Leistungserfassung in der Pflege® (LEP®)

Aus Familienwortschatz
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Die Methode Leistungserfassung in der Pflege (LEP) wird in der Schweiz nahezu flächendeckend in den staatlichen Krankenhäusern zur pflegerischen Leistungsdarstellung eingesetzt.

Die Methode LEP

Die wissenschaftlich fundierte Methode “Leistungserfassung in der Pflege“ (LEP) besteht aus standardisierten Erfassungs- und statistischen Auswertungsverfahren für Leistungen der Gesundheits- und Krankenpflege im stationären und ambulanten Bereich (Lit.: Brügger et al 2002) .

LEP verfügt in der aktuellen Version 2.1.1. über 41 Variablen zur Beschreibung der Patientenstammdaten und –zustände (im Folgenden Informationsvariablen genannt), sowie 151 Variablen, welche die Tätigkeiten der direkten Pflege des Pflegepersonals am Patienten repräsentieren (im Folgenden Pflegevariablen genannt) und mit normierten Zeitwerten hinterlegt sind. Das Prinzip von LEP besteht darin, dass Pflegende ihre erbrachten Leistungen durch Auswahl entsprechender Variablen darstellen können. Hierzu werden die Leistungen täglich pro Patient und Schicht mit LEP erfasst. LEP® wird nahezu flächendeckend in den staatlichen Krankenhäusern der Schweiz eingesetzt.


Ziele von LEP

Die Methode LEP verfolgt hauptsächlich folgende Ziele:

  • Der pflegerische Arbeitsaufwand soll dokumentiert werden
  • Mit geringem Aufwand sollen möglichst viele und detaillierte Informationen bezüglich Leistungen und Aufwand der Pflege transparent dargestellt werden
  • Es sollen entscheidungsgerechte Kennzahlen als Grundlage zur Personalbedarfsplanung, Leistungsverrechnung und Kostenträgerrechnung geliefert werden.

Entwicklung von LEP

LEP® entstand aus der Not heraus, dass die Pflege ihren Arbeitsaufwand nicht darstellen konnte. Einzige vage Anhaltspunkte zur pflegerischen Arbeitsbelastung boten medizinische Diagnosen oder Bettenbelegungszahlen bzw. subjektive Aussagen der Pflegenden. Die Pflege benötigte daher ein eigenes System zur transparenten Darstellung ihrer Leistungen. Diesem Problem nahmen sich das Kantonsspital St.Gallen (KSSG) und das Universitätsspital Zürich (USZ) Ende der 1980er Jahre an und erarbeiteten gemeinsam eine einheitliche Methode zur Erfassung pflegerischer Leistungen. Aus der Zusammenarbeit entstand die Geschäftsstelle LEP, welche im Juni 2000 in die selbstständige Firma “LEP-AG“ mit Sitz in St.Gallen umgewandelt wurde. Seit dem wird LEP von der LEP-AG unterhalten und weiterentwickelt.

Variablen und Pflegezeiten

Zu Beginn der Entwicklung machte sich die Arbeitsgruppe Gedanken über Ziele und Aufbau der Methode. “Professionelle Handlungen, die im Pflegealltag mehr oder weniger selbstverständlich, routiniert und eingebettet in einen Handlungsstrom vollzogen werden, sollten explizit und berechenbar gemacht werden“ (Lit.: Brosziewski und Brügger 2000) . Einzelne Handlungen mussten hierfür zunächst bezeichnet, definiert und mit einem Zahlenwert versehen werden (ebenda). Dies erfolgte in zwei Schritten:

In Gruppengesprächen mit Experten aus der Pflege wurden zunächst einzelne Tätigkeiten herausgestellt, welche über LEP erfasst werden sollten. Diese wurden in der Systematik der Maßnahmen voneinander abgegrenzt und in ihren Benennungen verfeinert.
Jeder herausgearbeiteten Pflegetätigkeit wurde auf Grund von Erfahrungen der Arbeitsgruppenmitgliedern ein Zeitwert zugeordnet. Die Werte sollten diejenige Zeit wiedergeben, welche eine ausgebildete und berufserfahrene Pflegeperson im Durchschnitt für eine pflegerische Tätigkeit unter Einhaltung der qualitativen Standards benötigt. Zusätzlich zu den Erfahrungswerten der Experten wurden bei der Zeitwertbestimmung ethnografische Interviews mit Pflegenden hinzugezogen, um die Plausibilität der Werte zu stützen. Zur empirischen Überprüfung der Zeitwerte wurden in drei ausgewählten Betrieben über drei bis sechs Monate Zeitmessungen durchgeführt. Anschließend wurde diese Zeitmessung auf einige wenige Tätigkeiten beschränkt. Zeiten wurden ausschließlich bei routinierten Pflegenden gemessen, welche ihre Ausbildung seit mindestens zwei Jahren abgeschlossen hatten.  

Die Zeitmessungen der Tätigkeiten waren ein großes Problem. Routinierte Pflegende erbrachten (und erbringen heute noch) viele Tätigkeiten zugleich, so dass eine klare Abgrenzung einzelner Tätigkeiten nahezu unmöglich war (und heute noch ist). “In der Pflegepraxis lassen sich selten einzelne Tätigkeiten eindeutig voneinander trennen, noch wird unter den Tätigkeitsbezeichnungen überall und von allen Beteiligten dasselbe verstanden. Hinzu kommt die Schwierigkeit, den Zeitverbrauch all jener Tätigkeiten zu erfassen und zuzuordnen, die selber nicht unmittelbar eine Pflege am Patienten darstellen, aber zu ihrer Vorbereitung, Nachbereitung und Koordination unabdingbar sind“ (Lit.: Brosziewski und Brügger 2000) . Die hinterlegten Zeitwerte beruhen daher zum größten Teil auf den Ergebnissen der Interviews und den Erfahrungen der Experten.

LEP Nursing 1

Die erste Version der erarbeiteten Methode, LEP Nursing 1.0, wurde modulartig erstellt. Es existierten die voneinander unabhängigen Module:

  • Modul Akutpflege Erwachsene
  • Modul Langzeitpflege Erwachsene, mit denselben Variablen wie Akutpflege Erwachsene, denen lediglich längere Zeiten hinterlegt wurden
  • Modul Pädiatrie
  • Modul Intensivpflege
  • Modul Spezialbereiche

Das Problem dieser Version lag darin, dass die Moduldaten nicht zusammengeführt werden konnten. Die Module stellten Insellösungen dar; in den Spitälern fand aber immer mehr eine Vermischung der Aufgaben statt.


