Modell der Pflege chronisch Kranker

Aus Familienwortschatz
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Das Modell der Pflege chronisch Kranker wurde von Mieke Grypdonck erarbeitet.

Hierbei handelt es sich um eine normative Theorie für die Pflege chronisch Kranker. Die Theorie erklärt nicht, wie die Pflege durchgeführt wird, und beschreibt diese auch nicht. Sie stellt dar, was in einem bestimmten Kontext eine wünschenswerte Vorgangsweise wäre, chronisch Kranke zu Pflegen.


Ausgangspunkt

Sichtweisen auf chronische Krankheiten

Grypdonck beschreibt zwei Sichtweisen auf chronische Krankheiten:

  1. Ausrichtung auf das "Funktionieren im Alltag" (siehe z.B. Selbstpflegedefizit-Theorie nach Orem). Die Pflegeperson sorgt dafür, dass der Kranke die alltäglichen Aufgaben so gut wie möglich erfüllt, indem sie ihn dazu befähigt, die Funktionen zu erfüllen, und (wenn er es nicht kann) diese selbst übernimmt. Compliance, Selbstfürsorge und Funktionswiederherstellung sind die wichtigsten Maße für ein Ergebnis.
  2. "Orientiert am Erleben" - Krank sein wird durch den Kranken als Person erlebt und bekommt dadurch seine spezifische Ausprägung. Je mehr es der betroffenen Person gelingt, die Krankheit am Rand seines Lebens zu positionieren, desto mehr rückt sein eigentliches Leben ins Zentrum und umso besser wird es ihm gelingen, mit der Krankheit zu leben. "to lift life above illness"

Der Ausgangspunkt ihrer Theorie ist auf Sichtweise 2, das Erleben der chronsich Kranken, gelegt.


Reaktionen auf chronische Krankheiten

Es gibt 2 Arten auf chronische Krankheit zu reagieren

  1. die Krankheit beherrscht das Leben (ich sitz im Rollstuhl, ich kann doch jetzt keine Brötchen holen....)
  2. to lift life above illness (das Positive hervorheben)

Offensichtlich ist ein Wechsel der beiden Arten möglich, in der einen Phase gelingt es den Betroffenen, das "Leben über die Krankheit zu heben", in der nächsten Phase gelingt es ihnen nicht mehr.


Körper

"Der Leib, den ich habe, der ich aber nicht bin, und ohne den ich nicht Leben kann"

Chronisch Kranke können sich nicht mehr auf ihren Körper verlassen. Pflegende sollten dem (geschunden) Körper mit Achtung und Respekt gegenüber treten (ihm "etwas gutes Tun"). Dies kann bei der Wiederaneignung des Körpers hilfreich sein.


existenzielle Krise

Chronische Krankheit ist eine Krise. Der Tod wird zu einer Realität, die vor und nicht länger hinter dem Horizont liegt. Er wird zu einer Wirklichkeit, die greifbar wird.

Der Auftrag der Pflege

Hauptaufgabe der Pflegeperson: Dem Kranken helfen, sein Leben über die Krankheit hinauszuheben. Dies bedeutet, das Leben des chronisch Kranken ins Zentrum pflegerischer Aufmerksamkeit zu stellen.

Vier Aufgaben der Pflege

1. Pflegende sollen dem Kranken dabei helfen, sich der existenziellen Krise zu stellen und sie zu überwinden mit dem Ziel dem Leben Sinn zu verleihen. Da chronische Krankheiten fortschreitend verlaufen und sich im Laufe der Zeit neue negative Folgen für das Leben des Kranken ergeben, handelt es sich um eine fortlaufende Aufgabenstellung für Pflegende. Pflegende sollen die Bedeutung der Krankheit für den Patienten erfassen und Patienten unterstützen und befähigen mit den Gefühlen, die durch Krankheit und ihre Folgen entstehen, umgehen zu können. Die Art und Weise der Bewältigung beeinflusst die Lebensqualität entscheidend. Von zentraler Bedeutung für chronisch Kranke ist es „sich verstanden zu fühlen“ durch Mitmenschen, Pflegende etc. Gelingt dies nicht hinreichend entsteht neues Leiden mit der Folge den Prozess der Bewältigung zu verzögern oder gar zu verhindern.


