Pflegeversicherungsgesetz
SGB XI – Soziale Pflegeversicherung
Durch Artikel 1 des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) vom 26. Mai 1994 wurde dem Sozialgesetzbuch zum 1. Januar 1995 ein Elftes Buch angefügt (SGB XI). Damit wurde die Soziale Pflegeversicherung als eigenständiger Zweig der deutschen Sozialversicherung geschaffen – neben der Krankenversicherung, der Unfallversicherung, der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung. Rund 80 Millionen Bundesbürger erhalten seither einen Versicherungsschutz für den Fall einer längerfristigen und ausgeprägten Pflegebedürftigkeit.
Einleitung
In einer Regierungserklärung im Januar 1991 wurde eine grundlegende Verbesserung der Situation pflegebedürftiger Menschen angekündigt. Ziel war es, das Risiko der Pflegebedürftigkeit erstmals sozial abzusichern. Vor der Einführung der Pflegeversicherung waren pflegebedürftige Menschen meist auf Sozialhilfe angewiesen, die an strenge Vermögens- und Einkommensprüfungen geknüpft war, was als unwürdig empfunden wurde. Mit der neuen Versicherung sollten Pflegeleistungen zu Versicherungsleistungen werden, deren Anspruch nicht mehr von Bedürftigkeit abhängt. Außerdem sollte die Pflegeinfrastruktur ausgebaut und die Pflegepersonen, sowohl professionell als auch ehrenamtlich, besser unterstützt werden.
Trotz der hohen Zielsetzungen führte z. B. die Deckelung der Pflegeversicherungsleistungen durch unveränderte Pauschalbeträge dazu, dass Leistungen oft nicht bedarfsdeckend sind. Auch die Einstufungskriterien für Pflegebedürftigkeit sind relativ hoch, sodass viele Betroffene zusätzliche Unterstützung benötigen, etwa durch Sozialhilfe.
Grundsätze des SGB XI
- Die Pflegeversicherung ist die fünfte Säule der gesetzlichen Sozialversicherung.
- Pflegekassen sind die Träger und sind bei den Krankenkassen eingerichtet ("Pflegekasse unter dem Dach der Krankenkasse").
- Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind automatisch auch Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung; privat Krankenversicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.
- Finanzierung erfolgt durch Beiträge von Versicherten und Arbeitgebern.
- Leistungsberechtigt sind dauerhaft pflegebedürftige Personen aufgrund von Krankheit oder Behinderung gemäß definierter Pflegegrade.
- Prävention und Rehabilitation haben Vorrang vor Pflegeleistungen.
- Vorrang der ambulanten (häuslichen) und teilstationären Pflege vor vollstationärer Pflege.
- Pflegebedürftige können frei zwischen Geldleistungen und Pflegesachleistungen wählen und ihre Pflegedienste frei aussuchen.
- Stationäre Pflege umfasst nur Pflegekosten; Unterkunft und Verpflegung sind privat zu tragen.
- Begrenzte Leistungen der Pflegeversicherung; Mehrbedarf ist selbst zu finanzieren.
- Für Personen, die die Voraussetzungen der Pflegeversicherung nicht erfüllen, bleibt die Sozialhilfe zuständig.
Leistungen der Pflegeversicherung
Ambulante Pflege
- Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfen bei häuslicher Pflege, gestaffelt nach Pflegegrad (z.B., Pflegestufe I: 225 €, Pflegestufe II: 430 €, Pflegestufe III: 685 €).
- Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson (Ersatzpflege) bis zu 28 Tage im Jahr, begrenzt auf circa 1.432 € jährlich.
- Pflegesachleistungen für professionelle Pflege durch zugelassene Pflegedienste, mit monatlichen Höchstbeträgen je Pflegegrad (bis zu 1.918 € für Härtefälle).
- Kombinationsleistungen: Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen nach individuellem Bedarf.
Stationäre Pflege
- Übernahme der Pflegekosten in vollstationären Einrichtungen, pauschaliert nach Pflegegrad (z.B., Pflegestufe I: ca. 1.023 €, Pflegestufe II: 1.279 €, Pflegestufe III: 1.510 €).
- Kosten für Unterkunft und Verpflegung trägt der Pflegebedürftige selbst.
Teilstationäre Pflege
- Tages- und Nachtpflege als Ergänzung zur häuslichen Pflege, um Angehörige zu entlasten oder vollstationäre Pflege zu vermeiden.
- Übernahme der Pflege- sowie Sozialbetreuungs- und medizinischen Behandlungspflegekosten bis zu bestimmten Höchstbeträgen.
Zusätzliche Leistungen bei besonderem Bedarf
- Zusätzliche Betreuungsleistungen für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf, z. B. bei Demenz oder psychischen Erkrankungen.
Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
- Unterstützung bei der Versorgung mit Pflegemitteln und Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds.
- Monatliche Versorgung mit zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln, z. B. Inkontinenzeinlagen, Desinfektionsmitteln, bis zu einem festgelegten Betrag.
Organisationsrechtliche Regelungen
- Pflegekassen sind bei den gesetzlichen Krankenkassen angesiedelt und als Träger der Pflegeversicherung zuständig.
- Pflegekassen haben den Sicherstellungsauftrag für bedarfsgerechte Versorgung und schließen hierzu Versorgungsverträge mit Leistungserbringern (§ 69 SGB XI).
- Vergütung der Pflegeleistungen erfolgt nach einheitlichen Grundsätzen direkt zwischen Pflegekassen und Leistungserbringern.
- Qualitätssicherungsbesuche durch Pflegekassen zur Beratung und Sicherstellung der Pflegequalität sind verpflichtend.
Reformen und Qualitätssicherung
- Die Pflegereform 2008 führte zu einer Dynamisierung der Leistungen, Stellung eines Anspruchs auf Pflegeberatung, Pflegezeit, und verstärkten Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK).
- Qualitätsberichte zeigen hohe Zufriedenheitswerte bei ambulanten Pflegediensten und stationären Einrichtungen mit stetigen Verbesserungen, aber auch Optimierungsbedarf bspw. bei Pflegedokumentation und Hygiene.
- Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, soziale Betreuung als Bestandteil der Pflege anzubieten.
Siehe auch
- Pflegeversicherung
- Pflegegrad
- Pflegeberatung
- Kurzzeitpflege
- Pflegegeld
- Pflegekasse
- MDK
- Qualitätssicherung in der Pflege
- Pflegereform 2008
Quellen und Verweise
- Bundesministerium für Gesundheit – www.bundesgesundheitsministerium.de
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales – www.bmas.de
- Gesetze im Internet: SGB XI – www.gesetze-im-internet.de/sgb_11
- Pflege-Versicherungsgesetz Artikel 1 – https://www.buzer.de/gesetz/7402/a145661.htm
- Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) – www.mds-ev.de