Lymphödem

Aus Familienwortschatz
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Das Lymhödem ist ein chronisches Ödem und kann infolge einer Beeinträchtigung des Lymphabflusses entstehen (Pschyrembel, 2002: 999).

Krankheitsentstehung

Es gibt zwei Formen:

  1. Das primäre Lymphödem, was durch eine Dysplasie (Fehlbildung bzw. Fehlentwicklung) der Lymphgefäße und/oder Lymphknoten entstehen kann. Es ist demnach angeboren.
  2. Das sekundäre Lymphödem. Es entsteht aus einer nachhaltigen Schädigung des ursprünglich völlig intakten Lymphgefäßsystems, so dass die Transportfähigkeit des Lymphgefäßsystems vermindert ist (Bringezu, 2006: 121).

Mögliche Ursachen für die nachhaltige Schädigung des Lymphgefäßsystems können sein:

Symptome

Lymphödeme können schwerwiegende körperliche und psychische Beeinträchtigungen mit sich bringen und somit die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Zu den körperlichen Beeinträchtigungen können Schmerzen, ein Schweregefühl in der betroffenen Region, eine eingeschränkte Motorik durch die Schwellung, Taubheit, Schwäche und Steifheit zählen. Psychische Beeinträchtigungen umfassen Angstzustände, Depressionen und Sorgen um die Selbstständigkeit (McCallin, 2005: 101).

Schweregrade

Lymphödeme werden in drei Schweregrade eingeteilt:

  • Schweregrad I: Das Ödem ist reversibel. Die Schwellung bildet sich durch Hochlagerung zurück. Das Ödem ist weich und es bleiben Dellen zurück, wenn auf das Ödem Druck, z.B. mit dem Finger, ausgeübt wird.
  • Schweregrad II: Das Ödem ist irreversibel und das Gewebe bildet sich bindegewebsartig (Fibrose) um.
  • Schweregrad III: Das Ödem ist irreversibel. Es entsteht eine drastische Volumenvergrößerung mit zunehmender Entstellung der betroffenen Region. Zusätzliche verhärtet sich das bindegewebsartige Gewebe (Fibrosklerose) und die Haut verändert sich sekundär, z.B. im Sinne einer verdickten Hornschicht (Hyperkeratose) (Deutsche Gesellschaft für Lymphologie, 2003).

Pflege

  • Einengende oder abschnürende Kleidung vermeiden
  • Ringe, Armbanduhren, Armbänder bei Armödemen vermeiden
  • Körperhaltung wie etwa übereinander geschlagene Beine oder langes Sitzen bei einem Beinödem vermeiden
  • Hitze führt zu einer Ödemverstärkung
  • Hochlagerung der betroffenen Extremität
  • Verletzungen sind zu vermeiden
  • Keine Injektion und Blutdruckmessung an den betroffenen Extremitäten

Therapie des malignen Lymphödems

Die Behandlung eines malignen Lymphödems erfordert eine komplexe physikalische Entstauungstherapie, die aus spezieller Hautpflege, manueller Lymphdrainage und Bewegungstherapie besteht. Bei Versagen dieser Methoden kann in der Palliativmedizin eine subcutane Drainage des Ödems erfolgen[1].

Nichtpharmakologische Behandlung des Sekundären Lymphsystems der oberen Extremität nach einer Brustkrebsbehandlung

Hintergrund

Brustkrebs hat eine große Bedeutung für die Gesundheit von Frauen, denn Brustkrebs ist die häufigste bösartige Neubildung bei Frauen in Deutschland. Das heißt, dass laut Erhebungen des statistischen Bundesamtes jede 11. Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs erkrankt. Entscheidende Faktoren für dessen Prognose sind:

  1. Die Größe des Primärtumors (T)
  2. Die Ausbreitung des Tumorgewebes in den Lymphknoten der Brust und/oder in der Achselhöhle (N)
  3. Das Vorliegen von Fernmetastasen (M)

