Postkontrolle

Aus Familienwortschatz
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Kontrolle des Post- und Telefonverkehrs

Allgemeines

Das Grundgesetz schützt das Post- und Fernmeldegeheimnis in (Art. 10 GG) Grundgesetz). Der Betroffene ist durch die Bestellung eines Betreuers nicht gehindert, soziale Kontakte zu unterhalten; er kann ungehindert Briefe schreiben, telefonieren, aber auch angerufen und angeschrieben werden. Selbst wenn ein Betreuer den Aufgabenkreis "persönliche Angelegenheiten des Betreuten" oder "alle Angelegenheiten des Betreuten" hat, ist die Entscheidung über den Femmeldeverkehr des Betroffenen und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten seiner Post nicht davon erfaßt (§ 1896 Abs. 4 BGB).

Das Betreuungsrecht schränkt die Befugnisse des Betreuers unabhängig von den angeordneten Aufgabenkreisen, insofern gem. § 1896 Abs. 4 BGB ein, indem die Entgegennahme, das Anhalten und Öffnen der Post (und Entscheidung über den Fernmeldeverkehr) von einer ausdrücklichen gerichtlichen Anordnung abhängig gemacht wird. Dies ist insbesondere bei Übernahme des Betreueramtes problematisch, denn später werden sich die meisten privaten Stellen, Gerichte und Behörden von sich aus unmittelbar an den Betreuer wenden, da der § 131 BGB bzw. der § 6 des Verwaltungszustellungsgesetzes sowie § 170 ZPO es nahelegen, direkten Schriftverkehr mit dem gesetzlichen Vertreter zu führen.

Es gibt manchmal Fälle, in denen die Kommunikation des Betroffenen in seinem Interesse eingeschränkt werden muss. Den Weg, die Post vom Vormundschaftsrichter (ab 1.9.2009 Betreuungsrichter) kontrollieren zu lassen oder eine gerichtliche Genehmigung für das Postanhalten durch den Betreuer vorzuschreiben, hat das Gesetz nicht gewählt. Vielmehr kann die Befugnis voll einem Betreuer übertragen werden.

Die Übertragung der Postkontrolle (§ 1896 Abs. 4 BGB) kommt nur in Betracht, wenn ansonsten der Betreuer seine Aufgaben nicht erfüllen könnte. Zu fragen ist: Würde die Postkontrolle unterbleiben, wären dann die Rechtsgüter des Betroffenen gefährdet ? (zu bejahen vor allem bei realitätsfremden Anzeigen, Strafanträgen und Schadensersatzklagen, so LG Regensburg FamRZ 1993, 477 oder BayObLG BtPrax 1994, 209).

Das Gericht kann nach § 1896 Abs. 4 BGB einen Betreuer bestellen, der auch die Befugnis bat, den Femmeldeverkehr des Betroffenen zu kontrollieren, die Post zu öffnen und anzuhalten; dies muss dann ausdrücklich im Beschluss aufgeführt werden (§ 1896 Abs. 4 BGB); zuständig für eine solche Entscheidung ist der Richter, nicht der Rechtspfleger.

Im Falle einer nachträglichen Erweiterung einer Betreuung um die Post- oder Telefonkontrolle ist folgendes zu beachten: nach der Vorgabe des § 293 Abs. 2 Nr. 2 FamFG (vormals § 69i Abs. 1 FGG) handelt es sich dabei immer um eine wesentliche Erweiterung, die nach Ablauf von 6 Monaten nach vorherigen Verfahrenshandlungen immer eine neue Anhörung und ein neues Sachverständigengutachten erfordert.

Keine Genehmigung erfordert die Eintragung des Betreuten in die sog. Robinsonliste. Dies ist eine Adressdatei des Dt. Direktmarketing-Verbandes, die verhindert, dass man unerwünschte Direktwerbung erhält. Hierdurch wird der Anreiz an Betreute, unnötige Bestellungen vorzunehmen, deutlich vermindert. Die Unterlagen zur Eintragung in die Robinsonliste erhält man bei:

DDV, Stichwort "Robinsonliste" Postfach 1401 71243 Ditzungen Tel. 07156-951010; http://www.ichhabediewahl.de/?cid=39 siehe dazu weitere Infos in der Wikipedia unter Robinsonliste

Voraussetzungen der Anordnung der Postkontrolle

Eine solche Befugnis kann dem Betreuer eingeräumt werden. wenn von der Kommunikation des Betroffenen erhebliche Gefahren für den Betroffenen ausgehen oder wenn sie geeignet ist, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erheblich zu gefährden.

Bei der eingehenden Post kommen z B Schreiben von bestimmten Verwandten in Betracht, die beim Betroffenen zu schweren Erregungen führen; ferner Fälle, in denen der Betroffene wegen seiner Verwitrtheit eingehende Post (z.B. Steuerbescheide, Rentenmitteilungen, Bankpost) unauffindbar verlegt, so dass dem Betreuer eine ordnungsgemäße Führung der Betreuung erschwert wird.