LEP Nursing 2

Auf Grund der Modulprobleme hat die LEP-AG beschlossen, eine neue LEP®-Version zu konzipieren. Hierzu wurde das letzte Modul von LEP Nursing 1 (Spezialbereiche) auf die Anforderungen des gesamten Klinikbereichs ausgebaut. So konnte dieses neue Modul auf allen Bereichen im Akutspital verwendet werden. Trotzdem gab es noch ein gesondertes Modul "Psychiatrie". Nachdem man das Modul Psychiatrie in LEP Nursing 2.0 implementiert hatte (LEP Nursing 2.1), konnte LEP tatsächlich im gesamten Spitalbetrieb eingesetzt werden. Viele Anbieter von elektronischen Patientendokumentationssystemen integrierten LEP in ihre Systeme. Die derzeit aktuelle Version ist die durch die LEP-AG optimierte und überarbeitete Version LEP Nursing 2.1.1.


LEP Nursing 3

Datei:KISIM-LEP-Bildschirm.jpg
LEP-Variablen am PC

Die sich derzeit in Bearbeitung befindende Version LEP Nursing 3.0 soll ab Juli 2006 verfügbar sein. Mit ihr soll die LEP-Erfassung auf den Stationen grundlegend mit der elektronischen Pflegedokumentation verknüpft werden. In der jetzigen Version 2.2.1 müssen die Pflegenden ihre erbrachten Tätigkeiten noch selber, mit Hilfe von Beispielbeschreibungen, den LEP®-Variablen zuweisen. Die Version 3.0 wird anhand des standardisierten Pflegeberichts die passenden LEP-Variablen auswählen und in das System übertragen. Theoretisch müssen lediglich die Zeitstrahlvariablen (siehe Sektion LEP-Variablen; Pflegevariablen) von den Pflegenden nachträglich bearbeitet werden. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass das Erfassen von LEP-Daten (Verb: lepen) prinzipiell nicht vergessen werden kann und sich die Zeit für das Auswählen der LEP®-Variablen verkürzen wird.

Während der Erarbeitung der Version stellte die LEP-AG jedoch fest, dass es nicht möglich sein wird, 100% der abzubildenden Tätigkeiten alleine aus der Dokumentation abzulesen. Circa 60% der mit LEP zu erfassenden Pflegeleistungen, so eine Schätzung der LEP-AG, ergeben sich aus der elektronischen Pflegedokumentation. Weitere 30% können dem interdisziplinären Kardex entnommen werden, wie beispielsweise die Gabe von Medikamenten anhand des Medikamentenblatts. Die fehlenden 10% betreffen vor allem administrative Tätigkeiten, bei denen es unsinnig erscheint, sie in der Dokumentation einzutragen, nur um ein automatisiertes Umwandeln in LEP-Variablen zu ermöglichen. Derzeit wird noch über verschiedene Ansätze zur Lösung des Problems diskutiert. Sehr wahrscheinlich werden diese Leistungen, wie in der aktuellen Version 2.1.1., manuell ins LEP® übertragen werden müssen.

LEP-Variablen

LEP unterscheidet Variablen vom Typ Informationsvariablen und Pflegevariablen. Die zugehörigen Variablen beider Typen sind wiederum in Variablengruppen geordnet. Die Gruppeneinteilung dient der geordneten Übersicht der Variablen und ermöglicht neben der schnelleren Erfassung eine verdichtete Auswertung der Daten.


Informationsvariablen

Informationsvariablen dienen ausschließlich der Beschreibung des Patienten. Daher sind ihnen keine Zeitwerte hinterlegt. Die Informationsvariablen unterteilen sich in die Gruppen „Stammdaten“, „Zustandsvariablen“ und „ergänzende Informationen über den Patienten“.

  • Die Stammdaten dienen der Identifikation des Patienten, so dass die mit LEP erfassten Leistungen eindeutig den jeweiligen Patienten zugeordnet werden können. Um eine Verknüpfung mit hausinternen Verwaltungssystemen zu ermöglichen, müssen die Inhalte der Stammdaten (Alter, Geschlecht, etc.) betriebsspezifisch definiert werden. Stammdaten beinhalten zusätzlich Informationen über die Aufenthaltsart (stationär, teilstationär etc.) sowie über Aufnahme, Verlegungen und Entlassung.
  • Die Zustandsvariablen beschreiben Merkmale über die Situation des Patienten, wie beispielsweise Hör- und/oder Sprachprobleme oder Desorientiertheit, welche von den Pflegenden während der Pflegeanamnese bzw. während der Pflege des Patienten erhoben werden. Sie dienen zur Plausibilitätsbeurteilung der erfassten Leistungen und erklären beispielsweise, warum bei einem Patienten ein höherer Aufwand zu Stande kommt (z.B. dauern bei Fremdsprachigkeit Pflegegespräche länger). Dieser Gruppe können neben den von LEP vorgegebenen Variablen bei Bedarf eigene betriebsspezifische Variablen hinzugefügt werden.
  • Die ergänzenden Informationen über den Patienten beinhalten weitere allgemeine Informationen, die nicht direkt mit Pflegezielen oder –maßnahmen in Verbindung stehen, aber aus betrieblicher Sicht von Interesse sind, wie beispielsweise Reanimation, OP-Tag oder Todesfall. Des Weiteren ermöglichen sie das Beschreiben von Patientenzuständen auf einer Intensivstation, wie beispielsweise maschinelle Beatmung, Hämodialyse oder Spezial-Monitoring. Wie bei den Zustandsvariablen können auch hier neben den von LEP® vorgegebenen Variablen eigene hausspezifische Variablen hinzugefügt werden.

