Neue Ansätze bei der Behandlung von alkoholisierten Jugendlichen

Aus Familienwortschatz
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Einführung

Die Idee zu dieser Hausarbeit kam mir bei einem Sanitätsdienst. Während einer Karnevalsveranstaltung transportierte ich mit meinen Kollegen mehrere alkoholisierte Jugendliche in die umliegenden Kliniken. Dabei stellte ich fest, dass die Behandlung von Alkoholvergiftungen, von dem „einfach in die Ecke legen“ bis zur Magenspülung geht. Einen ersichtlichen Grund für die Therapieentscheidung konnte ich nicht ersehen und auf Nachfrage wurde mir auch nur die „Erfahrung“ als Entscheidungsträger genant. Da ich unsere Patienten schon durch die Behandlung im Rettungswagen kannte, bezweifelte ich jedoch diese „Erfahrungsentscheidung“. Aus diesem Anlass habe ich mir Gedanken gemacht wie man einen Mittelweg zwischen beiden Behandlungsextremen finden kann. Zudem habe ich versucht, eine Entscheidungshilfe zu schaffen um die richtige Behandlungsform zu wählen. Der Kern dieser Arbeit ist jedoch die Modifikation des einfachen „auf den Boden legen“. In der von mir neuentwickelten Behandlungsform soll anhand der Nierenfunktion entschieden werden, ob der Patient eine Elimination des Alkohols alleine bewerkstelligen kann. Die Aufgabe der Pflege besteht darin, die Tauglichkeit für die Therapie festzustellen, den Patienten zu unterstützen und die Überwachung der Entgiftung zu übernehmen. Zum Einstieg in die Thematik habe ich mich erstmals mit der gesellschaftlichen Situation des Alkoholkonsums von Jugendlichen beschäftigt. Anschließend habe ich die allgemeine und spezielle Wirkung des Alkohols auf den Organismus und die Niere behandelt, um dann, über Analyse der aktuellen Behandlungsmaßnahmen, eine neue zu entwickeln. Am Schluss steht natürlich noch die Prüfung der praktischen Umsetzbarkeit, sowie der Vor- und Nachteile an. Diese Hausarbeit stellt sicherlich nur eine oberflächliche Zusammenfassung dar, die in die Thematik einführen soll. Eine, alle Ansätze bis ins Detail umfassende Arbeit würde einen Rahmen von zwanzig Seiten um Längen überschreiten. Daher bitte ich diese Arbeit zum Einen als Anlass für weitere Beschäftigung mit der Thematik zu nehmen und zum Anderen soll sie eine Diskussion in entsprechenden Fachkreisen provozieren.



Demographie: Alkoholkonsum von Jugendlichen(12 – 25-Jährige)

In der Bundesrepublik Deutschland ist der Alkoholkonsum der 12 – 25-Jährigen ein großes Thema, das die Politik, Jugendschutzverbände und Gesundheitsdienste beschäftigt. Auch in den Medien finden sich immer wieder Berichte zu diesem Thema. Berliner Morgenpost : „In der niedersächsischen Metropole Hannover stiegen nach Angaben der Techniker Krankenkasse von 2000 bis 2004 die Alkoholvergiftungen bei 15 bis 20-Jährigen um 63 Prozent.“ Eine der größten Untersuchungen der letzten Jahre wurde 2004 durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) veröffentlicht . Umfassend werden in ihr Tatsachen über den Alkoholkonsum der 12 – 25 Jährigen dargestellt. Bei den 12 – 25 jährigen ist Alkohol die weitverbreitetste Droge. Von den Befragten gaben 86% an, in den letzten 12 Monaten Bier, Wein, Spirituosen oder alkoholische Mixgetränke konsumiert zu haben. Ihr erstes Glas haben die meisten mit dem 14. Lebensjahr getrunken. Zwischen dem 16. – 19. Geburtstag haben bereits 97% ihre Erfahrungen mit dem Alkohol gemacht und 73% haben sogar ein- oder mehrmals einen Alkoholrausch. Diese Altersgruppe (16 – 19-jährigen) ist auch die mit dem höchsten Alkoholkonsum. Damit ist gemeint, dass sie sowohl bei der Häufigkeit und der Menge des Konsums Spitzenwerte liefern. Problematisch in dieser Altersgruppe ist auch die Experimentierfreudigkeit in Bezug auf die Rauschwirkung des Alkohols. Somit ist es nicht verwunderlich, dass diese Gruppe auch Spitzenreiter bei den Alkoholvergiftungen ist. Insgesamt konsumieren männliche Jugendliche mehr Alkohol als Weibliche. In der Untersuchung stellte sich aber heraus, dass seit 1979 der Konsum insgesamt sinkt. Besonders ausgeprägt waren der Rückgang beim regelmäßigen (mindestens einmal pro Woche) Konsum von Bier (von 38% 1979 auf 22% 2004), Wein (von 17% auf 7%) und Spirituosen (von 9% auf 5%) zu erkennen. Im Gegensatz dazu ist seit 2001 ein Anstieg bei dem Konsum von alkoholischen Mixgetränken eingetreten. Im Zeitraum von 2001 bis 2004 verdoppelte sich der Konsum von 8 auf 16 Prozent. Verantwortlich hierfür nennt die BZgA die Einführung und aufwendige Vermarktung von fertig abgefüllten Mixgetränken in Flaschen, den Alkopops. Die Alkopops haben das Bier als beliebtestes Getränk bei den Jugendlichen abgelöst. Besonders beliebt sind die Alkopops in der Altersgruppe der 12 – 15-Jährigen. Auch bei den 16 – 19-Jährigen gibt es kaum jemanden der nicht häufig Alkopops konsumiert. Sehr beliebt sind die Alkopops auch bei weiblichen Jugendlichen. Verantwortlich sind die Alkopops auch für den regelmäßigen, hohen Alkoholkonsum. Zwar hat der gesamte Alkoholkonsum abgenommen, doch sind die Häufigkeit und die Menge beim Alkoholkonsum höher. Folge dessen ist die Anzahl derjenigen die mindestens einmal pro Woche Alkohol trinken von 2001 (30%) bis 2004 (34%) gestiegen. Etwas mehr als ein drittel der Jugendlichen (34%) trinkt innerhalb von 30 Tagen riskant. Nach Meinung der Untersuchung trinkt man riskant, bei Konsum von mehr als fünf oder mehr Getränken hintereinander. Diese Form des Trinkens wird auch als „binge-drinking“ bezeichnet. Beim „binge-drinking“ sehe ich die Größte Gefahr eine Alkoholvergiftung zu bekommen. Gerade das erste Mal einer „binge-drinking-Erfahrung“ kann entsprechende Folgen haben. Die Untersuchung hat sich auch mit der Frage beschäftigt warum Jugendliche so oft „binge-drinking“ betreiben. Dabei gaben 67% an, dass sie es wegen der stimmungsfördernden Wirkung von Alkohol machen. Auch die Tatsache, dass auf den meisten Veranstaltungen Alkohol angeboten wird hat eine Konsum- begünstigende Wirkung. Eine andere Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hat sich nochmals intensiver mit den Ursachen des Konsums von Alkohol beschäftigt. Eine Ursache ist die ständige Präsenz des Angebotes von Alkohol. Durch die allgemeine Duldung in unserer Gesellschaft haben Jugendliche eine niedrige Hemmschwelle Alkohol zu trinken. Viele versuchen auch durch den Alkohol Anschluss an Gruppen zu finden in denen der Konsum als „cool“ angesehen wird. Neben der Tatsache „immer mehr und immer früher“ hat die Studie auch eine größere Suchtneigung festgestellt. Aus dieser läst sich wiederum eine größere gesundheitliche Schädigung der Jugendlichen ableiten. Wenn man die eben genannten erschreckenden Zahlen liest kann man sich vorstellen welche Belastung auf die Notaufnahmen und Kliniken zugekommen ist. Wenn die Entwicklung entsprechend weitergeht ist es fraglich, ob diese auch in Zukunft noch die Versorgung nach heutigen Standards aufrechterhalten können. Besonders in den Zeiten von Volksfesten wie Karneval, Kirmes oder Schützenfest sind die Kinderambulanzen schon heute stark überlastet. Somit ist es schon längst überfällig sich mit einer neuen Therapie von alkoholvergifteten Jugendlichen zu beschäftigen.


