Rechtsmittel

Aus Familienwortschatz
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Rechtsschutz gegen Gerichtsentscheidungen des Betreuungsgerichtes

Neues Beschwerderecht ab 1.9.2009

Allgemeines

Zum 1.9.2009 ändern sich die Rechtsmittel gegen Beschlüsse des neuen Betreuungsgerichtes im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren durch das neue FamFG. Dies betrifft sowohl Fristen- wie Formvorschriften und die Personen, die ein Beschwerderecht haben.

Die Rechtsmittel für Gerichtsbeschlüsse des Betreuungsgerichtes ab 1.9.2009 heißen weiter Beschwerde, §§ 59 ff. FamFG (und insbes. wenn gegen einen Beschluss eines Rechtspflegers in Vergütungssachen vorgegangen wird, Erinnerung (§ 11 Rechtspflegergesetz).

Die bisherige weitere Beschwerde an das Oberlandesgericht wird durch die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof ersetzt (§§ 70 ff. FamFG).

Gerichtsbeschlüsse müssen ab 1.9.2009 zwingend eine Rechtsmittelbelehrung enthalten (§ 39 FamFG).

Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Bis zur Entscheidung über die Beschwerde ist der Betreuer mit allen Rechten im Amt (sofern es bei der Beschwerde um die Betreuerbestellung geht). Es gibt allerdings die Möglichkeit, dass das Landgericht im Wege einer einstweiligen Anordnung die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses aussetzt, § 64 Abs. 3 FamFG.

Neue Rechtsmittelfristen

Während Rechtsmittel bisher meist ohne bestimmte Frist eingelegt werden konnten (sog. "einfache" Beschwerde), sind ab 1.9.2009 alle Rechtsmittel befristet. Es gilt eine Frist von einem Monat ab schriftlicher Bekanntgabe (§ 63 FamFG). Gegen einstweilige Anordnungen und gerichtliche Genehmigungen gilt eine 2-Wochenfrist.

Soweit der Bezirksrevisor beschwerdeberechtigt ist, hat er eine 3-Monatsfrist (§ 304 FamFG).

Rechtsprechung:

OLG Naumburg, Beschl. vom 10.08.2010 - 8 UF 121/10:

Im Falle anwaltlicher Vertretung besteht kein Anspruch Wiedereinsetzung wegen fehlender Rechtsmittelbelehrung: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist kann im Falle anwaltlicher Vertretung nicht darauf gestützt werden, dass der angefochtene Beschluss keine Rechtsmittelbelehrung enthält. Von einem anwaltlichen Interessenvertreter, dessen Verschulden dem Verschulden des vertretenen Beteiligten gleich steht, ist zu erwarten, dass er unabhängig von einer Belehrung durch das Gericht zumindest den Gesetzestext für fristgebundene Rechtsmittel in Familiensachen (nach neuem Recht) kennt.

Neue Beschwerdewerte

Geht es um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, z.B. Betreuervergütung, kann das Rechtsmittel nur eingelegt werden, wenn das Gericht dieses ausdrücklich zugelassen hat oder der Beschwerdewert 600,00 Euro übersteigt, § 61 FamFG (früher lag der Beschwerdewert bei 150,00 Euro).

Neue Formvorschriften

Die Beschwerde (oder Erinnerung) muss beim Amtsgericht eingelegt werden (nicht mehr beim Landgericht, was früher alternativ möglich war). Dieses kann schriftlich oder durch persönliche Vorsprache beim Gericht ("zur Niederschrift") erfolgen (§ 64 FamFG). Jemand, der freiheitsentziehend untergebracht ist, kann die Beschwerde auch beim gericht des Unterbringungsortes einlegen (§§ 305, 336 FamFG).

Die Rechtsbeschwerde muss schriftlich beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Anwaltliche Vertretung beim BGH ist zwingend erforderlich, § 10 Abs. 4 FamFG (außer bei Behörden, diese können sich durch einen Volljuristen der Behörde vertreten lassen). Alle anderen benötigen einen beim BGH zugelassenen Anwalt Adressliste siehe hier.

Wer ist beschwerdeberechtigt

Die Beschwerdeberechtigung hat grundsätzlich

  • der Betreute (§ 59 FamFG)

Der Betreuer (und neu der Bevollmächtigte, der eine Vorsorgevollmacht hat) können im eigenen Namen, aber auch im Namen der vertretenen Person Beschwerde einlegen (§ 303 Abs. 4 FamFG)

Die Beschwerderechte der Betreuungsbehörde richten sich im Betreuungsverfahren nach § 303 Abs. 1 FamFG und im Unterbringungsverfahren nach § 335 Abs. 4 FamFG. Anders als im alten Recht kann die Behörde auch gegen Beschlüsse, die auf Antrag des Betreuten ergangen sind, Beschwerde einlegen.

Der Bezirksrevisor ist beschwerdeberechtigt, wenn die Interessen der Staatskasse tangiert sind (also idR bei Entscheidungen zur Betreuervergütung oder zum Aufwendungsersatz, der wegen Mittellosigkeit (§ 1836d BGB) aus der Staatskasse gezahlt werden soll sowie beim Regress der Staatskasse (§ 1836e BGB) oder wenn ein Berufsbetreuer durch einen ehrenamtlichen Betreuer ersetzt werden soll (§ 1908b Abs. 1 BGB)

Beschwerdeberechtigt im Sinne des Betroffenen sind folgende Personen, allerdings nur, wenn sie im Verfahren als Beteiligte (§ 274 Abs. 4 FamFG bzw. § 315 Abs. 4 FamFG) hinzu gezogen wurden:

  • Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner (wenn nicht dauernd getrennt lebend, vgl. § 1567 BGB)
  • Eltern, Großeltern, Pflegeeltern des Betroffenen
  • Abkömmlinge (Kinder und Kindeskinder) des Betroffenen
  • Geschwister des Betroffenen
  • eine vom Betroffenen benannte Vertrauensperson
  • bei Unterbringungen auch der Leiter der Einrichtung

Wer beschwerdeberechtigt ist, muss der Gerichtsbeschluss bekannt gegeben werden (§ 41 FamFG).