Bei der ausgehenden Post sind Fälle denkbar, in denen der (geschäftsunfähige) Betreute laufend unsinnige Bestellungen tätigt; sie sind zwar nichtig (§ 104 Nr.2 BGB), ihre Rückabwicklung belastet aber unnötig den Betreuer und den Rechtsverkehr.

Der Betreuer muss ggf. dem Betreuungsgericht plausibel machen, dass das Betreueramt nur wirksam erfüllt werden kann, wenn ihm die entsprechenden Kontrollbefugnisse zustehen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Betreute hilflos in einer Pflegeeinrichtung oder einem Krankenhaus liegt oder wenn er infolge einer psychischen Erkrankung sich durch Briefe aller Art bedroht fühlt oder jedwede Post ungeöffnet vernichtet und hierdurch evtl. erheblichen finanziellen Schaden zu erleiden droht.

Die Übertragung der Befugnis zur Entgegennahme, zum Öffnen und Anhalten der Post des Betreuten auf den Betreuer ist nur zulässig, wenn der Betreuer andernfalls seine Aufgaben zum Wohle des Betreuten nicht erfüllen kann.

Umfang der Befugnisse des Betreuers

bei der Post- und Telefonkontrolle (§ 1896 Abs. 4 BGB)

Nach dem Gesetzestext können dem Betreuer uneingeschränkte Kontrollbefugnisse eingeräumt werden. Der Richter kann in seinem Beschluss die Kontrollbefugnisse beschränken, z B. auf eingehende Post einer bestimmten Person. Auch ohne eine solche Einschränkung im richterlichen Beschluss liegt es in der Natur der Sache, dass der Schriftwechsel des Betroffenen mit bestimmten Absendern und Empfängern nicht kontrolliert oder angehalten werden darf:

  • mit dem Betreuungsgericht;
  • mit dem Verfahrenspfleger;
  • mit dem beauftragten Rechtsanwalt (analog zu § 148 StPO, § 29 StVollzG);
  • mit den Volksvertretungen in Bund und Ländern (insbes. Petitionsausschüsse);
  • mit der Europäischen Kommission für Menschenrechte;
  • bei Ausländern mit der konsularischen oder diplomatischen Vertretung des Heimatlandes.

Auch das Betreten der Wohnung des Betreuten zum Auffinden benötigter Papiere muss wegen des grundgesetzlichen Schutzes der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) gerichtlich genehmigt werden. Hier ist die Rechtsprechung sich uneinig, ob ein derartiges Verhalten überhaupt zulässig ist.

Beim Fernmeldeverkehr geht es insbesondere darum, ob die betreute Person einen Telefonanschluss bekommt oder ihn behalten darf. Es gilt sinngemäß das gleiche wie beim Postverkehr. Beim Telefonverkehr kann es z.B. auch darum gehen, bestimmte Nummernbereiche, die immense Kosten versursachen können, zu sperren (0190er-Nrn. oder Auslandsvorwahl). Um übermäßige Kosten zu vermeiden, kann auf Handy-Angebote ohne Grundgebühren (sog. Prepaid-Karten) eingegangen werden. Demnächst soll es auch für Telefonanschlüsse im Festnetz möglich sein, ein bestimmtes Telefonbudget zu wählen, über das hinaus innerhalb einer Abrechnungsperiode keine weiteren ausgehenden Gespräche mehr möglich sind.

Durchführung der Kontrolle

Das Gesetz regelt nicht, wie die Überwachung ausgeführt wird. Hat der Betroffene einen eigenen Telefonanschluss, ist eine Telefonkontrolle kaum möglich. Hält er sich in einem Altenheim auf, kann der Betreuer, ausgewiesen durch die spezielle Betreuungsanordnung, von der Heimleitung verlangen, dass sie bestimmte Telefonanrufe nicht an den Betroffenen vermittelt. Dass der Betroffene Briefe absendet, läßt sich kaum verhindern. Eingehende Briefe können nur abgefangen werden, wenn sich der Betroffene in einem Heim aufhält. Die Postanstalt ist verpflichtet, die Post des Betreuten dem Betreuer auszuhändigen, wenn der Betreuer dies unter Vorlage der gerichtlichen Anordnung verlangt.

Diejenige eingehende Post, die der Betreuer nicht an den Betroffenen weiterleiten sondern anhalten will, sendet er an den Absender zurück. Ist das nicht durchführbar (z.B weil die Anschrift des Absenders nicht klar ist oder wegen des Portoaufwandes), nimmt er sie zur Habe des Betroffenen, weil sie zum Vermögen des Betroffenen gehört. Der Betreuer darf diese Post nur vernichten, wenn er einen entsprechenden Aufgabenkreis hat. Die ausgehende Post, also die Briefe des Betroffenen, nimmt der Betreuer zur Habe des Betroffenen, wenn er sie nicht weiterleitet.