Die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Organismus

Alkohol ist einer der gefährlichsten Zellzerstörenden Gifte die den Menschen erreichen können. Gefährlich ist sicherlich nicht die Giftstärke, stattdessen sind die Verbreitung, Kontinuität der Einnahme und die Duldung in unserer Gesellschaft die ausschlaggebenden Faktoren der Gefahr. Unter den folgenden Unterpunkten wird die Wirkung von Alkohol auf den gesamten Organismus beschrieben. Des Weiteren wird die Alkoholvergiftung klar definiert, um als feststehender Begriff in dieser Arbeit zu gellten.

Wirkung von Alkohol auf den gesamten menschlichen Organismus

Wie komplex Alkohol auf den menschlichen Körper wirkt, besagt schon die Tatasche, dass grundsätzlich jedes Organ und jede Körperfunktion durch den Alkohol oder seiner Nebenwirkungen beeinträchtigt werden kann. Neben den physiologischen Wirkungen kann Alkohol auch eine psychische Wirkung haben. Entscheidend für die Wirkung und Folgen für unseren Körper ist der Zeitraum des Konsums. Deshalb muss man Grundsätzlich den chronischen Alkoholkonsum von der akuten Alkoholvergiftung unterscheiden. Hier möchte ich jetzt näher auf die akute Alkoholvergiftung mit ihrer Wirkung auf den menschlichen Organismus eingehen. Wenn wir Alkohol (Ethanol) trinken wird er über den gesamten Verdauungstrakt sehr schnell in den Blutkreislauf resorbiert. Da der Verdauungstrakt schon mit der Mundschleimhaut beginnt, nimmt auch diese Alkohol auf. Die Tücke des dort aufgenommenen Alkohols ist, dass er direkt auf den ganzen Körper verteilt wird und somit auch über die Blut-Hirn-Schranke schnell das Gehirn erreicht. Der restliche Alkohol wird über den Darm ins Blut aufgenommen. Über den Blutkreislauf gelangt der Alkohol in die Leber, wo er zum größten Teil abgebaut wird. Faktoren wie ein leerer Magen, Wärme, Glucose und Kohlensäure können die Aufnahme beschleunigen. Im Durchschnitt geht man davon aus, dass nach 60 – 90 Minuten der maximale Blutalkoholspiegel erreicht wird. Am umfangreichsten Betroffen ist sicherlich das Gehirn und seine Funktionen (Wahrnehmung, Bewusstsein usw.). Der Alkohol ist ein Körpergift, welches die Funktion von Rezeptoren im Gehirn hemmt. Dadurch können einige Funktionen des Gehirns gemindert oder im schlimmsten Fall ausgeschaltet werden, dadurch kann eine erheiternde bis narkoseartige Wirkung eintreten. Der Alkohol wirkt schmerzlindernd, hemmt die Reaktionsfähigkeit und lässt uns unsere Leistungsfähigkeit überschätzen. Eine langfristige Auswirkung ist die irreversible Schädigung von Hirnzellen. Umfangreich ist auch die Beeinträchtigung verschiedenster Körpermechanismen durch die Nebenwirkungen des Alkohols. Die Funktion des Kreislaufs kann bis hin zu einer Schocksymptomatik verändert werden, was eine massive Vitalgefährdung des Patienten bedeutet. Ein weiteres Beispiel ist die Wirkung von Alkohol, bei stärkster Vergiftungsform, auf das Atem- und Temperaturregulationszentrum. Beide Eingriffe in die physiologische Funktion, sind ebenfalls mit akuter Lebensgefahr verbunden. Ein geändertes Wärmeempfinden wird auch durch die periphere gefäßerweiternde Wirkung erzielt. Dadurch wird ein subjektives Wärmegefühl erzeugt, auch bei geringer Umgebungskälte. Das und die betäubende Wirkung sind verantwortlich für die häufige Hypothermie oder den Kältetod bei Alkoholisierten. Wenn man sich alle direkten Wirkungen und Nebenwirkungen von Alkohol auf unseren Körper anschaut, wird einem eindrucksvoll bewusst, dass Alkohol ein kompetentes Gift ist! Und wenn man sich die Häufigkeit der Alkoholvergiftung im Gegensatz zu anderen Vergiftungsformen vergleicht, vielleicht sogar das Gefährlichste unserer Gesellschaft.


