Wohnungsauflösung

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Umzug.jpg

Wohnungsauflösung - Was ist zu tun?

Die Umsiedlung eines betreuten Menschen in ein Heim bedeutet die Aufgabe der bisherigen Wohnung. Für den Betreuer ist dies erfahrungsgemäß eine anstrengende Zeit, da zahlreiche Angelegenheiten zu erledigen sind. Im Folgenden soll eine Übersicht über die anfallenden Erledigungen und Tips zu deren Bewältigung gegeben werden.

Der Umzug ins Heim

Ist ein Heimplatz gefunden, kann der betreute Mensch in sein neues Zuhause umsiedeln. Vor dem Umzugstag sollten die Sachen, die ins Heim mitgenommen werden, aussortiert werden, insbesondere Wäsche, persönliche Erinnerungsstücke, Schmuck, etc. Es sollte auch entschieden werden, ob und welche Möbel, Bilder, Pflanzen, Fernseh- und Stereogeräte mitgenommen werden (können). Die räumlichen Möglichkeiten im Heim sind dabei zu beachten. Das Zimmer im Heim wird das neue Zuhause des Betreuten. Nutzen Sie nach Rücksprache mit dem Heimpersonal Möglichkeiten zur wohnlichen Gestaltung des Zimmers. Siehe auch die Checklisten unten auf dieser Seite.

Nach der Umsiedlung empfiehlt es sich in der alten Wohnung des Betreuten nach Wertsachen, Bargeld oder Sparbüchern zu suchen. Es kommt immer wieder vor, dass zwischen der Wäsche, unter der Matratze, in Schubladen, etc. bislang nicht bekanntes Vermögen zu Tage kommt.


Kosten des Heimaufenthaltes

Sofern die Kosten des Heimes (teilweise) vom Sozialamt getragen werden müssen, ist es wichtig, frühzeitig, d.h. möglichst vor der Unterschrift unter dem Heimvertrag einen Antrag auf Sozialhilfe zu stellen. An die Angaben im MDK-Gutachten ist der Sozialhilfeträger im Rahmen der sog. "Bindungswirkung" nach § 62 SGB XII nicht gebunden, da es bei den durch den MDK durchgeführten Begutachtungen in einer stationären Einrichtung gängige Praxis ist, mangels Kenntnis des häuslichen Wohnumfeldes die Heimbetreuungsnotwendigkeit pauschal zu bejahen.

Wird die Heimbetreuungsbedürftigkeit verneint, werden Kosten für die Heimunterbringung aus Sozialhilfemitteln nicht übernommen. Es empfiehlt sich daher, den Hausstand erst aufzulösen, wenn Klarheit hinsichtlich dieser Frage besteht, da ansonsten die Probleme noch vielfältiger werden können. Es ist daher anzuraten, schon vor einer Heimaufnahme diese Fragen mit dem Sozialhilfeträger abzuklären, der hier idR den Amtsarzt einschalten wird.

Die Kündigung und Auflösung der Wohnung

Entruempelung.jpg

Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte der Mietvertrag für die Wohnung schriftlich gekündigt werden. Diese Kündigung, wie auch die Auflösung der Wohnung, bedarf der Genehmgung durch das Betreuungsgericht nach § 1907 BGB. Diese muss VOR dem Ausspruch der Kündigung erteilt sein (§ 1831 BGB). Das Betreuungsgericht hat den Betreuten gem. § 299 FamFG anzuhören. Zuständig bei Gericht ist der Rechtspfleger

Die Kündigung erfordert die Schriftform (§ 568 i.V.m. § 126 BGB). D.h., die Kündigung muss eine handschriftliche Unterschrift enthalten (ein Fax reicht nicht aus). Aus Gründen der Beweissicherung sollte sie via Einschreiben erfolgen.

Der Vermieter kann die Kündigung zurückweisen, wenn ihr nicht die gerichtliche Genehmigung beiliegt - und zwar ebenfalls "in schriftlicher Form" (§ 1831 S. 2 BGB), d.h. in Form einer Ausfertigung des Beschlusses. Eine Kopie genügt auch hier nicht. Weist der Vermieter die Kündigung nicht unverzüglich deswegen zurück, genügt es allerdings, wenn die Genehmigung dem Betreuer vorliegt.

Ggf. ist es statt einer Kündigung auch möglich, mit dem Vermieter einen Auflösungsvertrag zu schließen, bei dem die Kündigungsfrist von 3 Monaten (§ 573c BGB) nicht eingehalten werden muss. Dieser Auflösungsvertrag kann auch nachträglich vom Gericht genehmigt werden (§ 1829 BGB). Auch hier ist es für den Betreuer risikoloser, die Genehmigung (§ 1907 Abs. 2 BGB) vorab einzuholen.

Die restlichen Mietkosten

BVerwG, Beschluss vom 30.12.1997, 5 B 21.97; EzFamR BGB § 1907 Nr. 1 = FEVS 48, 241 = info also 1998, 150:

  1. Mietzinsverpflichtungen, die durch die Verzögerung der Wohnungsaufgabe durch das nach § 1907 BGB erforderliche betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren entstehen, sind besondere Belastungen des in stationäre Pflege genommenen Hilfebedürftigen, da sie gleichsam aus Anlass des Hilfefalles entstehen, ohne dass der Hilfebedürftige sich ihnen entziehen könnte. Denn § 1907 BGB schaltet im Interesse des Schutzes des Betreuten vor dem Verlust seiner Wohnung als dem räumlichen Mittelpunkt seines bisherigen Lebens der Wohnungsaufgabe durch den Betreuer zwingend ein Genehmigungsverfahren vor.
  2. Werden Einkommensteile desjenigen, dem stationäre Hilfe zur Pflege gewährt wird, freigelassen, um diese Verpflichtungen erfüllen zu können, erwächst dem Hilfeempfänger hieraus auch kein wirtschaftlicher Vorteil. Denn er muß die freizulassenden Geldmittel an den Vermieter abführen, um seine mietvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.12.2010, L 2 SO 2078/10:

