Einstellungsgespräch

Aus Familienwortschatz
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Qualifiziertes Pflegepersonal wird knapp. Krankenhäuser, Altenheime und ambulante Pflegedienste müssen mit der Zeit gehen und nach Wegen suchen, um Bewerber zu erreichen und Methoden kennen, um die geeigneten Kandidaten zu finden und auszuwählen. Unentbehrlich ist in jedem Fall das Einstellungsgespräch / Einstellungsinterview. Aus der Sicht der sich bewerbenden Person ist es das Bewerbungs- oder Vorstellungsgespräch. Die Beurteilung der Eignung ist immer mit Risiken verbunden, weil das Ergebnis immer nur eine Prognose sein kann. Selbst bei Bewerbern, die alle Anforderungen erfüllen und die geforderten Fähigkeiten besitzen, ist der Arbeitserfolg oder die Passgenauigkeit im neuen Team noch lange nicht garantiert. Aus der Sicht des Bewerbenden gibt die Gesprächssituation meist auch sehr viel über die Führungskultur in einer Einrichtung preis.

Man kann in der Regel eine genaue Kenntnis der Bewerbungsunterlagen beim Interviewpartner voraussetzen, selbst dann, wenn dies die Fragen nicht so erscheinen lassen. Entsprechende Fragen dienen oft der Klärung von Zweifeln über einzelne Punkte der Bewerbung. Bei einer Einigung kann des Gespräch auch mit einem Arbeitsvertrag enden. Darauf sollte die Bewerberin sich auch vorbereiten (vgl. Arbeitsvertrag).

Kopf oder Bauch?

Beim Einstellungsinterview spielen auch Gefühle eine Rolle, Sympathie und Abneigung, aber auch das Bauchgefühl, die Intuition, dass diese Bewerberin die Richtige sein könnte, weil sie das Gefühl vermittelt, das Krankenhaus, das Altenheim voran zu bringen und deshalb ein Gewinn für die Einrichtung wäre. Der Chef und die Mitarbeiter, die künftig mit der Neuen zusammenarbeiten werden, müssen spüren, dass sie auch menschlich miteinander können.

Das alles bedeutet nicht, dass man sachliche und rationale Gesichtspunkte außer acht lassen sollte. Wenn jemand als Pflegefachkraft in der stationären Pflege arbeiten soll, muss er auch eine entsprechende Ausbildung dafür haben. Und wer einen Pflegedienst leiten soll, muss auch Führungsqualitäten haben.

Beispiel aus der Praxis

Das Altenheim „Epikurs Garten“ sucht eine examinierte Altenpflegerin oder einen Altenpfleger (Vollzeit, 40 Stunden).


Aufgaben:

  • Grund- und Behandlungspflege
  • Pflegeanamnese erheben
  • Prophylaxen anwenden
  • Pflegedokumentation
  • Pflege von Sterbenden
  • Anleitung von Pflegehilfskräften und Praktikanten


Anforderungen:


- Berufserfahrung in der Altenpflege und bei der Sterbebegleitung

- Gute körperliche und psychische Verfassung

- Selbständiges Arbeiten

- Einfühlungsvermögen

- Lern- und Veränderungsbereitschaft

- Freude an der Arbeit mit alten und kranken Menschen

- Geschick bei der Anleitung von Pflegehilfskräften

Interviewbogen (Auszug)

Einstieg:

- Erzählen Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang

- Beschreiben Sie uns Ihre jetzige Aufgabe?

- Beschreiben Sie einen typischen Arbeitstag

- Warum sind Sie Altenpflegerin geworden?


Stärken / Arbeitsergebnisse

- Welche Ihrer Stärken konnten Sie bei Ihrer Arbeit als Altenpflegerin einsetzen?

- Wie beurteilt Ihr Chef Ihre Leistung? Gibt es eine Rückmeldung?

- Altenpflege ist schwere Arbeit, auch körperlich. Kommen Sie damit zurecht?