Diese drei Faktoren gehören zur TNM-Klassifikation. Danach werden alle Krebsformen bezüglich ihrer Prognose eingeschätzt. Die Begutachtung der Lymphknoten spielt somit eine entscheidende Rolle für die Behandlung. In 70-80% der Fälle kann eine Brusterhaltende Therapie erfolgen. Im Rahmen dieser Operation entfernt der Chirurg die axillaren Lymphknoten, um den Brustkrebs nach der oben genannten Klassifikation einstufen zu können und um das Rezidivrisiko zu vermindern (Robert Koch Institut, 2005). Allerdings stört dies den Lymphabfluss, so dass viele Frauen infolge dieser Behandlung ein sekundäres Lymphödem entwickeln. Die Angaben zur Prävalenz variieren in der wissenschaftlichen Literatur in Abhängigkeit von den Prädispositionsfaktoren sehr stark. Das Risiko ein sekundäres Lymphödem zu bekommen, ist am höchsten, wenn im Zuge der Brustkrebsbehandlung eine axillare Strahlentherapie und eine axillare Lymphknotenentfernung durchgeführt wurden. Schätzungen deuten darauf hin, dass in einem solchen Fall 12% bis 60% der Betroffenen unter einem sekundären Lymphödem leiden. Außerdem wird geschätzt, dass weltweit ca. 400 000 der 2 Millionen (= 20%) lebenden Brustkrebspatienten täglich mit einem sekundären Lymphödem der oberen Extremität zurechtkommen müssen (Howell, 2007: 1) . Aufgrund der großen Prävalenz und der stark beeinträchtigenden Symptome eines sekundären Lymphödems nach einer Brustkrebsbehandlung, nimmt die Behandlung eines solchen Ödems einen großen Stellenwert ein.

Behandlungsmethoden

Bei der Behandlung des Lymphödems werden heute mehrere verschiedene Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen:

  • chirurgischer Eingriff
  • medikamentöse Therapie
  • gezielte Ernährung
  • psychotherapeutische Betreuung
  • physikalische Therapie (Bringezu, 2006: 99)

Im Folgenden soll die physikalische Therapie näher betrachtet werden, da in diesem Bereich das Pflegepersonal und der Patient selbst die Behandlung stark beeinflussen. Die physikalische Therapie besteht aus mehreren möglichen Komponenten. Die Gesamtheit dieser Komponente wird als komplexe physikalische Therapie bezeichnet und beinhaltet:

Problem

Die Behandlung eines Lymphödems erfordert sowohl vom Pflegepersonal, als auch vom Patienten selbst viel Einsatz. Für die regelmäßige Durchführung der physikalischen Therapie benötigen die Patienten viel Disziplin und Zeit. Außerdem wird für die manuelle Lymphdrainage stets eine qualifizierte Fachkraft benötigt. Demnach ist es sehr wichtig, genau abzuschätzen, welche Behandlungsmethoden angewendet werden sollen. Es sollen nur Behandlungsmethoden eingesetzt werden, die das Lymphödem stabilisieren oder sogar lindern, denn alle anderen wären demnach nutzlos und außerdem Zeitverschwendung für den Patienten und das Personal. Des Weiteren bedeuten nutzlos eingesetzte Therapien enorme Kosten für das Gesundheitssystem.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Behandlung des sekundären Lymphödems

Eine große Anzahl wissenschaftlicher Studien stellen Erkenntnisse zur Wirksamkeit verschiedener Behandlungsmethoden des Lymphödems zur Verfügung. Diese wissenschaftlichen Studien werden in systematischen Übersichtsarbeiten zusammengefasst, kritisch bewertet und analysiert. Unter anderen befassten sich auch zwei aktuelle Übersichtsarbeiten mit den physikalischen Behandlungsmöglichkeiten (Badger, 2007; Erickson, 2001).

Die aktuellste Übersichtsarbeit (Badger, 2007) untersuchte die drei folgenden Komponenten der komplexen physikalischen Therapie auf ihre Wirksamkeit:

  1. manuelle Lymphdrainage
  2. Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen
  3. Kompressionstherapie mit mehrlagigen Bandagen