Begriffsbestimmungen: Alkoholvergiftung

Damit sichergestellt ist, dass ich als Autor und die Leser dieser Arbeit das gleiche Verständnis von Alkoholvergiftung haben, möchte ich hier eine klare Definition voranstellen.

Stadium 1 2 3 4
Bezeichnung Exzitation Hypnose Narkose Asphyxie
Blutalkohol (‰) 1 – 2 2 – 2,5 2,5 – 4 Ab 4

Wirkung

  • vermindertes Gleichgewicht
  • verminderte Schmerz-wahrnehmung
  • gerötete Augen
  • undeutliche Sprache
  • Enthemmung
  • evtl. Aggressivität
  • Muskelschlaffheit
  • verengte Pupillen
  • Amnesie - Bewusstlosigkeit
  • Schockzustand
  • erweiterte Pupillen - Koma
  • Schockzustand
  • weite und reaktionslose Pupillen
  • Abnahme der Spontanatmung
  • Hyperthermie

Tabelle 1: Stadien Alkoholvergiftung An dieser Stelle möchte ich noch mal in aller Deutlichkeit sagen, dass in der ganzen Arbeit die Stadien 1 und 2 mit der Alkoholvergiftung gemeint sind. Die neue Behandlungsform lässt sich auch nur für diese Stadien anwenden. Schwerere Stadien bedürfen auf Grund der Nebenwirkungen einer anderen Therapie.


Elimination von Alkohol

Der Alkohol wird vom Körper sofort als Gift erkannt, daher versucht er mit allen Ressourcen diesen abzubauen. Die Elimination des Alkohols wird zu 90% von der Leber übernommen. Somit ist diese auch das wichtigste eliminatorische Organ. Unverändert aus dem Körper ausgeschieden werden 5% über die Niere, 2% über die Lunge und 2% über die Haut. Der Abbau in der Leber erfolgt durch das ADH-System mittels Oxidation. Der verstoffwechselte Alkohol wird dann über die Lunge abgeatmet und durch die Niere ausgeschieden. In der Leber wird das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH) gebildet und wandelt den Alkohol (C2H5OH) in Acetaldehyd (C2H4O) um. Durch ein weiteres Enzym, die Aldehyddehydrogenase(ALDH) wird dann wiederum das Acetaldehyd in Essigsäure (C2H3OH) umgebaut. Im Zitronensäurezyklus wird die Essigsäure dann letztendlich zu CO2 und Wasser (H2O) verarbeitet. Ein weiterer Alkoholabbaumechanismus ist das MEO-System. Das Microsomal-Ethanol-Oxidizing-System ist ein Puffer der bei Alkoholikern oder hohen Blutalkoholkonzentrationen ab 2,5‰ schnell vom Körper eingesetzt werden kann.


Der Abbau von Alkohol erfolgt konzentrationsunabhängig und linear. Somit kann man von einer Eliminationsgeschwindigkeit von 0,15‰ bis 0,17‰ pro Stunde ausgehen. Die Kontinuität lässt sich durch die Beteiligung von einem Co-Enzym, dem NAD erklären. Dieses NAD dient als Helfer des ADH und ADLH. Es durchläuft einen zeitlich festgelegten Umbauvorgang, somit also die genaue Abbaurate. Wenn man den Zeitpunkt des Endes der Aufnahme kennt, kann man also die schon abgebaute Alkoholmenge bestimmen. Zu beachten ist aber, dass man einen Zeitraum von zwei Stunden auf das Aufnahmeende rechnet. Die zwei Stunden sind durch die Zeit bedingt, die der Körper für die komplette Alkoholresorption benötigt. Wie schon erwähnt wird der verstoffwechselte Alkohol über die Lunge als Kohlendioxid (CO2) und die Niere als Wasser (H2O) ausgeschieden. Man kann grundsätzlich sagen, dass wenn man z.B. 1 Liter Bier trinkt auch 1 Liter Urin wieder ausscheidet. Der Wasseranteil der alkoholischen Getränke wird also eins zu eins an die Blase abgegeben. Normalerweise regelt das Anti-Diuretische-Hormon und das Vasopressin die Rückresorbtion des Wassers. Der Alkohol hemmt aber diese Hormone und somit den Verlust von Wasser.




