Wundmanagement

Aus Familienwortschatz
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Das Wundmanagement umfasst: Wundanamnese, Physiologie der Wundheilung mit den Wundheilungsphasen, Wundbehandlung, Schmerzmanagement, Wunddokumentation

Wundheilung beeinflussende Faktoren

  • Ernährung: Bei einer chronischen Wunde ist der Eiweiß-, Zink- und Vitaminbedarf erhöht.
- Bei Kachexie durch Mangelernährung sind wichtige "Zellbausteine" nicht oder nicht ausreichend vorhanden
  • Eine gute Durchblutung muss gewährleistet sein. Eine Wunde hat nur dann eine Chance auf Heilung, wenn sie genügend durchblutet wird.
- Bei AVK z.B. erst Revaskularisierung, dann Wundbehandlung.
- Bei Adipositas neigen Wunden zu sekundärer Wundheilung, da das Fettgewebe sich nur langsam wieder verschließt und Operationsnähte schlechter halten aufgrund der höheren Infektionsanfälligkeit der Wunde, daher wird vor manchen planbaren Operationen vom Patienten eine Gewichtsreduktion verlangt.

Wundanamnese

  • Handelt es sich um primäre oder sekundäre Wundheilung?
  • In welcher Wundheilungsphase befindet sich die Wunde?
  • Ist Sezernierung (Absonderung von Flüssigkeit wie Lymphe oder Eiter) vorhanden?
  • Wie tief ist die Wunde?
  • Liegt eine Infektion vor?
  • Wie ist die Wunde entstanden?

Entstehungsursachen

- Schnittwunden
- Schürfwunden
- Stichwunden
- Schusswunden
- Bisswunden
- Amputation
- Risswunde
- Kratzwunde
- Quetschwunde
- Platzwunde
- Ablederungswunden
- Operationen
- Pfählungsverletzungen
- Blasen
- Verbrennung
- Erfrierung
- Stromverletzungen
- Verätzung mit Laugen
- Verätzung mit Säuren
  • Strahlenbedingte Wunden
- Ultraviolett- Strahlung (Sonne)
- Ionisierende Strahlung (Röntgenstrahlen, Bestrahlung nach Chemo)
  • Chronische Grunderkrankung
- Venöses Unterschenkelgeschwür (Ulcus crusis venosum)
- Arterielles Unterschenkelgeschwür (Ulcus crusis arteriosum)
- Diabetisches Fußsyndrom (DFS) bei Diabetes mellitus
- Decubitus (=Druckgeschwür) bei Immobilität
- Ulzerierte Tumoren
  • latrogene Ursachen(vom Arzt verursacht)
- Inzisionen
- Punktionen
- Laserbehandlungen
- Spalthautentnahmen
- Amputationen
- Zahnextraktionen

Wundbeobachtung

Die Wundbeobachtung erfolgt in Hinblick auf:

  • Lokalisation der Wunde
  • Größe der Wunde
- Durchmesser
- Tiefe
- Taschen- oder Fistelbildung
  • Exsudation
- Menge
- Farbe
- Geruch
- Beschaffenheit/Konsistenz
  • Beschaffenheit
- der Wundränder
- des Wundgrundes
- der Wundumgebung
  • Schmerz


Die Dokumentation sollte lückenlos über diese Punkte Auskunft geben.

Physiologie der Wundheilung

Unser Organismus besitzt die Fähigkeit Hautdefekte selbständig zu schließen. Ziel ist es dabei, Form und Funktion des geschädigten Gewebes wieder herzustellen. Anders als z.B. beim Regenwurm gibt es keinen vollwertigen Ersatz (echte Regeneration) von Körperteilen und Organen. Ein gewebespezifischer Ersatz, ganz ohne Narbenbildung und mit voller Funktionsfähigkeit, können wir Menschen jedoch an wenigen speziellen Körperzellen (Leber-, Blutzellen) und auf oberflächlichen Verletzungen (nur Epidermis und Schleimhäute) erreichen. Diese Wundheilung nennt man auch epitheliale Wundheilung und oder auch regenerative Heilung.

