Morphin
Das Morphin gehört zu den Opiaten und ist eines der stärksten natürlichen Schmerzmittel (Opioid-Analgetikum).
Opioide sind unterteilt in endogene Opioide (auch Endorphine, körpereigene Opioide, die eine Rolle bei der Schmerzunterdückung im Rahmen der Stressreaktion spielen) und exogene Opioide (therapeutisch oder missbräuchlich zugeführte Opioide).
Der Einsatz von Morphin wird in der Medizin immer noch kontrovers diskutiert, da gewisse Vorurteile sich hartnäckig halten. Dabei ist die Verwendung von Opioiden wie Morphin in der Schmerztherapie unverzichtbar und gelten inzwischen sogar als sicherer im Vergleich zu anderen Analgetika wie ASS, Metamizol und Paracetamol.[1][2][3][4] Jedoch ist Morphin nicht für alle Arten von Schmerzen geeignet, so dass es bei bestimmten Beschwerden nicht eingesetzt wird oder mit weiteren Medikamenten kombiniert werden muss.
Morphin dient nicht der Sterbehilfe, sondern der Therapie von Beschwerden, die in der Sterbephase auftreten können (wie starke Schmerzen und Atemnot).[5] Es ist bislang in der Literatur kein einziger Todesfall beschrieben, der bei richtiger Anwendung von Opioiden aufgetreten ist.[6]
Geschichte
1804 benannte der Apotheker Friedrich Wilhelm Adam Sertürner das Medikament Morphium nach dem griechischen Gott Morpheus, welcher der "Gott des Schlafes und der Träume" war. Erst Jahre später bekam das Medikament den heute bekannten Namen Morphin.
Vorkommen
Es wird aus dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum), dem Opium, gewonnen. Dieser Schlafmohn ist ursprünglich in der Region Vorderasien beheimatet.
Wirkungsweise
Es setzt an der Großhirnrinde (Cortex Cerebri) an und hebt das Schmerzempfinden auf. Morphin besitzt ebenfalls erregende Effekte auf das Zentrale Nervensystem. Periphere Wirkungen äußern sich besonders in einer Tonussteigerung der glatten Muskulatur. Alle Haupt- und Nebenwirkungen können durch Morphinantagonisten (Gegenspieler) Naloxon (Achtung bei Dosierung!) aufgehoben werden.
Indikation
Bei Schmerzen von schwerer und schwerster Art, z.B. Tumorschmerz, chronischer oder postoperativer Schmerz. In der Palliativmedizin wird Morphin auch bei Dyspnoe, Diarrhoe und Husten angewandt.
Unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen
Bereits in geringen therapeutischen Dosen können Nebenwirkungen auftreten: Übelkeit und Erbrechen durch die Wirkung auf das Brechzentrum im Hirnstamm; Schläfrigkeit (Somnolenz), Verstopfung (Obstipation), Denkstörungen; seltener Spasmen der Bauchmuskulatur und Myoklonien; bei Überdosierung kommt es zu Atemdepression, Übelkeit, Bewusstseinsstörungen wie Halluzinationen, Euphorie sowie Dysphorie, Blutdruckabfall. Ebenfalls führt es zur Unterdrückung des Hustenreizes.
Diese Nebenwirkungen können mit entsprechender Ko-Medikation gelindert bzw. aufgehoben werden.
Morphin macht, richtig dosiert, nicht süchtig und es kommt zu keiner Gewöhnung. Bei weiterbestehendem Schmerz wird die Dosis schrittweise angepasst (Faustregel: nach dreimaliger Bedarfsgabe innerhalb von 24 Stunden sollte die Basisdosierung angehoben werden).
Art der Anwendung und Dosierung
Es stehen verschiedene Darreichungsformen zur Verfügung:
- Tabletten, z.B. Sevredol® (wirken schnell, Wirkdauer etwa 4 Stunden)
- Retardtabletten und -kapseln, z.B. MST®, Capros® (wirken verzögert, Wirkdauer etwa 12 Stunden); MST continus® (wirkt ca. 24 Stunden)
- Retardgranulat - kann als solches auch über eine Ernährungssonde (z.B. PEG-Sonde) verabreicht werden; Cave bei der Zubereitung: Handschuhe schützen vor versehentlicher Aufnahme des morphinhaltigen Granulatstaubes über die Haut (bei hochdosiertem Granulat kann dies sonst unbeabsichtigt zu den üblichen Wirkungen führen und z.B. bei einer Verkehrskontrolle unangenehme Folgen nach sich ziehen).
- Lösung, z.B. Morphin Merck® Tropfen (Wirkung wie Tabletten)
- Suppositorien
- Injektionslösung (Wirkungseintritt bei subcutaner Injektion nach ca. 5-20 Minuten, Wirkdauer etwa 4 - 6 Stunden)
In der Schmerztherapie wird angestrebt, einen adäquaten Morphinspiegel im Blut zu erhalten. Deshalb wird Morphin nach einem bestimmten Zeitschema verabreicht, akut auftretende Schmerzspitzen werden mit einer Bedarfsgabe aufgefangen. Eine Morphingabe nur bei Bedarf führt zu immer höheren Dosen, macht also keinen Sinn.
Opioidnaive Patienten (Patienten, die bisher noch kein opioidhaltiges Medikament erhielten), bekommen als Anfangsdosis 2,5 bis 5 mg alle 6 Stunden. Besteht der Schmerz weiterhin, wird auftitriert, d.h. angenähert mit einem kürzeren Zeitabstand (also 4-stündlich); ist dies nicht ausreichend, wird wieder die Dosis erhöht (z.B. von 5 auf 10 mg).
Auffallend ist, daß Patienten mit einer Suchtkrankheit in der Anamnese (nicht nur Heroinabhängigkeit, auch bei Alkoholkrankheit und Tablettenabhängigkeit) deutlich höhere Dosierungen benötigen, um den Schmerz zu lindern. Da diese Krankheiten in der Vorgeschichte (auch von Angehörigen) oft aus Scham verschwiegen werden, dauert eine Schmerzeinstellung bei dieser Klientel manchmal unangemessen lange.
Rechtslage
Morphin ist in der Bundesrepublik Deutschland laut Anlage 3 des BtMG ein verkehr- und vertreibungsfähiges Betäubungsmittel. Grundsätzlich strafbar macht sich, wer es ohne Erlaubnis oder Verschreibung in Umlauf bringt. Es muss ein Nachweis über den Verbleib der Betäubungsmittel geführt werden ("BtM-Buch").
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ S. D. Solomon et al.: Cross Trial Safety Assessment Group: Cardiovascular risk of celecoxib in 6 randomized placebo-controlled trials: the cross trial safety analysis. Circulation. 2008 Apr 22;117(16):2104–13. MEDLINE
- ↑ M.Wolfe et al.: Gastrointestinal toxicity of nonsteroidal antiinflammatory drugs. N Engl J Med. 1999 Jun 17;340(24):1888–99 MEDLINE 24
- ↑ World Health Organisation: Cancer Pain Relief. WHO, Genf 1986.
- ↑ P. Zahn et al.: Paracetamol für die perioperative Analgesie. Alte Substanz – neue Erkenntnisse. Anaesthesist 2010; 59(10): 940–52. MEDLINE
- ↑ Nationaler Ethikrat: Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende.Veröffentlicht 2006.
- ↑ M.Zenz: Der Einsatz von Morphium. Beitrag im DÄ, Jg. 108, Heft 12, 2011, S. 642