Aktuelle Behandlungsarten von Alkoholvergiftungen

Wenn ich bei der Behandlung von Jugendlichen spreche, ist die Altersgruppe auf das 12. – 18. Lebensjahr begrenzt. Wenn wir uns nochmals die hauptgefährdete Gruppe für Alkoholvergiftungen (laut BZgA) in Erinnerung rufen, deckt sich in etwa die Altersstruktur. Natürlich werden auch ältere Patienten gleich behandelt, nur kann man spätestens ab dem 25. Lebensjahr sagen, dass eingelieferte Patienten mit einer Alkoholvergiftung, oft eine längere Alkoholkonsumentenkarriere bestreiten. Die Akute Alkoholvergiftung stellt ab diesem Alter eher eine Ausnahme da. Grundsätzlich muss man auch erwähnen, dass Patienten mit längerer Alkoholkarriere, andere Entgiftungs- und Behandlungsmaßnahmen benötigen. Das Hauptaugenmerk möchte ich jedoch wieder zurück auf die Behandlung von akuten Alkoholvergiftungen bei Jugendlichen lenken. Wenn man sich aktuelle Behandlungsansätze anschaut, liegt der Grundsatz der Interaktion meist bei der Entgiftung des Patienten. Durch die Entgiftung wird eine Sicherung der Vitalwerte (Atmung, Kreislauf) gewährleistet. Für die Praxis bedeutet dies, man führt eine Magenspülung durch oder der Brechreiz wird durch Medikamente gefördert. Beide Techniken der Entgiftung müssen aber mit einer Menge von anderen Leistungen kombiniert werden. So muss eine Hypoglycämie und Dehydration durch den Flüssigkeitsverlust vermieden werden. Eine effektive Flüssigkeitssubstitution gelingt aber nur über eine direkte venöse Gabe von Glucoseinfusionen (bei Hypoglycämie) oder aber durch isotone Kochsalzlösungen. Wenn man solche massiven Eingriffe bei einem Patienten durchführt, sind eine penible Krankenbeobachtung und ein Monitoring zwingend erforderlich. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Patienten eine intensivtherapeutische Pflege in entsprechender Fachabteilung benötigen. Je nach Bewusstseinslage wird der Patient entsprechend versorgt. Über die Lagerung in Seitenlage bis hin zur Intubation können alle Maßnahmen notwendig sein. Bei starken Alkoholvergiftungen kann auch eine Dialyse notwendig sein. Im Berner Inselspital werden alkoholisierte Patienten nach dem Prinzip der „Bodenpflege“ versorgt. Dieses Handeln ist der krasse Gegensatz zu der in Deutschland oft praktizierten Übertherapie. Bei der Bodenpflege werden alkoholisierte Patienten einfach auf eine Matte im Flur vor das Stationszimmer gelegt. Neben einer Schüssel, Zellstoff und Decke erhält der Patient ansonsten keine Behandlung. Die Lagerung vor das Stationszimmer bewirkt eine Möglichkeit zur ständigen Beobachtung des Patienten. Die Lagerung auf dem Boden soll einen Schutz vor Verletzungen bei motorischer Überaktivität sein. Letzterer Beweggrund für die Bodenpflege ist bei der Anwendung entsprechender Patienten sehr umstritten. Eigentlich hat die Bodenpflege ihre Therapeutische Berechtigung bei der Pflege von neurochirurgischen Patienten in der Aufwachphase. Oder aber auch in der geriatrischen Pflege um auf Bettgitter, Sedierung und Fixierung verzichten zu können. Wie man sieht kann die Behandlung Alkoholisierter von einfachen „auf den Boden legen“ bis zum umfangeichen „Magenauspumpen“ gehen. In den neuen Behandlungsansätzen möchte ich daher aus beiden Ansätzen einen Mittelweg finden um die Patienten adäquat zu versorgen.


Neue Behandlungsform der Alkoholvergiftung

Unter diesem Abschnitt wird der Kern dieser Arbeit behandelt. Ziel der neuen Behandlungsform soll die Überwachung und ggf. Förderung der renalen Elimination von Alkohol sein. Eine Entgiftung durch „Magenspülung“ und pharmakologische Eingriffe sind nicht vorgesehen. Vielmehr soll der Körper den Abbau des Alkohols alleine bewerkstelligen. Vorausgehend muss ich sagen, dass für die neue Behandlungsform nur Patienten in Frage kommen, die bei Eintritt nicht akut Vitalgefährdet sind. Daher ist der erste Schritt auch eine umfangreiche Diagnose. Ab einen Konzentrationswert von 2,5‰ muss dann z.B. eine Entgiftung nach herkömmlichen Methoden erfolgen. Bei alkoholkranken Patienten muss man beachten, dass höhere Blutalkoholkonzentrationen vorliegen können. Diese Patientengruppe bedarf ebenfalls einer anderen Behandlung. Auf herkömmliche Therapieverfahren muss man auch bei komatösen Patienten zurückgreifen.