- Was können Sie besonders gut, was liegt Ihnen weniger?

- Was missfällt Ihnen an Ihrer jetzigen Tätigkeit?


Veränderungsbereitschaft

- Wie beurteilen Sie die Veränderungen in der Altenpflege in den letzten Jahren?

- Wie haben Sie sich darauf eingestellt?


Einfühlungsvermögen

- Beschreiben Sie Ihren bisherigen Umgang mit Ihren Patienten: Nähe, Distanz, Vertrauen

- Wie ist Ihre Erfahrung bei der Begleitung von Sterbenden? Beziehen Sie die Angehörigen mit ein?


Freude an der Arbeit

- Was bedeutet Ihnen die Arbeit mit Alten und Kranken?

- Was frustriert Sie bei dieser Arbeit?


Anleitung von Hilfskräften

- Haben Sie Erfahrung bei der Anleitung von Pflegehilfskräften, Auszubildenden und von Praktikanten?


Worauf NICHT geantwortet werden muss

(aber man sollte sich überlegt haben, wie auf eine der Fragen geantwortet wird.)

- Fragen nach Schwangerschaft, Kinderwunsch (Ausnahme: bei Anstellung im Röntgen, Nachtdienst oder OP-Bereich)

- Fragen nach Heiratsplänen

- Fragen über das Sexualleben (Neigungen, geschlechtliche Orientierung)

- Fragen zur politischen Orientierung (z.B. für welche Partei man ist)

- Behinderungen muss man nicht spontan, von sich aus, angeben (bei Anfrage jedoch ehrlich antworten)

- konfessionsgebundene Einrichtungen dürfen nach der Religionszugehörigkeit bzw. Religiösität fragen!

Phasen im Bewerbungsgespräch

Das Bewerbungsgespräch kann nach einem Bericht in spiegel-online in folgende Phasen gegliedert werden.

  1. Die Gesprächseröffnung, das Warming-Up, dient dem Aufbau der Beziehung durch unverfängliche Gesprächsthemen: "Wie war die Fahrt?"
  2. Es folgt die Erzählphase. Der Bewerber schildert seinen beruflichen Werdegang.
  3. In der ditten Phase, der Exploration, befragt der Arbeitgeber den Bewerber.
  4. In der Informationsphase stellt der Arbeitgeber das eigene Unternehmen vor und äußert die Wünsche und Erwartungen an den Bewerber.
  5. Es schließt sich eine Phase an, in der Raum für die Fragen des Bewerbers über das Unternehmen und den ausgeschriebenen Arbeitsplatz ist. Der Bewerber kann hier zeigen, dass er vorbereitet ist.
  6. In der Feedback-Phase kann der Bewerber rückmelden, wie er das Bewerbungsgespäch erlebt hat. Für den Arbeitgeber komplettiert sich der Eindruck von dem Bewerber.
  7. Die Vorstellung endet mit dem Warming-Down, der angemessenen Verabschiedung, nachdem das weitere Procedere vereinbart worden ist.

Entscheidung

Nachdem die betreffende Person den Raum verlassen hat, geben alle Interviewer/Beobachtenden ihr Votum ab, dann wird diskutiert: Erfüllt er / sie die wichtigen Anforderungen? Welchen Eindruck hat die Bewerberin hinterlassen? Haben die Interviewer das Gefühl, dass er / sie ein Gewinn für die Firma wäre? Hat er / sie das Gefühl vermittelt, dass er / sie uns hilft, unsere Probleme zu lösen und die Einrichtung voranzubringen?

Bei der Entscheidung, wer eingestellt wird, sollte es möglichst keine Zweifel geben. Wenn es wichtige Punkte sind, die unklar sind, müssen sie geklärt werden, entweder durch Rückfragen oder in einem zweiten Gespräch. Bei Führungspositionen ist das finanzielle Risiko hoch und deshalb ein zweites Gespräch fast immer nützlich. Das kann noch am selben Tag in scheinbar ungezwungener Atmosphäre stattfinden, wie zum Beispiel bei einem Mittagessen.