Bei vielen Wunden sind jedoch auch tiefere Gewebeschädigungen betroffen. Eine Wiederherstellung kann dann nur noch im Sinne einer "Reparation" erfolgen. Dann wird der Gewebssdefekt durch unspezifische Elemente des Binde- und Stützgewebes ersetzt:

Die Wundheilung erfolgt über mehrere Phasen. In den ersten Stunden tritt in der exsudativen Phase eine Art Selbstreinigung der Wunde ein, denn mit der Wundflüssigkeit wird auch ein Teil von Schmutzpartikeln und Krankheitserregern ausgeschwemmt. Während der resorptiven Phase werden u.a. die durch die Zellzerstörung freigewordenen Proteine aufgelöst, was etwa ein bis drei Tage dauert. Im Anschluss erfolgt die Proliferationsphase für etwa vier bis sieben Tage, in der Kollagen neugebildet wird. Das Granulationsgewebe wird während der Reparationsphase in eine Narbe umgewandelt. Dabei fehlen im Narbenbereich Melanozyten und Hautanhangsgebilde wie Talg- und Schweißdrüsen sowie Haarfollikel. Es kommt zu einer Depigmentierung (Asmussen 1993, N.N. 1989).

Wundbehandlung

Die moderne Wundbehandlung ist phasengerecht, individuell und problemorientiert. Zur Auswahl der geeigneten Wundauflage ist eine gute Anamnese und Beurteilung der Wunde sehr wichtig. Viele Wunden heilen unter feuchtwarmer Okklusion (Folien/ Hydroaktiv-Verbände) erheblich schneller und besser als an der Luft: "Zellen fliegen nicht, sie schwimmen!" Auf Lokaltherapeutika kann weitgehend verzichtet werden, lediglich infizierte (eitrige Wunden mit hoher Keimdichte und allen Infektionszeichen) müssen ständig desinfiziert werden.

Der Wundtherapeut sollte sich folgende Fragen stellen, bevor er die Wunde behandelt:

  • 1. In welcher Wundheilungssphase befindet sich die Wunde? Ist die Wunde haupsächlich nekrotisch belegt, infiziert, übel riechend, schmierig belegt, rötlich granulierend, rosa epithelsierend?
  • 2. Wie ist die Morphologie der Wunde? Ist die Wunde oberflächlich, wenige Millimeter tief, sehr tief, unterhöhlt oder zerklüftet?
  • 3. Welche Exsudatmenge liegt vor? Sondert die Wunde wenig Exsudat, mäßig viel Exsudat, extrem viel Exsudat ab?

Provisorische Wundbehandlung

Unter einer provisorischen Wundbehandlung versteht man Maßnahmen, die der vorläufigen Versorgung traumatischer Wunden im Rahmen der Ersten Hilfe dienen. Dazu zählen die Blutstillung, sowie ein steriles/ keimarmes Abdecken der Wunde. In den Körper eingedrungene Fremdkörper müssen unbedingt belassen werden, da nicht abgeschätzt werden kann inwiefern Gefäße oder innere Organe durch sie verletzt wurden und ob durch das Entfernen u.U. nicht beherrschbare Situationen (z.B. starke Blutungen) ausgelöst werden. Um eine Positionsänderungen des Fremdkörper durch den Transport zu verhindern wird dieser fixiert. Desweiteren gehört zur provisorischen Wundbehandlung auch eine adäquate Schmerzbehandlung.

Wundreinigung

Wunden können mittels Spülung von grober Verschmutzung gereinigt werden. Welche Spüllösung dazu besonders geeignet ist, konnte bisher noch nicht mittels Studien belegt werden. In der Regel werden zur Spülung sterile NaCl 0,9%- oder Ringerlösung verwendet. Leitungswasser wird wegen seiner (im Vergleich zu Kochsalz- und Ringerlösung) nachgewiesenen zytotoxischen Wirkung nicht empfohlen.[1]

Wundantiseptika werden nur bei Notwendigkeit eingesetzt, da sie unter Umständen die Wundheilung verzögern können.