Pflegevariablen

In der Version LEP Nursing 2.1.1 stehen 151 Pflegevariablen zur Verfügung, welche die Leistungen der direkten Pflege am Patienten repräsentieren. Ihnen sind normative Durchschnittszeiten hinterlegt, welche für alle Abteilungen aller Häuser gleich gelten. Mit Hilfe der Pflegevariablen kann der Gesamtpflegeaufwand in Minuten für jeden Patienten ermittelt werden (LEP-Pflegeaufwand). Erfahrungsgemäß benötigt eine Station im Schnitt 80 dieser Variablen, um ihre Leistungen abbilden zu können. Pflegevariablen unterteilen sich in so genannte Mehrfachvariablen und Zeitstrahlvariablen:

  • Mit Mehrfachvariablen wird die Häufigkeit einer bestimmten Tätigkeit erfasst. Ihnen sind Durchschnittszeiten hinterlegt, die pro erbrachter Leistung gewertet werden.
  • Zeitstrahlvariablen erfassen (annähernd) die tatsächliche Zeit pro erbrachter Leistung und werden vor allem für Tätigkeiten verwendet, deren Zeitdauer von externen Faktoren abhängig ist (z.B. Patiententransporte oder Fallbesprechungen). Ihnen ist ein Zeitblock hinterlegt, der entsprechend oft markiert werden muss, bis die tatsächliche Dauer der Tätigkeit erreicht ist. Wird die Tätigkeit von zwei oder mehreren Pflegenden erbracht (z.B. beim Patiententransport), muss bei Angabe des Zeitwerts die Arbeitszeit aller beteiligten Pflegenden berücksichtigt werden.

Für Tätigkeiten, die bei einer Gruppe von Patienten durchgeführt oder die durch eine Gruppe von Pflegenden erbracht werden (z.B. Gesprächsgruppe), existieren analog Gruppen-Mehrfach- und Gruppen-Zeitstrahlvariablen. Diese werden allerdings nur in der Psychiatrie verwendet. Auch die Pflegevariablen sind in Variablengruppen geordnet, um einen klaren Überblick zur schnelleren Auswahl passender Variablen zu gewährleisten und verdichtete Auswertungen zu ermöglichen. Variablen einer Gruppe beschreiben ein bis drei verschiedene Handlungen eines Themengebiets in unterschiedlichen Ausprägungen des Handlungsaufwands. So beinhaltet beispielsweise die Variablengruppe “Körperpflege/Kleiden“ die Variablen “Körperpflege/Kleiden“ und “Bett/Liegeplatz herrichten“ jeweils in den Ausprägungen von “einfach“ über “aufwändig“ bis “sehr aufwändig“. Variablen, die einen höheren Aufwand der Tätigkeit beschreiben, sind mit einem höheren Zeitwert hinterlegt. Somit können bei scheinbar gleichen Tätigkeiten (“Bett richten“) erschwerte oder komplexere Arbeitsabläufe berücksichtigt werden (“Bett richten aufwändig“, wenn beispielsweise der Patient während des Bettens im Bett liegen bleiben muss). Insgesamt existieren in der Version LE Nursing 2.1.1. 15 solcher Pflegevariablengruppen (siehe Tabelle).

Bewegung Dokumentation/Administration Hygiene
Körperpflege/Kleiden Gespräch Besprechung
Essen und Trinken Aktivität Laborprobe
Ausscheidungen Begleitung/Betreuung Medikation
Atmung/Kreislauf Sicherheit Behandlung

Bei der Auswahl der passenden Aufwandsstufe einer Variablen soll primär der entsprechende Arbeitsaufwand, nicht aber der hinterlegte Zeitwert berücksichtigt werden. Um die Auswahl der richtigen Aufwandsstufe zu erleichtern, sind jeder Variablen Beispielsituationen beigefügt, an denen sich die Pflegenden orientieren können.

LEP-Grundsätze

Bei der Auswahl der passenden LEP-Variablen sollen neben den Beispielsituationen fünf generelle Grundsätze den Pflegenden von Nutzen sein.

Grundsatz 1 – Eine Erfassung pro Handlung
Pro pflegerische Handlung wird eine Variable einmal erfasst. Dies gilt auch dann, wenn zwei oder mehrere Personen beteiligt gewesen sind. Dann allerdings erhöht sich der Aufwand der Leistung, und es wird eine höhere Variable ausgewählt, die den Mehraufwand berücksichtigt.
Grundsatz 2 – Erfasst wird gemäß dem Inhalt der Handlung
Falls eine bestimmte Handlung auf den ersten Blick Aspekte verschiedener Variablen enthält, muss nach dem konkreten Inhalt bzw. Grund der Handlung gefragt werden. Wird beispielsweise ein Patient zur Toilette begleitet, so stellt sich die Frage, ob diese Handlung mit einer Variablen der Gruppe “Mobilisation“ oder “Unterstützung bei der Ausscheidung“ erfasst werden soll. Grundsatz 2 besagt hier: Findet die Begleitung zur Toilette statt, weil der Patient gangunsicher ist und auch bei Wegen zu anderen Orten begleitet wird, so soll diese Tätigkeit mit einer Variablen der Gruppe “Bewegung“ erfasst werden. Benötigt der Patient aber primär Unterstützung bei der Ausscheidung, so wird die Tätigkeit mit einer Variablen dieser Gruppe erfasst.


Grundsatz 3 – Zusammengehörende Handlungen werden als eine Handlung erfasst
Pro zusammengehörende Handlung wird eine Variable erfasst. Erhält ein Patient beispielsweise im Bett eine Teilwäsche und wird anschließend zur selbstständigen Gesichtspflege ans Waschbecken mobilisiert, so wird diese Tätigkeit mit einer Variablen der Gruppe “Körperpflege“ und nicht (zusätzlich) mit einer Variablen der Gruppe “Mobilisation“ erfasst.


Grundsatz 4 – Aufwändige Dokumentationen werden separat erfasst
Bei allen Pflegevariablen ist im Zeitwert die Zeit zur Dokumentation der Handlung bereits enthalten. Aufwändige Dokumentationen, wie beispielsweise detaillierte Beschreibungen zur Änderung der Patientensituation oder Änderungen von Pflegediagnosen, werden separat erfasst.


Grundsatz 5 – Kurze Tätigkeiten werden nicht erfasst.
Tätigkeiten, die kürzer als zwei Minuten dauern, werden nicht erfasst.

