Rentengarantie

Aus Familienwortschatz
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Das Wort Rentengarantie kann verschiedenes bedeuten. Seit 2009 meint das Wort in Deutschland, dass bei der jährlichen Anpassung der individuellen Rentenhöhe der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) eine Verminderung ausgeschlossen sein soll. Das widerspricht eigentlich dem Prinzip der dynamischen Höhe des Rentenfaktors, mit dem der individuelle Faktor (im Leben geleistete Rentenbeiträge) an die durchschnittlichen Lohnentwicklung aller Beitragszahlenden angepasst werden soll.

Die Rente ist dynamisch heißt nämlich, dass sie zum 1. Juli jedes Jahres der durchschnittlichen Lohnentwicklung des Vorjahrs angepasst wird. Die Finanzierung der Rente aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wie sie im Prinzip seit Einführung der Rentenversicherung am Ende des 19. Jahrhunderts gilt, gerät in Schwierigkeiten, wenn die Einnahmenseite über Beiträge nicht ungefähr die gleiche Höhe erreicht wie die Ausgabenseite. Z. B. wenn es immer mehr Rentner und immer weniger Beitragszahler geben sollte. Auch eine lang anhaltende hohe Arbeitslosigkeit führt zusätzlich zu geringeren Beitragseinnahmen der Rentenversicherung.

Da es bei dieser Berechnungsgrundlage auch zu einer Senkung der Renten kommen könnte, wurde von der Regierung der Großen Koalition für das Jahr 2009 diese neue Rentengarantie eingeführt. Damit wurden kurzfristige Rentenkürzungen auch dann ausgeschlossen, wenn die Löhne im Vorjahr gesunken sind. Danach wird die erreichte Rentenhöhe solange auf gleicher Höhe gehalten, bis die eigentlich erforderliche Absenkung von späteren Rentenerhöhungen ausgeglichen sein wird. Dazu werden diese künftigen Rentenerhöhungen so lange nur teilweise ausbezahlt.

Rechnerisch setzt dieses Verfahren einer verzögerten Erhöhung der jeweilgen Rente voraus, dass die allgemeine Lohnentwicklung aller Beitragszahlenden generell nach oben führt und nur ausnahmsweise kurzfristig nach unten verläuft.

Kritik

Die damalige Opposition, die Grünen, kritisierte sofort die beiden großen Parteien scharf. Union und SPD hätten einseitig eine Generation bedient und hinterlassen der nächsten Generation die höchsten Schulden seit den 1960er Jahren. Die große Koalition habe mit dem Begriff der Generationengerechtigkeit objektiv nichts im Sinn. Die Garantie sei unverantwortlich.

Auch der damalige Finanzminister und SPD-Vize P. Steinbrück kritisierte die eigene Partei, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Auch ein anderer prominente SPD'ler, Ex-Innenminister Otto Schily, sagte „Bei steigender Lebenserwartung, früherem faktischem Renteneintrittsalter und sinkenden Rentenbeitragseinnahmen wegen des geringeren Anteils des Faktors Arbeit an der Wertschöpfung muss die Rente flexibel bleiben“. Der Vorsitzende des damaligen Sachverständigenrates der Bundesregierung, Wolfgang Franz, erklärte: „Diese Äußerungen hätte ich mir von Peer Steinbrück früher gewünscht. Ich halte die Rentengarantie für einen Sündenfall.“ Auch sein Vorgänger als Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, bezeichnete die Rentengarantie als „Fehler“. Widerspruch gegen solche Äußerungen kamen übrigens prompt sowohl von den Jusos als auch dem Arbeitnehmerflügel der Union (den Sozialausschüssen der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft).

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Köln (IW), Michael Hüther, meldete damals ebenfalls Zweifel an der Nachhaltigkeit der geplanten Regelung an: Die Entscheidung der Bundesregierung habe vor allem wahltaktische Gründe, sagte er voraus. Dauerhaft werde sich die Politik nicht auf diesen Weg begeben.

Debatte im Jahr 2010

Wegen einer umstrittenen Forderung nach einer Abschaffung der Rentengarantie bekommt Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, dessen politische Heimat die FDP ist, sowohl Unterstützung als auch massive Kritik zu hören. So unterstützte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in einem Interview den Vorstoß von Brüderle (FDP), die relativ neue Schutzklausel für Rentner schnell wieder abzuschaffen. CSU-Chef Horst Seehofer gab ihm dagegen Kontra und sagte: „Es ist zum Verzweifeln.“ Und Ex-Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD), unter dem die Rentengarantie eingeführt worden war, forderte die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, für ein Ende der Debatte in ihrer Koalition (CDU/CSU/FDP) zu sorgen.

Die Rendite der Rentenversicherung änderte sich 2010 für die verschiedenen Geburtenjahrgänge jedoch kaum. Die Rentner mit Garantie profitierten nur von einer um 0,006 bis 0,007 Prozentpunkte höheren Rendite. Die Jahrgänge ab 1950 und jünger erleiden dagegen geringe Renditeeinbußen von rund 0,002 Prozentpunkten. Deshalb ist der befürchtete Umverteilungseffekt von Jung zu Alt relativ gering. Trotzdem warnte der Autor einer Untersuchung der Auswirkungen, Martin Gasche, vor dem langfristigen Schadenspotential der Rentengarantie. Die Umverteilung zu Lasten der Jüngeren könne weit größer ausfallen, wenn es zu stärkeren Lohnsenkungen komme oder diese häufiger aufträten.

Eine vergleichbare Diskussionslage gibt es bei der Frage der Anhebung der Regelaltersgrenze, kurz oft "Rente mit 67". Dabei gibt es scheinbar zwei Alternativen: eine längere Berufstätigkeit bezogen auf die Lebensarbeitszeit oder bei einem Eintritt in die Rente mit dem Alter 65 eine spürbare, dauerhafte Kürzung der monatlichen Rentenzahlungen. Die erste Alternative ist zumindest für den Bevölkerungsteil, der aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter arbeiten kann eine defacto-Kürzung der Rentenhöhe.

Andere Bedeutungen

  • Eine andere Form der Rentengarantie findet in der privaten Rentenversicherung Anwendung. Sie besagt, dass die Zahlung der vertraglich vereinbarten Rente zumindest für eine bestimmte Zeit garantiert wird. Auch dann, wenn der Versicherungsnehmer während dieser Zeit stirbt. In solch einem Fall wird die Rente an den Hinterbliebenen weitergezahlt. Damit soll dort ein totaler Verfall der eingezahlten Beiträge ausgeschlossen werden.
  • Norbert Blüm (*21. Juli 1935, 1982 – 1998 Arbeitsminster) Diskutiert man heute über die Rente, geht es wohl nicht ohne den Ausspruch des ehemaligen Arbeitsministers. 1986 ließ Blüm plakatieren: „Denn eins ist sicher: die Rente“. Er meinte damit die staatliche Garantie für die Auszahlung der Renten unabhängig von akuten Defiziten der GRV bei den Einnahmen.

Siehe auch:

Weblinks