In der Konsensusempfehlung einer Expertengruppe zur Wundantiseptik 2004 wurde Polihexanid als Mittel der 1. Wahl empfohlen:

"Auf Grund der guten Gewebeverträglichkeit ... und der klinisch offensichtlichen Wundheilungsförderung ist Polihexanid als Mittel der 1. Wahl für schlecht heilende chronische bzw. für sehr empfindliche Wunden (z.B. Verbrennungswunden 2. Grades) sowie für Lavagen einzuordnen.[2]

In der Empfehlung von 2008 wird je nach Anwendungsbereich differenziert. Weitere gebräuchliche Wundantiseptika sind neben Polihexanid

Wundverschluss

Naht

  • Das Vernähen einer Wunde ist die häufigste Art des Wundverschlusses. Das Nähen ist Aufgabe des Arztes. Das Ziehen der Fäden kann an Pflegende delegiert werden

Klammern

  • Das Klammern einer Wunde ist zeitsparend. Es ist Aufgabe des Arztes, das Entfernen der Metallklammern kann an Pflegende delegiert werden

Klammerpflaster werden v.a. bei Kindern verwendet oder nach dem Entfernen einzelner Metallklammern zur Nahtstabilisierung, sie können schmerzfrei appliziert und entfernt werden.

Gewebekleber

  • Fibrinkleber werden bei inneren Verletzungen und Gefäßoperationen verwendet, um Funktion(en) des Organs nicht durch Einschnürung zu beeinträchtigen.

Wundabdeckung

  • Funktion eines Verbandes
    • Schutz: vor mechanischer und chemischer Reizung, vor Fremdkörpern und Erregern, vor Wärmeverlust, vor Verlust von Körperflüssigkeiten und Austrocknung
    • Wundruhe: die Heilungsphasen sollen ungestört ablaufen können
    • Wundkompression: zum Stillstand von Blutungen, aber auch zur Verhinderung eines Wundödems
    • Sekretaufnahme: damit feuchte Kammern, Mazeration und Reinfektion mit Keimen verhindert werden, Nährboden für Erreger wird entzogen
    • Medikamententräger: antibakteriell, enzymatisch, osmotisch, antibiotisch

Verbandwechsel

Die Häufigkeit, mit der ein Verbandwechsel (Abkürzung: VW) vorgenommen wird, richtet sich nach der ärztlichen Anordnung, sollte aber so selten wie möglich erfolgen. Abweichend davon muss ein Verband erneuert werden, sollte er sich vor dem Wechselintervall gelöst haben oder verschmutzt bzw. durchnässt sein (von Blut oder anderem Exsudat). Beim Verbandwechsel ist auf die geltenden Hygieneregeln zu achten.

Wundheilungsphasen

Welche Anforderungen muß ein Verband in welcher Wundheilungsphase erfüllen?

  • In der Reinigungsphase, auch Inflammationsphase oder Exudationsphase genannt, sammelt sich viel Exsudat an, das Keime, Schmutz und abgestorbene Zellen enthält. Dadurch wächst die Infektionsgefahr. Der Verband muß das Exsudat mit den Zelltrümmern, Schmutz, Keimen und Fremdkörpern aufnehmen, um die Wunde in der Reinigungsphase zu unterstützen. Der Verband erfüllt die Aufgabe der Infektionsprophylaxe, Schutz vor neuerlicher Kontamination und entlastet die Makrophagen bei ihrer Arbeit, da er Keime aufnimmt und einschließt.
  • Während der Granulationsphase, auch Proliferationsphase genannt, erfolgt die Gefäßneubildung und Proliferation von Bindegewebe. Dazu ist ein feuchtes Wundmilieu nötig. Granulationsgewebe ist besonders empfindlich gegenüber mechanischer Reizung. Der Verband muß Sekret absorbieren, darf die Wunde aber nicht austrocknen. Der Verband muß der Wunde Feuchtigkeit zuführen oder bewahren. Er darf nicht mit der Wunde verkleben und muß atraumatisch zu lösen sein (sonst Zellstripping, es wird wieder eine Exsudationsphase ausgelöst). Schutz vor Infektion in der sensiblen Granulationsphase muss gewährleistet sein.
  • In der Epithelisierungsphase, auch reparative Phase genannt, ist die Voraussetzung für eine reife Granulation eine feuchte Kriechfläche für die Epithelzellen (Keratinozyten).Es besteht eine nur noch geringe Exsudation. Der Verband muß die Wunde feucht halten, aber weiterhin überschüssiges Exsudat aufnehmen, da die Epithelzellen sonst aufschwemmen. Die Wunde darf nicht austrocknen, da sich sonst Schorf bildet und die Epithelzellen unter den Schorf kriechen müssen. Ein Verkleben muss verhindert werden, ein Ablösen muss atraumatisch erfolgen.

