Palliative Sedierung

Aus Familienwortschatz
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Mit Palliativer Sedierung oder auch Terminaler Sedierung ist meistens ein medikamentös induziertes ("künstliches") Koma unter dem Aspekt der indirekten Sterbehilfe gemeint. Es wird in der Palliativmedizin bei Patienten in der Terminalphase eingesetzt, wenn der Patient sein Leiden als unerträglich empfindet und die Sedierung ausdrücklich wünscht. Grundsätzlich fällt unter diesen Begriff aber jede bewusstseinsbeeinträchtigende Maßnahme, die die Linderung der belastenden Symptome am Lebensende zum Ziel hat.

Beispiel

Der Patient hat verfügt, dass er nicht maschinell beatmet werden will, leidet aber zunehmend unter Atemnot. Die Dyspnoe wird palliativ zunächst mit angepassten Morphingaben behandelt. Ist dies nicht ausreichend oder besteht tatsächlich die Gefahr des Erstickens, die nur durch die nicht gewünschte maschinelle Beatmung zu vermeiden wäre, wird eine palliative Sedierung eingeleitet.

Indikationen

- unerträgliche Schmerzen oder andere belastende Symptome, die sich mit den zur Verfügung stehenden Therapien nicht einstellen lassen (z.B. unerträgliche Angst, unstillbarer Schluckauf)
- zunehmende Dyspnoe bei Erkrankungen, die eine Obstruktion der Atemwege verursachen und ohne maschinelle Beatmung zum Ersticken führen

Allein der Todeswunsch des Patienten ist nicht ausschlaggebend für eine palliative Sedierung, denn dieser könnte aufgrund einer schweren Depression geäußert worden sein und bedarf besonderer Behandlung.

Angehörigenbegleitung

Angehörige von sterbenskranken Patienten sind zumeist emotional hoch belastet, hinzu kommt oft körperliche und nervliche Erschöpfung (z.B. durch Schlafmangel). Sie wollen das Beste für ihren Kranken, manchmal aus verborgenen Schuldgefühlen und eigenen Ängsten heraus, und beobachten jede seiner Regungen ganz genau. Dabei neigen sie manchmal zu Überinterpretation seiner Äußerungen (z.B. wird Stöhnen sofort als Schmerzäußerung aufgefasst oder leichte Bewegungen der Arme als Unruhe) und erwarten sofortige Handlungen zur "Bekämpfung" von den Pflegenden und den Ärzten, auch aus ihrem Standpunkt heraus, den Patienten besser zu kennen als die Mitgleider des behandelnden Teams. So kommt es manchmal zu Forderungen seitens der Angehörigen nach Sedierung, um selber zur Ruhe zu kommen, da sie die Situation nicht aushalten. Hier hilft nur das zugewandte Gespräch, in dem sich die Angehörigen ihrer eigenen Ängste bewusst werden.

Vor einer Palliativen Sedierung, die auf das Verlangen des Patienten hin eingeleitet werden soll, wird den Angehörigen genügend Raum und Zeit zum Abschiednehmen zur Verfügung gestellt. Da diese Situation äußerst angespannt sein kann, bedürfen die Angehörigen hierbei der Begleitung durch das behandelnde Team genauso wie der Patient selbst.

Durchführung

Für eine flache Sedierung kann in regelmäßigem zeitlichen Abstand ein Sedativum oral verabreicht werden, da hierbei das Bewusstsein erhalten bleibt. Soll das Bewusstsein komplett ausgeschaltet werden, wird eine tiefe Sedierung durchgeführt: Mittels Spritzenpumpe (Perfusor) wird kontinuierlich ein Sedativum (i.d.R. Midazolam) subcutan oder intravenös (z.B. über ein Port-System) in der erforderlichen Dosis zugeführt, bei Schmerztherapie auch in Kombination mit einem Analgetikum (i.d.R. Morphin).

Die Sedierung kann beabsichtigt intermittierend (= mit Unterbrechungen) verlaufen, um den Patienten in der Wachphase erneut seinen Wunsch bestätigen zu lassen, damit bleibt ihm eine gewisse Kontrolle über sein Leben. Ist dies der Fall, wird die Sedierung bis zum Eintritt des Todes fortgesetzt, wenn der Patient keine weitere Unterbrechung wünscht. Maßnahmen wie die Grundpflege werden bis dahin in üblichem Umfang weitergeführt.

Ob während der Sedierung Flüssigkeits- und/oder Nahrungssubstitution erfolgen soll, muss vorher möglichst mit dem Patienten vereinbart worden sein (Laut der Therapieempfehlung des Netzwerkes Palliativmedizin Essen schließen sich aber palliative Sedierung und umfangreiche parenterale Ernährung gegenseitig aus). Ist der Patient selbst nicht (mehr) in der Lage, diese Entscheidungen zu treffen, sollten Betreuer/Bevollmächtigte gemeinsam mit den Angehörigen und dem Behandlungsteam oder (im Idealfall) eine Ethikkommission den mutmaßlichen Willen ergründen. Eine klare, rechtlich verbindliche Regelung gibt es zur Zeit noch nicht, die politische Diskussion über Sterbehilfe ist aber auch noch nicht abgeschlossen.

Literatur

  • R.Prönneke:Terminale Sedierung - Sedierung bei Sterbenden oder "Schlaf auf Verlangen", Die Hospiz-Zeitschrift Nr.30, der hospiz verlag Wuppertal 2006

Weblinks