Akustisch evozierte Potentiale
Definition Akustisch evozierte Potentiale (AEP) sind elektrische Spannungsänderungen, die im Hörsystem durch wiederholte akustische Reize hervorgerufen werden. Diese elektrischen Signale spiegeln die neuronale Aktivität entlang der Hörbahn wider, angefangen vom Hörorgan über den Hörnerv bis hin zu verschiedenen Hirnarealen. Sie können mithilfe von Elektroden am Schädel oder am Innenohr gemessen werden.
Bedeutung und Anwendung AEPs dienen als objektive Messgröße zur Beurteilung der Hörfunktion sowie zur Diagnose neurologischer Erkrankungen, die die Hörbahn betreffen. Sie werden unter anderem eingesetzt bei:
- Hördiagnostik, insbesondere bei Neugeborenen und nicht kooperativen Patienten
- Screening auf Hörstörungen
- Diagnostik von Schädigungen des Hörnervs und des Hirnstamms
- Hirntoddiagnostik
- Untersuchung der auditorischen Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
Physiologische Grundlagen Die akustisch evozierten Potentiale entstehen durch die elektrische Reaktion der Neuronen der Hörbahn auf akustische Signale. Nach einem Reiz (z. B. Klick- oder Tonimpuls) treten in definierten Zeitfenstern (Latenzen) verschiedene Wellen auf, die von unterschiedlichen anatomischen Strukturen erzeugt werden:
- Frühe AEPs (0–12 ms) entstehen im Innenohr (z. B. Haarzellen) und dem Hörnerv
- Mittlere AEPs (12–50 ms) stammen aus dem Hirnstamm und dem Thalamus
- Späte AEPs (ab 50 ms) reflektieren Aktivitäten in der primären und sekundären Hörrinde
Messverfahren Für die Ableitung der AEP werden meist kleine Metallplättchen als Elektroden auf der Kopfhaut (z. B. am Processus mastoideus und am Scheitel) oder mit Nadelelektroden am Promontorium (Elektrokochleographie) angebracht. Die erhaltenen Signale sind sehr schwach und werden durch wiederholtes Auslösen des Reizes und computergestützte Mittelung („Averaging“) vom Hintergrund-EEG getrennt.
Wichtige AEP-Subtypen sind:
- Elektrokochleographie: Direkt am Innenohr, misst Cochlearmikrofonische und Summationspotenziale
- BERA (Brainstem Evoked Response Audiometry): Über Oberflächenelektroden zur Erfassung der Hirnstammpotentiale
- MAEP (Mittlere AEP): Ableitung von Potenzialen aus dem Thalamus
- SAEP (Späte AEP): Ableitung aus der Hörrinde, je nach Aufmerksamkeit des Patienten variabel
Klinische Relevanz Akustisch evozierte Potentiale ermöglichen eine objektive Untersuchung der Funktion der Hörbahn bei unterschiedlicher klinischer Fragestellung:
- Nachweis von Läsionen im Bereich des Hörnervs und des Hirnstamms
- Erkennung von Innenohrschäden und Differenzierung von sensorineuralen und neurogenen Ursachen
- Überwachung der Hirnaktivität bei gleichzeitiger Hörstimulation, z.B. bei Schwindelsymptomen (da Gleichgewichtsnerven parallel verlaufen)
- Evaluation der auditorischen Verarbeitung höherer Hirnregionen, die mit Aufmerksamkeit und Wahrnehmung zusammenhängen
Interne Verlinkungen
- Hörbahn – Anatomische Grundlagen der auditiven Nervenbahnen
- Elektroenzephalogramm – Grundlagen der Ableitung elektrischer Hirnaktivität
- Beratung bei Hörstörungen – Diagnostische und therapeutische Ansätze
- Diagnostische Verfahren in der Neurologie – Überblick über neurophysiologische Untersuchungen
Quellen und Verweise
Dieser Text basiert auf allgemein anerkannten Konzepten der Neurophysiologie und Audiologie sowie Fachwissen aus der klinischen Praxis der Neurologie und HNO-Heilkunde. Die Informationen wurden zusammengefasst und an die Zielgruppe aus Gesundheitswesen und interessierten Laien angepasst.
- DocCheck Flexikon: Akustisch evozierte Potenziale – https://flexikon.doccheck.com/de/Akustisch_evozierte_Potenziale
- Spektrum Lexikon der Neurowissenschaften: Auditory Evoked Potentials (ohne direkte URL, da typischerweise lizenzpflichtig)
- Klinik LINKS VOM RHEIN: Evozierte Potentiale in der Neurologie (keine exakte URL gefunden)
- Uniklinik Mainz: Diagnostik mit evozierten Potentialen (keine exakte URL gefunden, ggf. über Uniklinik Mainz Webseite suchen)