Trockene Wundversorgung

Im Rahmen der Ersten Hilfe werden Wunden zumeist trocken verbunden, ebenso primär heilende, mit Naht verschlossene Wunden (Operationswunden) und Wunden, die durch Zugänge und Ableitungen (z.B. PEG, Port, ZVK) entstanden sind. Der trockene Wundverband dient der Aufnahme von Sickerblutungen, als Schutz vor Infektionen und als Polster gegen mechanische Irritationen.


  • Material:
    • Hautdesinfektionsmittel
    • entweder verschiedene Pflaster in unterschiedlichen Größen, in die schon eine Wundauflage eingearbeitet ist (z.B. Hansapor® steril)
    • oder verschiedene sterile Kompressen in vielen Größen und Stärken in Verbindung mit zuschneidbarem Pflaster (z.B. Fixomull®) oder Mullbinden zum Fixieren
    • evtl. Wundgaze mit Salben- oder Silikonimprägnierung (z.B. Urgotül®, Adaptic®)

Feuchte Wundversorgung

Bei mazerationsgefährdeter Wundumgebung ist zusätzlicher Hautschutz zum Auftragen empfehlenswert (z.B. Cavilon®-Spray oder -Stick, Barrier-Creme).

Wundkissen mit Superabsorber aus Polyacrylat

Diese Wundverbände eignen sich für alle Wunden, die sehr viel Exsudat bilden und bei denen die Granulation gefördert werden soll. Bei tumorösen exulcerierenden Wunden soll zwar nicht die Granulation erzielt werden, aber der palliative Einsatz von Superabsorbern kann indiziert sein, da kaum ein anderes Verbandsmaterial eine so starke Saugkraft hat und somit für Patienten mit solchen Wunden entlastend ist, wenn der Verband nicht mehr mehrfach am Tag durchnässt und unangenehm riecht. Einzusetzen ist er zur Behandlung von chronischen, infizierten und nicht infizierten Wunden (immer vorausgesetzt, es ist viel Sekret vorhanden).

Die Wunde kann unter Umständen aber zu sehr austrocknen, daher sollten solche Wundkissen nur dann verwendet werden, wenn die Wunde sich noch überwiegend in der Reinigungsphase befindet (in der viel Exsudat entsteht, welches aufgenommen werden muß) und die Granulation gerade beginnt, z.B. erst am Rand sichtbar ist.

Wenn nicht genügend Exsudationsmenge vorhanden ist, muss das Wundkissen vor dem Auflegen mit wenig Ringerlösung angefeuchtet werden, damit die Wunde nicht austrocknet. In diesem Fall aber wäre es wirtschaftlicher, auf eine weniger stark saugende Wundauflage zu wechseln.

Wenn Superabsorber richtig eingesetzt werden, fördern sie die Granulation und binden Exsudat, ohne dass die Wunde austrocknet. Zum Feuchthalten von Nekrosen sind sie nicht geeignet.

Alginat-Kompressen (zum Tamponieren)
  • Indikation:
    • einsetzbar in der Reinigungsphase; auch Inflammationsphase genannt
    • zur Behandlung infizierter Wunden; auch mit Taschenbildung
    • bei starker Exsudation
    • wirken auch blutstillend

Der Rohstoff, aus dem Alginate hergestellt werden, sind Seealgen, vor allem Braunalgen. Je nach Hersteller unterscheiden sich die Zusammensetzungen der Alginate: z.B. Algisite M besteht aus Calciumalginat, Comfeel Alginat/Tamponade besteht aus Calcium-Natriumalginat, Natriumcaboxymethylcellulose. Bei Kontakt mit Natriumsalzen (im Exsudat vorhanden) quellen die Fasern zu einer eierschalenförmigen Form auf und verwandeln sich in ein Gel, das der Wunde Feuchtigkeit spendet. Es gilt: je mehr Exsudat, umso schneller entsteht ein Gel mit relativ niedriger Viskosität. Die Calciumionen sorgen dafür, dass die Alginate sich nicht auflösen. Ist zu wenig Exsudat vorhanden, sollte man Alginate anfeuchten (mit Ringerlösung oder NaCl 0,9%).