Alle drei Behandlungsmethoden konnten eine Volumenreduktion des Lymphödems erreichen. Durch die manuellen Lymphdrainage und die Kompressionstherapie mit mehrlagigen Bandagen konnte das Volumen zwischen 33,5% und 48% reduziert werden. Durch die Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen wurde das Volumen des Lymphödems auch reduziert, aber es wurden keine Aussagen darüber getroffen, inwieweit dies geschah. In der Übersichtsarbeit wird außerdem geschrieben, dass die Ergebnisse bezüglich der manuellen Lymphdrainage nicht signifikant sind (Badger, 2007: 6). Das bedeutet, dass nicht eindeutig bewiesen werden konnte, ob sich das Volumen des Lymphödems infolge der Behandlung verringerte oder ob dies zufällig und somit unabhängig von der Behandlung geschah. Zu den Ergebnissen durch die Kompressionsstrümpfe und den mehrlagigen Bandagen wurde bezüglich der Signifikanz keine Aussage getroffen.

Die andere Übersichtsarbeit (Erickson, 2001) betrachtete mehrere Behandlungsmethoden. Darunter befindet sich eine Analyse zur Wirksamkeit der komplexen physikalischen Therapie. Die Studien, die in dieser Übersichtsarbeit zusammengefasst wurden, zeigen alle eine Volumenreduktion des Lymphödems. Die Ausprägung der signifikanten Volumenreduktion schwankt in Abhängigkeit von der Compliance (verlinken), von der Beobachtungsdauer und von der Ausprägung des Lymphödems zwischen 10% und 79%. In 3 der 7, in die Übersichtsarbeit eingeschlossenen Studien, die die komplexe physikalische Therapie untersuchten, wird über die Signifikanz der Ergebnisse nicht berichtet (Erickson, 2001: 104-106).

Demnach ist klar, dass eine Volumenreduktion des Lymphödems durch die komplxe physikalische Therapie erreicht werden kann. Inwieweit dies gelingt, hängt allerdings stark von den oben genannten Faktoren ab. Außerdem weisen die eingeschlossenen Studien mehr oder weniger Mängel in der methodischen Vorgehensweise (z.B. kleine Stichproben, kurze Beobachtungszeiten, unzureichende Angaben über wichtige Informationen) der Untersuchung auf, so dass die Ergebnisse kritisch betrachtet werden müssen. Um eine eindeutige Aussage über die Volumenreduktion des Lymphödems mittels komplexer physkalischer Therapie treffen, sind zukünftig qualitativ hochwertige experimentelle Untersuchungen (randomisiert kontrollierte Studien) ohne methodische Mängel anstrebenswert.

Literatur

1. Badger, C.et al: Physical therapies for reducing and controlling lymphoedema of the limbs. [Systematic Review] Cochrane Breast Cancer Group Cochrane Database of Systematic Reviews. 4, 2007.

2. Bringezu, Günther; Schreiner, Otto: Lehrbuch der Entstauungstherapie, Grundlagen, Beschreibung und Bewertung, Behandlungskonzepte für die Praxis. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2010, http://www.lehrbuch-der-entstauungstherapie.de

3. Deutsche Gesellschaft für Lymphologie: Handlungsempfehlungen Lymphödem, Diagnose und Therapie. 2003 URL http://www.dglymph.de/, Zugriff: 20.01.08

4. Erickson VS et al: Arm Edema in Breast Cancer Patients. Journal of the National Cancer Institute, 2001 Jan 17; 93 (2): 96-111 (journal article - review, tables/charts) PMID: 11208879 CINAHL AN: 2001041498

5. Howell, D. et al: Complete decongestive therapy for lymphedema following breast cancer treatment (Protocol). Cochrane Breast Cancer Group Cochrane Database of Systematic Reviews. 4, 2007

6. McCallin, M. et al: How effective are physiotherapy techniques to treat established secondary lymphoedema following surgery for cancer? A critical analysis of the literature. New Zealand Journal of Physiotherapy, 2005 Nov; 33 (3): 101-112

7. Pschyrembel, Willibald: Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 259. Auflage. Berlin/New York: Walter de Gruyter GmbH &Co.KG, 2002

8. Robert Koch Institut; Statistisches Bundesamt: Gesundheitsberichterstattung Themenheft 25.Mai 2005 URL http://www.gbe-bund.de/, Zugriff: 23.11.07, 13 Uhr

Einzelnachweise

  1. [1] Originalarbeit in der Fachzeitschrift für Palliativmedizin über die subcutane Drainage beim malignen Lymphödem