LEP-Zeiten

LEP unterscheidet drei Arten von Zeiten:

LEP-Zeiten
  • Der so genannte A-Wert gibt die durch LEP®-Variablen erfasste Summe des Pflegeaufwands (für ein bestimmtes Intervall) wieder und repräsentiert so die Zeit der direkten Pflege am Patienten.
  • Der B-Wert entspricht der Summe der Personalarbeitszeit (in einem bestimmten Intervall). Der B-Wert wird gewichtet und ungewichtet angezeigt. Gewichtet bedeutet, dass die Arbeitszeiten von Schülern, neuen Mitarbeitern und sich berufsbegleitend Weiterbildenden nur zu 20% - 80% gewertet werden. Der Vergleich von gewichteter und ungewichteter Arbeitszeit macht die Reduktion der für die Pflege zur Verfügung stehenden Arbeitszeit auf Grund des im Pflegeteam vorhandenen Anteils von Lernenden, Unroutinierten und sich in der Einführung befindenden Personen deutlich.
  • Der C-Wert ergibt sich aus der Differenz zwischen Personalzeit B und Pflegeaufwand A (B – A) und entspricht der Zeit, welche für indirekte Pflegetätigkeiten (in einem bestimmten Intervall) zur Verfügung stand. Indirekte Tätigkeiten sind Führungsaufgaben (z.B. Dienstplanung), Ausbildungsaufgaben (z.B. Anleitungen, Gespräche), Präsenzzeiten für die Sicherheit der Patienten (z.B. Nachtdienst), administrative Tätigkeiten (z.B. Telefonate, Bestellungen, Ausfüllen von Formularen), Wartung von Geräten, hauswirtschaftliche Arbeiten (z.B. Desinfektionen, Auffüllen von Materialien) sowie gesetzliche Pausen. Für jede Station wird ein individueller Ziel-C-Wert festgesetzt, welcher beschreibt, wie hoch der Zeitaufwand für oben genannte Tätigkeiten erfahrungsgemäß auf den jeweiligen Stationen ist. Je nach Auftrag und Organisation der Station kann der Ziel-C-Wert sehr unterschiedlich festgelegt werden, liegt aber in der Regel zwischen 25% und 35% der Arbeitszeit. Berechnet man (wie oben erwähnt) den Wert aus der Differenz von B – A, so erhält man den Ist-C-Wert der Station. Die Abweichung von Ziel- und Ist-C-Wert gibt eine Aussage über die Auslastung der Station und ist bei der Interpretation der LEP®-Auswertungen (siehe Kapitel LEP-Auswertungen) von entscheidender Bedeutung. Hierbei sollte beachtet werden, dass die C-Werte eines Tages wenig aussagekräftig sind. Die minimale Zeitspanne zur realen Einschätzung der C-Werte beträgt erfahrungsgemäß einen Monat.

Subjektive Einschätzung

Zusätzlich zu den Informations- und Pflegevariablen wird im LEP pro Schicht die so genannte subjektive Einschätzung der Arbeitsbelastung durch die Pflegenden erhoben. Hierbei sollen die Pflegenden auf einer Skala von eins bis sieben angeben, wie hoch sie die Arbeitsbelastung während des Diensts empfunden haben. Der mittlere Wert 4 soll dann gewählt werden, wenn alle anfallenden Tätigkeiten auf der Station in einem normalen Arbeitstempo und in fachgerechter Qualität während der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit erbracht werden konnten.


Einschätzung Beschreibung
7 Extrem hohe Arbeitsbelastung
6 Hohe Arbeitsbelastung
5 Erhöhte Arbeitsbelastung
4 Durchschnittliche Arbeitsbelastung
3 Mäßige Arbeitsbelastung
2 Geringe Arbeitsbelastung
1 Kaum Arbeit auf der Station

Die subjektive Einschätzung wird nicht für weitere Berechnungen verwendet, liefert aber (zusätzlich zu den C-Werten) wichtige Informationen über Arbeitsaufwand und Belastung auf den Stationen bzw. für die Interpretation der LEP®-Auswertungen. Insbesondere eine Abweichung von errechneter Belastung (Differenz zwischen Ziel- und Ist-C-Wert) und subjektiver Einschätzung kann wichtige Hinweise für die Führungsebene geben.

LEP-Auswertungen

LEP bietet zahlreiche Auswertungsarten der erfassten Daten. Für die Beschreibung der Daten wurde von der LEP-AG eine eigene Terminologie entwickelt:

  • LEP-Pflegetag: Sobald ein Patient an einem Kalendertag eine Leistung mit Zeitwert erhält, wird ein Pflegetag gerechnet. Wenn z.B. bei einer Auswertung zwei LEP-Pflegetage angegeben werden, kann dies einem Patienten an zwei Tagen, oder zwei Patienten an einem Tag entsprechen.
  • LEP-Betriebstag: Sobald mindestens eine Minute Personalzeit auf einer Station an einem Kalendertag vorhanden ist, wird ein LEP-Betriebstag gerechnet.
  • LEP-Pflegeaufwand: Die Summe aller erfassten Leistungen ergibt den LEP®-Pflegeaufwand

Diese Daten werden auf jeder Auswertung angezeigt. Zusätzlich bieten einige Auswertungen die Anzahl der Patienten (nach Geschlecht), deren Durchschnittsalter, gewichtete Personalzeiten, C-Werte und subjektive Einschätzung. In den Anfängen von LEP haben Softwareanbieter die Inhalte, Layouts und Bezeichnungen der Auswertungen noch so generiert, wie sie es für richtig und wichtig hielten. Somit unterschieden sich die Auswertungsmöglichkeiten und -darstellungen von Anbieter zu Anbieter maßgeblich. Um dieses Problem zu beheben, definierte die LEP-AG (auf Anfrage eines Softwareanbieters) festgelegte Auswertungstypen und normierte die Auswertungsdarstellungen. Wenn heute eine Softwarefirma LEP in ihre Programme integrieren möchte, muss sie die Qualitätsprüfung der LEP-AG bestehen. Diese prüft, ob mit der Software die vordefinierten Auswertungen richtig berechnet und der Norm entsprechend dargestellt werden. Alle LEP-Auswertungsprogramme bieten daher folgende Auswertungen an:


Typ Beschreibung
a1 Übersichtsstatistik nach Tagen oder Intervallen
a2 Variablen detailliert oder im Gruppenprofil
a3 Vergleich LEP-Pflegeaufwand zu Personalzeit
a4 Jahresauswertung
a5 Vergleich Variablenprofil von Abteilungen
a6 Variablenprofil (Gruppe oder Detail) nach Wochentagen
a7 SGI-Statistik nach Tagen oder Intervallen
a8 Datenvergleich
b1 Patientenauswertung
b2 Patientengruppenauswertung


Die Auswertungsdaten werden mengenmäßig und prozentual sowohl zahlenmäßig als auch grafisch dargestellt. Für die Version LEP-Nursing 3 sind weitere Auswertungsmöglichkeiten geplant.