  • Chemisches Wirkungsprinzip des Alginates: Natriumionen des Wundexsudates werden gegen Calciumionen aus dem Alginat ausgetauscht. Die trockene Calciumalginatfaser saugt das natriumreiche Exsudat auf und wandelt sich so unter Abgabe von Calciumionen in lösliches Natriumalginat um, das auf der Wundoberfläche ein feuchtes Gel bildet. Die freiwerdenden Calciumionen bewirken eine Blutstillung. Das Gel ist hydrophil und bindet sehr viel Flüssigkeit; ausserdem schließt es die aufgenommenen Bakterien und Zelltrümmer fest ein.

Die Wunde wird mit einem Hydrokolloidverband (z.B.Comfeel, Tegaderm Hydrocolloid) oder Polyurethanschaumverband verschlossen (z.B. Biatain, Allevyn, Tegaderm Foam); bei weniger Sekretion sollte man Hydrokolloidverbände als Abdeckung nehmen, bei stärkeren Sekretionen unbedingt Schaumverbände nehmen, da diese eine stärkere Absorptionskraft haben und Hydrokolloide in diesem Falle unwirtschaftlich wären. Meistens sind Schaumverbände geeignet, da Alginate insbesondere bei tiefen, unterminierten Wunden in der Inflammationsphase verwendet werden.

  • die Keime werden im Gel eingeschlossen
  • Calciumalginat verklebt nicht mit der Wunde. Der VW ist daher schmerzarm und atraumatisch.
Hydrozellulärer Gelverband oder Tubengel
  • - ist ideal zum Feuchthalten schwächer sezernierender Wunden in der Granulationsphase
  • - beschleunigt die Granulation und Epithelisierung
  • Gel aus saugfähigem Polyurethan- Polymeren hat einen hohen Wasseranteil von 60%-95%
  • Der Wunde wird über mehrere Tage Feuchtigkeit zugeführt, gleichzeitig bindet das Gel Sekrete.
  • Es ist transparent und läßt die Wunde auch ohne Abnahme beurteilen.
Hydrogel

Hydrogel wird eingesetzt

  • bei trockenen Wunden mit Nekrosen zum autolytischen Debridement (ist einer chirurgischen Nekrosenabtragung vorzuziehen, da gesundes Gewebe nicht verletzt wird)
  • bei Wunden mit geringer Sekretion zum Feuchthalten der Wunde,
  • Verbrennungen und
  • bei freiliegenden Sehnen, Knochen und Muskulatur.

Es kann in Kombination mit Schaumverbänden, eingeschränkt auch mit Folien oder Hydrokolloidverbänden angewandt werden (Herstelleranweisungen beachten).


Ein Hydrogel wirkt nicht kühlend (nicht jedes Gel wirkt gleich kühlend, nur weil es ein Gel ist). Eine Kühlung soll auch nicht erzielt werden. Alle Produkte, die in die Wunde kommen, sollten Körpertemperatur haben, da eine Temperatur unter 28° Celsius die Wundheilung hemmt. Also nicht das Gel vorher in den Kühlschrank legen.

Es wirkt bedingt schmerzlindernd: Wenn eine Wunde vorher trocken verbunden wurde und dann mit dem Gel behandelt wird, ist die nächste Verbandsabnahme mit weniger Schmerz verbunden.

Anwendung: Das Gel ca. 0,3-0,5cm dick auf Nekrosen, bzw. Wundgrund auftragen; nicht auf intakte Haut aufbringen (Mazerationsgefahr!)


  • Produktnamen: NU-GEL (Johnson&Johnson), Prontosan Wound Gel (B.Braun), Puriolon Gel (Coloplast), URGO hydrogel (Urgo), Varihesive Hydrogel (ConvaTec), Suprasorb G Amorphes Gel (Lohmann&Rauscher), Askina Gel (B.Braun), CURAFIL (Tyco Healthcare), Hydrosorb Gel (Hartmann), Cutimed Gel (BSN medical), Intrasite Gel (Smith&Nephew), NOBAGEL (NOBA), Normlgel (Mölnlycke Health Care GmbH), Tegaderm Hydrogel (3M Medica)

Je nach Hersteller enthalten die Gele sehr unterschiedliche Inhaltsstoffe.