Ansatz der neuen Behandlungsform

Die neue Behandlungsform findet bei zwei Prinzipien ihren Ansatz. Zum Einen wird versucht mit einer minimal Behandlung, eigene Ressourcen des Patienten zur Bekämpfung des Alkohols zu aktivieren: Salutogenese. Zum Zweiten wird durch die eigene Bewältigung der Alkoholvergiftung und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten ein Lerneffekt erzielt: Pädagogik. Wenn man beide Ansätze in Zusammenhang mit Alkoholvergiftungen liest kann man schnell einen Missbrauch vorwerfen. Doch ist es nicht meine Absicht ein Konzept zu entwickeln um Arbeit einzusparen und betrunkene Jugendliche mit ihrem Schicksal allein zu lassen. Patienten die mit einer Alkoholvergiftung in die Klinik kommen sind meist somnolent bis komatös. Bei den herkömmlichen Behandlungen wird dem Patienten die Bekämpfung des Alkohols komplett aus der Hand genommen. Da er zum Zeitpunkt der Magenspülung oder der Brechreizförderung sowieso bewusstseinseingeschränkt ist, merkt er von den Maßnahmen nichts. Ein netter Nebeneffekt der Entgiftung ist am nächsten morgen, dass der Patient keinen Kater hat. Und darin sehe ich die große Gefahr! Die Jugendlichen lernen durch die herkömmliche Behandlung nicht die Gefahr des Alkohols und die Folgen kennen. Mit einem salutogenetischen Ansatz muss sich der Patient zwangsläufig mit dem Gift, das er sich zugeführt hat beschäftigen, denn er ist der Hauptverantwortliche für seine Entgiftung. Natürlich kann ein alkoholisierter Jugendlicher, in seinem Rausch eine solche Handlung nicht steuern. Die pflegerische Interaktion ist daher die Unterstützung und die Überwachung des Patienten beim Einsatz seiner Ressourcen. Um noch mal auf den pädagogischen Ansatz einzugehen. Ein Lerneffekt setzt bei dem Patienten, durch die in der Nacht erlebten Erfahrungen, am „Morgen danach“ ein. Da der Patient keine medizinische Entgiftung erfahren hat und auch eine Flüssigkeitssubstitution nur zur Vermeidung eines Schockes eingesetzt wurde, geht es dem Patienten auch entsprechend „schlecht“. Er muss sich mit allen Nebenwirkungen des Alkohols auseinandersetzen z.B. Kater, Erbrechen, Übelkeit, Schwindel, massiven Durst etc. Somit erkennt der Jugendliche die gefährliche Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Körper. Wünschenswert wäre natürlich, wenn entsprechend vorhandene Klinikpädagogen oder auch die Eltern den Patienten darauf aufmerksam machen. Neben beiden gerade erläuterten Ansätzen bleibt der eigentliche medizinische Ansatz der Entgiftung natürlich weiterhin bestehen und darf niemals aus den Augen verloren werden. Ein salutogentischer Ansatz kann ohnehin nur gestellt werden, wenn man davon ausgeht, dass der Patient den Abbau allein bewerkstelligen kann. Das setzt natürlich voraus, dass man sich ein Bild über seinen Nierenzustand und der konsumierten Alkoholmenge macht.


Wenn nun ein Patient mit entsprechender Diagnose ins Krankenhaus kommt, sollte sich an folgenden Behandlungsablauf gehalten werden:

  1. Abgrenzung der Patientengruppe
  2. Sicherung der Vital- und Nierenfunktion
  3. Unterstützung bei der Elimination
  4. Spätfolgenvermeidung
  5. Informationsgespräch

Auf diese fünf Punkte wird nun etwas genauer eingegangen. Sie stellen den Leitfaden der neuen Behandlungsform dar und müssen während der kompletten Anwendung sehr genau umgesetzt werden.

Abgrenzung der Patientengruppe

Um die neue Behandlungsform bei einem Patienten anwenden zu können, muss dieser bestimmte Voraussetzungen mitbringen. In einer Punkteliste habe ich Parameter zusammengestellt mit denen man eine Tauglichkeit des Patienten feststellen kann.

1 Punkt 0 Punkte Informationen GCS 15 unter 9 Bei 0 Punkten: herkömmliche Therapie, bzw. Arzt entscheidet Alter 12 – 25 über 25 Bei 0 Punkten: chronischer Abusus? Drogen-Screening (Schnelltest) Negativ Positiv Bei Mischintoxikationen, gesondertes vorgehen. Labor Blutalkoholkonzent. Hämoglobin Hämatokrit Harnstoff Kreatinin

Blutzucker 1 - 2,5 ‰ 12 - 16 35 - 50 % 10 - 50 mg/dl Männer: 0,6 - 1,1 mg/dl Frauen: 0,5 - 0,9 mg/dl über 60 mg/dl über 2,5 ‰ unter 10 über 50% Steigerung über 50% Steigerung über 50% Steigerung über 50% unter 60 mg/dl bei Unregelmäßigkeiten: Arzt konsultieren, zur Ursachenbekämpfung Schockindex über 1 unter 1 RR / Puls = SI Temperatur 34,0 – 38,0 °C über 38,0 °C unter 34,0 °C Bei 0 Punkten: maligne Hyperthermie ausschließen oder Gefahr der Hypothermie Tabelle 2: Checkliste Grundsätzlich kann man sagen, sobald bei einem Parameter null Punkte vergeben werden ist der Patient nicht tauglich. Ob man davon absehen oder die Ursache bekämpfen kann muss ein Arzt entscheiden. Zur Erläuterung der einzelnen Parameter und ihrer Auswirkungen:

Glasgow-Coma-Scale (GCS): Die GCS ist ein weltweit verbreiteter Index zur Beurteilung der Bewusstseinslage. Bei einem GCS unter 5 ist der Patient in der Regel intubationspflichtig. Um durch einen Sicherheitspuffer die Atemdepression ausschließen zu können, ist der Patient schon hier ab einem Wert unter 9 nicht tauglich und bedarf einer intensivmedizinischen Betreuung.

Alter: Wie schon öfter erwähnt, ist das Alter entscheidend für die Umsetzbarkeit der Behandlung. Bei einer Alkoholvergiftung ab dem 25. Lebensjahr, muss immer von einer Alkoholabhängigkeit ausgegangen werden. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Patient dann trotz der Abhängigkeit entsprechend behandelt werden kann. Falls eine Abhängigkeit trotz des Alters eindeutig ausgeschlossen werden kann, ist die Anwendbarkeit gegeben.

