Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen
Mit dem Wort Charta (aus dem Griech. χάρτα, lat. carta = Papierblatt, engl. charter, daher wohl auch die deutsche Schreibweise) werden oft grundlegende Urkunden wie die Magna Carta, die Charta der Vereinten Nationen bezeichnet. Hier meint es das Signal für einen Neuanfang und Besinnung auf grundlegende Rechte der Pflegeheimbewohner, der Patienten von Krankenhäusern oder Sozialstationen.
Die acht Artikel der Charta
- Artikel 1 - SELBSTBESTIMMUNG UND HILFE ZUR SELBSTHILFE
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbständiges Leben führen zu können. (Mehr ...)
- Artikel 2 - KÖRPERLICHE UND SEELISCHE UNVERSEHRTHEIT, FREIHEIT UND SICHERHEIT´
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden. (Mehr ...)
- Artikel 3 - PRIVATHEIT
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wahrung und Schutz seiner Privat- und Intimsphäre. (Mehr ...)
- Artikel 4 - PFLEGE, BETREUUNG UND BEHANDLUNG
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf eine an seinem persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesundheitsfördernde und qualifizierte Pflege, Betreuung und Behandlung. (Mehr ...)
- Artikel 5 - INFORMATION, BERATUNG UND AUFKLÄRUNG
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf umfassende Informationen über Möglichkeiten und Angebote der Beratung, der Hilfe, der Pflege sowie der Behandlung. (Mehr ...)
- Artikel 6 - KOMMUNIKATION, WERTSCHÄTZUNG UND TEILHABE AN DER GESELLSCHAFT
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wertschätzung, Austausch mit anderen Menschen und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. (Mehr ...)
- Artikel 7 - RELIGION, KULTUR UND WELTANSCHAUUNG
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, seiner Kultur und Weltanschauung entsprechend zu leben und seine Religion auszuüben. (Mehr ...)
- Artikel 8 - PALLIATIVE BEGLEITUNG, STERBEN UND TOD
- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben. (Mehr ...)
Der Kommentar zu den Artikeln
Das Spannende an dieser Charta steht im Kommentar zu diesen acht Sätzen.
Entstehung, Autorenschaft
Die deutschen Bundesministerinnen Renate Schmidt und Ulla Schmidt haben am 12.09.2005 Empfehlungen der Arbeitsgruppen des Runden Tisches Pflege vorgelegt.
Arbeitsgruppen des Runden Tisches Pflege haben hierzu eine Vielzahl von Ansatzpunkten herausgearbeitet.
Die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen führt gesammelt die Rechte der Pflegebedürftigen auf, die in verschiedenen Gesetzen verankert sind und hier für die Praxis erläutert werden.
Ein Kernbereich ist dabei das Recht auf Selbstbestimmung, das veranschaulicht wird zum Beispiel bei der Gestaltung des Tagesablaufs in einer stationären Einrichtung.
Frage der Verbindlichkeit
Die in der Charta aufgeführten Rechte werden in allgemeiner Weise in zahlreichen internationalen und europäischen Texten erwähnt und sind dort teilweise bindend verankert. Hierzu zählen vor allem die Europäische Sozialcharta und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU).
Das deutsche Recht enthält ebenfalls an verschiedenen Stellen rechtliche Verbürgungen für hilfe- und pflegebedürftige Menschen. Neben den Grundrechten des Grundgesetzes sind dies vor allem die Rechte
- auf Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 1 SGB IX),
- auf Selbstbestimmung und Selbständigkeit (§ 2 SGB XI),
- auf Aufklärung und Beratung (§ 7 SGB XI),
- auf Vorrang der Prävention und Rehabilitation (§ 5 SGB XI),
- auf Vorrang der häuslichen Pflege (§ 3 SGB XI)
- nach dem Sozialhilferecht und dem Heimgesetz,
als auch das für das gesamte Sozialrecht gültige Recht auf individualisierte Leistungen (§ 33 SGB I).
2008 unternehmen die Beteiligten Anstrengungen, dasss möglichst viele Einrichtungen in Art einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Charta durch Unterschrift beitreten. Im Januar gab es dazu eine Auftaktveranstaltung in Berlin.
Quelle
- "Charta der Patientenrechte in Deutschland." - Herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und vom Bundesministerium für Justiz, zu beziehen über
- Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
- Postfach 500
- 53108 Bonn
- Fax: 0180/5151511
- Homepage: http://www.bmgs.de
- Bundesministerium für Justiz
- Mohrenstraße 37
- 10117 Berlin
- Tel.: 01888/5800
- Fax: 01888/5809525
- Homepage: http://www.bmj.de
Siehe auch
- Runder Tisch Pflege
- Deutsches Zentrum für Altersfragen
- Fusseks Zehn Thesen/Forderungen zur menschenwürdigen Grundversorgung
Literatur
Weblinks
- Charta-Seite beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (auch über die Leitstelle Altenpflege am Deutschen Zentrum für Alterfragen)
- verdi Charta undPflegeversicherung: Paritätische Finanzierung muss erhalten bleiben (11. Feb. 2008)
Literatur
- Daniela Sulmann: Ziele, Umsetzung und Wirkung der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2010.