Auswertung a1

Die Auswertung a1 bietet eine Übersichtsstatistik nach Tagen oder Intervallen. Hierbei werden die Patienten in neun Kategorien, welche sich aus der Höhe des LEP-Pfllegeaufwands ergeben, gruppiert dargestellt (siehe Tabelle) und den zur Verfügung stehenden Mitarbeitern der Station gegenübergestellt. Kategorie 1 enthält Patienten mit geringem Pflegeaufwand (bis zu 120 Minuten pro 24 Stunden) und Kategorie 9 enthält Patienten mit hohem Pflegeaufwand (mehr als 960 Minuten pro 24 Stunden). Der Pflegeaufwand dargestellt in Patientenkategorien lässt detailliertere Rückschlüsse auf die Auslastung der Station zu als nur der gesamte Pflegeaufwand allein. Die Abbildung zeigt die Anzahl an Pflegetagen von Patienten in den neun LEP®-Kategorien. Die Auswertung lässt sich bei Bedarf auch zum Vergleich von Früh-, Spät- und Nachtdienst darstellen.


Ausschnitt a1
LEP-Patientenkategorie Pflegeaufwand Min./24h
9 >960
8 841-960
7 721-840
6 601-720
5 481-600
4 361-480
3 241-360
2 121-240
1 1-120


Auswertung a2

Die Auswertung a2 zeigt die durchschnittlich erfassten Variablen pro Patient und Tag und errechnet die prozentualen Anteile der Variablengruppen am Gesamtpflegeaufwand. Die prozentuale Verteilung der Variablengruppen gibt einen ersten Anhaltspunkt über die Arbeit der Station. Zur Plausibilitätsprüfung der erfassten Daten ist allerdings die detaillierte Ansicht der einzelnen Variablen bedeutsamer, da sie unter anderem aufzeigt, wie oft eine Variable pro Tag und Patient durchschnittlich erfasst wurde (siehe Abbildung, roter Kasten). Daher wird die Auswertung a2 maßgeblich für die Plausibilitätskontrollen der Daten verwendet. Durch das Analysieren des detaillierten Variablenprofils (Anzahl Variablen pro Patient und Tag, Abb.12 roter Kasten) können Auffälligkeiten schnell erkannt werden. Durch den Vergleich der Auswertungen a2 über mehrere Monate werden Veränderungen im Auftrag der Pflege auf Station sichtbar.

Ausschnitt a2


Ausschnitt a2


Auswertung a3

Auswertung a3 vergleicht LEP®-Pflegetage, LEP®-Pflegeaufwand, (gewichtete) Arbeitszeit und C-Werte in einem bestimmten Intervall (z.B. Woche, Monat) und stellt die Ergebnisse unter anderem grafisch dar. Deutlich auffallende Überschneidungen der (gewichteten) Arbeitszeit (grüne Linien) und dem Pflegeaufwand (rote Fläche) (z.B. Abbildung, Spalte: 21.12.2005) bedürfen der Klärung auf Station. Die Personalzeit könnte z.B. an diesen Tagen falsch geplant worden sein. Andererseits könnte diese Spitze aber auch einen krankheitsbedingten Personalausfall repräsentieren. Der Bereich zwischen Arbeitszeit (grüne Linie) und Pflegeaufwand (rote Fläche) entspricht dem Ist-C-Wert. Negative C-Werte über längere Zeit geben entweder Hinweise auf Erfassungsprobleme oder darauf, dass die vorgegebenen Zeitwerte der Variablen mit dem effektiven Aufwand nicht übereinstimmen.

Ausschnitt a3


Auswertung a4

Die Auswertung a4 erstellt monatsgruppierte Jahresauswertungen mit Inhalten wie in Auswertung a3.

Ausschnitt a4


Auswertung a5

Analog zur Auswertung a2 werden bei der Auswertung a5 verschiedene Stationen bezüglich ihres Variablenprofils und der Variablengruppen einander gegenübergestellt.


Auswertung a6

Die Auswertung erstellt ein Profil der einzelnen Variablen oder –gruppen bezogen auf Wochentage.


Auswertung a7

Die Auswertung a7 ist für Intensivstationen und ähnelt der Auswertung a1. Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) kommunizierte mit der LEP-AG spezielle Bedürfnisse zum Einsatz von LEP auf Intensivstationen. Analog zu den LEP-Patientenkategorien (siehe Auswertung a1) existieren daher für Intensivstationen SGI-Kategorien, welche Patienten nach LEP-Pflegeaufwand unterteilen (siehe Tabelle). Wie in Auswertung a1 werden die Patienten der SGI-Kategorien dem Pflegepersonal gegenübergestellt.

SGI-Kategorie Pflegeaufwand zu Aufenthaltsdauer in %
1A >66,7
1B 50-66,6
2 33,4-49,9
3 16,7-33,3

Auswertung a8

Die Auswertung a8 erstellt einen Vergleich der verschiedenen Fachabteilungen (Chirurgie, Gynäkologie, Intensivstation, etc.) eines Hauses bezüglich Pflegeleistungen, Aufenthaltsdauer, Pflegeaufwand und Mittelwert des täglichen Pflegeaufwands.


Auswertung b1

Die Auswertung b1 zeigt analog zu den Auswertungen a1 und a2 das Variablenprofil, die Variablengruppen und Patientenkategorien für einen bestimmten Patienten im Verlauf des Spitalaufenthalts.

Ausschnitt b1


Auswertung b2

Die Auswertung b2 erstellt eine Übersicht der erbrachten Pflegeleistungen anhand des Variablenprofils und der Variablengruppen für bestimmte Patientengruppen (z.B. Geschlecht, Diagnose, etc.).