Die Überschneidungskosten, die auf dem bis zur Beendigung des Mietverhältnisses über eine Wohnung nach vorzeitig notwendig gewordenen Umzug in eine stationäre Einrichtung noch entstanden sind, sind zwar keine Kosten des notwendigen Lebensunterhaltes in einer Einrichtung gem. § 35 SGB XII. Sie sind jedoch vom Sozialhilfeträger als notwendiger Unterkunftsbedarf gem. § 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII i.V.m. § 29 SGB XII zu übernehmen.

Verwertung von Gegenständen

Sind in der Wohnung Gegenstände, die offenbar werthaltig sind (Antiquitäten usw.), ist ggf. in Absprache mit dem Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichtes eine Wertschätzung zu veranlassen, über vereidigte Auktionatoren oder Firmen, die Versteigerungen vornehmen. Sofern die Gegenstände zur weiteren Finanzierung des Heimaufenthaltes nicht benötigt werden, ist stattdessen an eine geordnete Einlagerung bei einem Umzugsunternehmen zu denken. Auf jeden Fall sind von Wertgegenständen Listen zu erstellen, es empfiehlt sich auch eine Fotodokumentation. Wichtig: Familienerbstücke müssen ggf. nicht zu Geld gemacht werden, bevor Sozialhilfe beantragt wird. § 90 SGB-XII enthält Regelungen, wonach bestimmte Gegenstände als [8Mittellosigkeit|Schonvermögen]] gelten.

Schenkungen anläßlich Wohnungsauflösungen

Anläßlich einer Wohnungsauflösung, die nach einer Heimaufnahme des Betreuten oft unumgänglich ist, werden Betreuer oft von Angehörigen des Betreuten um Schenkungen aus dem Hausrat angegangen. Es gilt hier das allgemeine Schenkungsverbot. Zur Vermeidung kann der Betreuer Hausratsgegenstände, die weder vom Betreuten weiter verwendet werden können noch zur Finanzierung des Heimaufenthaltes veräußert werden müssen, leihweise an Angehörige (gegen Quittung) überlassen. Diese Leihe ist keine Schenkung und unterliegt nicht dem Schenkungsverbot. Verliehene Gegenstände verbleiben im Eigentum des Betreuten.

Die Übergabe von Gebrauchtmöbeln, Kleidung oder anderer Einrichtung (ohne wesentlichen Verkaufswert) an gemeinnützige Organisationen stellt zwar eine Schenkung dar, diese wird aber als Sittlichkeitsschenkung nicht unter das Schenkungsverbot des § 1804 BGB fallen.

Entsorgung von Sperrmüll

Der zuletzt verbleibende Hausrat muss als Sperrmüll entsorgt werden. Sollten keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, kann der Betreuer trotz entsprechender mietvertraglicher Verpflichtung nicht "besenrein" übergeben. In diesem Fall ist es Sache des Vermieters, selbst für eine Entsorgung zu sorgen. Er kann sich dafür im Rahmen des Vermieterpfandrechtes sowie an Kautionen und ggf. Genossenschaftseinlagen schadlos halten.

Umzugs- und Renovierungskosten

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil L 13 SO 26/07 ER vom 16.07.2007 zur Übernahme der Umzugs- und Renovierungskosten beim Umzug einer Betreuten in das Altenheim

Schlusstätigkeiten

Hiernach kann mit dem Vermieter ein Termin zur Wohnungsabnahme, Schlüsselübergabe und Kautionserstattung vereinbart werden. Fragen Sie an, ob die Wohnung zuvor renoviert werden muss. Eine generelle Renovierungsverpflichtung ist lt. BGH nicht statthaft: eine vorformulierte Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.

BGH, Urteil vom 05.04.2006, VIII ZR 152/05; WuM 2006, 308 = NJW 2006, 2115 = MDR 2006, 1215 = IMR 2006, 106 = NZM 2006, 621 sowie http://www.mietrechtsinfo.de/2006/04/05/bgh-uebliche-fristen-sind-starre-fristen/

Zuletzt verbleiben die Abmeldung von Strom und ggf. Gas (in beiden Fällen Zählerstand notieren) bei den Stadtwerken oder dem sonstigen Energieversorger und Telefon sowie die Ummeldung bei der GEZ.

Sinnvoll ist des weiteren die Erteilung eines Nachsendeauftrages zur Umleitung der Post an die neue Anschrift des Betreuten. Die Kosten eines solchen Nachsendeantrags trägt der Betreute (anders ein Nachsendeantrag an die Adresse des Betreuers, diese stellt eine Aufwendung nach § 1835 BGB dar, die beim Berufsbetreuer in der Vergütungspauschale enthalten ist und beim ehrenamtlichen Betreuer in der Aufwandspauschale nach § 1835a BGB.

Beratung und Hilfestellung

Betreuungsvereine und Betreuungsbehörden geben dem Betreuer auf Anfrage praktische Hilfestellung im Rahmen ihrer Beratungspflichten.

Siehe auch

Aufgabenkreis Wohnungsangelegenheiten, Altenheim

Literatur

Vordrucke

Klarsicht.gif


Infos zum Haftungsausschluss