Drogen-Screening: Bei einer Mischintoxikation z.B. mit Cannabis, Heroin, Exstasy muss eine Anwendbarkeit im Einzelfall durch den Arzt entschieden werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes ist jedoch sehr gering. Für das Screening ist ein Schnelltest über Schweißprobe meiner Meinung nach ausreichend.

Labor: In der Laborkontrolle sollen vier entscheidende Faktoren überprüft werden. 1. die Blutalkoholkonzentration, 2. die Leistungsfähigkeit der Niere (Urea / Krea), 3. Der Wasserhaushalt (Hb, Hk) und 4. der Blutzuckerspiegel. Da es in der Regel etwas dauert bis die Laborwerte zur Verfügung stehen, ist der Patient in diesem Zeitraum als geeignet anzusehen. Falls sich nach Erhalt der Laborwerte gegenteiliges herausstellt, kann man immer noch weitere Maßnahmen einleiten. Zu beachten ist auch, dass bei Entgleisungen im BZ-, Hb- oder Hämatokrit-Wert eine Ursachenbekämpfung angestrebt werden sollte. Danach kann der Patient eventuell wieder für die Behandlung in Frage kommen.


Schockindex: Der Schockindex beschreibt das Verhältnis zwischen Blutdruck und Herzfrequenz. Ist er nicht im Normbereich, steht eine Schockbekämpfung bei dem Patienten an erster Stelle. Da die schockgeplagte Niere eine Elimination vermutlich nicht leisten kann, wird es bei pathologischem Schockindex auf eine medizinische Entgiftung herauslaufen.

Temperatur: Alkoholisierte Patienten werden in der Regel mit einer Hypothermie eingeliefert, da sie im Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum oft irgendwo herumliegen und auskühlen. Bei einer starken Hypothermie steht diese im Fokus der Behandlung. Durch diese können massive Herz-Kreislaufprobleme beim Patienten entstehen. Die Hyperthermie ist ein Symptom des Endstadiums einer Alkoholvergiftung. Sie ist Alarmzeichen für eine sofortige Entgiftung (eventuell Dialyse) und Intensivtherapie! Patienten in diesem Stadium mit maligner Hyperthermie sind extrem Lebensgefährdet.

Bei allen Parametern hat im Einzelfall der Arzt zu entscheiden ob eine Abweichung möglich ist. Die in der Liste aufgeführten Normwerte sind aus der Fachliteratur übernommen worden und bedürfen einer Anpassung für alkoholisierte Patienten. Eine solche Anpassung ist sicherlich nur durch eine medizinische Schwerpunktstudie möglich. Ergänzend zu meinem Grundgedanken eines solchen Bewertungssystems, ist eine Studie auch unbedingt erforderlich.

Sicherung der Vital- und Nierenfunktion

Sicherung der Vitalfunktionen ist der wichtigste Bestanteil der neuen Behandlungsform. Um die Sicherung zu gewährleisten sind ein permanentes Monitoring und eine adäquate Krankenbeobachtung fundamental. Neben der Überwachung der Vitalwerte (Atmung, Puls) muss auch die Nierenfunktion im Auge behalten werden. Bei den Vitalwerten gestaltet es sich relativ einfach eine Kontrolle zu gewährleisten. Über den Anschluss an einem Monitor lassen sich Atmung über Oxymetrie und der Puls über EKG oder ebenfalls Pulsoxymetrie, technisch überwachen. Bei der Kontrolle des Bewusstseins muss die Krankenbeobachtung der überwachenden Pflegekraft eingenutzt werden. Zu beachten ist natürlich auch, dass Patienten mit einer Alkoholvergiftung auch einfach nur schlafen. Um sicherzugehen das durch eine Bewusstseinseintrübung kein vitaler Schaden entsteht, sollte der Patient ohnehin schon in Seitenlage gebracht werden. Falls eine räumliche Trennung der Pflegekraft und des Patienten vorliegt, ist eine Videoüberwachung notwendig. Doch dazu mehr unter Abschnitt 7 „Umsetzung in die Praxis“. Die Überwachung der Nierenfunktion hingegen, lässt sich nur über Laborwerte kontrollieren. Natürlich kann man bei der Krankenbeobachtung auch Parameter einer Nierenüberlastung, wie das Erbrechen feststellen. Doch um technisch objektive Werte zu erhalten, sollte im Abstand von 2 Stunden eine erneute Laborkontrolle erfolgen. Falls die Werte den oben genanten Normbereich verlassen muss der behandelnde Arzt konsultiert werden. Diesem obliegt dann die Entscheidung für weitere Maßnahmen. Wünschenswert wäre natürlich auch das Vorhandensein einer Urinprobe, doch habe ich diese diagnostische Variante wegen der Unwahrscheinlichkeit der praktischen Gewinnung ausgelassen.

Unterstützung bei der Elimination

Da der menschliche Organismus bei einer Alkoholvergiftung den Abbau von Alkohol nicht alleine bewerkstelligen kann, müssen unsere pflegerische und die ärztliche Interaktion der Unterstützung dienen. Nach alten Behandlungssätzen und deren Verständnis hätte dies eine Entgiftung zur Folge. Nach dem hier vorgestellten neuen Ansatz erfolgt die Unterstützung nicht bei der eigentlichen Elimination. Stattdessen werden die Umgebungsfaktoren entsprechend zur Unterstützung umgestaltet. Die Pflegekraft hat zur Hauptaufgabe, eine würdige und gesundheitsfördernde Situation zu schaffen. Im Klartext bedeutet es: Muss der Patient erbrechen so hat die Pflegekraft unterstützend einzugreifen. Kommt es zu irgendeiner nicht vertretbaren Nebenwirkung muss die Pflegekraft diese sofort beheben oder einen Arzt konsultieren. Eine ethisch bedenkliche Situation sollte durch die Pflegekraft vermieden, oder falls eine auftritt, behoben werden. Auf Äußerungen wie Gesprächsbedarf, Angstgefühle oder Schuldbewusstsein hat die Pflegekraft entsprechend ihrer sozialen Kompetenz angemessen zu reagieren. Auch bei renitenten Patienten hat sie deeskalierend aufzutreten. Die Versorgung bei Grundbedürfnissen wie Durst oder Harndrang ist auch eine zu leistende Aufgabe. Wie man sieht ist die neue Behandlungsform mit einer ganzen Reihe von pflegerischen Maßnahmen verbunden. Dem Vorwurf der Arbeitseinsparung auf Kosten der Patienten sollte hiermit dann auch Einhalt geboten sein.