Rechtsprechung:

LG Saarbrücken, Beschluss vom 22.02.2010, 5 T 87/10:

  1. § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG ist dahingehend verfassungsgemäß auszulegen, dass die Beschwerde eines nahen Angehörigen eines Betroffenen, der ohne sein Verschulden von dem Amtsgericht nicht an dem Verfahren beteiligt worden ist, gleichzeitig einen Antrag auf Beteiligung an dem Betreuungsverfahren beinhaltet.
  2. Über diesen von einem Beschwerdeführer inzidenter gestellten Antrag auf Beteiligung an dem Verfahren (vergleiche dazu §§ 7, 279 FamFG) hat das erstinstanzliche Gericht im Rahmen eines Zwischenverfahrens gemäß § 7 Abs. 5 FamFG durch Beschluss zu entscheiden.

LG Landau, Beschluss vom 15.06.2010, 3 T 42/10:

Keine Beschwerdebefugnis von Angehörigen, die am erstinstanzlichen Verfahren über die Errichtung einer Betreuung nicht beteiligt waren:

Eine generelle Erweiterung der Beschwerdebefugnis auf nahe Angehörige in Verfahren über die Errichtung einer Betreuung sieht das FamFG abweichend von der früheren Rechtslage nicht vor. Vielmehr ist die Beschwerde eines nicht in eigenen Rechten betroffenen Abkömmlings des Betroffenen nur dann statthaft, wenn er bereits im ersten Rechtszug durch das Betreuungsgericht förmlich beteiligt worden ist. Das Erfordernis der Beteiligung bereits in der ersten Instanz verlangt von Angehörigen eines Betroffenen, sich bereits beim Betreuungsgericht durch einen ausdrücklich gestellten Antrag auf Beteiligung um eine entsprechende Verfahrensstellung zu bemühen. Ein solches Begehren erst nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung soll nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes ausgeschlossen werden.

Anhörungspflichten

BGH, Beschluss vom 11.08.2010, XII ZB 171/10:

Nach § 278 Abs. 1 Satz 2 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes persönlich anzuhören, Diese Regelung gilt gem. § 295 FamFG auch für die Verlängerung der Betreuerbestellung entsprechend. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung besteht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Aufgrund des Umstandes, dass der Betroffene auf eine Anhörung durch den Amtsrichter verzichtet hat, wird eine Anhörung durch das Beschwerdegericht nicht entbehrlich (Leitsatz der Red.)

Rechtsbeschwerde ab 1.9.2009

Die Rechtsbeschwerde an den BGH ist nur mit Zulassung durch das Landgericht möglich.

Die Rechtsbeschwerde ist ohne Zulassung statthaft in

  1. Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehaltes,
  2. Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
  3. Freiheitsentziehungssachen.

In den Fällen der Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet.

Gegen einstweilige Anordnungen kann keine Rechtsbeschwerde eingelegt werden.

Für Rechtsbeschwerden ist eine anwaltliche Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Anwalt nötig (§ 10 Abs. 4 FamFG): [Anwaltsverzeichnis].


Rechtsprechung:

BGH, Beschlüsse vom 28.07.2010, XII ZB 317/10 und vom 11.08.2010, XII ZB 48/10:

Rechtsbeschwerden oder andere Rechtsbehelfe zum BGH können in Betreuungs- und Unterbringungssachen von einem Beteiligten nur durch einen bei BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (§ 10 Abs. 4 FamFG). Dies gilt seit Inkrafttreten des FamFG ohne Ausnahme.

BGH, Beschluss vom 15.09.2010 - XII ZB 166/10:

  1. Im Verfahren über die Verlängerung einer bestehenden Betreuung nach § 295 FamFG ist gegen die Beschwerdeentscheidung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Dies gilt auch, wenn sich der Betroffene nicht gegen die Verlängerung der Betreuung, sondern nur gegen die Auswahl des Betreuers wendet.
  2. Ist im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verlängerung einer bereits bestehenden Betreuung über einen Betreuerwechsel zu befinden, richtet sich die Auswahl der Person des Betreuers nicht nach § 1908 b Abs. 3 BGB, sondern nach der für die Neubestellung eines Betreuers maßgeblichen Vorschrift des § 1897 BGB.
  3. Eine von dem volljährigen Betreuten als Betreuer vorgeschlagene Person kann deshalb nur dann abgelehnt werden, wenn deren Bestellung dem Wohl des Volljährigen zuwiderlaufen würde, § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB.

BGH, Beschluss vom 05.01.2011 - XII ZB 152/10:

Der Beschluss, mit dem ein Antrag auf Verfahrensbeteiligung nach § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG abgelehnt wird, kann gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO nur dann mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden, wenn das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.


Rechtsnormen zur Beschwerde ab 1.9.2009

  • § 39 FamFG Rechtsmittelbelehrung
  • §§ 58 FamFG Beschwerde
  • §§ 59, 303, 335 FamFG Beschwerdeberechtigte
  • § 61 FamFG Beschwerdewert
  • § 63 FamFG Beschwerdefrist
  • § 64 FamFG Einlegen der Beschwerde
  • § 65 FamFG Beschwerdebegründung
  • § 66 FamFG Anschlussbeschwerde
  • § 70 FamFG Rechtsbeschwerde (an den Bundesgerichtshof)
  • § 71 FamFG Einlegen der Rechtsbeschwerde
  • § 10 FamFG Anwaltszwang beim Bundesgerichtshof
  • § 304 FamFG Rechtsmittel der Staatskasse (Bezirksrevisor)
  • §§ 305, 336 FamFG Beschwerde eines Untergebrachten

Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich noch auf das alte Recht.

Rechtsmittel gegen Beschlüsse nach altem Recht

Aufgrund der Übergangsbestimmungen können auch noch längere Zeit nach dem 1.9.2009 Beschlüsse nach altem Verfahrensrecht getroffen werden. Erkennbar ist das daran, dass in dem Beschluss noch FGG-Paragraphen erwähnt werden. In solchen Fällen gilt das frühere Beschwerderecht weiter. Die Ausführungen finden Sie nachstehend.

Beschwerdeberechtigung

Rechtsprechung:

OLG Jena, Beschluss vom 28.04.2003, 6 W 136/03 :

Zur Anfechtung einer die Entlassung des Betreuers betreffenden Verfügung sind nach § 20 FGG beschwerdebefugt außer dem Betroffenen selbst die (bisherige) Betreuerin und die zuständige Betreuungsbehörde. Dritten, darunter auch nahen Verwandten und – wie hier – dem Ehegatten, steht aus dieser Vorschrift kein Beschwerderecht zu (vgl. Senat, Beschluss vom 17.12.2002, 6 W 517/02).

