Begutachtungsrichtlinien

Aus Familienwortschatz
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Mit den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien - BRi) vom 21. März 1997 soll eine Begutachtung der Pflegebedürftigkeit nach bundesweit einheitlichen Kriterien erreicht werden. Die jüngste Fassung vom 11. Mai 2006 ist seit dem 1. September 2006 in Kraft. Die BRi sind für die Pflegekassen und für die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung verbindlich (§§ 17, 53a SGB XI, 213 SGB V).

Ablauf der Begutachtung

Die Begutachtung erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Auftrag der Pflegekasse. Das Gutachten dient dieser zur Vorbereitung der Entscheidung über die Pflegebedürftigkeit und die Gewährung entsprechender Leistungen. Nachdem der MDK die Unterlagen der Pflegekasse, insbesondere die vorliegenden Befundberichte der behandelnden Ärzte gesichtet hat, führt ein Arzt oder eine Pflegefachkraft oder beide zusammen nach Ankündigung einen Haus-/Krankenhaus-/Heimbesuch bei demjenigen durch, der Pflegeversicherungsleistungen beantragt hat.

Das Ergebnis seiner Prüfung teilt der MDK der Pflegekasse durch ein Formulargutachten mit. Dieses enthält neben der Feststellung, ob Pflegebedürftigkeit und ggf. welche Pflegestufe vorliegt, auch Empfehlungen zur Prävention und Rehabilitation, zu Heil-, Hilfs- und Pflegehilfsmitteln und zur Verbesserung oder Veränderung der Pflegesituation, sowie eine Aussage darüber, ob die häusliche Pflege in geeigneter Weise sichergestellt ist oder, wenn stationäre Pflege beantragt ist, ob diese erforderlich ist.

Definition der Pflegebedürftigkeit

Begutachtet wird der Hilfebedarf bei den regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens und zwar im Hinblick darauf, inwieweit die Fähigkeit, die Verrichtungen ohne fremde Hilfe vornehmen zu können, eingeschränkt ist. Hilfebedarf liegt auch dann vor, wenn die Verrichtung zwar motorisch ausgeübt, deren Notwendigkeit aber nicht erkannt oder nicht in sinnvolles Handeln umgesetzt werden kann. Hilfe kann in Form der Unterstützung, der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtung sowie der Beaufsichtigung und der Anleitung geschehen.

Die regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen werden in vier Gruppen zusammengefasst.

  1. Körperpflege: Waschen, Duschen Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung
  2. Ernährung: Aufnahme der Nahrung, mundgerechte Zubereitung der Nahrung
  3. Mobilität: Aufstehen, Zu Bett gehen, An-und Ausziehen, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
  4. Hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Putzen, Spülen, Wechseln/Waschen der Wäsche/Kleidung, Beheizen der Wohnung

Grundpflege

  • Für die Pflegestufe I muss einmal täglich Hilfebedarf bei wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren der Bereiche Körperpflege, Ernährung oder Mobilität bestehen,
  • für die Pflegestufe II muss der Grundpflegebedarf mindestens dreimal täglich bestehen,
  • für die Pflegestufe III rund um die Uhr und auch nachts

Hauswirtschaftliche Versorgung

  • Zusätzlich muss bei jeder Pflegestufe mehrmals in der Woche Hilfebedarf bei der hauswirtschatlichen Versorgung bestehen.

Zeitlicher Aufwand

Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegeperson ausgebildete Pflegekraft für die erforderlichen Grundpflegeleistungen und die hauswirtschaftliche Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt

  • in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen,
  • in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden, davon mindestens zwei Stunden Grundpflege,
  • in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden, davon mindestens vier Stunden Grundpflege.

Zeitorientierungswerte

Folgende Minutenwerte werden in den Begutachtungsrichtlinien für eine vollständige Übernahme der einzelnen Verrichtungen zu Grunde gelegt. Die Zeitwerte sind keine verbindlichen Vorgaben, sondern haben nur eine Leitfunktion. Entscheidend ist jeweils die konkrete Situation im Einzelfall. So sind zum Beispiel erschwerende oder erleichternde Faktoren zu berücksichtigen.

===[[Körperpflege

  • Waschen
    • Ganzkörperwäsche 20 bis 25 Min.
    • Teilwäsche Oberkörper 8 bis 1 0 Min.
    • Teilwäsche Unterkörper 12 bis 15 Min.
    • Teilwäsche Hände/Gesicht 1 bis 2 Min.
  • Zahnpflege 5 Min.
  • Kämmen 1 bis 3 Min.
  • Rasieren 5 bis 10 Min.
  • Duschen 15 bis 20 Min.
  • Baden 20 bis 25 Min.
  • Darm und Blasenentleerung
    • Wasserlassen (incl. Intimhygiene) 2 bis 3 Min.
    • Stuhlgang (inkl. Intimhygiene) 3 bis 6 Min.
    • Richten der Bekleidung 2 Min.
    • Wechseln von Inkontinenzeinlagen nach Wasserlassen4 bis 6 Min.
    • Wechseln von Inkontinenzeinlagen nach Stuhlgang 7 bis 10 Min.
    • Wechsel kleiner Vorlagen 1 bis 2 Min.
    • Wechseln/Entleeren des Urinbeutels 2 bis 3 Min.
    • Wechseln/Entleeren des Stomabeutels 3 bis 4 Min.

Ernährung

  • Mundgerechtes Zubereiten einer Hauptmahlzeit 2 bis 3 Min.
    • (ohne Kochen oder Eindecken des Tisches)
  • Essen von Hauptmahlzeiten incl. Trinken 15 bis 20 Min.

Mobilität

  • Aufstehen/Zu-Bett-Gehen 1 bis 2 Min.
  • Umlagern 2 bis 3 Min.
  • An- und Auskleiden
    • Ankleiden gesamt 8 bis 10 Min.
    • Ankleiden Oberkörper/Unterkörper 5 bis 6 Min.
    • Entkleiden gesamt 4 bis 6 Min.
    • Entkleiden Oberkörper/Unterkörper 2 bis 3 Min.
  • Stehen (Transfers z.B. auf einen Rollstuhl/Toilettenstuhl) je 1 Min.

Hauswirtschaftliche Verrichtungen

tatsächlich erforderliche Zeit

Weblinks

Begutachtungsrichtlinien im Wortlaut als pdf-Version
Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen, MDS
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, MDK