Spätfolgenvermeidung

Durch die im Vorfeld beschriebene Behandlung dürfen natürlich durch den Alkoholkonsum keine Spätfolgen entstehen. Bei dem einmaligen Konsum von Alkohol ist dieser Aspekt sicherlich nicht so relevant. Doch bei Jugendlichen die regelmäßig Alkohol konsumieren muss man überlegen, ob durch diese Therapieform eine Gefährdung durch Langzeit- und Spätfolgen entsteht. Ich denke, dass gerade bei letzterer Klientel eine Schädigung nur durch Vermeidung des regelmäßigen Konsums vermeidbar ist. In der Phase der akuten Alkoholvergiftung ist es dann eh egal ob die Niere noch zusätzlich durch die neue Behandlungsform geschädigt wird. Vermutlich wird der Patient durch seine Nierenwerte, sowieso nicht in geeignet sein. Sinnvoll für eine Überwachung der Häufigkeit einer Alkoholvergiftung wäre eine zentrale Datei. In dieser Datei könnten alle Jugendliche zwischen dem 12. – 25. Lebensjahr mit der Häufigkeit ihrer klinisch behandelten Alkoholvergiftungen gespeichert werden. Meinem Erachten nach wäre dies eine sichere Lösung, um einen chronischen Alkoholkonsum früh zu erkennen.

Informationsgespräch

Die Information der Jugendlichen ist ein wichtiger Bestanteil um den salutogenetischen und pädagogischen Ansatz zu vervollständigen. Durch entsprechend ausgebildete Suchtberater, Pädagogen oder Psychologen wird der Patient über die Nebenwirkungen und Folgen seines Konsums aufgeklärt. Falls der Jugendliche noch unter „Folgen“ seiner Alkoholvergiftung leidet, sollten auch diese angesprochen werden. Da dieser Bereich keine pflegerische Handlung im engeren Sinne ist, werde ich aus Platzgründen nicht näher drauf eingehen.



Umsetzung in die Praxis

Neben den Gedanken zu dem eigentlichen Therapiekonzept, möchte ich selbstverständlich auch die Umsetzbarkeit in die Praxis beschreiben. Grundsätzlich ist erstmal zu klären wo man die Behandlung von alkoholvergifteten Patienten ansiedeln kann. Ob eine Behandlung wie gehabt in Krankenhäusern notwendig ist, oder ob die Behandlung auch durch andere Institutionen übernommen werden kann. Ein Beispiel könnte sein die Patienten im Polizeivollzug mit ärztlicher und pflegerischer Betreuung „auszunüchtern“. Oder gerade bei Veranstaltungen wo mit einer hoher Anzahl von Jugendlichen zu rechnen ist, vor Ort räumliche Unterbringungsmöglichkeiten bereitzustellen. Um die Versorgungsmöglichkeit zu klären erstmal eine Aufstellung der Anforderungen an Personal, Räumlichkeiten und medizintechnischer Vorhaltung:

Personal: Grundsätzlich gehören alle Patienten mit einer Alkoholvergiftung ab dem Stadium 2 in ärztliche Behandlung. Dem Arzt obliegt auch die Entscheidung welche therapeutischen Maßnahmen durchgeführt werden. Die Beobachtung und Überwachung kann nur von einer umfassend in der Krankenbeobachtung ausgebildeten Person übernommen werden. Dies bedeutet für alle Formen der Unterbringung, dass eine staatlich geprüfte Pflegekraft die Aufgaben übernimmt. Ob bei bestimmten Gegebenheiten (Großveranstaltung etc.) auch anderes paramedizinisches Personal (Rettungsassistent, Rettungssanitäter) diese Aufgaben übernehmen kann möchte ich aber nicht grundsätzlich ausschließen.

Räumlichkeiten: Bei der Unterbringung von Alkoholvergifteten muss eine ständige Beobachtungsmöglichkeit vorhanden sein. Die Gefahr, dass der Patient in Rückenlage aspiriert, oder sich durch mangelnde Schutzreflexe verletzt ist sehr groß. Von einer Lagerung auf dem Flur sollte aber aus hygienischen, ethischen und medizinischen Gründen abgesehen werden. Am Besten wäre die Unterbringung in einem Raum mit Videoüberwachung. Im Stationszimmer könnte die Pflegekraft den Patienten kontinuierlich überwachen. Falls eine Ambulanz ein hochfrequentes Vorkommen entsprechender Klientel hat, sollte es einen extra Raum für die Unterbringung geben. In diesem Raum kann man alle Patienten mit Alkoholvergiftung aufnehmen und von einer permanent in dem Raum gegenwärtigen Pflegekraft überwachen. Die Einrichtung der Räumlichkeiten sollte leicht zu reinigen sein und wenige Verletzungsmöglichkeiten für den Patienten bieten. Eine Unterbringung auf niedrigem Betten/Liegen mit der Möglichkeit zur Seiten- und/oder Trendelenburg-Lagerung ist anzustreben.