Rechtsmittel durch den Betreuten

Gegen alle Entscheidungen des Vormundschaftsgerichtes kann die betreute Person Rechtsmittel einlegen. Hierbei handelt es sich um die (unbefristete) einfache Beschwerde, sofern nicht gemäß § 69g Abs. 4 BGB die (befristete) sofortige Beschwerde stattfindet. Die Beschwerde kann schriftlich oder persönlich (durch Niederschrift) beim Gericht eingelegt werden. Einzulegen ist die Beschwerde bei der Geschäftsstelle entweder des Gerichtes, dessen Entscheidung angefochten wird oder des Beschwerdegerichtes, dies ist das Landgericht (§ 19 Abs. 2 und § 21 FGG ). Auch der Verfahrenspfleger hat ein Beschwerderecht.

Rechtsprechung:

BayObLG, Beschluss vom 10.11.2004, 3Z BR 212/04, FamRZ 2005, 834:

Dem Betroffenen steht gegen die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, mit dem ein Antrag des Betreuers auf Genehmigung der geschlossenen Unterbringung abgelehnt worden ist, kein Beschwerderecht zu.

OLG Rostock, Beschluss vom 15.08.2006, 3 W 54/06, FamRZ 2007, 302 (Ls.):

Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Betreuungsanordnung ist auch dann noch möglich, wenn die Befristung der vorläufigen Betreuung bereits abgelaufen ist. Es handelt sich hierbei um eine tiefgreifend in die Grundrechte eingreifende Entscheidung des Gerichts, da diese den Betroffenen in seinen freien Entscheidungen und damit in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG einschränkt. Ein effektiver Rechtsschutz gebietet es dann, dem Betroffenen ein Rechtsschutzinteresse dahin zuzubilligen, den Grundrechtseingriff auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.

OLG München, Beschluss vom 20.12.2006, 33 Wx 248/06, BtMan 2007, 106 (LS) = BtPrax 2007,81 = MDR 2007, 482 = OLGR 2007, 166 = FamRZ 2007, 743 = NJW-RR 2007, 1087:

Der Betroffene ist gegen die Aufhebung der Betreuung beschwerdebefugt, wenn er die Aufrechterhaltung der Betreuung anstrebt (Abgrenzung zu BayObLG MDR 2001, 94).

OLG München, Beschluss vom 28.07.2008, 33 Wx 164/08, FamRZ 2008, 2216 = FGPrax 2008, 209:

Hat das Landgericht eine Betreuungsmaßnahme als ungerechtfertigt aufgehoben und die Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen durch die Staatskasse angeordnet, ist eine weitere Beschwerde mit dem Ziel der ausdrücklichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Betreuungsmaßnahme nicht zulässig. In diesem Fall besteht weder ein allgemeines Bedürfnis für eine Fortsetzungsfeststellung noch ein konkretes Rechtsschutzinteresse des Betroffenen.

OLG Köln, Beschluss vom 22.08.2008; 16 Wx 149/08, FamRZ 2009, 724 = FGPrax 2009, 69:

Keine Beschwerde gegen Betreuungsanordnung nach Erledigung der Betreuung durch Aufhebung

Wurde eine Betreuung nach Einlegen der Beschwerde wegen fehlender Erforderlichkeit aufgehoben, so ist eine Beschwerde gegen die Anordnung der Betreuung unzulässig, da die Sache erledigt ist. Dies gilt auch für den Fall, dass sich das Gericht bei der Aufhebung der Betreuung nicht mit der in der Beschwerde vorgebrachten Rechtswidrigkeit der Betreuung auseinandergesetzt hat. Es gibt keinen Anspruch, dass das Gericht, das im Ergebnis im Sinne des Rechtsmittelführers entschieden hat, sich zugleich zu sämtlichen rechtlichen Fragen äußert.

Rechtsprechung zur Akteneinsicht:

OLG München, Beschluss vom 20.07.2006, 33 Wx 151/06, FamRZ 2006, 1621:

  1. Dem Betroffenen bzw. einem nichtanwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs grundsätzlich Einsicht in die Betreuungsakten auf der Geschäftsstelle und die Fertigung von Kopien zu gestatten. Die Nichterhebung von Auslagen für Ablichtungen wird dabei insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Einsichtsberechtigte geltend macht, dass er aus sachlichen Gründen benötigte Schriftstücke noch nicht erhalten habe oder aus nachvollziehbaren Gründen über diese nicht (mehr) verfüge.
  2. Der schriftlichen Anforderung von zu kopierenden Aktenbestandteilen muss nur entsprochen werden, wenn geltend gemacht werden kann, dass ein Aufsuchen der Geschäftsstelle zum Zweck des eigenhändigen Kopierens unzumutbar ist oder die angeforderten Schriftstücke zuvor unter Verstoß gegen das rechtliche Gehör nicht von Amts wegen übermittelt wurden

Durch den Betreuer

Der Betreuer hat nach § 69g Abs. 1 FGG die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Vormundschaftsgerichtes einzulegen. Hierbei handelt es sich um die (unbefristete) einfache Beschwerde, sofern nicht gemäß § 69g Abs. 4 BGB die (befristete) sofortige Beschwerde stattfindet. Gegen Entscheidungen des Rechtspflegers beim Vormundschaftsgericht ist die Erinnerung als Rechtsmittel zulässig (§ 11 RPflG); der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen; hilft er nicht ab, legt er die Erinnerung dem Richter vor. Der Vormundschaftsrichter entscheidet über die Erinnerung; hält er die Erinnerung aber für unzulässig oder zwar für zulässig, aber unbegründet, legt er sie dem übergeordneten Landgericht vor. Die Erinnerung gilt nun als Beschwerde.

Beschwerde im eigenen Namen

Erinnerungsberechtigt bzw. beschwerdeberechtigt ist nach § 20 Abs. 1 FGG nur der, dessen Recht durch die gerichtliche Entscheidung beeinträchtigt ist. Ein solches eigenes Recht des Betreuers ist nicht bei allen Betreuungsentscheidungen beeinträchtigt. Beispielsweise hat der Betreuer kein Beschwerderecht im eigenen Namen gegen die Aufhebung der Betreuung, weil er kein eigenes Recht auf Fortbestand der Betreuung hat (BayObLG FamRZ 1994, 1189).

