Hospitalismus

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hospitalismus bezeichnet als Oberbegriff verschiedene Schädigungen, die als Folge einer Unterbringung in einem Krankenhaus oder einer stationären Pflegeeinrichtung auftreten. Meist wird der Begriff jedoch für psychischen Hospitalismus verwendet, es gibt ihn aber auch im Zusammenhang mit dem infektiösen Hospitalismus.


Psychischer Hospitalismus

Psychischer Hospitalismus wird auch als Hospitalismus-Syndrom, Hospitalschaden, Deprivationssyndrom, anaklitische Depression (vom griech. sich anlehenen) bezeichnet. Er tritt auf, wenn Menschen - besonders gefährdet sind Säuglinge und kleine Kinder - sich lange in Heimen oder Krankenhäusern befinden und unter Zeitmangel nur körperlich versorgt werden und unter emotionaler/seelischer Deprivation leiden.

Psychischer Hospitalismus ist eine pathologische Veränderung im Verhalten oder Wesen eines Patienten, z.B. aufgrund eines längeren Krankenhausaufenthaltes. Die Erkrankung ist die Folge von unpersönlicher Betreuung und mangelhafter Zuwendung. Bei Kindern kommt es durch einen Aufenthalt in Heimen oder im Krankenhaus, durch lieblose Betreuung und der Trennung von den Eltern oft dazu, dass das Urvertrauen der Kinder frühzeitig gestört wird oder erst gar nicht aufgebaut wird. Psychischer Hospitalismus kommt häufig in Krankenhäusern, Seniorenheimen und in der Psychiatrie vor, wenn die Betroffenen lieblos betreut werden und von der Bevölkerung abgeschnitten sind.


Ursachen

Hospitalismus kommt überall dort vor, wo Menschen Vernachlässigung und Ablehnung erfahren. Das kann bei Personalmangel in Alten- und Pflegeheimen oder in Krankenhäusern der Fall sein.

Hospitalismusfördernd ist außerdem das Fehlen optischer sowie akustischer Stimulation:

  • Längere Fixierung alter oder psychisch kranker Menschen in Pflegeheimen oder Psychiatrien
  • Fehlen von sensorischer Stimulation in Kliniken: Farben, Bilder, Musik


Mögliche Symptome und Beschwerden des Hospitalismus

  • Störungen des Appetits (Appetitverminderung oder übermäßige Esslust),
  • motorische Verlangsamung, ungenügende Reaktionsfähigkeit,
  • Passive Grundstimmung, Teilnahmslosigkeit bis zur Apathie,
  • Kontaktstörungen und Wahrnehmungsstörungen,
  • Resignation,
  • mögliche Entwicklung einer reaktiven Bindungsstörung, einer Anpassungsstörung oder Borderline-Persönlichkeitsstörung,
  • motorische Unruhe und Stereotypien bis zur Selbstverletzung (z.B. Anschlagen mit dem Kopf an die Wand),
  • Störungen der Aufmerksamkeit und der Konzentration, schnelle Ermüdbarkeit,
  • geringe/fehlende Frustrationstoleranz, Neigung zu Wutanfällen, Aggressionen und Reizbarkeit,
  • mangelnde soziale Integration oder gar keine Sozialisation,
  • verstärktes Daumenlutschen,
  • Entwicklungsverzögerungen (z.B. Minderwuchs),
  • ungepflegtes Äußeres, mangelnde Körperhygiene,
  • intellektuelle und emotionale Verzögerung,
  • Angstzustände,
  • Störungen der Konzentration und der Aufmerksamkeit,
  • Lernstörungen,
  • Leistungsschwäche,
  • geringes Selbstwertgefühl,
  • mangelhaftes Gefühl von Geborgenheit und wenig Urvertrauen (bei Kindern),
  • Verantwortungslosigkeit gegenüber sich selbst und den Mitmenschen,
  • mangelnde Kritikfähigkeit,
  • Regression, Abbau kognitiver Fähigkeiten, erworbene Fähigkeiten gehen wieder verloren, ein Zurückgreifen auf frühere Verhaltensweisen,

Vorbeugung

Beispiele für die Vorbeugung sind z.B. das Rooming in, bei dem ein möglichst früher Hautkontakt zwischen Mutter und Kind erfolgen kann, oder prophylaktische und therapeutische Maßnahmen bei körperlich, geistig oder seelisch behinderten wie Basale Stimulation, Kinästhetik, und tiergestützte Therapie. Viele Einrichtungen (Krankenhäuser und Heime) beschäftigen einen professionellen Sozialdienst, oft Sozialarbeiter, Sozialpädagogen oder Beschäftigungstherapeuten und organisieren ehrenamtliche Besuchsdienste, die regelmäßigen Kontakt mit alten und kranken Menschen halten.

Behandlung und Prognose

Die Symptome von Hospitalismus sind je nach Schweregrad der körperlichen und psychischen Symptome behandelbar. Es muss sowohl eine psychische als auch eine physische Therapie erfolgen. Bei einer Veränderung der äußeren Umstände wie z. B. durch intensive Zuwendung und/oder den Wechsel in eine liebevolle und fürsorgliche Umgebung, gehen die Symptome deutlich zurück und verschwinden mit der Zeit. Hat sich keine andere Störung wie z. B. eine reaktive Bindungsstörung entwickelt, verschwinden die Symptome mit Besserung der Lebensumstände sowie geduldiger und liebevoller Zuwendung. Es gilt: je früher der Mensch aus der Situation der Vernachlässigung heraus kommt, umso besser sind die Aussichten auf schnelles und völliges Verschwinden der Symptome. Bei schwerer Deprivation kann eine längerfristige intensive psychotherapeutische Behandlung zum Einsatz kommen.


Hinweis: Die Begriffe physiologischer Hospitalismus und infektiöser Hospitalismus beschreibt der Artikel aus Wikipedia. Siehe Quellenangabe.

Quellenangabe

[w: http://de.wikipedia.org/wiki/Hospitalismus]

[Link: http://www.medpsych.uni-freiburg.de/OL/glossar/body_hospitalismus.html]