Claus Fussek

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Claus Fussek (geboren 1953, verheiratet, 2 Kinder) ist ein Sozialpädagoge und Autor, der in der Nähe von München lebt. Hauptberuflich ist er seit 1978 im ambulanten Beratungs- und Pflegedienst Vereinigung Integrationsförderung tätig, der mit unterschiedlichen Dienstleistungen sozial Benachteiligte unterstützt. Darüberhinaus kritisiert er öffentlich Missstände in der Altenpflege, analysiert aber auch deren Ursachen und entwickelt Lösungsansätze zur Bewältigung der Problematik.

Im Januar 2008 wurde ihm für sein besonderes Engagement das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Beweggründe

Das Hauptanliegen Fusseks ist es, denen eine Stimme zu verleihen, die sich selbst kaum oder gar nicht gegen unangemessene Behandlung und unzureichende Pflege wehren können, insbesondere behinderten und betagten Menschen. Diese sollen die Wahlfreiheit erhalten, ihre Lebensform selbst zu bestimmen, z.B. wo sie wohnen und wie sie versorgt werden möchten. Außerdem stellte Fussek immer wieder fest, dass auch Pflegepersonal unter den inakzeptablen Bedingungen leidet, aber sich aus verschiedensten Gründen kaum in der Lage sieht, sich dagegen wirkungsvoll zur Wehr zu setzen.

Aktivitäten

Fussek spielt Informationen über üble Zustände in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen der Presse und der Polizei zu. Mithilfe von Auftritten in TV-Gesprächsrunden, Interviews und Zeitungsartikeln bringt er das Thema Pflege immer wieder in die Öffentlichkeit, z.B. in Statements gegen den sogenannten „Pflege-TÜV“ oder den unreflektierten Einsatz von Langzeitarbeitslosen in der Altenpflege.[1]

2001 klagte er in Genf vor einem UN-Ausschuss (Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) über die Zustände in deutschen Altenheimen.[2] Über 40 000 Fälle von inakzeptablen Umgang mit pflegebedürftigen Menschen hat Fussek inzwischen zusammengetragen.

Auch der Münchner Pflegestammtisch wurde 2002 von Fussek (zusammen mit Christiane Lüst) gegründet. Dort trafen sich im monatlichen Abstand Angehörige, Pflegende, interessierte Bürger und Politiker zum Erfahrungsaustausch mit Vertretern der Heimaufsicht, des MDK und der Krankenkasse. Diese Treffen wurden mittlerweile mangels Beteiligung eingestellt[3] Inzwischen sind aber auch andernorts weitere Pflegestammtische entstanden.

Zehn Thesen zur menschenwürdigen Grundversorgung

Fussek formuliert als Fazit seiner Erfahrungen als erste These "Sieben Mindestanforderungen für eine menschenwürdige Grundversorgung".

Zu den sieben Mindestanforderungen gehören

  1. die Berücksichtigung der individuellen Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme des Pflegebedürftigen
  2. angemessene Unterstützung bei der Ausscheidung
  3. angemessene tägliche Körperpflege
  4. "[..] (auf Wunsch) täglich die Möglichkeit [...] an die frische Luft zu kommen."
  5. die Wahlmöglichkeit für den Pflegebedürftigen, mit wem er sein Zimmer teilt
  6. das Vorhandensein von wenigstens einem Mitarbeiter, der "die Muttersprache der Bewohner spricht"
  7. "Jeder pflegebedürftige Mensch muss die Sicherheit haben, dass ihm in der Todesstunde [...] jemand die Hand hält [...]"[4]


Fussek stellt folgende Frage an die Gesellschaft:

Sind diese Forderungen zu teuer in einem reichen Land?

Die neun weiteren Thesen enthalten Forderungen zu Veränderungen in der Versorgungsstruktur, ohne die die zuvor genannten "Gebote" nicht umgesetzt werden können:

  1. Abschaffung der Pflegestufen und der "Minutenpflege"
  2. konsequente Anwendung der Bestimmungen
  3. Erhöhung des strafrechtlichen Druckes und Beweislastumkehr in Strafprozessen ("Wer schweigt, macht sich schuldig")
  4. Veröffentlichung der Prüfberichte des MDK
  5. Offenlegung der gesamten Finanzierung der Träger von Pflegeeinrichtungen
  6. unangemeldete Kontrollen der Heimaufsicht und des MDK, auch nachts und an Wochenenden
  7. in jeder Stadt eine unabhängige Beschwerdestelle für Angehörige und Pflegekräfte
  8. Abschaffung des "Markt"-Begriffes in Zusammenhang mit Krankheit und Pflege als börsenfähigem Produkt
  9. gefährliche Pflege, Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen müssen von den Pflegekräften selbst bekämpft werden[5]