Rechtsprechung:

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 27.09.2005, 1 W 169/05, BtPrax 2006, 39:

Lehnt das Vormundschaftsgericht die Erforderlichkeit einer weiteren Betreuung wegen einer von dem Betroffenen früher erteilten Generalvollmacht ab und entlässt den bereits bestellten Betreuer gegen dessen Willen, so kann dieser im eigenen Namen sofortige Beschwerde einlegen, wenn zugleich ein Kontrollbetreuer bestellt wird. In einem solchen Fall wird die Betreuung als solche nicht aufgehoben, sondern lediglich der Aufgabenkreis und die Person des Betreuers neu bestimmt.

Beschwerde im Namen des Betreuten

Der Betreuer kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betreuten Beschwerde einlegen, § 69g Abs. 2 FGG. Da der Betreute durch Betreuungsentscheidung stets in seinen Rechten im Sinne von § 20 Abs. 1 FGG verletzt ist, wird durch § 69g Abs. 2 FGG die Beschwerdemöglichkeit des Betreuers wesentlich erweitert.


Rechtsprechung:

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.1995, 3 Wx 347/94 :

Dem neu bestellten Betreuer steht kein eigenes Beschwerderecht zu. Im entschiedenen Fall wurde ein Betreuer zunächst gegen seinen Willen entlassen und gleichzeitig ein neuer Betreuer vom Amtsgericht bestellt. Das Landgericht hob die Entlassung des ursprünglichen Betreuers jedoch wieder auf und machte die Neubestellung wieder rückgängig. In diesem Fall steht dem neuen Betreuer kein eigenes Beschwerderecht zu.

OLG Schleswig, Beschluss vom 20.04.2005, 2 W 250/04, FamRZ 2006, 289 (Ls.) = FGPrax 2005, 214:

Das eigene Beschwerderecht des Betreuers setzt voraus, dass die Entscheidung seinen Aufgabenkreis unmittelbar betrifft. Im Rahmen von § 1908 b Abs. 3 BGB ist § 1897 Abs. 4 BGB anzuwenden und der Wunsch des Betreuten auf Bestellung eines neuen Betreuers unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit zu berücksichtigen. Für diesen Wunsch reicht es aus, dass der Betreute sich an seinen Verfahrensbevollmächtigten gewandt hat, ihn im Entlassungsverfahren zu vertreten, und er sich dessen Vorschlag eines neuen Betreuers zu eigen macht.

OLG München, Beschluss vom 20.07.2005, 33 Wx 75/05, FamRZ 2006, 146 (Ls.):

  1. Ein Betreuer (hier: Sohn der Betroffenen) ist im eigenen Namen beschwerdeberechtigt, wenn einem Verfahrensbeteiligten Akteneinsicht gewährt wird und die Akten auch wesentliche Informationen über die persönlichen, namentlich finanziellen, Verhältnisse des Betreuers enthalten.
  2. Interessen des Betreuers an der Geheimhaltung des Akteninhalts überwiegen nicht das verfassungsrechtlich gewährleistete Informationsinteresse des Verfahrensbeteiligten, wenn die Akteneinsicht diesem auch die Beurteilung der Geeignetheit des Betreuers ermöglichen kann und im Übrigen nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich verlangt wird.

OLG München, Beschluss vom 24.08.2006, 33 Wx 222/05, FamRZ 2007, 168 = FGPrax 2006, 264:

  1. Hebt das AG eine Betreuung auf, weil es den bisherigen Betreuer wegen mangelnder Eignung entlassen muss und der geschäftsfähige Betroffene die Bestellung eines anderen Betreuers ablehnt, so steht dem bisherigen Betreuer ausnahmsweise eine Beschwerdebefugnis gegen die Aufhebung der Betreuung zu.
  2. Stellt sodann das Beschwerdegericht fest, dass mangels psychischer Erkrankung eine Betreuung nicht mehr erforderlich ist, so kann es die insoweit nicht entscheidungserhebliche Frage der Eignung des Betreuers und seine Pflichtverletzungen nicht zu einem eigenständigen Gegenstand des Beschwerdeverfahrens machen.

LG Stuttgart, Beschluss vom 5.11.2007, 10 T 220/07:

Das Recht, unbefristet Beschwerde gegen eine Betreuungsanordnung einzulegen, ist verwirkt, wenn es erst mehr als zwei Jahre nach Wirksamwerden der angegriffenen Entscheidung ausgeübt wird und der Beschwerdeführer zunächst in einem gesonderten Verfahren, die Aufhebung der Betreuung oder die Auswechslung des eingesetzten Betreuers begehrte.

OLG München, Beschluss vom 24.06.2008, 33 Wx 118/08 und 33 Wx 119/08, FamRZ 2008, 2062 = FGPrax 2008, 206

Über eine zulässig eingelegte Beschwerde gegen die Ablehnung einer Betreuungsaufhebung hat regelmäßig das Landgericht in der Sache zu entscheiden. Es kann die Entscheidung nicht deswegen zurückstellen, weil demnächst im Hinblick auf den vom Vormundschaftsgericht festgelegten Überprüfungszeitpunkt erstinstanzlich über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung zu befinden ist. Das gilt auch dann, wenn das Amtsgericht bereits eine Begutachtung der Betroffenen angeordnet hat.

OLG München, Beschluss vom 28.07.2008, 33 Wx 164/08, FamRZ 2008, 2216 = FGPrax 2008, 209:

Hat das Landgericht eine Betreuungsmaßnahme als ungerechtfertigt aufgehoben und die Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen durch die Staatskasse angeordnet, ist eine weitere Beschwerde mit dem Ziel der ausdrücklichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Betreuungsmaßnahme nicht zulässig. In diesem Fall besteht weder ein allgemeines Bedürfnis für eine Fortsetzungsfeststellung noch ein konkretes Rechtsschutzinteresse des Betroffenen.

sofortige Beschwerde

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Die sofortige Beschwerde findet nach § 69g Abs. 4 FGG statt bei der Anordnung, Erweiterung, Einschränkung, Ablehnung oder Aufhebung von Einwilligungsvorbehalten , Zurückweisung der Weigerung, sich zum Betreuer bestellen zu lassen, Entlassung eines Betreuers gegen seinen Willen, Einschränkung des Aufgabenkreises und Aufhebung der Betreuung. Auch Gerichtsentscheidungen in Unterbringungssachen sind stets mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde anfechtbar (§ 70m FGG).

Die sofortige Beschwerde muss binnen 2 Wochen ab Bekanntgabe des Gerichtsbeschlusses eingelegt werden (§ 22 FGG), für die einfache Beschwerde gibt es keine Frist. Sie kann schriftlich oder mündlich (zur Niederschrift) eingereicht werden.