Wundbehandlung mit Maden

Ein Biopack mit Maden ist eine Alternative zur Nekrosenabtragung. Dabei ernähren sich die Maden vom abgestorbenen Gewebe und sondern ein wundheilungsförderndes Sekret ab. Es muss aber dafür gesorgt sein, dass die Maden noch Luft bekommen und nicht durch einen festen Verband an ihrer Atmung gehindert werden. Gut geeignet sind moderne Wundabdeckungen, die luftdurchlässig sind, aber gleichzeitig die Wunde vor Krankheitserregern schützen.

Hydrokolloid-Verband

Ein Hydrokolloidverband wird in der Reinigungs-, Granulations- und Epithelisierungsphase eingesetzt. Er besteht aus Hydrokolloiden, die saug- und quellfähig sind; die semipermeable (halbdurchlässige) Polyurethanfolie lässt Feuchtigkeit nach außen verdunsten, ist dabei aber undurchlässig für Nässe von außen (duschen ist damit also möglich). Die Hydrokolloide nehmen das Sekret auf, gehen in ein Gel über und legen sich auf die Wunde und halten diese feucht. Ist das Hydrokolloid gesättigt, entsteht von außen sichtbar eine Blase und der Verband löst sich. Beim VW verbleibt eine Gelschicht auf der Wunde, sie darf nicht mit Eiter verwechselt werden. Sie kann mit Ringerlösung abgespült werden.

Schaumstoffe / Hydropolymere (PU/Polyurethan)
  • bei nicht infizierten oberflächlichen Wunden mit mittlerer Exsudation in der Reinigungsphase
  • schafft ein feuchtes Wundklima und Sekretabsorbtion durch Kapillarkraft
  • gibt selbst keine Feuchtigkeit ab, sondern hält die Wunde durch Aufnahme des eigenen Exsudates feucht.
  • läßt sich rückstandslos entfernen
  • besitzt gute polsternde Eigenschaft
  • gibt es als dünne Folie bei sehr oberflächlichen Schürfwunden, Spalthaut, Brandwunden
Offenporige Schaumstoffe
  • werden in der Granulationsphase benutzt
  • die Schaumstoffe haften an den Wundgrund an und stimulieren die Kapillaren zum Einsprossen, im Extremfall verwächst er mit der Wunde
  • beim VW wird frisches Granulationsgewebe mitgerissen, dadurch wird ein frischdurchbluteter Wundrasen erhalten, als Vorbereitung für eine Hauttransplantation
  • bei VAC-Therapie eingesetzt
Antibakterielle / Geruchsbindende Wundauflagen
  • Aktivkohlekompressen:
    • bei infizierten Wunden oder exulcerierenden Karzinomen, die extremen Geruch entwickeln
    • Aktivkohle absorbiert effektiv Geruchsmoleküle, Bakterien haften an der Kohle an
    • Actisorb mit Silber ist sogar in der Lage, Bakterien abzutöten
    • wird zur Unterstützung bei systemischer Antibiotikatherapie angewandt
  • Silberhaltige Wundauflagen
    • haben bakterizide bzw. fungizide Wirkung bei fast allen Bakterien bzw. Pilzen
    • Die Silberionen bilden mit den Proteinen der Keime Komplexe, die die Zellmembran auflösen, was zum Zelltod führt.
    • Ein Risiko der Resistenzbildung ist derzeit noch nicht belegt, wird aber klinisch geprüft.
Kontinuierliche Wunddrainagetherapie mittels Vakuum
  • Ein offenporiger Schaumstoff wird in eine Wunde eingebracht, mit einer okklusiven Folie abgedeckt und ein Drainageschlauch in den Schaumstoff eingebracht. Der Schlauch wird an eine Vacuumpumpe angeschlossen, die einen Sog aufbaut.
