • in einem Zeitraum von 30 Minuten vor der Messung muß der Patient ruhig liegen, darf sich nicht anstrengen oder aufregen.
  • Infusion mit einem entsprechenden Meßsystem vorbereiten, z.B. 250 ml NaCl 0,9%
  • Patient nach Möglichkeit flach lagern (sonst nur relative aber auch brauchbare Messergebnisse)
  • Nullpunkt an der seitlichen Thoraxwand mit dem Nullpunkt auf der Meßskala muß übereinstimmen
  • Meßschenkel des Systems füllen, laufende Infusionen stoppen
  • für einen kurzen Zeitraum die Infusionslösung schnell über den ZVK einlaufen lassen, damit der Katheter gespült wird
  • Infusionsschenkel am Meßsystem schließen
  • den Dreiwegehahn des Meßsystems so einstellen, daß eine Verbindung zwischen dem ZVK und dem Meßschenkel besteht
  • warten, bis sich die Flüssigkeitssäule im Meßschenkel senkt (senkt sich zunächst schnell, später langsamer und stabilisiert sich unter atemsynchronen Schwankungen)
  • Wert ablesen (Wert kann positiv oder negativ sein!)
  • den Patienten in der ursprünglichen Position lagern
  • den 3-Wege-Hahn des Meßsystems schließen und Infusionen wieder auf die gewünschte Infusionsgeschwindigkeit/Tropfenzahl einstellen
  • abgelesenen Wert dokumentieren

Die Häufigkeit der Messung erfolgt nach ärztlicher Anordnung. Entfernt sich der gemessene Wert aus dem Normbereich (z.B. Anstieg der ZVD-Wert über 15 cm Wassersäule) oder schwankt stark usw., muß der Arzt informiert werden!

Besonderheiten

  • Meßsystem vor dem Gebrauch immer auf Dichtigkeit und Produktionsmängel überprüfen
  • Meßsystem nie unnötig diskonnektieren, da sonst die Gefahr einer Keimverschleppung gegeben wäre
  • sind häufige Messungen erforderlich, so sollte das System über einen zusätzlichen 3 Wege-Hahn angeschlossen werden
  • die Messung muß immer in gleicher Position des Patienten durchgeführt werden (vorzugsweise Flachlagerung)
  • den offenen Meßschenkel niemals zuknoten oder den Bakterienfilter feucht werden lassen bei der Füllung:
    • wegen einer möglichen Emboliegefahr
    • die Werte werden verfälscht
  • fallen die gemessenen Werte gegenüber den vorausgegangenen Messungen aus dem Rahmen, so muß die Messung wiederholt und das System und der ZVK vorher auf Fehler hin überprüft werden.
  • findet die ZVK-Messung unter einer Beatmung statt, so muß der Beatmungsdruck (z.B. evtl. PEEP) bei der Auswertung berücksichtigt werden
  • das Meßsystem und die angeschlossene Infusion müssen alle 24 Stunden gewechselt werden.

Aussagekraft des ZVD

  • Normalwert: 04 bis 12 cm H2O ≈ 3-10 mmHg (1 cmH2O = 0,74 mmHg; wird so ausgesprochen: xyz Zentimeter Wassersäule)
  • Erhöhter ZVD:
    • Hypervolämie
    • Herztamponade
    • Lungenembolie
    • Obstruktion der Vena cava
    • Rechtsherzinsuffizienz
  • Erniedrigter ZVD:


Beeinflussende Faktoren

  • Patient ist nicht in einer flachen Lage (s.o.)
  • vor der Messung wurde der Venenkatheter nicht durchgespült
  • 0-Punkt wurde nicht überprüft
  • Druckerhöhung im Thorax durch Beatmung oder Pneumothorax usw.
  • intraabdominelle Druckerhöhung durch Pressen oder Husten des Patienten während des Meßvorganges
  • "Blutstau" vor dem rechten Herzen, z.B. bei Herzbeuteltamponade
  • Widerstandserhöhung im Lungenkreislauf, z.B. Lungenembolie
  • vasodilatatorische oder -konstriktorische Medikamente.