Die Rechtsmittel können schriftlich eingelegt werden, und zwar sowohl bei dem Gericht, das den Beschluss erlassen hat oder dem Gericht, das über das Rechtsmittel entscheiden kann (außer sofortige Erinnerung, diese ist immer beim Amtsgericht einzulegen). Die Einlegung per Telefax ist zulässig, der Beschwerdeführer muss aber den Eingang nachweisen. Der Eingang bei Gericht muss vor 24.00 Uhr des letzten Tages erfolgen (auch Einwurf in Nachtbriefkasten des Gerichtes ist möglich). Für die Einlegung via E-Mail fehlen derzeit flächendeckend die Voraussetzungen (digitale Signatur). Das Schreiben soll unterschrieben sein; bei der weiteren sofortigen Beschwerde an das OLG ist darüber hinaus die Unterschrift eines Rechtsanwaltes zwingend erforderlich (§ 29 Abs. 2 FGG), fehlt diese Unterschrift, liegt keine wirksame Einlegung vor.

Es reicht zunächst zur Fristwahrung aus, wenn das Rechtsmittel als solches eingereicht wird, die Begründung kann nachgereicht werden. Wird die Frist unverschuldet versäumt (z.B. Erkrankung, Urlaub), so kann binnen 14 Tagen nach dem Ende der Verhinderung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden. Die Art der Verhinderung ist auf Anfrage nachzuweisen. Soweit ein Rechtsmittel von einer gerichtlichen Zulassung abhängt, kann das Rechtsmittel auf bestimmte Fragestellungen beschränkt werden.

Das Rechtsmittel kann auch persönlich bei den genannten Gerichten zur Niederschrift eingelegt werden. Dies bedeutet, dass das Rechtsmittel bei Gericht protokolliert wird.

Handelt es sich bei der Gerichtsentscheidung um eine solche, die ein Rechtspfleger treffen darf, wird das Rechtsmittel als Erinnerung bezeichnet (§ 11 Rechtspflegergesetz). Für die Einlegung und die Frist gilt das oben Gesagte.

Auch gegen die Festlegung der Höhe der Betreuervergütung aus dem Vermögen der betreuten Person (§ 1836 Abs. 1 BGB ) durch den Rechtspfleger kann der Betreute das Rechtsmittel einlegen.

Über die Erinnerung hat der zuständige Vormundschaftsrichter zu entscheiden (§ 18 Abs. 1 FGG ). Hilft er ihr nicht ab, so wird sie als Beschwerde betrachtet und vom Landgericht entschieden.

Das Vormundschaftsgericht hat in den Fällen der einfachen Beschwerde stets die Möglichkeit, seine Entscheidung selbst abzuändern. Bei der sofortigen Beschwerde gilt dies nicht, hier hat stets das Landgericht als Beschwerdegericht zu entscheiden (§ 18 Abs. 2 FGG).

Das Beschwerdegericht (Landgericht) hat die Möglichkeit, die Entscheidung des Vormundschaftsgerichtes durch einstweilige Anordnung außer Vollzug zu setzen (§ 24 Abs. 3 FGG). Ein derartiger Antrag sollte bei Eilbedürftigkeit stets gestellt werden.

Weitere Beschwerde/Rechtsbeschwerde

Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichtes kann unter den Voraussetzungen des § 27 FGG (bei einer Gesetzesverletzung) mit dem Rechtsmittel der weiteren Beschwerde beim Oberlandesgericht angefochten werden. In Bayern ist das OLG München, in Berlin das Kammergericht zuständig. Siehe unten für die Rechtslage ab 1.9.2009.

Rechtsprechung:

OLG München, Beschluss vom 20.01.2006, 33 Wx 9/06, FamRZ 2006, 558 = FGPrax 2006, 87:

Lehnt das Vormundschaftsgericht die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung ab und genehmigt nach sofortiger Beschwerde des Betreuers auf dessen Antrag hin das Landgericht die Unterbringungsmaßnahme vorläufig durch einstweilige Anordnung, ist das statthafte Rechtsmittel hiergegen die sofortige weitere Beschwerde.

Vorlage an den Bundesgerichtshof

Das Oberlandesgericht kann (anders als VormG und Landgericht) nicht von einer anders lautenden Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichtes abweichend. Beabsichtigt es solches, hat es die weitere Beschwerde als sog. Divergenzvorlage dem Bundesgerichtshof vorzulegen (§ 28Abs. 2 FGG). Der Bundesgerichtshof entscheidet dann abschließend. Eine eigene Vorlage an den BGH durch einen der Verfahrensbeteiligten ist nicht zulässig. Sollte aber eine abweichende Entscheidung eines anderen OLG bekannt sein, sollte in der weiteren Beschwerde darauf hingewiesen werden.

Anhörungsrüge (§ 29a FGG)

Gegen Entscheidungen, gegen die kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist, kann das Rechtsmittel der Anhörungsrüge (ebenfalls binnen 14 Tagen) eingelegt werden, wenn das Gericht es unterlassen hat, einem Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör einzuräumen (vgl. § 56g Abs. 2 und 3 FGG). In diesem Falle ist das gerichtliche Verfahren fortzusetzen.

Sonstige Beschwerdeberechtigte

Gegen Gerichtsentscheidungen können neben der betreuten Person selbst sein Verfahrenspfleger, der Betreuer, nahe Familienangehörige , die Betreuungsbehörde (bei Unterbringungen auch der Leiter der Einrichtung, in der sich der Betroffene aufhält) Beschwerde einlegen. Die Rechtsgrundlagen finden sich in § 69g FGG (Betreuerbestellungen) und in § 70m FGG ( Unterbringungen).

Beschwerderecht der Betreuungsbehörde

Gerichtsentscheidungen, durch die ein Betreuer bestellt oder ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wird, sind der Betreuungsbehörde stets bekanntzugeben (§ 69a Abs. 2 Satz 1 FGG). Sonstige Gerichtsentscheidungen in Betreuungssachen werden der Betreuungsbehörde mitgeteilt, wenn sie zuvor im Verfahren Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt (§ 69 a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 68a Satz 1 FGG).

Durch die Mitteilungen erhält die Behörde Kenntnis von der ungefähren Zahl von Betreuungen, die ein Betreuer führt. Hierdurch hat die Behörde die Möglichkeit, im Beschwerdeverfahren Bedenken gegen eine zu hohe "Fall"zahl zu erheben, wenn nach ihrer Ansicht eine persönliche Betreuung nicht mehr möglich ist ).

