Kurt Lewin

Aus Familienwortschatz
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Kurt Lewin (* 9. September 1890 in Mogilno, Provinz Posen; † 12. Februar 1947 in Newtonville, Massachusetts) gilt als einer der einflussreichsten Pioniere der Psychologie, insbesondere der Sozialpsychologie. Er begründete das sozialwissenschaftliche Theorem der Gruppendynamik und ist einer der prominentesten Vertreter der Gestaltpsychologie bzw. der Gestalttheorie (zusammen mit Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka). Kurt Lewins feldtheoretischer Ansatz (Topologische Psychologie, Vektorpsychologie) wurde unter anderem auch zu einer der wesentlichen Grundlagen der Gestalttherapie, der Gestalttheoretischen Psychotherapie und der experimentellen Psychopathologie. Die entwickelte vor allem der Lewin-Schüler Junius F. Brown weiter. Bedeutende Ergebnisse lieferte Lewin auch für soziologische Kleingruppenforschung. Er entdeckte die Gatekeeper-Funktion - die auch andere wissenschaftliche Disziplinen, insbesondere die Journalismusforschung, Wichtiges erkennen ließ. Darüber hinaus prägte er den in der analytischen Wissenschaftsphilosophie bedeutsamen Begriff der Genidentität.

Kurzbiografie

Kurt Lewin wuchs in einem jüdischen Elternhaus auf. Sein Berufswunsch war Landarzt, weshalb er 1909 ein Medizinstudium in Freiburg begann, das er schließlich in München fortsetzte. Er interessierte sich auch für Biologie und Psychologie und nahm an Vorlesungen teil.

Von 1914 bis 1918 leistete Kurt Lewin während des Ersten Weltkrieges Kriegsdienst. Aufgrund einer Verwundung bekam er Fronturlaub und konnte in dieser Zeit seine Promotion (bei Carl Stumpf) abschließen.

Kurt Lewin erkannte die Gefahr, die von der nationalsozialistischen Herrschaft ausging, schon früh und emigrierte im August 1933 in die USA. Dort bekam er eine Professur an der Cornell University in Ithaca. Er erhielt ebenfalls eine Professur an der Hebräischen Universität. Allerdings lehnte Sigmund Freud, der im Beratergremium der Universität war, Lewin als Psychologen ab, weshalb dieser letztendlich in Ithaka blieb.

Dort wandte er sich entwicklungs- und erziehungspsychologischen Fragen zu und begründete die Feldtheorie und die Aktionsforschung. Außerdem war er Mitbegründer der experimentellen Sozialisationsforschung und gab Anstöße zur Gruppendynamik (er selbst prägte diesen Begriff). Mit Bernt Spiegel begründete er die im Marketing bedeutsamen Positionierungsmodelle.

Kurt Lewin hat 1939 grundlegend die Forschung zu Erziehungsstilen angeregt und den autoritären, den laissez-faire- und den demokratischen Stil unterschieden.

In seinem Werk Resolving Social Conflicts - Field Theory in Social Science (dt. Die Lösung sozialer Konflikte) befasste sich Lewin hauptsächlich mit der Frage, wie das Deutschland der Nachkriegszeit durch Umerziehung (Re-education) demokratisiert werden könnte. Der autoritäre Erziehungsstil und das traditionelle deutsche Schulsystem standen dabei im Wege.

Erwähnenswert ist außerdem Kurt Lewins Interesse an Tonfilmen, die er zunächst im privaten Kreise drehte, aber schließlich auch als Anschauungsmaterial in seinen Vorlesungen verwendete. Somit war er einer der ersten Wissenschaftler, die mit Lehrfilmen arbeiteten.

Durch seine theoretischen Arbeiten und seine wissenschaftlichen Filme wurde er zu einem der wichtigsten Psychologen des 20. Jahrhunderts.

