Psychosozialer Notfall

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein psychosozial bedingter Notfall enthält das Risiko einer unmittelbaren gesundheitlichen Gefährdung, obwohl die Ursache nicht oder nicht ausschließlich im körperlichen Bereich liegt, sondern vor allem durch Mangel an sozialen Ressourcen bei psychischer Störung oder Erkrankung ausgelöst wird. Dazu zählen insbesondere (drohende oder vollzogene) häusliche Gewalt (Vernachlässigung, psychische und sexuelle Misshandlung), tätliche Auseinandersetzungen unter Obdachlosen, suchtbedingte Eskalationen, Panikstörungen, akute Belastungsstörungen mit Suizidgefährdung und auch Pflegenotfälle.

Vorgehen

Am Einsatzort wird im Sinne der Krisenintervention das Gespräch gesucht, nur in Ausnahmefällen ist der Einsatz von Medikamenten notwendig. Eventuell ist eine Weiterbehandlung in einer speziellen ambulanten Einrichtung angezeigt. Da Notfälle dieser Art aber oft zu Zeiten stattfinden, in denen diese Institutionen geschlossen sind (abends, nachts, am Wochenende), werden die Betroffenen in die örtliche Akutklinik eingewiesen, um sie zumindest aus der akut belastenden Situation zu lösen.

Droht die Situation zu eskalieren (Gefahr in Verzug), wird die Polizei hinzugezogen. Helfer sollen sich selbst nicht gefährden.

Psychosoziale Notfälle als Indikator für gesellschaftliche Veränderungen

Untersuchungen zufolge kommt es in Stadtteilen mit höherer Sozialstruktur zu deutlich weniger Notarzt- und Rettungsdiensteinsätzen als in Gebieten mit niedriger Sozialstruktur.[1] Als Ursachen für den Anstieg psychosozialer Notfälle werden neben einer Verankerung des Rettungswesens im öffentlichen Bewusstsein auch die zunehmende Verarmung der Bevölkerung, die Tendenz zur Vereinzelung und der Verlust der traditionellen Hausarztbindung genannt.[2]

Einzelnachweise

  1. T. Luiz et al.: Der Notarzt als Manager sozialer Krisen. In: Notfall + Rettungsmedizin, Ausgabe 5, 2002, S. 505-511
  2. J. Scholz et al.: Notfallmedizin. Thieme 2008, S. 289

Literatur

  • J. Scholz et al.: Notfallmedizin. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008 ISBN 978-3-13-112782-2