Die Betreuungsbehörde hat nach § 69g Abs. 1 FGG die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen diese Entscheidungen des Vormundschaftsgerichtes einzulegen. Hierbei handelt es sich um die (unbefristete) einfache Beschwerde, sofern nicht § 69 g Abs. 4 BGB die (befristete) sofortige Beschwerde stattfindet. Letztere ist binnen 2 Wochen ab Bekanntgabe zu erheben (§ 22 FGG ). Einzulegen ist die Beschwerde schriftlich oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle entweder des Gerichtes, dessen Entscheidung angefochten wird oder des Beschwerdegerichtes, dies ist das Landgericht (§ 21 FGG i.V.m. § 19 Abs. 2 FGG ).


Beschwerderechte von Angehörigen

BGH, (auf Vorlage des OLG Köln), Beschluss vom 04.10.1996, XII ZB 7/96 BGHZ 132, 157 = NJW 1996, 1825 = FamRZ 1996, 607 = NJ 1996, 613:

Zur Beschwerdebefugnis naher Angehöriger des Betreuten hinsichtlich der Auswahl des Betreuers (hier verneint für die Ablehnung des Begehrens der Tochter, den bestellten Betreuer zu entlassen und ihr selbst die Betreuung zu übertragen).

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.1994, 3 Wx 494/94 :

  1. Zur Entlassung eines Betreuers ist das Vormundschaftsgericht nur im Verhältnis zum Betroffenen, nicht auch gegenüber dessen nahen Angehörigen verpflichtet.
  2. Die Ablehnung der Entlassung eines Vermögensbetreuers begründet auch dann kein Beschwerderecht für einen Angehörigen, wenn dieser seine eigene Betreuerbestellung erstrebt.
  3. Die Beschwerdebefugnis aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG ist nicht zur Wahrnehmung von Eigeninteressen verliehen.

BezG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 30.03.1993, 11 T 7/93:

  1. Die sofortige Beschwerde findet statt gegen eine Entscheidung, durch die der Betreuer gegen seinen Willen entlassen worden ist.
  2. Eine Entscheidung, mit der der Betreuer ohne Angaben von Gründen entlassen wird, enthält einen schweren Mangel und verstößt gegen § 12 FGG.

LG München I, Beschluss vom 20.03.1995, 13 T 5118/95:

Verwandte des Betreuten sind nicht berechtigt, gegen den eine Entlassung des Betreuers ablehnenden Beschluss Beschwerde einzulegen.

Beschluss des BayObLG vom 10.10.1995, 3Z BR 205/95, NJW-RR 1996, 174:

Seit 1989 bestand für einen betreuungsbedürftigen Mann eine Pflegschaft. Als Pfleger wurde ein Rechtsanwalt eingesetzt. Mit Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes im Jahre 1992 wurde die Pflegschaft in eine Betreuung umgewandelt. Die Mutter des Betreuten beantragte, an Stelle des Rechtsanwalts als Betreuerin eingesetzt zu werden. Damit war ihr Sohn nicht einverstanden. Das Vormundschaftsgericht folgte dem Willen des Betreueten und lehnte den Antrag ab. Hiergegen legte die Mutter Rechtsmittel ein. Das Bayerische Oberste Landesgericht sprach der Mutter das Beschwerderecht gegen die Entscheidung ab, da das Vormundschaftsgericht zur Entlassung des Betreuers gesetzlich allenfalls gegenüber dem Betreuten, nicht jedoch gegenüber dem Angehörigen verpflichtet ist.

LG Krefeld, Beschluss vom 01.02.1993, 33 XVII P 1408, BtPrax 1993, 106:

SACHVERHALT: Ein Rechtsanwalt wurde zum Betreuer einer Frau bestellt. Der Ehemann hat hiergegen Beschwerde eingelegt. ENTSCHEIDUNG:Die Beschwerdebefugnis des Ehemannes wurde bejaht.

GRÜNDE: Gemäß § 20 Abs. 1 FGG steht jedem das Beschwerderecht zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist. Eine an Art 6 Abs. 1 GG orientierte Auslegung des § 1897 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 20 I FGG führe zu dem Ergebnis, dass zumindest dem Ehegatten bzw. den Eltern und Kindern bei ihrer Nichtberücksichtigung als Betreuer ein Beschwerderecht einzuräumen sei. Der in Art 6 GG normierte Schutz von Ehe und Familie gebiete es, dem hiervon erfaßten Personenkreis bei einer so in das Familienleben einschneidenden Maßnahme wie der Bestellung und Auswahl eines Betreuers einen Anspruch auf Berücksichtigung seiner Interessen, mithin ein Beschwerderecht gegen die betreffende gerichtliche Entscheidung einzuräumen.

LG Oldenburg, Beschluss vom 18.05.1993, 8 T 372/93:

Sachverhalt: Eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheits- und Vermögenssorge war angeordnet worden. Die Tochter des Betreuten wurde als Betreuerin bestellt. Dagegen legte der Bruder Beschwerde ein. Er verlangte die Bestellung einer außenstehenden Person, da er der Betreuerin nicht vertrauen könne. Entscheidung: Das LG Oldenburg hat diese Beschwerde nach § 69 g FGG als zulässig angesehen. (anders entschieden hatte das LG Zweibrücken in einem ähnlich gelagerten Fall). In der Sache selbst hatte die Beschwerde nur deshalb keinen Erfolg, weil die lapidare Erklärung des Beschwerdeführers kein Verttrauen in die Betreuerin zu haben, nicht ausreichend sei, um begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit und Geeignetheit hervorzurufen.

BayObLG, Beschluss vom 17.03.1994, 3Z BR 12/94, FamRZ 1995, S 302

Mit notariellem Vertrag vom 12.7.1993 verkaufte die Betreute, vertreten durch ihren Betreuer, ein Hausgrundstück unter Vorbehalt der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Diese Genehmigung erteilte das AmtsG am 2.8.1992. Auf der Rückseite der ihm zugegangenen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vermerkte der Notar am 5.8.1993: "Gemäß den mir erteilten Vollmachten habe ich umstehende Genehmigung heute entgegengenommen, dem anderen Vertragsteil mitgeteilt und diese Mitteilung in Empfang genommen."