2. Unterstützung beim Kampf des täglichen Lebens Die Auswirkungen chronischer Krankheiten auf die Lebensführung sind vielfältig und einschränkend. Die Kompensation bzw. Überwindung der Beeinträchtigung sind ihrem Wesen nach oft komplex und individuell angepasst. Hier gilt es aus pflegerischer Perspektive Unterstützung und Rat anzubieten, der sowohl die Perspektive und Erfahrungen der Betroffenen und ihrer Angehöriger, als auch jenen aus professioneller Sicht einbezieht. Da sich die Situation chronisch Kranker kurzfristig ändern kann, ist es geboten ein hohes Maß an Flexibilität zu haben, ohne die notwendige Empathie im Augenblick einer pflegerischen Situation zu verlieren.

Professionelle Pflege erschwert die Bewältigung des Alltags häufig durch:

  • vorgegebene Zeitschemata
  • Routinemäßiges Verrichten geplanter Pflegemaßnahmen/ keine Bedürfnisorientierung die Veränderungen berücksichtigt
  • Ständiger Wechsel des Personals


3. Unterstützung beim Management des therapeutischen Regimes Der chronisch Kranke soll unterstützt und befähigt werden, die durch die Krankheit bedingten notwendigen therapeutischen Maßnahmen, die den Alltag u. U. erheblich beeinflussen, entsprechend seiner Vorstellungen anzupassen. Ziel hierbei sollte sein, neben der Erzielung eines hohen Grades an Selbstbestimmtheit eine sinnvolle Wirkung auf den Gesundheitsverlauf zu erzielen. Es gilt durch Ergänzung von professionellen Wissen und Fähigkeiten die Betroffenen in ihrem Selbstmanagment zu unterstützen.


4. Hilfe bei der Organisation der Pflege Die pflegerische Aufgabe besteht in der Unterstützung der Organisation der täglichen Pflege. Pflege sollte an die Bedürfnissen des Patienten und seiner Familie angepasst sein, d.h. diese koordinieren die Pflege. Dabei kommt es aus professioneller Sicht darauf an, die Pflege so zu gestalten, dass für Betroffene genügend Freiraum bleibt für Privatheit und Selbstachtung. Es kommt darauf an die Kontrolle über das Leben bei den Betroffenen zu belassen, pflegerische Interventionen sollen auf die Bedürfnisse abgestimmt sein. Der Tagesplan des Patienten sollte den Tagesplan der Pflege bestimmen und nicht umgekehrt.

Beziehung zwischen Pflegeperson und der chronisch kranken Person

Beziehung ist gekennzeichnet durch:

  • den Patient kennen
  • Vertrauen
  • Nöte des Kranken akzeptieren


Schlüsselkonzept Autonomie:

  • Autonomie des Kranken wahren u. respektieren
  • Wahl dem Anderen überlassen
  • Beschreibung der Pflege


Aufgaben und Rolle der Pflegenden:

  • Trost geben
  • Machtlosigkeit und Einsamkeit mit dem Kranken teilen
  • fürsorgliche Anwesenheit
  • dauernder Dialog
  • Trotz Erkrankung Raum fürs Leben schaffen


Rolle der Trajectory Nurse (noch nicht existierendes Berufsbild):

  • Leben über die Krankheit hinausheben
  • unterstützt Kranken u. Familie in veränderten Umständen (primäre Bezugsperson)
  • Pflege selbst anbieten
  • notwendige Kontakte herstellen


siehe auch


Literatur

  • Elisabeth Seidl, Ilsemarie Walter (Hrsg.) 2005 "Chronisch kranke Menschen in ihrem Alltag. Das Modell von Mieke Grypdonck, bezogen auf PatientInnen nach Nierentransplantation", Verlag Wilhelm Maudrich, ISBN 3-85175-827-7 (beinhaltet im ersten Teil die wichtigsten Texte Grypdoncks erstmals in deutscher Sprache)
  • Grypdonck, M. (1999): "To lift life above illness: the role of the nurse in the care of chronically ill." Vortrag auf der 2. Konferenz Pflegetheorien (23.-25.09.1999) in Nürnberg

Weblinks

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