    • Der Sog sorgt für einen Abtransport von überschüssigem Sekret
    • Wundödeme werden reduziert
    • Durchblutung wird verbessert
    • Ein intermittierender Sog beschleunigt die Granulationsbildung. Aber ein intermittierender Sog ist aber auch sehr viel schmerzhafter für den Patienten und wird daher eher seltener angewendet; viele halten den Schmerz gar nicht aus. Ein kontinuierlicher Sog ist die Praxis und wirkt auch sehr granulationsbeschleunigend. Hierfür gibt es leider keine aussagekräftigen und nicht vom Hersteller beeinflussten Studien. Mit dieser Form der Therapie kann innerhalb kürzester Zeit ein Erfolg erzielt werden. Die Behandlung ist auf Grund einer Monopolstellung einer einzelnen Firma sehr teuer (An alle Hersteller: bringt mehr auf den Markt und belebt den Markt mit Konkurrenz. In Amerika gibt es schon gute Alternativen, die hoffentlich auch bald in Deutschland zu haben sind. Eine kontinuierliche Wunddrainagetherapie wird hier sehr viel häufiger angewandt und ist selbst in der ambulanten Wundversorgung nicht mehr weg zu denken.)
  • An Schwämmen gibt es zwei Möglichkeiten: Einmal der weiße Schwamm, der aufgrund seiner Struktur ein gutes, festes Gewebe bildet und dann der schwarze Schwamm, wo das Gewebe eher locker gebildet wird, aber dafür umso schneller wächst. Daher wird der schwarze Schwamm oft bei noch tief liegenden Wunden verwendet und der weiße Schwamm erst zum Schluss. Es ist immer Arztentscheidung, welcher Schwamm und wieviel Sog verwendet wird.
  • Bei der Abnahme der Schwämme beachten: Vorher (ca. 40 min.) den Sog abstellen, anfeuchten mit Ringer und dann erst den Schwamm entfernen, sonst werden dem Patienten unnötige Schmerzen zugefügt.
    • Für den Einsatz von infizierten Wunden besonders geeignet
    • Verbandwechsel müssen selten erfolgen (Herstellerempfehlung: einen Verbandswechsel nach 72 Stunden). Die Herstelleranweisung ist im Allgemeinen zu beachten, allerdings wurden auch schon sehr gute Ergebnisse bei längerem Verbandwechselintervall, z.B. 4 Tage. Die Dauer richtet sich nach der Exsudatmenge. Handelt man entgegen Herstelleranweisung, übernimmt dieser keine Garantien. In der Praxis sieht es aber so aus, das 3-4 Tage die Wunddrainageverband meistens verbleibt und erst dann entfernt wird. Eine Kontrolle des Verbandes muß allerdings täglich statt finden!!
    • Wird bei Dekubitus, Ulcus cruris und Gangrän verwendet und insbesondere bei großen, tiefen Wunden
    • Eine ambulante Versorgung ist möglich durch Pumpen mit Auffangbehälter von 50-500ml.
    • CAVE: niemals Pumpen selber basteln! Der Sog ist nicht genau regulierbar und wenn die Redonflasche unbeaufsichtigt umkippt, besteht die Gefahr, dass der ganze Patient "leer gesaugt" wird.
  • Kontraindikationen:
    • maligne Tumore, die nach außen wachsen
    • freiliegende Gefäße
    • feuchte und trockene Nekrosen (müssen vorher abgetragen werden)
    • Fistel oder Zugang zu Hohlräumen und Organen
    • bei Patienten mit Gerinnungsstörungen und Antikoagulantientherapie