Mit Schreiben vom 30.8.1993 legte der Sohn der Betreuten gegen die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung Beschwerde ein. Rechtspfleger und Richter am AmtsG halfen nicht ab. Das LG verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 4.11.1993 als unzulässig. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Sohnes. Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat die Erstbeschwerde zu recht als unzulässig verworfen. Das LG hat ausgeführt, die Beschwerde sei unzulässig, weil dem Sohn der Betreuten eine Beschwerdeberechtigung i.S. von § 20 Abs. 1 FGG nicht zustehe. Der Sohn bewohne das nunmehr verkaufte Anwesen. Ihm stehe keinerlei dingliches Wohnrecht zu. Allein das Bestehen eines Mietverhältnisses stelle kein Recht i.S. von § 20 FGG dar. Darüber hinaus liege keine Beeinträchtigung vor, da der Mietvertrag auch bei Veräußerung des Grundstücks bestehen bleibe. Weitere Rechte oder geschützte Interessen des Sohnes seien nicht ersichtlich.

OLG Schleswig, Beschluss vom 18.02.1998, 2 W 5/98 , FamRZ 1998, 963

Söhne eines Betreuten sind im Verfahren über die Verlängerung der Betreuerbestellung, sowohl was die Betreuung als auch was die Person des Betreuers betrifft, beschwerdeberechtigt.

LG Oldenburg , Beschluss vom 05.06.1996, 8 T 617/95, FamRZ 1996, 1343 = Rpfleger 1997, 21:

Beschwerderecht des nichtehelichen Lebenspartners gegen die Betreuerbestellung: Das Beschwerderecht gemäß § 69 g FGG steht auch dem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 31.07.1996, 5 W 127/96, NJW-RR 1997, 451:

Wird für den Betroffenen eine Betreuung angeordnet, steht dem Lebenspartner dagegen kein Beschwerderecht zu.

BayObLG, Beschluss vom 22.01.1998, 4Z BR 1/98, BayObLGZ 1998, 10: kein Beschwerderecht des Lebenspartners gegen die Bestellung eines Betreuers

Dem Lebenspartner des Betroffenen steht gegen die Bestellung eines Betreuers kein Beschwerderecht zu.

OLG München, Beschluss vom 28.07.2005, 33 Wx 108/05, FamRZ 2006, 146 (Ls.):

Angehörige eines Betreuten, die keine Beschwerdebefugnis gegen die Sachentscheidung des Gerichts haben, können keine Akteneinsicht verlangen, wenn sie lediglich ein Interesse an der Meinungsbildung des VormG (BetrG) vor der Genehmigung eines Grundstücksverkaufs behaupten.

OLG Köln, Beschluss vom 23.08.2006, 16 Wx 69/06 u. 16 Wx 187/06:

  1. Nach Abschluss des ursprünglichen Betreuerbestellungsverfahrens sind „Anträge” naher Angehöriger zu einem Betreuerwechsel lediglich bloße Anregungen an das Vormundschaftsgericht, von Amts wegen tätig zu werden.
  2. Wenn das Vormundschaftsgericht nicht tätig wird, sondern es bei der bestandskräftigen Betreuerbestellung belässt, steht dem Angehörigen keine Beschwerdebefugnis, und zwar weder nach § 20 Abs. 1 FGG noch nach § 20 Abs. 2 FGG gegen diese Entscheidung zu.

LG München, Beschluss vom 14.02.2007, 33 Wx 244/06, FamRZ 2007, 584 (Ls.) = FGPrax 2007, 43:

Begehrt der Sohn der Betroffenen mit der Beschwerde die Entlassung der bestellten Betreuerin und die eigene Bestellung als Betreuer, ist diese Beschwerde mangels Beschwerdebefugnis unzulässig. Sein Entlassungsbegehren stellt lediglich eine Anregung an das Gericht dar, nach § 1908b BGB einzuschreiten. Für die Beschwerdebefugnis wird jedoch vorausgesetzt, dass in ein subjektives Recht der Beteiligten eingegriffen wird. Eine solche Verletzung liegt durch die Ablehnung der Entlassung der Betreuerin durch das erstinstanzliche Gericht nicht vor.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.09.2007, 19 Wx 35/07 , MDR 2007, 1319 = FamRZ 2008, 184 (Ls.) = FGPrax 2008, 21:

Die Lebensgefährtin eines Betreuten besitzt kein Beschwerderecht gegen die Betreuungsanordnung. Insoweit hat weder die Lebensgefährtin eines Betreuten einen Anspruch darauf, dass die Betreuungsanordnung unterbleibt noch auf eine bestimmte Betreuerauswahl oder darauf, selbst zur Betreuerin bestellt zu werden. Auch aus § 57 FGG kann keine Beschwerdeberechtigung hergeleitet werden, da diese Norm weder direkt noch entsprechend im Betreuungsverfahren anwendbar ist. Die Lebensgefährtin zählt auch nach § 69g Abs. 1 FGG nicht zum Kreis der Beschwerdeberechtigten.

OLG München, Beschluss vom 23.04.2008, 33 Wx 056/08 und 33 Wx 70/08, FamRZ 2008, 1659 (Ls.) = FGPrax 2008, 157:

Ist eine Betreuung auf Antrag der Betroffenen eingerichtet worden, schließt dies eine Beschwerde privilegierter Angehöriger hiergegen aus. Dasselbe gilt auch, wenn die Verlängerung einer solchen Betreuung im ausdrücklich erklärten Ein-verständnis der Betroffenen beschlossen wird.

Rechtsmittel bei der Betreuerentschädigung

Beschlüsse, die zu Entschädigungsansprüchen von Vormündern, Pflegern und Betreuern ergehen, müssen keine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Es wird von der Rechtsprechung vorausgesetzt, dass zumindest beruflich tätige Betreuungspersonen in der Lage sein müssen, sich über die Formen und Fristen möglicher Rechtsmittel selbst zu informieren. Ab 1.9.2009 ist nach § 39FamFG bei jedem Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung nötig.

Wer ist zur Einlegung von Rechtsmitteln berechtigt (§ 20 FGG)

Die nachfolgenden Rechtsmittel können nur von Verfahrensbeteiligten eingelegt werden, die durch den jeweiligen Beschluss beschwert sind . Beschwert ist der antrag stekllende Betreuer, wenn das Gericht seinem Antrag nicht in vollem Maße stattgibt.

Bei der Bestellung eines Vereinsbetreuers ist der Betreuungsverein beschwerdeberechtigt, bei einem Behördenbetreuer die Betreuungsbehörde.

