Präoperative Akupunktur

Aus Familienwortschatz
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Hintergrund

Akupunktur findet zunehmend in der westlichen Welt bei Behandlungen von Schmerzen Anwendung und gerade im Bereich der Schmerzstillung z. B. bei akuten oder chronischen Beschwerden hat sie bereits ihre Wirkung gezeigt (Witte et al. 2005). Welche Art der Wirkung kann die Akupunktur haben, wenn sie präoperativ angewendet wird? Es wird dabei angenommen, dass erkrankte Organe eine geringere Stimulationsschwelle aufweisen als gesunde Organe. Für ein gesundes Organ würde hingegen ein stärkerer Stimulus gebraucht. Daher kann bereits ein kleiner Stimulus kranke Organe heilen, obwohl er im Normalfall keinen Effekt hätte. In dieser Hinsicht widerspricht die präoperativ angewendete Akupunktur der eigentlichen Akupunkturtheorie (Chernyak/Sessler 2005, 9). Bei der Durchführung einer präoperativen Akupunktur werden die Akupunkturnadeln an Akupunkturpunkten in die Haut des Patienten eingeführt und dort belassen. Mithilfe von Klebeband werden die Nadeln am Körper des Patienten fixiert und gegebenenfalls noch an postoperativen Tagen dort belassen.

Problem

Das Ziel einer präoperativen Akupunkturanwendung besteht darin, den Zustand des Patienten in physischer und psychischer Hinsicht zu verbessern und ihm gleichfalls die Angst vor der bevorstehenden Operation zu nehmen. Im Rahmen einer Operation müssen zumeist viele unterschiedliche Schmerzmedikamente gegeben werden, die mitunter auch starke Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben können. Eine Akupunkturanwendung hingegen hat wenigere Nebenwirkungen und ist zumeist auch besser verträglich als Medikamente. Während ihrer Anwendung setzt der Körper endogene Opioide frei, die einen schmerzstillenden Effekt haben (Chernyak/Sessler 2005, 9). In diesem Sinne stellt sich die Frage, ob nicht eine präoperativ angewendete Akupunktur Schmerzen nach einer Operation vermindern kann?

Wissenschaftliche Erkenntnisse aus Studien

Es gibt zwei Studien, die sich mit der Frage beschäftigen, ob eine präoperativ angewendete Akupunktur postoperative Schmerzen vermindert und dadurch den Bedarf an Schmerzmedikamenten reduziert? In der Studie von Usischenko et al. wird deutlich, dass zunächst zwar eine ähnliche Schmerzintensität bei beiden untersuchten Teilnahmegruppen nach der Operation besteht, diese sich jedoch im Bedarf an Ibuprofen unterscheiden. Die Autoren zeigen anhand ihrer Ergebniss auf, dass die Interventionsgruppe, die keine Schein-Akupunktur erhalten hat, signifikant weniger Ibuprofen nach der Operation eingenommen hat, als die Kontrollgruppe. Eine weitere Studie ermittelte bei Patienten mit den gleichen Bezugsgrößen einen Unterschied in der Schmerzintensität je nach Gruppenzugehörigkeit. In dieser Studie von Kotani et al. stellten die Autoren anhand ihrer Ergebnisse dar, dass im Zeitraum zwischen dem Aufwachen im Aufwachraum und dem zweiten postoperativen Tag die Schmerzlinderung in der Interventionsgruppe signifikant besser waren, als in der Kontrollgruppe, die die Schein-Akupunktur erhalten hat.

Schlussfolgerung

Bei beiden Studien lässt sich mittels der hier kurz vorgestellten Ergebnisse schlussfolgern, dass eine präoperativ angewendete Akupunktur postoperative Schmerzen mindern kann, da sie einen analgetischen Effekt (schmerzstillenden oder schmerzlindernden Effekt) aufweist. Die Studien haben auch gezeigt, dass der Bedarf an Schmerzmedikamenten durch die Akupunktur gesenkt werden konnte. Da die Stichprobengröße jedoch in beiden Studien eher gering ausgefallen ist, sollten noch weitere Studien unternommen werden, um festzustellen, ob eine präoperative Akupunkturanwendung tatsächlich eine Alternative zur herkömmlichen Schmerzmedikation darstellt. Auch haben in beiden Studien die Teilnehmer der Kontrollgruppe eine Schein-Akupunktur erhalten, deren genauer Wirkmechanismus noch nicht ausreichend erforscht ist, das gleich gilt im Grunde auch für die "normale" Akupunktur, die ebenfalls weiteren Forschungsbedarf in dieser Hinsicht aufweist. In Bezug auf die Übertragbarkeit der Studien gilt es zu differenzieren, dass in Deutschland Ärzte mit einer besonderen Ausbildung Akupunktur vornehmen, wohingegen sie in vielen westeuropäischen Ländern und der USA von Nicht-Ärzten durchgeführt wird (Stöhr 2002, 92).

siehe auch

Literatur

  • Chernyak, Grigory V.; Sessler, Daniel I.: Perioperative Acupuncture and Related Techniques. In: Anaesthesiology (2005). 102 (5). S. 1-39.
  • Witte, S.; Scharf, H.-P.; Mansmann, U.; Streitberger, K.; Klose, C.; Knauer, C.; Krämer, J.; Victor, N.: Wirksamkeit und Sicherheit von Akupunktur bei gonarthrosebedingten chronischen Schmerzen: Multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie. GERAC. Forschungsbericht der Abteilung Medizinische Biometrie und Informatik, Universität Heidelberg. Dezember 2005.
  • Kotani, N.; Hashimoto, H.; Sato, Y.; Sessler, DI.; Yoshioka, H.; Kitayama, M.; Yasuda, T.; Matsuki, A.: Preoperative Intradermal Acupuncture Reduces Postoperative Pain, Nausea and Vomiting, Analgesic Requirement, and Sympathoadrenal Responses. Anaesthesiology.(2001). 95(2). S. 349-56.
  • Stöhr, W.: Akupunktur an der Schwelle. Schmerz (2002). 16:91-92.
  • Usischenko, TI.; Kuchling, S.; Witstruck, T.; Pavlovic, D.; Zach, M.; Hofer, A.; Merk, H.; Lehmann, C.; Wendt, M.: Auricular acupuncture for pain relief after ambulatory knee surgery: a randomized trial. CMAJ. (2007). 176(2). S. 179-83.

Weblinks

  • [1] www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/inst_med_biometrie/pdf/51_geracGA_Bericht.pdf
  • [2] www.gerac.de
  • [3] www.aerzteblatt.de/v4/archiv/pdf.asp?id=49979
  • [4] www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=55866
  • [5] www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=49981
  • [6] www.perspektiven-und-karriere.de/v4/archiv/artikel.asp?id=49984
  • [7] www.akupunktur.de/arzt/verein/merkblaetter/MB%20Was%20ist%20Akupunktur.pdf