Wunddokumentation

Wundbehandlungsfehler und falsche Annahmen in der Pflege

  • Polypragmasie: das Ausprobieren vieler unterschiedlicher Behandlungsmöglichkeiten und Lokaltherapeutika ohne Evaluation und/oder in einem zu kurzen Zeitraum. Man muß einer chronischen Wunde Zeit geben, um über Erfolg oder Mißerfolg der Therapie entscheiden zu können.
  • Mangelnde Dokumentation: macht für die anderen Pflegekräfte den Therapieverlauf nicht transparent
  • Unkoordinierte Schmerzmedikation: Schmerzmittel sollen rechtzeitig vor dem VW gegeben werden und nicht erst während des VW, wenn man bemerkt, dass der Patient Schmerzen hat.
  • Lokaltherapeutika und Salben: der Einsatz sollte genau abgewogen werden. Es gilt: weniger ist mehr! Salben okkludieren die Wunde und verhindern den Sekretabfluß. Lokaltherapeutika sind oft hoch allergen und züchten Resistenzen.
  • Wundrandabdeckung: Mazeration der Wundränder durch wenig saugstarke Wundauflage oder Austrocknen des Wundrandes durch kontinuierliches Behandeln mit Zinkoxyd-Salbe
  • Die Aussage "Nur eine trockene Wunde ist eine gute Wunde" ist eine falsche Annahme.
  • Anwendung von einfachen Mullkompressen ohne imprägnierte Wundgaze: verkleben mit der Wunde. Beim Ablösen des Verbandes löst man neugebildetes Epithelgewebe wieder mit ab, was die Wundheilung verzögert.
  • Farbstofflösungen wie Mercuchrom / Gentianaviolett / Rivanol: sollen bakteriostatisch wirken, sind aber hochgradig zelltoxisch, verfärben die Wunde in einem Maß, dass man sie nicht mehr beurteilen kann. In der Wundversorgung obsolet.
  • H2O2 3%: wirkt Schmutz und Belag lösend, antiseptische Wirkung gering, aber auch sehr zelltoxisch. Die Reinigung kann auch mit NaCl 0,9% erfolgen, besser mit spezieller Wundspüllösung (z. B. Lavasept®, Prontosan W®)
  • Tägliche Inspektion der Wunde: ist nicht nötig. In der Granulations- und Epithelisierungsphase sollte Wundruhe eingehalten werden. Der Verband sollte auf Sitz und Beschaffenheit kontrolliert werden. In der Reinigungsphase richtet sich die VW-Frequenz je nach Exsudatmenge bzw. Blasenbildung und eigener Ablösung des Verbands.
  • Wundspülung bei jedem VW: nur nötig bei viel Exsudat in der Reinigungsphase zur Unterstützung. Bei gesundem granulierendem Gewebe stört die Wundspülung nur die Wundruhe.
  • Routine-Abstrich: Sekundär heilende Wunden sind immer besiedelt mit physiologischen Hautkeimen. Bei Verdacht auf Infektion wird aus der Tiefe der Wunde Eiter oder Gewebe abgenommen und eingeschickt.
  • Visite: das Abreißen der Verbände lange vor der Visite ist nicht gut, da die Wunde auskühlt. Außerdem sind die wichtigsten Informationen über die Wunde im Verband zu beobachten (Exsudat, Aussehen, Menge, Geruch, Blut, Eiter).
  • "Eiter" unter feuchten Wundverbänden: Das eingedickte und mit z.B. Alginat vermischte Wundsekret wird mit Eiter verwechselt, dazu kommt ein unangenehmer Geruch. Das führt dann zum vorzeitigen Abbruch einer Erfolg versprechenden Therapie.
  • Die Anwendung von Hausmitteln wie Butter auf Brandwunden, Zucker in offene Wunden oder Zitronensaft als Wundspüllösung ist mit professioneller Wundtherapie nicht vereinbar.

Wundevaluation

Evaluation einer Wunde bedeutet Wundbewertung bzw. Überprüfung in Hinblick auf das Ziel der Wundtherapie (siehe unter Wundbeobachtung). Die Wundbewertung richtet sich nach den einzelnen Wundphasen, ob Infektionszeichen und Exsudat vorhanden sind und ob es sich um eine primäre Wundheilung oder sekundäre Wundheilung handelt. Je nach dem, wie die Wundbewertung ausfällt, wird die bisherige Therapie weiter angewendet oder umgestellt bzw. beendet. Für die Therapie ist der Arzt verantwortlich, Wundexperten können jedoch Vorschläge unterbreiten. Das Pflegepersonal muß sich nach den Anweisungen des Arztes richten, ist aber in der Durchführungsverantwortung.


Weblinks

Literatur

  • E. Stenger, B. Eibl-Eibesfeldt, S. Kessler: Verbandlehre. Urban & Schwarzenberg 5.Auflage, 1997 ISBN 978-3541028559
  • Vasel-Biergans, Probst: Wundversorgung für die Pflege. Ein Praxisbuch. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2005
  • B. Paetz, B. Benzinger-König: Chirurgie für Pflegeberufe. Thieme-Verlag, 19. Auflage, Stuttgart 2000
  • Hartmann: Kompendium Wunde und Wundbehandlung.1998
  • Heilberufe Spezial: Decubitus 2001/2002 und Ulcus cruris 2003/2004
  • Depping, Fischer, Mexer-Rentz: Prozessorientiertes Wundmanagement. Aus: Prodosverlag, Heft 18
  • S. Schewior-Popp, F. Sitzmann, L. Ullrich (Hrsg.): Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2009 ISBN 3-13-500011-4
  • Lohmann Rauscher: Die chronisch stagnierende Wunde.

Einzelnachweise

weitere Artikel: