Biographiegespräch

Aus Familienwortschatz
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  • Biographie = Lebensbeschreibung/der Lebenslauf einer Person (von Geburt bis heute).
  • Autobiographie = der betreffende Mensch hat sie selber geschrieben oder gilt zumindest als Autor.
  • Biographie-Erhebung = in Erfahrung bringen dieser Lebensgeschichte als ständiger Prozess.
  • Zur Biographie-Erhebung und Einbeziehen dieser Informationen in den Pflegealltag sagen manche Menschen "Biographiearbeit ".


Ziele der Biographie

Lebenserfahrungen haben ganz wesentliche Auswirkungen darauf, welche Bedürfnisse, Vorlieben, Abneigungen, Vorstellungen und Wünsche im Hier und Jetzt wichtig sind. Durch die Biographie können wir:

  • mehr über den alten Menschen erfahren
  • individueller pflegen
  • seine psychosozialen Grundbedürfnisse befriedigen (Sicherheit, Geborgenheit, Produktivität, Gefühle leben)

Es ist Vorraussetzung der Validation und des Arbeiten mit Menschen mit Demenz!!!!

Woher bekomme ich Informationen?

  • Gespräche:
    • Von der betreffenden Person selber,
    • mit Angehörigen, Freunden und Bekannten.
  • Auch durch Unterlagen und persönliche Sachen wie Fotoalben und Briefe.

Inhalte einer Biographie

  • geschichtlich Erlebtes (Kriege, politische Umbrüche,...)
  • Familienverhältnisse (Eltern, Geschwister, Ehepartner, Kinder, etc.)
  • Wohnbedingungen
  • beruflicher Werdegang (Schule, Ausbildung, Beruf, Studium etc.)
  • ethische, politische, religiöse Prägungen
  • gesundheitliche Entwicklung
  • generell prägende, positiv und negativ erlebte Ereignisse, also alle Höhen und Tiefen im Leben.

Wichtig: akzeptieren, wenn Mensch über bestimmte Dinge nicht reden möchte.


Biographie-Erhebung im Einzelgespräch

Im Gegensatz zur Erhebung in der Gruppe kann sich Pflegekraft ganz auf einen Menschen konzentrieren. Regeln:

  • Im Gespräch nur grobe Notizen machen, damit sich die betroffene Person nicht verhört fühlt.
  • Nicht sofort am Aufnahmetag, denn der Mensch braucht Vertrauen und Vertrautheit mit seinem neuen Leben.
  • Richtigen Zeitpunkt für ein Gespräch erkennen. Also: Wann ist der Mensch bereit?
  • Jede Gelegenheit für Informationen nutzen: z.B. beim Baden über Früher sprechen.


Umgang mit den gewonnenen Informationen

  • in Anamnese dokumentieren
  • an alle betreffenden Mitarbeiter weitergeben
  • in den Alltag integrieren

Anforderungen an die Pflegekraft

  • echtes Interesse (man muss den Sinn einer Biographie erkannt haben)
  • achtungsvoller Umgang
  • Empathie (Einfühlungsvermögen)
  • kommunikative Kompetenz (Gesprächsförderer einsetzen und Störer vermeiden)
  • vertrauenswürdiger und sensibler Umgang mit den Daten

Auswirkungen der Biographie-Erhebung

Auf den Menschen

  • Selbstbewusstsein wird gefördert, denn der Mensch setzt sich mit sich auseinander
  • Selbstwertgefühl steigt, denn der Mensch hat etwas zu bieten mit seinen Erlebnissen
  • Hilfe bei Bewältigung mit dem Thema Tod und Sterben


Auf die Pflegeperson

  • Sie lernt den Menschen besser kennen.
  • Kann seine Stärken, Schwächen und Verhaltensweisen besser einschätzen.
  • Sie lernt vielleicht auch etwas über ihre eigene Lebensgeschichte.

Auf den Pflegealltag

  • Der alte Mensch wird greifbarer.
  • Die Beziehung zwischen Pflegeperson und Pflegebedürftigem entwickelt sich.
  • Man trägt Verantwortung für den Menschen und tut mehr für sein Wohlergehen.

Schwierigkeiten

Die Bedeutung biographischer Informationen für die Pflege ist den Patienten oft nicht klar. Fragen nach Familienverhätlnissen, Religionszugehörigkeit, Berufsleben ... werden manchmal als Zumutung empfunden. Es muss den Pat. erklärt werden, warum die Pflege durch Informationen verbessert werden kann.

Den Pat. muss deutlich gemacht werden, in welcher Weise Gesprächsinhalte anderen zugänglich gemacht werden. Sie sollten selbst entscheiden können, was sie dem Team gegenüber offenlegen ... auch auf die Gefahr hin, dass Zurückhaltung von Informationen Nachteile bei der Versorgung bringt.

Die Aussagen von Angehörigen müssen mit bedacht behandelt werden. Das Selbstbild der meisten Menschen weicht vom Fremdbild, auch dem von Familienmitgliedern, häufig ab. Pat. sollten das Recht behalten von den Pflegenden so betrachtet zu werden, wie sie selbst gesehen werden wollen.

  • Grundsätzlich: Es sollten nur die Informationen erfragt und dokumentiert werden, die für die Versorgung dieses Menschen not-wendig sind.

Siehe auch

  • Im Alter wird die Kindheit wach- Die Lebensrückschau als wichtiger Baustein in der Arbeit mit älteren Menschen
    • Biographie als Themenschwerpunkt 8/2005 des NRW-Forum Seniorenarbeit: www.forum-seniorenarbeit.de
    • Theoret. und philosoph. Grundlagen, Hintergrund, Gender, Neue Medien, Vernetzung und Austausch / Veranstaltungen, Projekte und Praxisbeispiele, Linktipps, Materialien, Literatur, Adressen und Ansprechpersonen
    • enthält viele Hilfen zum Thema



  • Weitere Literatur zur Bedeutung der Biografie befindet sich nach Themenbereichen sortiert in dem
zusätzlichen Artikel Biografie-Büchersammlung (hier klicken)

Weblinks

  • Biographiearbeit [1]
  • Strukturnetz Blog von Reinhard Völzke mit Beiträgen zum biografischen und narrativen Ansatz und zur biografisch-narrativen Gesprächsführung