Gerichtskosten

Aus Familienwortschatz
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Kosten des gerichtlichen Betreuungsverfahrens

Wer trägt die Kosten?

Es sind verschiedene Kosten und verschiedene Zahlungsverpflichtungen zu unterscheiden:

Anwaltskosten

Beauftragt der Betroffene einen Rechtsanwalt, dann schließt er mit ihm einen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB), ist ihm daher zur Zahlung des Honorars verpflichtet. Für die Vertretung des Betroffenen im Betreuungsverfahren kann der Anwalt berechnen: nach § 112, 118 BRAGO je nach Umfang und Schwierigkeit der Sache 1/1o bis 10/1o Geschäftsgebühr, gegebenenfalls zusätzlich eine Besprechungs- und Beweisaufnahmegebühr in gleicher Höhe. Die Gebühr richtet sich dabei nach der Bedeutung der Angelegenheit. Man wird etwa 10% des Vermögens als Gegenstandswert ansetzen können, wenn es um eine Vermögensbetreuung geht (streitig). Bei einer durchschnittlichen Betreuung fallen in der Regel alle drei Gebühren an, der Satz beträgt 7,5/10; bei einer Vermögensbetreuung und einem Vermögen von 500.000 Euro betragen die Anwaltsgebühren dann ca. 2.500 Euro.

Hinweis: der vorige Absatz ist bez. der Höhe der Anwaltshonorare durch die Ablösung der BRAGO durch das RVG nicht mehr aktuell. Aktualisierung folgt in Kürze.

Seine eigenen Auslagen, also etwa die Kosten, die der Betroffene für seine Vertretung vor dem Vormundschaftsgericht aufgewandt hat, trägt er, wenn die Betreuung angeordnet wird, selbst. Ist er nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflichten nicht in der Lage, einen Anwalt zu bezahlen und hält das Gericht anwaltliche Vertretung für erforderlich, kann dem Betroffenen im Wege der Prozesskostenhilfe ein Anwalt beigeordnet werden.

Gerichtskosten

Bei Anordnung der Betreuung

Das Gericht stellt dem Betroffenen Gebühren und Auslagen in Rechnung.

Gebühren:

Bei Betreuungen wird für jedes angefangene Kalenderjahr vom Betroffenen eine Gebühr in Höhe von 5 Euro für jede angefangenen 5000 Euro Vermögen erhoben, § 92 Abs. 1 KostO, wobei ein Freibetrag von 25.000 € berücksichtigt wird. Die Höhe des Einkommens spielt also keine Rolle. Beim Vermögen kommt es auf den Wert des Nettovermögens an; von den Aktiva sind somit die Passiva abzuziehen. Bei Grundstücken ist dabei der Verkehrswert anzusetzen (§ 19 KostO), nicht etwa der (niedrigere) Einheitswert. Wichtig: in einer neuen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass bei Betreuungen und Pflegschaften, bei denen keine Vermögenssorge mit angeordnet ist, nicht generell das gesamte Vermögen zur Kostenberechnung herangezogen werden darf 1 BvR 1484/99 ; siehe hierzu die Pressemitteilung des BVerfG: Pressemitteilung Nr. 51/2006 vom 13. Juni 2006.

Freibetrag

Kosten (also Gebühren und gerichtliche Auslagen) werden nur erhoben, wenn das Vermögen des Betroffenen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 Euro beträgt; der § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB-XII genannte Vermögenswert wird nicht mitgerechnet (§ 92 Abs. 1 Satz 1 KostO); bei dem dort genannten Vermögenswert handelt es sich um ein ,,angemessenes Hausgrundstück", das vom Betroffenen und/oder bestimmten Angehörigen bewohnt wird. Außerdem muss der Betreute ein Jahreseinkommen von mind. 1000 Euro gehabt haben.

Bruchteile eines Jahres

Für das Jahr bei Einleitung der Maßnahme und das folgende Kalenderjahr wird nur eine Jahresgebühr erhoben (§ 92 Abs. 1 Satz 3 KostO). Wird die Betreuung z.B. durch Beschluss vom 1.10.2001 angeordnet, wird also für die Zeit vom 1.10.2001 - 31.12.2002 nur eine Jahresgebühr gerechnet (nicht 1,25 oder 2 Jahresgebühren also). Stirbt der Betroffene am 1.7.2002, wird das Jahr 2002 voll gerechnet.

Fälligkeit

Die Gebühr wird erstmals bei Anordnung der Betreuung (also mit dem Erlaß des Beschlusses) und später jeweils zu Beginn des Kalenderjahres fällig.

