Langzeitarbeitslose
Nach einem Plan der Bundesagentur für Arbeit im August 2008 sollen demnächst “schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose bei der Betreuung und Pflege von Demenzkranken in Heimen als Pflege-Hilfskräfte eingesetzt" werden. Dazu befragte Pflegeexperten äußerten sich zum überwiegenden Teil entsetzt dazu.
Derzeit würden überall in Deutschland von den Arbeitsverwaltungen Bewerberpools gebildet, um mehrere tausend Langzeitarbeitslose in Pflegeheime zu vermitteln. Der Hintergrund der Aktion sei die Neuregelung des Pflegeversicherungsgesetz. Denn danach dürften Heime künftig zusätzliches Personal zur Betreuung von Demenzkranken einstellen. Pro 25 Demenzkranken darf ein Heim künftig eine zusätzliche Kraft einstellen. Die Kosten der neuen Mitarbeiter übernehmen die Pflegekassen. Diese Betreuer sollen mit dem Kranken den Alltag verbringen und sie beschäftigen. Die Bundesagentur für Arbeit scheint zu hoffen, dass sie auf diese Stellen etwa 10.000 Personen mit einer Minimalausbildung von 100 Stunden (plus 60 Stdn. Praktikum) einsetzen kann. Das heißt also über den Daumen geschätzt vielleicht 2-4 Personen pro Heim). Die Planung für die Minimalausbildung geht anscheinend auf den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zurück. Es ist nicht erkennbar, worin für die Pflege in einer Gerontopsychiatrischen Station für Demenzkranke darin die Entlastung bestehen soll. Lehrgänge für Helferinnen in diesem speziellen Bereich der Krankenversorgung hätten in der Vergangenheit etwa 900 Stunden vorgesehen.
- „Demenz gleichzusetzen mit basteln, vorlesen und Spazierengehen, ist eine Unverschämtheit", sagte Helmut Wallrafen-Dreisow, Mitglied des Kuratoriums Deutsche Altershilfe.
- NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU): Er begrüße grundsätzlich, dass Arbeitslosen mit der Ausweitung des Leistungskatalogs für Demenzkranke "eine neue Beschäftigungsperspektive" in Pflegeheimen eröffnet werde.
- „Wenn die Menschen für diese Aufgabe qualifiziert sind, ist das in Ordnung“, sagte Volker Kauder, CDU-BT-Fraktionschef, in der „Bild am Sonntag“ (17.8.08)
Nach einem Bericht der Süddeutschen bezweifeln Experten, dass unter den Arbeitslosen qualifizierte Pflegekräfte überhaupt in nennenswerter Zahl gefunden werden können. Schon heute suchen viele Heime verzweifelt nach geeignetem Pflegepersonal. Bei der Bundesagentur für Arbeit waren zuletzt 10.157 Stellen für Altenpfleger und Altenpflegehelfer gemeldet. Und das obwohl gleichzeitig ca. 30.000 Personen mit dieser Pflegequalifikation arbeitslos gemeldet waren.
Akutelle Zeitungsberichte dazu
- N. von Hardenberg, J. Nitschmann: Vorschlag der Arbeitsagentur. Arbeitslose in Pflegeheime. In: Süddeutsche Ztg. Ressort: Politik: 15.08.2008
- Arbeitslose sollen Demenzkranke pflegen. Die Welt vom 16. August 2008
- Langzeitarbeitslose sollen Demenzkranke betreuen. han/dpa/Reuters/ddp in Spiegel.de vom 16. August 2008
- Langzeitarbeitslose in der Pflege: Macht das Sinn? Aachener Zeitung vom vom 21. Aug. 2008
- Pflegerat lehnt Hilfskräfte in Heimen ab. In Fuldaer Zeitung vom 22. Aug. 2008
Weblinks
- KDA-Mitteilung vom 19. August 2008 (Geschäftsführer Dr. P. Michell-Auli)
- Beschäftigungszuschuss: Wie Arbeitgeber von der Förderung profitieren können. (business-wissen.de vom 21. August 2008)
- Stellungnahme des Deutschen Verbands der Ergotherapeuten vom 22. Aug. 08 (gegen Verwahrung durch Hilfskräfte)
- Langzeitarbeitslose bekommen eine Chance durch Umschulung. Welche Chancen haben Langzeitarbeitslose durch eine Umschulung vom Arbeitsamt?
Meinungsbeiträge, Blogs zum Thema
- Meinung Siegfried Heim (Langzeitarbeitslose, Demenzkranke und Pflege-Profis werden von der Arbeitsagentur herabgewürdigt) bei Telepolis/heise.de vom 18. August 2008