Medizintechnik: Für jeden Behandlungsplatz sollte eine Monitorgerät zur Überwachung von Sp02, Herzfrequenz und Blutdruck vorhanden sein. Wie schon erwähnt sollte bei räumlicher Trennung der Aufenthaltsort des Patienten Videoüberwacht sein. Für die Blutuntersuchungen sind natürlich entsprechende Laborgeräte notwendig. Eine Vorhaltung in einem Zentrallabor ist aber absolut ausreichend. Für direkte Blutzuckermessung sollten ausreichend Messgeräte zur Verfügung stehen. Auch eine entsprechende Anzahl von Thermometern ist notwendig. Um einen Drogenschnelltest durchzuführen ist ebenfalls entsprechendes Gerät vorzuhalten. Auf pflegerische Hilfsmittel wie Decken, Nierenschalen, Lagerungshilfen usw. gehe ich jetzt nicht ein, da sie für meine Begriffe zu der Grundausstattung einer Notaufnahme gehören.

Zum Schluss nun noch mal die Frage wo die Behandlung von alkoholisierten Patienten anzusiedeln ist. Die einzige vernünftige Lösung ist und bleibt die Behandlung in einer Klinik. Bei Großveranstaltungen macht es jedoch Sinn, vor Ort eine Behandlungsmöglichkeit zu schaffen. Zu bedenken ist dabei, dass alle geforderte Medizintechnik, Personal und Räumlichkeiten auch dort vorhanden sein müssen.

Vor- und Nachteile

Zusammenfassend aus den vorigen Abschnitten, möchte ich alle Vor- und Nachteile nochmals übersichtlich aufführen.

Vorteile

Um direkt und ohne Umschweifungen auf den wesentlichen Vorteil zu kommen: Kostenersparnis und Entlastung der Notaufnahmen. Ich muss zugeben, dass meine kompletten Überlegungen dazu dienen um eine Kostenersparnis bei der Behandlung von alkoholvergifteten Jugendlichen und eine Entlastung der Notaufnahmen zu bewirken. Wenn man die Entwicklung unter Abschnitt 1 sieht, ist dies sicherlich auch ein notwendiger Schritt. Die Kostenersparnis hat in diesem Fall aber keine negativen Auswirkungen auf die Behandlungsqualität. Für mich ergeben sich durch den pädagogischen und salutogenetischen Ansatz sogar Vorteile für den Patienten. Voraussetzung dafür ist natürlich die Konsequenz bei der Umsetzung bis zum letzten Punkt. Mit Konsequenz meine ich zum Einen, dass die Pflegekräfte nach ethischen, pflegewissenschaftlichen und medizinischen Richtlinien handeln und die Ziele der Behandlung nicht aus den Augen verlieren. Zum Anderen muss die Reihenfolge, angefangen von der richtigen Feststellung der Tauglichkeit bis hin zum Informationsgespräch, konsequent eingehalten werden.

Nachteile

Der größte Nachteil ist sicherlich in den notwendigen räumlichen Voraussetzungen zu sehen. In Krankenhäusern müssten entsprechende Räume mit integrierter Videoüberwachung eingerichtet werden. Neben der Videoüberwachung und Schaffung der Räumlichkeiten, ist natürlich auch die Anschaffung der Monitorsysteme mit Kosten verbunden. Eine Kostenbelastung durch höheren Personalbedarf sehe ich nicht, da meiner Meinung nach die Umsetzung auch mit einer herkömmlichen Besetzung leisten lässt.


Fazit

Ob die neue Behandlungsform meine vermuteten Vorteile bringt, müssten detaillierte Studien und praktische Erprobungen zeigen. Ausführlich zu prüfen wären meiner Meinung nach noch folgende Aspekte:

  • Effizienz des Models
  • Medizinische Unbedenklichkeit
  • Medizinische Umsetzbarkeit
  • Pflegerische Umsetzbarkeit

Um diese Behandlungsform in die Praxis umzusetzen sollte man unbedingt in Zusammenarbeit mit Medizinern, Ethikern und Pflegewissenschaftlern eine Handlungsanweisung erarbeiten. In der Einführungsphase sollten dann Pflegekräfte in den Notaufnahmen, mit Unterstützung der eben genannten Fachleute die Umsetzbarkeit prüfen. Wie in der Einführung schon erwähnt, soll diese Arbeit eine Diskussion in den Fachkreisen provozieren. Meiner Meinung nach wird sich zu wenig mit dem häufig vertretenen Krankheitsbild der Alkoholvergiftung auseinandergesetzt. Die Gedanken meiner Hausarbeit sollen aber auch eine Teilstrecke auf dem Weg der Veränderung von Notaufnahmen und Ambulanzen dienen. Gerade die Arbeitsweise und das Flair in großen zentralen Notaufnahmen sind erschreckend. Der Vergleich mit einem Lazarett oder einem Bahnhofsvorhof kommt einen in den Sinn. Die veränderte Behandlung von Alkoholvergiftungen bei Jugendlichen könnte ein Bestandteil in dem Behandlungskonzept einer modernen Notaufnahme werden. Nämlich ein leistungsfähiges Zentrum mit effizienten Behandlungskonzepten und kein Lazarett. Eine so organisierte Abteilung lies sich dann auch betreiben, ohne den Personalmangel als Ausrede für schlechte Qualität vorzuschieben.

Quellenangabe

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  10. Menche, Nicole (2004): Pflege Heute, 3. Auflage, Urban & Fischer, Langen/Hessen
  11. Gorgaß, Bodo: Rettungsassistent und Rettungssanitäter, Springer 1997