Vorläufige Betreuung

Geht eine vorläufige Betreuung in eine endgültige über oder wird eine Betreuung von einem anderen Gericht übernommen, bildet das Verfahren eine Einheit (§ 92 Abs. 4 KostO). Wird z.B. am 1.10. ein vorläufiger Betreuer bestellt, am 1. 12. ein endgütiger Betreuer, liegen gebührenrechtlich nicht zwei Verfahren vor, die Jahresgebühr fällt nur einmal an.

Auslagen

Auslagen des Gerichts sind insbesondere das Honorar des Sachverständigen und des Verfahrenspflegers (§ 93a KostO) und die Reisekosten des Richters anläßlich der persönlichen Anhörung des Betroffenen. Das Gericht kann auch weitere Auslagen in Rechnung stellen. Meist sind es Porto oder Schreibauslagen, dann gelten für die ersten 50 Seiten je 0,50 Euro pro Seite und danach je 0,15 Euro pro Seite (§ 137 KostO).

Sachverständige

Der Sachverständige wird nach den Bestimmungen des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (§§ 8 ff. JVEG) bezahlt. Sachverständige sind z.B. bei der Frage zu hören, ob eine Betreuung oder eine Unterbringung überhaupt nötig sind sowie bei zahlreichen betreuungsgerichtlichen Genehmigungen. Meist sind Ärzte als Sachverständige beauftragt. Der Honorarsatz liegt je Stunde zwischen 50 und 80 Euro.

LG Kassel, Beschluss vom 23.07.2009, 3 T 322/09:

Die Vergütung des Sachverständigen für ein Gutachten dazu, ob eine bestehende Betreuung um einen Einwilligungsvorbehalt für vermögensrechtliche Angelegenheiten, § 1903 BGB, zu erweitern ist, erfolgt nach der Honorarstufe M2 gemäß der Anlage 1 zu § 9 JVEG (= 60 €/Stunde).

Verfahrenspfleger:

Der Verfahrenspfleger erhält je nach Qualifikation einen Stundensatz in Höhe von 19,50 bis 33,50 Euro + MWSt. (§ 67a FGG i.V.m. § 3 VBVG). In Fällen, in denen anwaltliche Tätigkeit erforderlich war, kann der Anwalt Kosten nach dem RVG geltend machen. Die genannten Kosten werden dem Verfahrenspfleger direkt aus der Staatskasse erstattet.

Im Unterschied zu den sonstigen Auslagen können die Verfahrenspflegerkosten auch bei Betreuten zurückverlangt werden, wenn der für Betreuer geltende Freibetrag nach § 1836c BGB (Vermögensfreibetrag: 2600,00 Euro) überschritten ist,d.h. dass oft der Betreuer für seinen Betreuten die Rechnung erhält (wenn er den Aufgabenkreis Vermögenssorge übertragen hat).

Bei Ablehnung der Betreuung

Wird keine Betreuung angeordnet, fallen keine gerichtlichen Gebühren an. Die Auslagen des Gerichts für das Sachverständigenhonorar, die Schreibauslagen, die Reisekosten der Richter usw. werden in diesem Fall vom Betroffenen nicht erhoben, § 96 KostO. Von einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten, der die Einleitung des Verfahrens grob schuldhaft verursacht hat, können diese Auslagen erhoben werden; das folgt dazu, dass § 96 KostO lediglich sagt, dass diese Auslagen ,,vom Betroffenen" in keinem Fall erhoben werden.

Beispiel: Jemand beantragt beim Vormundschaftsgericht die Bestellung eines Betreuers für seinen Nachbarn, um diesen zu ärgern. Das Gericht holt ein Sachverständigengutachten ein (Kosten ca. 500 Euro) und lehnt dann die Betreuung ab. Die Auslagen des Gerichts für den Sachverständigen können dem Antragsteller auferlegt werden § 13a Abs. 2 Satz 2 FGG).

Kostenerstattung

  • Wird die Betreuung angeordnet, muss der Betroffene seinen Rechtsanwalt selbst bezahlen, ferner die gerichtlichen Gebühren und Auslagen (soweit nicht die Freibetragsregelung eingreift).
  • Wird die Betreuung abgelehnt, muss der Betroffene gleichwohl seinen Anwalt zunächst selbst bezahlen. Nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 FGG kann aber das Gericht alle Auslagen des Betroffenen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen. Solche Auslagen sind zB die Anwaltskosten des Betroffenen, seine Fahrtkosten zum Gutachter und zur richterlichen Anhörung, sein Verdienstausfall während dieser Zeit. Nicht notwendig sind zB die Kosten eines zweiten Rechtsanwalts.

Unterbringungsverfahren

Gebühren werden hier nicht erhoben; gerichtliche Auslagen (hier: nur die Kosten des Verfahrenspflegers) werden nur von nicht mittellosen Betroffenen verlangt. (§ 128b KostO i.V.m. § 93a KostO)

Rechtsmittel gegen Entscheidungen des VormG

Nach § 131 Abs. 3 KostO gilt: Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts und ist sie von dem Betreuten oder im Interesse dieser Person eingelegt, so ist sie in jedem Fall gebührenfrei.