Allgemeines zu den Auswertungen

Analyse der Auswertungen

LEP-Auswertungen ermöglichen keine pauschalen Aussagen. Die Ergebnisse müssen immer mit den entsprechenden Stationen interpretiert und diskutiert werden, um Fehlinterpretationen auf Grund von Wissensdefiziten zu vermeiden. Bei Schwankungen in den Auswertungskurven, Abweichungen vom Ziel-C-Wert oder durchschnittlich hohen subjektiven Einschätzungen muss die Situation der Station während des Auswertungsintervalls reflektiert werden. Die Anzahl der Mitarbeiter (Krankheit, Urlaub) und Sitzwachen sowie die Bettenauslastung können wichtige Hinweise zur Interpretation geben. ^

Andererseits müssen auch immer bei scheinbar “normalen“ Kurvendarstellungen diese Informationen sowie die subjektiven Einschätzungen berücksichtigt werden, um die Plausibilität der Auswertungen zu stützen. Zur Plausibilitätsprüfung eignet sich am besten die Auswertung a2, welche das Variablenprofil auf der Station anzeigt (erfasste Variable pro Patient und Tag). LEP®-Beauftragte können anhand der Auswertungen jedoch lediglich Auffälligkeiten aufzeigen. Das Wissen, welche Zahlen bei welcher Variablen richtig sind oder nicht, kann man nicht pauschalisieren, da solche Zahlen von Station zu Station, je nach Auftrag und Fachbereich, sehr verschieden sein können. Die LEP-AG kann daher auch keine Richtlinie veröffentlichen, welche angibt, welcher Zahlenbereich bei welcher Variablen normal sei. Die Plausibilität kann daher nur die Station selber beurteilen.

Kosten von LEP

Der Einsatz von LEP ist kostenpflichtig. Es werden Lizenzkosten für die Methode und für den Einsatz einer Auswertungssoftware fällig. Die Höhe der Methodenlizenz ist abhängig von der Bettenzahl der Klinik und muss jährlich erbracht werden. Die Höhe der Softwarelizenz richtet sich nach der verwendeten Softwareversion und der Anzahl der PC-Arbeitsplätze. Die Lizenzkosten sind allerdings im Vergleich zu den Personalkosten eher gering, wenn man die Arbeitszeiten aller lependen Pflegenden zusammenrechnet. Bei methodenroutinierten Pflegenden dauert die Auswahl der LEP-Variablen pro Patient und Tag im Schnitt 10 Minuten. Daher gilt der Grundsatz: Wenn man LEP einsetzt, muss man mit den Daten arbeiten, da es sonst viel zu teuer ist. Die Investition lohnt sich allerdings. Die Erfahrungen zeigen, dass LEP-Auswertungen neben der Darstellung pflegerischer Leistungen auch akzeptierte Diskussionsgrundlagen für und gegenüber anderen Disziplinen darstellen. Sie liefern eine klare, verständliche, glaubhafte und nachvollziehbare Darstellung der pflegerischen Leistung der Vergangenheit und Ist-Situation.

LEP-Zertifizierung

Spitäler können sich LEP-zertifizieren lassen. Die Zertifizierungen sind mit ca. 10.000 CHF recht teuer, dienen aber als Aushängeschild des Spitals. Die Prüfung im Rahmen der Zertifizierung dauert einen Tag, an welchem Vertreter der LEP-AG und der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) das Haus besuchen. Zunächst findet eine Prüfung auf der Führungsebene statt. Die Abteilungsleiter und Pflegedirektoren müssen darstellen, wie sie mit LEP arbeiten, welche Hilfsmittel sie benutzen, wie sie in bestimmten Settings reagieren würden und in welcher Art sie Controllinglisten führen. Anschließend muss das Haus eine konkrete Station benennen, welche durch das Audit-Komitee speziell überprüft wird. Die Abteilungsleitung muss beispielsweise eine LEP-Auswertung ihrer Station interpretieren. Pflegende dieser Station werden nach den LEP-Grundsätzen befragt und müssen ihre Auswahl der LEP-Variablen erklären. Des Weiteren wird das Verständnis der LEP-Methode durch gezielte Fragen anhand von Fallbeispielen überprüft. Der größte Zusatznutzen einer Zertifizierung besteht darin, dass sich die Mitarbeiter des Spitals intensiv mit der Methode auseinander setzen und somit viel sicherer in der Anwendung werden. Das Zertifizierungsangebot wird allerdings nur von wenigen Spitälern in Anspruch genommen. Bisher wurden in der Schweiz vier Spitäler zertifiziert.


LEP-Schulungen

Wegen des hohen Interpretationsspielraums ist es mit einer der wichtigsten Aufgaben, die Mitarbeiter gründlich zu schulen, um brauchbare und vergleichbare Daten zu produzieren.

Gruppenschulung
  • Schulung neuer Mitarbeiter der Pflege: Neue Mitarbeiter des Pflegediensts sollten nach zwei Wochen eine LEP-Einführung durch den LEP-Beauftragten des Hauses erhalten. Ziel der Schulung sollte es sein, den Mitarbeitern nahe zu bringen, wie sich der LEP-Beauftragte die Erhebung der LEP®-Daten vorstellt. Hierfür sollten die theoretischen Grundlagen anhand von konkreten Praxisbeispielen verdeutlicht. Anhand der Fallbeispiele kann erklärt werden, welche LEP®-Variablen bei/für welche(n) Pflegetätigkeiten ausgewählt werden sollen/müssen.
  • Schulungen auf der Führungsebene: Die Schulung von Mitarbeitern der Führungsebene (Stations- und Abteilungsleiter) konzentriert sich auf die Analyse und Interpretation von LEP-Auswertungen. Sie sollen hierdurch in die Lage versetzt werden, auf Grundlage der Auswertung auf Erfassungsprobleme zu schließen, vergleichbare Stationen untereinander zu vergleichen bzw. bei nicht-vergleichbaren Stationen Unterschiede zu entdecken.
  • Einzelberatungen: Einzelberatungen sollten auf Anfrage vereinbart und durchgeführt werden. Eine Pflegeperson meldet sich beim LEP-Beauftragten mit der Aussage, sie sei unsicher im Umgang mit LEP. Der Beauftragte vereinbart dann einen Termin, kommt auf die Station und hilft der Person beim Lepen der Daten.

Die Schulungen wiederholen sich ständig, da zum Einen laufend neue Mitarbeiter im Haus arbeiten, und zum Anderen bei Erfassungsproblemen auf Abteilungen oder Stationen intensivere Schulungen notwendig werden. Die Arbeit mit LEP hat gezeigt, dass sich ohne fortlaufende Betreuung die Erfassungsqualität verschlechtert.