Bedeutung Lewins motivationspsychologischer Arbeiten

Lewins Arbeiten über Intentionen, Bedürfnisse, Ziele und das daraus folgende Verhalten legten die Grundlage für die heutige Motivationspsychologie. Seit Anfang der 1980er Jahre hat sich das Interesse an Lewins Arbeiten auch im angloamerikanischen Raum sehr vergrößert. Das Rubikonmodell der Handlungsphasen, die Theorie der Symbolischen Selbstergänzung, sowie der Regulatorischer-Fokus-Ansatz basieren auf Lewins theoretischen und empirischen Erkenntnissen. Bedeutende Forscher, die Lewins Erkenntnisse derzeit im deutschsprachigen Raum weiterentwickeln, sind Peter M. Gollwitzer, Julius Kuhl und Jens Förster. International sind vor allem E. Tory Higgins und Yaacov Trope in ihrer Forschung stark von Lewin beeinflusst.

Wichtige Werke

  • Lewin, Kurt, Die Verwandtschaftsbegriffe in Biologie und Physik, Berlin 1920
  • Lewin, Kurt, Idee und Aufgabe der vergleichenden Wissenschaftslehre , Erlangen: Weltkreis Verlag 1926
  • Lewin, Kurt, Vorsatz, Wille und Bedürfnis : mit Vorbemerkungen über die psychischen Kräfte und Energien und die Struktur der Seele, Berlin: Springer 1926
  • Lewin, Kurt, Die psychologische Situation bei Lohn und Strafe, Leipzig 1931
  • Lewin, Kurt, Der Übergang von der aristotelischen zur galileischen Denkweise in Biologie und Psychologie, 1931
  • Lewin, Kurt, Principles of topological psychology, 1936
  • Lewin, Kurt, Resolving social conflicts : selected papers on group dynamics, New York: Harper 1948
  • Lewin, Kurt /Weiss Lewin, Gertrud / Frenzel, Herbert Alfred, Die Lösung sozialer Konflikte, Bad Nauheim: Christian Verlag 1953
  • Lewin, Kurt, Feldtheorie in den Sozialwissenschaften, Bern 1963
  • Lewin, Kurt, Gesetz und Experiment in der Psychologie, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1967
  • Lewin, Kurt / Graumann, Karl Friedrich, Werkausgabe, Bd.4, Feldtheorie, Stuttgart: Klett 1982. ISBN 312935140X
  • Lewin, Kurt, Der Begriff der Genese in Physik, Biologie und Entwicklungsgeschichte, Berlin 1922

Literatur über Kurt Lewin

  • Bierbrauer, Günter, Ein Sozialpsychologe in der Emigration : Kurt Lewins Leben, Werk und Wirkungsgeschichte, Gerlingen: Schneider 1992
  • Lück, Helmut E., Kurt Lewin, Beltz 2001. ISBN 340722107X
  • Lück, Helmut E. / Miller, Rudolf, Illustrierte Geschichte der Psychologie, Beltz 2002. ISBN 340722138X
  • Marrow, Alfred J, Kurt Lewin, Beltz 2002. ISBN 340722754X
  • Weisbord, Marvin R., Productive Workplaces Revisited (2004) ISBN 0-7879-7117-0 (Kapitel 4: Lewin: the Practical Theorist, Kapitel 5: The Learning Organization: Lewin's Legacy to Management.)

Weiterentwicklungen der Feldtheorie von Kurt Lewin

  • Burow O.A. (1999). Die Individualisierungsfalle. Kreativität gibt es nur im Plural. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Burow O.A. (2004). Wie Organisationen zu Kreativen Feldern werden. In: Supervision 2, S.6-16. Download unter www.uni-kassel.de/fb1/burow
  • Burow O.A. & Hinz H. (Hg.) (2005). Die Organisation als Kreatives Feld. Evolutionäre Personal- und Organisationsentwicklung. Kassel: University Press.
  • Förster, J., Liberman, N. & Higgins, E.T. (2005). Accessibility from active and fulfilled goals. Journal of Experimental Social Psychology, 41, 220-239
  • Higgins, E. T. (2006). Value from hedonic experience and engagement. Psychological Review, 113, 439-460.
  • Stein, Stefan, Feldaktive Kriminalprävention, WiKu-Verlag 2005, [1] ISBN 3-86553-065-6
  • Trope, Y., & Liberman, N. (2003). Temporal construal. Psychological Review, 110, 403-421.
  • Wicklund, R. A., & Gollwitzer, P. M. (1982). Symbolic self-completion. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

Weblinks


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