Bei der Entscheidung über die Einstellung sollte weitgehd Einigkeit bestehen. Ein Mehrheitsbeschluss wäre der falsche Weg. Wird jemand trotz Bedenken eingestellt, ist die Gefahr sehr groß, dass die neue Mitarbeiter/-in die Probezeit nicht übersteht, weil der Bedenkenträger (zum Beispiel der direkte Vorgesetzte, der die Beurteilung vor Ablauf der Probezeit abgibt) dazu neigt, seine Zweifel zu verstärken: „Ich habe immer gesagt, dass sie nicht die Richtige für diese Position ist!“

Faustregeln

Faustregel 1: Der erste Eindruck ist wichtig, aber nicht immer entscheidend

Die äußerliche Erscheinung, das Auftreten, der Gang, der Händedruck hinterlassen einen Eindruck, der sich im Kopf festsetzt, den ein Interviewer bewertet, ganz unwillkürlich. Doch Vorsicht! Die gute Selbstdarstellung ist nicht verwerflich, reicht aber als Qualifikation für viele Aufgaben nicht aus. Und gelegentlich gibt es darunter auch Blender, die Sie bestimmt nicht einstellen möchten. Verlassen Sie sich auf Ihr Bauchgefühl.


Faustregel 2: Sprechen Sie im Interview die Gefühle an

Warum Gefühle ansprechen? Sie erfahren mehr über den Menschen, den Sie einstellen wollen. Fragen Sie ihn, wie es sich anfühlt, wenn man mit einer Idee scheitert oder ein Projekt erfolgreich zu Ende führt? Aus Fehlern lernt man mehr als aus Erfolgen. Fragen Sie die Bewerber, wie sie aus dem Loch, in das sie gefallen sind, wieder herausgekommen sind und was sie aus den Fehlern gelernt haben.


Faustregel 3: Beteiligen Sie künftige Kollegen an der Auswahl

Es gibt kaum jemand in einem Unternehmen, der ganz für sich alleine arbeitet. Es kommt auch darauf an, dass die Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe funktioniert. Passt der neue Mitarbeiter in die Gruppe? Organisieren Sie eine zwanglose Kaffeerunde mit dem Bewerber und den Kollegen, ohne Chef. Ihre Mitarbeiter werden ihnen dann schon sagen, was sie diesem Bewerber halten.


Faustregel 4: Entscheidung

Gehen Sie vor wie bei der Partnerwahl: Keine Kompromisse. Alle an der Auswahl Beteiligten müssen ohne Vorbehalt für die Einstellung votieren. Wenn es Bedenken gibt, die nicht ausgeräumt werden können (evtl. durch ein zweites Gespräch), wird der Bewerber nicht eingestellt. Selbst wenn alle Fakten und Argumente für den Bewerber sprechen und ihnen ihr Bauchgefühl sagt „Nein“, sollten sie der Intuition folgen, auch wenn sie das Gefühl nicht begründen können


Literatur

  • Gigerenzer, Gerd: Bauchentscheidungen – Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. München, C. Bertelsmann Verlag, 2007. ISBN 3570009378. ISBN
  • Svenja Hofert: Die 100%-Bewerbung: Incl. Internet Workshop. ISBN 3897494620
  • List, Karl-Heinz: Eignungs- und Leistungsbeurteilungen – Einstellungsgespräche, Leistungsbeurteilungen, Zielvereinbarungen, Jahresgespräche und Arbeitszeugnisse, Landsberg 2007. ISBN 978 3-636-03094-8

Weblinks


Wikipedia-Logo.png vgl. Wikipedia: "Bewerbung"




Wikipedia-Logo.png vgl. Wikipedia: " Bewerbungsgespräch"




Wikipedia-Logo.png vgl. Wikipedia: "Assessment-Center"