Regression (Psychologie)

Aus Familienwortschatz
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Dieser Artikel befasst sich mit Regression im psychologischen Sinn. Für Regression (Statistik) klicken Sie hier




Regression können wir uns gut anhand der russischen Puppe Matrjoschka verdeutlichen: Als junger Mensch sind wir die kleinste Puppe, im Laufe unserer Entwicklung kommen die größer werdenden Puppen um uns herum. Sind wir Erwachsene sollen wir uns auch als solche verhalten - eben wie die größte Puppe. Doch ist es so, dass die kleinste Kindpuppe noch in uns ist und unter bestimmten Bedingungen aktiviert werden kann. Kurzum, wir benehmen uns wie ein Kind (wir werden trotzig, sind blockiert, bekommen einen „Tobsuchtanfall“) Unsere Umwelt reagiert dann mit Aussagen wie: „Jetzt sei doch vernünftig!“ - „Du benimmst dich wie ein Kleinkind.“ - „So verhält sich doch keine Erwachsene!“ Damit will unsere Umwelt vermitteln, wir mögen unsere kleinste Puppe zum Schweigen bringen (also aufhören, regressiv zu sein) und die größte sprechen lassen. Im Krankenhaus gewinnt das Thema Regression immer mehr an Bedeutung. Daher ist es ein Prüfungsthema.


Definition von Regression

Regression ist

  • das Wiederauftreten von in der Entwicklung bereits durchlaufenen Verhaltensweisen in Belastungssituationen,
  • ein Abwehrmechanismus, um das seelische Gleichgewicht wiederherzustellen


Auslösende Belastungssituationen

Auf die Pflege bezogen können von PatientInnen als belastend empfunden werden, dass sie

  • in fremder Umgebung und unter fremden Menschen sind,
  • sich nicht selbst versorgen können (z.B. Tee kochen),
  • bezüglich ihrer Krankheit von Fachkräften abhängig sind,
  • nicht wissen, was auf sie zukommt (Angst, Unsicherheit),
  • ihre üblichen Rollen (Eltern sein, KollegIn sein, Hobby ausüben,...) nicht mehr einnehmen können,
  • sich allein fühlen in ihrer Not,
  • fremde Erwartungen erfüllen sollen (PatientIn soll Willen haben gesund zu werden, soll Hilfe annehmen, die PatientInrolle einnehmen,usw),...

Manchmal übertragen PatientInnen auch die eigene Mutter auf Pflegekräfte. Die PatientInnen verhalten sich dann genauso, wie sie sich als Kind der Mutter gegenüber verhalten haben. Im schlimmsten Fall verhält sich die Pflegekraft zusätzlich wie eine Mutter (Gegenübertragung).


Ausdrücke vom Pflegepersonal wie „So, jetzt nehmen wir die Tabletten und dann werden wir schlafen.“ zeigen, dass PatientInnen als mündige Menschen nicht wahrgenommen werden. Sie werden dadurch geradezu eingeladen, ein Kind zu sein und sich der Pflegekraft zu überlassen. Denselben Effekt haben autoritäres Verhalten mit Bevormundung oder überbesorgtes Verhalten aus dem fürsorglichen Eltern-Ich.

Symptome regressiven Verhaltens

  1. Resignation: PatientInnen zeigen keinen eigenen Willen, sind völlig unkritisch, übernehmen keine Verantwortung für sich selbst sondern übertragen sie auf die Pflegekräfte, lassen sich hängen, sind extrem anhänglich und völlig angepasst. Im Allgemeinen sind dies für den Krankenhausalltag „gute“ PatientInnen.
  2. oberflächliche Anpassung: scheinbar lassen sich die PatientInnen auf alles ein, heimlich jedoch rauchen sie oder werfen Medikamente weg. Sie nässen/koten ein.
  3. Protest: PatientInnen beschweren sich, sind rebellisch, weisen auf Fehler hin und wissen alles besser. Diese PatientInnen ziehen oftmals den Ärger des Pflegepersonals auf sich.


Vorteile und Nachteile regressiven Verhaltens

  • Bei angepassten PatientInnen wird ein reibungsloser Tagesablauf gewährleistet. Wenn die PatientInnen sich nicht selbst waschen, ist der Arbeitsaufwand für Pflegekräfte zwar höher, es geht aber schneller.
  • Oberflächlich angepasste PatientInnen sorgen nicht selten für Überraschungen. Beispielsweise hatte eine Patientin die Verhaltensweise, ihren Stuhlgang auf dem Frühstücksteller zu hinterlegen.
  • Protestierende PatientInnen werden oft als Störenfriede und als unverschämt erlebt. Ich höre nicht selten den Ausspruch von Pflegekräften: „Wir sind doch kein Hotel!“

Paradoxerweise sind gerade diese PatientInnen die am psychisch gesündesten und haben gute Heilerfolge.

Prophylaxe

  1. Die richtige Haltung entwickeln: Regression ist nur ein Verhaltensaspekt, nur ein Teilbereich des Menschen. Also nicht den Menschen als regressiv betrachten. Regressive Menschen können für ihr Verhalten nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil sie sich wie damals als Kind fühlen. Wir sollen sie jedoch nicht wie ein Kind behandeln. Regressives Verhalten nicht zum Vorwurf machen - besser übergehen.
  2. Sich um aktivierende Pflege bemühen und abhängig von Ressourcen Selbständigkeit fördern
  3. Verhalten aus dem kritischen Eltern-Ich meiden, ebenso Überfürsorge und „Wir-Sprache“
  4. Übertragungen entlarven
  5. ...


Das Zweitwichtigste zuletzt

  • Welche sind deine Erfahrungen mit regressiven Verhaltensweisen? Auslöser, Symptome, Situation,...
  • Wie hast du dich dabei gefühlt?
  • Wie bist du damit umgegangen?
  • Hat dein Verhalten zur gewünschten Reaktion geführt? Welche Konsequenzen ziehst du daraus?
  • Kennst du regressives Verhalten an dir selbst? Wie kommst du da wieder heraus?
  • Auf welche Weise förderst du die Selbständigkeit der PatientInnen?



Literatur

Weblinks

siehe auch