Pflegende und LEP

Datei:Pfleger bei elektr Doku.jpg
Pfleger lept seine Leistungen

Bei der Beurteilung von LEP spalten sich die Pflegenden in zwei Lager. Es gibt die eine Gruppe, die LEP für grundsätzlich sinnvoll und wichtig erachtet und sehr bemüht ist, ihre Leistungen möglichst genau, lückenlos und methodenkonform über LEP® zu erfassen. Pflegende diskutieren ihre Leistungen und Erfahrungen bei der Auswahl entsprechender Variablen. LEP®-Auswertungen werden im Team besprochen und dienen als Diskussionsgrundlage bei stationsinternen Belangen und Regelungen. Die andere Gruppe ist LEP gegenüber kritisch eingestellt und empfindet den zusätzlichen Arbeitsaufwand der Dateneingabe als Belastung. Häufigstes Argument ist, dass man für den Patienten da sei und nicht für Büro- und Schreibarbeiten, für die man ohnehin keine Zeit habe. Die Einstellung einer Station gegenüber LEP lässt sich aus der Qualität der erfassten Daten (Variablenprofil) ablesen.

Probleme der Pflegenden im Umgang mit LEP

Die häufigsten Probleme und Methodenfehler der Pflegenden mit LEP resultieren nicht aus einer schlechten Einstellung gegenüber der Methode, sondern aus Unsicherheit in deren Anwendung.

  • Ein häufiger Fehler ist, dass Pflegende die Aufwandsstufe einer Variablen primär anhand des Zeitwerts und nicht anhand des Fallbeispiels und der Variablenbeschreibung auswählen. Es wird hierbei nicht bedacht, dass Durchschnittswerte in der Realität mal höher und mal niedriger ausfallen.
  • Problemvariablen bezüglich der Auswahl stellen “Pflegegespräch“ und “Dokumentation“ dar. Häufig wird vergessen, dass die Dokumentation von Pflegehandlungen schon in der gelepten Variable der Tätigkeit miteinbezogen ist, und wird so zusätzlich erfasst. Bei den Patientengesprächen wiederum ist es meist schwer abzuwägen, ob sich das Gespräch um Alltagsdinge (Wetter, Fußball, etc.) oder um Beratungen zur Alltagsbewältigung (Umgang mit dem Rollator o.ä.) handelt. Auch Grundsatz 5 (Tätigkeiten unter zwei Minuten werden nicht erfasst) wird in diesem Zusammenhang manchmal vernachlässigt, so dass sehr kurze Gespräche wie “Haben Sie gut geschlafen?“ oder “Wirkt Ihre Schmerzmedikation schon?“ als “Pflegegespräch“ gewertet werden.
  • Häufig kommt es vor, dass Leistungen mit der Begründung doppelt gelept werden, dass sie von zwei Pflegenden durchgeführt werden mussten. Richtig wäre hier allerdings die Auswahl einer höheren Aufwandsstufe der Variablen, welche dann einmal gelept wird (vgl. Grundsatz 1).
  • Die häufigste Kritik der Pflegenden bezieht sich auf die hinterlegten Zeitwerte der Mehrfachvariablen, welche sie als unrealistisch empfinden und als zu niedrig ansehen.
  • In vielen schweizer Spitälern werden Pflegeassistenten beschäftigt. Diese zählen im Sinne von LEP zum Personal, haben jedoch meist keinen PC-Zugang. Ihre erbrachten Leistungen müssen vom Pflegepersonal in LEP übertragen werden. Es wird von den Pflegenden angezweifelt, dass sie wirklich alle Leistungen der Pflegeassistenten gemeldet bekommen bzw. selber wahrnehmen, und sie somit auch nicht vollständig lepen können.
  • Ein grundlegendes Problem zur Erfassungsqualität birgt die Tatsache in sich, dass Pflegende meist am Ende ihrer Schicht die Tätigkeiten mit LEP erfassen. Hierbei gehen viele Tätigkeiten verloren, da man sich nach einem Acht-Stunden-Dienst nicht mehr vollständig an alle erbrachten Leistungen erinnern kann. Dies gilt vor allem für kleine und häufige Tätigkeiten, wie beispielsweise Toilettengänge. Aber auch aufwändige Tätigkeiten, wie ein Verbandwechsel, werden beizeiten vergessen. Wünschenswert wäre, wenn Tätigkeiten zeitnah oder zumindest im Zweistundenrhythmus erfasst würden.
  • Erfahrungsgemäß wird gerade in sehr anstrengenden Diensten mit hoher Arbeitsbelastung anschließend sehr oberflächlich gelept, da die Eingabe der LEP-Variablen als Zusatzarbeit vor dem (verdienten) Feierabend angesehen wird. Hier muss den Pflegenden verdeutlicht werden, dass gerade die penible Eingabe aller Tätigkeiten die hohe Arbeitsbelastung deutlich darstellen kann. Ein oberflächliches Lepen zeigt sich in der anschließenden Auswertung durch eine Diskrepanz eines hohen C-Werts (welcher ja anhand der erfassten Tätigkeiten bezogen auf die zur Verfügung stehenden Personalzeiten errechnet wird) und einer hohen subjektiven Einschätzung.

Fazit

Beim Einsatz von LEP sollte man sich über Folgendes im Klaren sein:

LEP macht keine Aussagen über Sinn, Notwendigkeit oder Folgerichtigkeit von pflegerischen Handlungen, sondern erfasst die erbrachten Tätigkeiten.

Durch die Auswertungen der Daten erhält man ein relativ realistisches Bild über das Pflegeverständnis der erfassenden Stationen. Pflegende, die ihre Aufgaben primär in der Übernahme von Tätigkeiten sehen, erfassen eher Variablen aus dem Bereich der ATLs. Pflegende, die ihre Aufgabe primär in der Förderung zur Selbstständigkeit sehen, erfassen eher Variablen aus dem Bereich “Anleitung/Unterstützung“. Alleine anhand der Zahlenwerte der LEP-Auswertungen können keine Aussagen oder Vergleiche gemacht werden. Man benötigt immer ein Wissen über Verhältnisse, Auftrag und Besonderheiten der Stationen oder Häuser.