Eine Mitteilung von der Postöffnung oder vom Anhalten an den Betroffenen ist nicht vorgesehen. Da die Betreuung persönlich ausgerichtet sein soll (§ 1901 BGB), darf meines Erachtens die Mitteilung nur unterbleiben, wenn sie gesundheitsschädlich wäre oder der Zweck der Maßnahme durch die Mitteilung gefährdet würde.

Rechtsprechung

LG Köln, Beschluss vom 20.02.1992; 1 T 32/92; FamRZ 1992, 856:

Die Anordnung der Betreuung mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge berechtigt den Betreuer nicht zur Entgegennahme, zum Anhalten und Öffnen der an den Betreuten gerichteten Postsendungen. Hierfür ist vielmehr regelmäßig eine besondere Anordnung nach § 1896 Abs. 4 BGB erforderlich.

LG Köln, Beschluss vom 21.04.1992, 1 T 51/92; BtPrax 1992, 109:

Das Amtsgericht hat hier zu prüfen, ob eine Berechtigung des Betreuers zur Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post des Betreuten sachgerecht ist. Dabei wird namentlich darauf abzustellen sein, ob in der Vergangenheit, gegebenenfalls in welchem Umfang, wichtige Schriftstücke den Betreuer nicht erreicht haben und ihn daran gehindert haben, die ihm übertragenen Aufgaben wirksam erfüllen zu können.

BayObLG, Beschluss vom 09.10.1996, 3Z BR 249/96, BtPrax 1997, 72 = FGPrax 1997, 26 = FamRZ 1997, 244 = NJWE-FER 1997, 59 = MDR 1997, 268:

Die Übertragung der Befugnis zur Entgegennahme, zum Öffnen und Anhalten der Post des Betreuten auf den Betreuer ist nur zulässig, wenn der Betreuer andernfalls seine Aufgaben zum Wohle des Betreuten nicht erfüllen kann.

OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 13.03.2000, 20 W 52/99 :

Die Postkontrolle darf dem Betreuer nur dann übertragen werden, wenn er die ihm übertragene Vermögensssorge nur so ausüben kann, weil er anderenfalls keine Kenntnis von eingehenden Rechnungen, Mahnschreiben etc. erhält, z.B. weil der Betreute die Post vernichtet, verlegt oder dem Betreuer schlicht vorenthält.

BayObLG, Beschluss vom 14.02.2001, 3Z BR 40/01; FamRZ 2001, 871 = NJWE-FER 2001, 179:

Die Befugnis zur Postkontrolle wie auch die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr dürfen dem Betreuer nur eingeräumt werden, wenn dieser ihm übertragene Aufgaben ansonsten nicht in der gebotenen Weise erfüllen könnte und hierdurch wesentliche Rechtsgüter des Betreuten erheblich gefährdet oder beeinträchtigt würden.

BayObLG, Beschluss vom 29.04.2003, 3Z BR 75/03

Die Befugnis zur Postkontrolle und zur Entscheidung über den Fernmeldeverkehr wird vom Aufgabenkreis "alle Angelegenheiten" nicht mit erfasst (vgl. § 1896 Abs. 4 BGB). Sie darf dem Betreuer nur eingeräumt werden, wenn dieser ihm übertragene Aufgaben ansonsten nicht in der gebotenen Weise erfüllen könnte und hierdurch wesentliche Rechtsgüter des Betreuten erheblich gefährdet oder beeinträchtigt würden (vgl. BayObLG FamRZ 2001, 871 und 2002,1225/1226).

OLG Köln, Beschluss vom 21.08.2006, 16 Wx 164/06, BtMan 2007,38 = BtPrax 2007, 255 (Ls):

Einem Berufsbetreuer, zu dessen Aufgabenkreis auch die Entgegennahme der Post des Betroffenen gehört, steht wegen der Kosten für einen Nachsendeantrag kein gesonderter Erstattungsanspruch zu.

OLG München, Beschluss vom 13.09.2007, 33 Wx 218/07; FamRZ 2008, 89 = RdLH 2008, 36:

Der Aufgabenkreis der Postkontrolle verpflichtet den Betreuer nicht, stets die Post des Betreuten vor der Aushändigung an ihn zu kontrollieren. Eingriffe sind auch im Rahmen der Aufgabenkreise nur soweit zulässig, wie sie zum Wohl des Betreuten erforderlich sind. Wenn von der Aushändigung der Post an den Betreuten keine Gefahren für dessen Wohl ausgehen, weil weder eine Gesundheitsbeeinträchtigung wegen Aufregung oder Verwirrung noch ein Verlust wichtiger Sendungen zu befürchten sei, begegnet es keinen Bedenken, wenn der Betreuer die Post erst sichtet, nachdem sie dem Betreuten (im Heim) ausgehändigt wurde. Hierin ist keine (unzulässige) Delegation der Postkontrolle auf das Heim zu sehen. Allerdings ist zu prüfen, ob in solchen Fällen die Postkontrolle überhaupt dem Erforderlichkeitsgrundsatz entspricht.

Literatur


Vordrucke

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