Intelligenzminderung
Intelligenzminderung, auch geistige Behinderung, ist eine normative Beurteilung für den Zustand von Menschen, deren Intelligenz signifikant und dauerhaft unterdurchschnittlich erscheint, deren kognitive Fähigkeiten zum Herstellen von Zusammenhängen, zur Aufnahme und Anwendung von Informationen so gering sind, dass sie in ihrer Lebensgestaltung eingeschränkt sind. Es handelt sich um einen Vergleich mit der Norm, dem Üblichen, bzw. das Feststellen einer Abweichung vom Durchschnitt. Es muss also immer der Zusammenhang gesehen werden, welche Anforderungen einer Gesellschaft an die betreffende Person zum jeweiligen Zeitabschnitt bestehen (sozialer Status, Lebensalter, historischer Kontext).
Intelligenz
Intelligenz gilt als Leistung aus dem Zusammenwirken von Wahrnehmung, Gedächtnis u. Denken bei der Problemlösung, Bewältigung von Aufgaben. „Problem“ und „Aufgabe“ darf hierbei nicht allein im Sinn von abstrakten Fragen wie im Schulunterricht verstanden werden. Alle Handlungen, die über reine Reflexe hinausgehen, sind Ergebnisse des Zusammenspiels von Wahrnehmung, Reproduktion von Erlerntem und kreativer Überlegung.
- Theoretische Intelligenz: Aufnahme und Anwendung abstrakter Kenntnisse – z.B. Erlernen von Sprache, Gesetzmäßigkeiten verstehen
- Praktische Intelligenz: Umgang mit Gegenständen im weitesten Sinn – z.B. Benutzen von Werkzeug, Kleidung
- Soziale Intelligenz: Kommunikation, Leben von Beziehungen
Intelligenzquotient, IQ-Test
Es wird versucht, anhand standardisierter Aufgaben zu räumlichem Denken, Zahlen- und Sprachverständnis die intellektuelle Leistungsfähigkeit eines Menschen zu messen (in einem vorgegebenen Zeitrahmen). Neuerdings werden auch praktische und soziale Intelligenz dabei berücksichtigt. Der Wert 100 gilt als durchschnittlich, ein IQ unter 80 bzw. über 130 stellt eine signifikante Abweichung dar (Lernbehinderung/Intelligenzminderung bzw. Genialität).
Medizinische Einteilung von Intelligenzminderung, veraltet geistige Behinderung, Retardierung
Einteilung nach Lebensalter
- Oligophrenie (Intelligenzminderung ist angeboren bzw. im 1. Lebensjahr entstanden)
- Demenz (nach dem 1. LJ entstanden)
Einteilung anhand der Ausprägung nach ICD-10:
- IQ von 50-69: leichte Intelligenzminderung (leichte geistige Behinderung)
- IQ von 35-49 mittlere Intelligenzminderung (mittlere geistige Behinderung)
- IQ von 20-34 schwere Intelligenzminderung (schwere geistige Behinderung)
- IQ unter 20 schwerste Intelligenzminderung (schwerste geistige Behinderung)
Krankheitsbilder
Häufige Krankheitsbilder , bei denen eine Intelligenzminderung auftritt - manche bedingen zwingend eine Intelligenzminderung, bei manchen tritt sie nur anteillig auf, abhängig vom Umfang der Schädigung bzw. Krankheitsstadium
- Genetische Faktoren (durch Vererbung oder Mutation), z.B. Down-Syndrom (Trisomie 21), Prader-Willi-Syndrom
- sonstige angeborene Faktoren, z.B. Embryo-fötales Alkoholsyndrom (=EFAS), Infantile Cerebralparese (=ICP)
- nachgeburtlich erworbene Schädigungen des Gehirns:
- mechanische Verletzung (z.B. Schädel-Hirn-Trauma)
- toxische Schädigung (z.B. Korsakow-Syndrom), Schädigung durch Sauerstoffmangel oder Infektionen (z.B. Meningitis, Encephalitis)
- degenerative Erkrankungen, z.B. Altersdemenz, Arteriosklerose im Gehirn, M. Alzheimer
Ausschlussdiagnosen
Entwicklungsverzögerungen oder niedrige Ergebnisse von IQ-Tests können auch andere Gründe haben, ohne dass eine tatsächliche anhaltende Intelligenzminderung vorliegt, z.B.:
- Autismus
- Pseudodebilität
- andere soziale und psychische Störungen
- Sinnesbeeinträchtigungen
- Sprechstörungen
- passagere Störungen z.B. durch Drogeneinfluss
Therapien
Ursächliche Therapien sind meist nicht möglich, die Gehirnschädigung ist in der Regel irreversibel.
Symptomatische Therapien:
- Frühförderung
- Logopädie
- Kreativ- und Motopädagogik
- Basale Stimulation und basale Kommunikation
Pflege und Betreuung für Menschen mit Intelligenzminderung
- Inklusion
- ganzheitliche Pflege
- personenzentrierter Ansatz
- Bieten eines Schonraums
- Einfordern von Leistung und Akzeptanz gesellschaftlicher Regeln im Rahmen des Möglichen