Erfahrungen von I. Hochgraeber

Im Rahmen eines pflegewissenschaftlichen Studiums unternahm Iris Hochgraeber eine vierwöchige Hospitation bei Claus Fussek in der Vereinigung für Integrationsförderung. Anschließend beschreibt Hochgraeber in Die Schwester Der Pfleger ihre Erfahrungen während dieser Zeit mit Antworten auf diese drei Fragen:

  1. Warum kommt es in der Pflege zum kollektiven Schweigen?
  2. Warum fühlt sich die Pflege unter Generalverdacht?
  3. Wie kann es unter denselben Rahmenbedingungen auch gute Heime geben?
  • Zu 1.: In vielen Zuschriften an Fussek wird deutlich, dass Ängste die Hauptursache des Stillhaltens von Pflegenden sind. Zitat: "Angst um den Arbeitsplatz, vor Repressalien der Leitung, aber auch Angst vor den eigenen Kollegen". Pflegekräfte und Auszubildenden stellen zwei Drittel der Ratsuchenden, die sich an Claus Fussek wenden. Sie möchten diese unerträgliche Situation ändern, empfinden sie aber als ausweglos.
  • Zu 2.: Den Weg in die Öffentlichkeit finden zumeist nur Berichte über skandalöse Zustände in Pflegeeinrichtungen. Dadurch wird ein bestimmtes Bild von Pflegenden entworfen, dass vielen engagiert Arbeitenden nicht entspricht. Eher selten finden sich Artikel über vorbildliche Pflegeleistungen. Gute Heime und Pflegedienste können diese Chance nutzen, um sich abzugrenzen. Hochgraeber nennt das Beispiel von einem Geschäftsführer aus München, der seine Qualitätsberichte bereits freiwillig im Internet veröffentlicht. Zitat: "Er sagt ganz klar, dass es auch in seinen Häusern Fälle von gefährlicher Pflege gebe, aber dass es wichtig sei, diese erstmal zu erkennen, damit man sie verbessern könne." So eine Transparenz kann dann auch als Marketingstrategie benutzt werden. Es müsste eigentlich im Interesse einer jeden guten Pflegekraft liegen, Missstände in der Pflege aufzudecken. Aber bei Kritik fühlen sich selbst viele gar nicht betroffenen Pflegekräfte und Heimleitungen verunglimpft und an den Pranger gestellt. Hochgraeber hat keine Antwort darauf, warum sich eine gute Pflegekraft, die sich nichts vorzuwerfen hat, dagegen wehrt, dass schlechte Verhältnisse aufgedeckt werden.
  • Zu 3.: Hochgraeber stellt fest, dass gute Pflege im deutschen Gesundheitswesen nicht profitabel ist. Aber: Manchen Heimen genügen auch die eher geringen Geldeinahmen, die bei einer guten Pflege übrig bleiben. Gute Pflege funktioniere insgesamt nicht über den Geldanreiz[6]

Bücher von C. Fussek

Weitere Literatur

  • C. F: Ärzte in Altenheimen – eine Studie, 1976
  • C. F: Neue Wohnformen für alte Menschen; von 1991 und 2006
  • Britta Waldmann: "Ich hätte so gern Unrecht" In: Die Schwester - Der Pfleger, 12/2009
  • Holger Jenrich: Vom Gerd zum Peter. Altenpflege, 9/2007.


Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://diegesellschafter.de/tagebuch/eintrag.php?eid=1324&z1=1288767969&z2=27496b4077ce67afd978b84d80c96617& Claus Fussek zu dem immer wieder vorgebrachten Vorschlag, Langzeitarbeitslose in der Pflege einzusetzen
  2. Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 10. September 2001, veröffenlicht im Forum Bioethik
  3. tz-online, München abgerufen am 4. November 2010
  4. Im Netz der Pflegemafia. Verlag C. Bertelsmann, München 2008, S. 381-382
  5. s.o., S. 382-386
  6. Iris Hochgraeber: Zu Besuch bei Claus Fussek. In: Die Schwester - Der Pfleger, 06/2008

Siehe auch



vgl. Wikipedia: "Pflegeskandal"