Für die Auslagen des Betroffenen gilt nach § 13a Abs. 2 FGG: das Gericht kann die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Betreuungsmaßnahme nach den §§ 1896 bis 1908i des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder einer Unterbringungsmaßnahme nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet wird.

Wird in diesen Fällen die Tätigkeit des Gerichts von einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten veranlaßt und trifft diesen ein grobes Verschulden, so können ihm die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegt werden.

Kostenbeschwerde

Gegen die Auslagenentscheidung nach § 13a Abs. 2 FGG kann der Betroffene, die Staatskasse oder der Dritte binnen 14 Tagen sofortige Beschwerde einlegen, sofern der Beschwerdewert 100 Euro übersteigt (§ 20a FGG).

Vergütung des Betreuers

Von den obigen Regelungen unterschieden werden müssen die Vergütungen und der Aufwendungsersatz für den Betreuer. Siehe unter Betreuervergütung.

Rechtsprechung

BVerfG, Beschluss vom 23.05.2006, 1 BvR 1484/99 , BVerfGE 115, 381 = NJW 2006, 2246 = FamRZ 2006, 997:

§ 92 Abs. 2 i. V. mit Abs. 1 KostO ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, soweit er für die Berechnung der Gebühr auch bei Fürsorgemaßnahmen, die sich auf die Personensorge beschränken, unbegrenzt das reine Vermögen zugrunde legt. Siehe hierzu die Pressemitteilung des BVerfG: Pressemitteilung Nr. 51/2006 vom 13.06.2006.

LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.08.2004, L 3 172/03:

Die Kosten einer gerichtlich angeordneten Betreuung als Folge eines Arbeitsunfalls sind im Rahmen der sozialen Rehabilitation nach § 39 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII vom Unfallversicherer zu übernehmen.

OLG München, Beschluss vom 28.07.2008, 33 Wx 164/08

Hat das Landgericht eine Betreuungsmaßnahme als ungerechtfertigt aufgehoben und die Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen durch die Staatskasse angeordnet, ist eine weitere Beschwerde mit dem Ziel der ausdrücklichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Betreuungsmaßnahme nicht zulässig. In diesem Fall besteht weder ein allgemeines Bedürfnis für eine Fortsetzungsfeststellung noch ein konkretes Rechtsschutzinteresse des Betroffenen.

OLG München, Beschluss vom 05.06.2009, 33 Wx 171/08:

Wird eine Betreuung als ungerechtfertigt aufgehoben und legt das Gericht die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auf, erfasst das auch die im Verfahren von dem Betroffenen gezahlten Gerichtskosten einschließlich Sachverständigen- und Zeugenentschädigung. Eine Erstattungspflicht besteht hingegen nicht hinsichtlich der vom Betroffenen entrichteten Beträge für Vergütung und Aufwendungsersatz des Betreuers sowie für die gerichtlichen Jahresgebühren der Betreuung.

LG Saarbrücken, Beschluss vom 04.01.2011, 5 T 522/10:

  1. Die Entscheidung des Betreuungsgerichts, ob die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse aufzuerlegen sind (§ 307 FamFG), ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.
  2. Dazu ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der sowohl das eigene Verhalten des Betroffenen eine maßgebliche Bedeutung hat, als auch eventuelle Verfahrensmängel des entscheidenden Gerichtes zu berücksichtigen sind.
  3. Der Betroffene muss von dem Betreuungsgericht vor der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung seiner Betreuungsbedürftigkeit grundsätzlich nicht persönlich angehört werden (§ 278 Abs. 1Fam FG).
  4. Anders verhält es sich nur dann, wenn das Betreuungsgericht anordnet, dass der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu einer Untersuchung vorgeführt wird oder wenn es zur Vorbereitung des Sachverständigengutachtens die Unterbringung des Betroffenen beschließt (vgl. §§ 278 Abs. 1, 283 Abs. 1 S. 2, 284 Abs. 1 S. 2 FamFG).

Literatur

  • Büte, Verfahrenskostenhilfe, Anwaltszwang und Ausnahmen, FPR 2009, 14
  • Götsche: Die neue Verfahrenskostenhilfe nach dem FamFG, FamRZ 2009, 383
  • Schürmann: Die Verfahrenskostenhilfe nach dem FamFG, FamRB 2009, 58
  • Zimmermann: Die Kostenentscheidung im FamFG, FamRZ 2009, 377
  • ders.: Gerichtskosten in Betreuungssachen; JurBüro 1999, 344
  • ders.: Zur Kostentragung bei einer vorläufigen Betreuung ohne spätere Überleitung in eine allg. Betreuung; Rpfleger 1999, 535

Siehe auch

Formulare