Vorteile von LEP

Mit LEP ergeben sich folgende Vorteile:

  • Mit relativ wenig Aufwand erhält man durch LEP® relativ aussagekräftige und verständliche Daten über Zustände, Entwicklungen und Trends in der Pflege auf einzelnen Stationen, Abteilungen und Krankenhäusern.
  • LEP ist zurzeit die einzige Methode, mit der die Pflege ihre Arbeit und Ansichten mit Fakten und Zahlen hinterlegen kann. Ohne gutes Zahlenmaterial kann Pflege nur von Befürchtungen, Vermutungen und Empfindungen sprechen.
  • Durch die durchschnittlich hinterlegten Zeitwerte ist es möglich, dass negative C-Werte erzeugt werden (Pflegeaufwand ist höher als die Personalzeit). Dies geschieht beispielsweise in arbeitsintensiven Schichten, in denen die Pflegenden die Tätigkeiten in kürzerer Zeit (oberflächlicher) erledigen müssen, jedoch die “vollen“ Zeitwerte der Tätigkeitsvariablen angerechnet bekommen (Abb.12, Spalte: 21.12.2005). Anhand dieser Werte können Pflegende ausdrucksvoll aufzeigen, dass sie ihre Arbeit nicht in einer angemessenen Qualität erledigen können und daher mehr personelle Ressourcen bräuchten. Würde man die tatsächlichen Zeiten der Tätigkeiten erfassen, könnte man solche Situationen nicht so deutlich darstellen.
  • Die mit LEP erzeugten Ergebnisse sind nicht nur für die Pflege, sondern auch für andere Disziplinen (z.B. Medizin, Physiotherapie) und Gesundheitsbereiche verwendbar (z.B. Entwicklung der SwissDRG). Dies stärkt das Ansehen der Pflege in der Gesellschaft.
  • LEP stärkt die Rolle der Pflegenden, da sie während ihrer Arbeit selber entscheiden (müssen), was als Pflegehandlung mit LEP erfasst werden soll.
  • LEP ermöglicht Benchmarking, da es standardisiert Leistungen erfasst.
  • LEP ist patientenorientiert, da es Leistungen aus Sicht des Patienten erfasst (vgl. Grundsatz 1: Obwohl evtl. mehrere Pflegende an einer Tätigkeit, wie z.B. Mobilisation, beteiligt sind, wird eine Variable einmal erfasst.).
  • LEP ermöglicht eine monetäre Bewertung von Pflege und kann als Instrument zur Kalkulation der Einzelkosten von Pflegeleistungen genutzt werden.
  • In Deutschland könnten LEP-Daten eine wichtige Argumentationsgrundlage in der Diskussion zur internen Anteilsverteilung der DRG-Vergütungen schaffen. Je knapper die finanziellen Ressourcen, desto wichtiger ist ein System zur Argumentierung, Finanzverteilung, Umstrukturierung und Ergreifung von Maßnahmen. Der ärztliche Dienst verfügt derzeit über kein vergleichbares System zur Leistungsdarstellung.
  • Die LEP-Auswertungen liefern Daten zur - und generieren Fragen für die - Pflegeforschung und Forschungsprojekte anderer Disziplinen.

Nachteile von LEP

Im Umgang mit LEP müssen folgende Aspekte kritisch angemerkt werden:

  • LEP ist keine genaue Methode. Auf Grund des hohen Interpretationsspielraums bei der Auswahl der Variablen verfügt LEP® über eine geringe Interraterreliabilität. Auch in der Abgrenzung von direkter (Pflegevariablen) und indirekter (C-Wert) Pflege lässt LEP mehrere Ansichten zu. Während einer Sitzung der Schweizerischen Interessensgruppe Leistungserfassung Pflege (SIG-LEP) wurde beispielsweise darüber diskutiert, ob das Holen von speziellen Getränken vom Spitalkiosk mittels “Essen/Trinken“ erfasst werden könne (da es sich um eine Tätigkeit handelt, die sich direkt einem Patienten zuordnen lässt), oder im Sinne eines Botengangs zum C-Wert gehöre. Die Mitglieder der SIG-Sitzung konnten zu keiner Einigung kommen, so dass diese Grundsatzfrage zur Klärung an die LEP-AG weitergereicht wurde. Dies zeigt, dass selbst LEP®-Experten unterschiedliche grundsätzliche Ansichten zum Umgang mit LEP vertreten.
  • Die LEP-Grundsätze 2 und 3 sind unverständlich bzw. ungenau formuliert und lassen sich von den Anwendern auf den Stationen nicht klar voneinander abgrenzen. Sie verursachen bei den Pflegenden eher Probleme, als dass sie sie lösen.
  • LEP kann die vormals "unsichtbare" Pflegearbeit sichtbar machen und teilweise legitimieren. Allerdings kann Pflege durch diese Transparenz auch durch Andere besser kontrolliert und in Frage gestellt werden.
  • Die Menge oder Zeit einer erbrachten Leistung sagt nichts über deren Sinnhaftigkeit, Qualität oder Wirkung aus. Insbesondere detaillierte Zustandsbeschreibungen und –verläufe liefert LEP nur indirekt bis gar nicht. Zwar wurde nie behauptet, dass LEP im Sinne eines Assessmentinstruments auch Aussagen über Patientenzustände liefern könnte, trotzdem wäre eine Verknüpfung mit einem solchen Instrument sinnvoll (siehe hierzu: ePA).
  • LEP zählt Maßnahmen begründet dieses aber nicht. Auch hier wäre eine Verknüpfung von Vorteil, da das Vorhandensein einer Tätigkeit allein nicht geeignet scheint Leistung zu bemessen.
  • LEP standardisiert die pflegerische Leistung. Da mit den DRGs nicht der tatsächliche, sondern der durchschnittliche Aufwand vergütet wird, liegt die (pessimistische) Überlegung aus der Perspektive des Klinik-Managements nahe, künftig Patienten nach dem Risiko des Abweichens von den Durchschnittswerten auszuwählen.

Zur Relativierung der Nachteile sei abschließend gesagt: Lieber eine ungenaue Methode, die sich weiterentwickeln lässt, als gar keine Methode.

Literatur

  • Brosziewski, A.; Brügger, U. (2000): “Zur Wissenschaftlichkeit von Messinstrumenten im Gesundheitswesen: Am Beispiel der Methode LEP“, in: Pflege 14: 59-66.
  • Brügger, U. et al (2002): “Beschreibung der Methode LEP® Nursing 2“, verfügbar auf http://www.lep.ch
  • SIG-Regionalgruppe Zürich (2004): “LEP® Nursing 2.1.1 - Beschreibung der Variablen der Methode LEP® für die Gesundheits- und Krankenpflege“, Überarbeitetes Handbuch

Weblinks

http://www.lep.ch http://www.caredat.de

siehe auch


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Zu diesem Thema können Sie sich die Podcast-Sendung "LEP® am Universitätsspital Zürich" auf hochdeutsch oder schweizer mundart anhören.