Beschwert ist der Betreute (bzw. sein Verfahrenspfleger), wenn die Ansicht besteht, dass die zugebilligte Entschädigung (Aufwendungsersatz bzw. Vergütung) dem Antragsteller nicht oder nicht in voller Höhe zusteht oder die Staatskasse wegen Mittellosigkeit zur Zahlung verpflichtet sei (§ 1836d BGB). Gleiches gilt für den Erben des verstorbenen Betreuten (§ 1836e BGB).

Der Vertreter der Staatskasse (Bezirksrevisor) ist dann beschwerdeberechtigt, wenn nach seiner Ansicht entweder die zugebilligte Entschädigung nicht oder nicht in dieser Höhe zu gewähren ist oder wenn anstelle der Staatskasse der gesetzlich Vertretene wegen nicht bestehender Mittellosigkeit zahlungspflichtig sein soll . Formen und Fristen der Rechtsmittel (§§ 21, 22 FGG)

Für alle nachträglich beschriebenen Rechtsmittel gilt eine Frist von 14 Tagen. Die Frist beginnt mit der förmlichen Zustellung des Gerichtsbeschlusses an den Beschwerdeberechtigten. Der Tag, an welchem der Beschluss zugestellt wird, wird bei der Frist nicht mitgerechnet (§ 187 BGB). Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, endet die Frist mit dem Ende des darauf folgenden Werktages.

Rechtsmittel gegen Beschlüsse des Vormundschaftsgerichtes

Beim Beschluss des Vormundschaftsgerichtes ist zu unterscheiden: wie hoch ist der Beschwerdewert, also der Unterschied zwischen dem, was man beantragt und dem, was das Gericht beschlossen hat (bzw. beim Zahlungspflichtigen zwischen dem, was das Gericht beschlossen und was man selbst für gerechtfertigt hält). Liegt diese Summe nicht höher als 150 Euro, ist das Rechtsmittel die sofortige Erinnerung. Liegt die Summe über 150 Euro oder hat das Vormundschaftsgericht selbst die sofortige Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen, ist das Rechtsmittel die sofortige Beschwerde. Handelt es sich um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sollte ggf. die Zulassung der sofortigen Beschwerde beantragt werden. Ein solcher Antrag ist jedoch keine zwingende Voraussetzung für die Zulassung.

Sofortige Erinnerung (§ 11 Abs. 2 RpflG)

Die sofortige Erinnerung wird beim Vormundschaftsgericht eingelegt. Der Rechtspfleger, der den angefochtenen Beschluss erlassen hat, kann dem Rechtsmittel abhelfen. Tut er das nicht, hat er die Erinnerung dem Vormundschaftsrichter vorzulegen, der abschließend entscheidet. Allerdings können nach überwiegender Auffassung sowohl Rechtspfleger als auch Vormundschaftsrichter nachträglich bei der Einlegung der Erinnerung wegen der Grundsätzlichkeit der Sache die sofortige Beschwerde zulassen . In diesem Falle wird die Erinnerung als sofortige Beschwerde betrachtet und an das Landgericht weitergegeben. Hierzu muss eine begründete Nichtabhilfeentscheidung getroffen werden. Sofortige Beschwerde (§§ 22, 56g Abs. 5 FGG)

Die sofortige Beschwerde wird beim Vormundschaftsgericht oder beim Landgericht eingelegt. Es kann ein weiterer Tatsachenvortrag erfolgen (z.B. Geltendmachung höheren Stundenansatzes), es können neue Beweismittel benannt werden (§ 23 FGG). Die jeweils anderen Verfahrensbeteiligten müssen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten (Grundsatz des rechtlichen Gehörs). Soweit nur der Betreuer, nicht jedoch einer der anderen Verfahrensbeteiligten Rechtsmittel eingelegt hat, ist eine Kürzung von Vergütungsansprüchen durch das Landgericht nicht zulässig. Das Landgericht entscheidet grundsätzlich abschließend.

Rechtsmittel gegen Beschlüsse des Landgerichtes

Gegen den Beschluss des Landgerichtes kann zur Entscheidung beim Oberlandesgericht nur dann ein weiteres Rechtsmittel (weitere sofortige Beschwerde) eingelegt werden, wenn das Landgericht es ausdrücklich wegen der Grundsätzlichkeit der Angelegenheit zulässt. Deshalb sollte ggf. bei der sofortigen Beschwerde bei grundsätzlichen Fragen dieses beantragt werden. Die Zulassung der weiteren sofortigen Beschwerde ist aber nicht von einem Antrag abhängig.

Sofortige weitere Beschwerde (§ 27 FGG)

Ist sie zugelassen, kann die sofortige weitere Beschwerde beim Vormundschaftsgericht, beim Landgericht oder beim Oberlandesgericht (in Bayern OLG München, in Berlin Kammergericht) eingelegt werden. Wird sie schriftlich eingelegt, ist zwingend die Unterschrift eines Anwaltes nötig. Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde setzt dabei nicht voraus, dass die Beschwerdeschrift von einem Rechtsanwalt abgefasst ist, sondern es genügt, wenn er sie durch seine Unterschrift billigt. Die weitere sofortige Beschwerde kann nicht auf neue Beweise gestützt werden, es geht hierbei darum, ob das Landgericht das Recht korrekt angewendet hat.

Literatur

Bücher


Zeitschriftenbeiträge

  • Abramenko: Die Anhörungsrüge nach dem neuen FamFG; FGPrax 2009, 198
  • Bienwald, Werner, Zur Frage der Rechtsmitteleinlegung durch einen Betreuer gegen seine eigene Entlassung aus einem Teil seiner Aufgabenkreise, FamRZ 2004, 735
  • Knittel: Auf dem Weg zur FGG-Reform. Kritische Betrachtungen zur geplanten Beschränkung der Rechtsmittel in Betreuungs- und Unterbringungssachen; BtPrax 2008, 99 (PDF)
  • Maurer: Due Rechtsmittel in Familiensachen nach dem FamFG; FamRZ 2009, 465
  • Netzer: Das Rechtsmittelrecht im neuen Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG); ZNotP 2009, 30
  • Schael: Die Statthaftigkeit von Beschwerde und sofortiger Beschwerde nach dem neuen FamFG, FPR 2009, 11
  • Schürmann: Die Rechtsmittel nach dem FamFG, FamRB 2009, 24
  • Sonnenfeld: Rechtsmittel in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren; BtPrax 2009, 167
  • Vorwerk: Einstweilige Anordnung, Beschluss, Rechtsmittel und Rechtsmittelbelehrung nach dem FGG-RG, FPR 2009, 8

Weblinks