Johanniter

Aus Familienwortschatz
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Allgemeines

Zu Zeiten der Kreuzzüge, also vor allem im 11. bis 13. Jahrhundert lag die Pflege von Kranken hauptsächlich im Aufgabenbereich der Klöster. Im „heiligen Land“, also vor allem in den Gebieten des heutigen Israels, Palästinas des Libanons und der Türkei gab es schon vor den Kreuzzügen sog. Pilgerherbergen (hospitiae pauperum), vor allem an den Pilgerstraßen und den am häufigsten gewählten Hafenstädten. Da die meisten dieser Pilgerherbergen allerdings Stiftungen reicher Landesfürsten aus den Staaten waren, aus denen die Pilger ins „heilige Land“ reisten, standen diese Herbergen nur den jeweiligen Landsleuten offen. Eine Ausnahme war damals bereits Jerusalem; da die Stadt ein beliebtes Ziel für Pilger aus ganz Europa war und es dort folglich einen großen Bedarf an Herbergen gab, standen diese für alle Pilger offen . In Jerusalem existierte bereits seit dem Jahre 603 n.Chr. ein christliches Hospiz, das von benediktinschen Mönchen gegründet worden war. Dieses wurde allerdings 1010 während der persischen Eroberung Jerusalems, zusammen mit allen anderen christlichen Gebäuden zerstört. Um das Jahr 1040 wurde allerdings von amalfitanschen Kaufleuten ein neues Hospiz gegründet, welches wieder unter benediktinischer Leitung stand; dies stand vor allem zahlungswilligen Pilgern als Herberge zur Verfügung.


Die Gründung des "Hospitals des heiligen Johannes zu Jerusalem"

Das Leid der Bevölkerung, wie auch der Belagerer bei der Eroberung Jerusalems (1099) während des ersten Kreuzzuges bewegte einen gewissen Bruder Gerard zu der Idee der Gründung einer weltweiten, unabhängigen Organisation christlicher Nächstenliebe und Menschlichkeit. Der erste Schritt bei der Verwirklichung dieser Idee bestand in der Gründung des „Hospitals des heiligen Johannes zu Jerusalem“, das eigentlich als ein Hospiz gedacht wahr, allerdings schon bald hauptsächlich der Versorgung Kranker und Verwundeter diente und somit bereits die Züge eines echten Hospitals trug. Über die Herkunft Bruder Gerards gibt es, ebenso wie über die Tatsache, ob Bruder Gerard einem geistlichen Orden angehört hatte, keine verlässlichen Angaben. Ebenso ist nicht genau geklärt, ob es sich bei dem neuen Hospital um einen Neubau oder eine Erweiterung des bereits bestehenden alten Hospizes gehandelt hat. Sicher und durch eine Bulle Papst Paschalis II belegt ist allerdings, dass das Hospital von Jerusalem dem heiligen Johannes dem Täufer gewidmet war. Bruder Gerard stellte sein Hospital allen Kranken und Hilfsbedürftigen, egal welcher Nationalität zu Verfügung. Allerdings wollte sich Gerard nicht nur auf die Versorgung der Kranken in Jerusalem beschränken, sondern den Pilgern bereits auf ihrer lange Reise diese Versorgung zukommen lassen; aus diesem Grunde schwebte ihm die Zusammenarbeit bzw. die Gründung weiterer sozialer Einrichtungen auf allen Stationen der Pilgerreise nach Jerusalem vor. Bis zum Jahre 1113 existierten bereits Armenhäuser und Herbergen in St. Gilles, Asti, Pisa, Bari, Otranto und Messina (diese werden in einer päpstliche Bulle aus dem Jahr 1113 erwähnt und dem Hospital von Jerusalem als zugehörig bestätigt)


Das Hospital

„Was du dem geringsten meiner Brüder getan hast, das hast du auch mir getan.“ … Nach diesem Gebot Christi handelten die Johanniter und aus diesem Grundsatz erklärt sich auch die persönliche und religiöse Zuwendung der Johanniter für die Kranken und Schwachen in der wohl das Geheimnis, der, für damalige Verhältnisse, hervorragenden medizinischen Versorgung bestand. Die Johanniter sahen sich selbst als Diener und die Kranken und Hilfsbedürftigen als ihre Herren an. Dennoch scheuten sich die Johanniter nicht, auch die Erkenntnisse der arabische wie auch der griechisch - byzantinische Medizin in ihre Behandlung einfließen zu lassen. In diesen Gegenden waren nämlich, im Gegensatz zu Mitteleuropa die medizinischen Kenntnisse der Antike erhalten geblieben und erweitert worden. Von hier stammten wohl auch die Erkenntnisse über Hygiene und Diätetik, die von den Johannitern in ihren Spitälern angewendet wurden; darüber hinaus wurde von den Johanniter bereits der enge Zusammenhang zwischen der seelischen und körperlichen Gesundheit gesehen. Aus diesen Gründen sah die Hospitalsordnung, die 1181 von Roger de Moulin (dem Großmeister des Ordens erlassen worden war vor, dass jeder Kranke bei seiner Aufnahmen ins Hospital zuerst beichten und die Kommunion erhalten sollte, danach wurde zu seine Bett gebracht und wie ein „Herr“ versehen. Diese Hospitalsordnung sah auch vor, dass vier gelehrte Ärzte im Hospital angestellt waren, deren Aufgabe es war die Natur der Krankheit festzustellen (das gängigste Mittel der Diagnose war zu dieser Zeit die sog. Harnschau) und den Ordensbrüdern die Anleitung für die Zubereitung der Arzneien zu geben. Neben den Ärzten waren für jede Abteilung des Spitals neun dienende Brüder zuständig, deren Aufgaben darin bestanden, den Kranken die Füße zu waschen, ihre Tücher zu reinigen, ihre Betten zu richten und ihnen zu trinken zu geben. Im Haupthaus des Ordens in Jerusalem gab es zu dieser Zeit ca. 1000 Betten, in Notzeiten stellten die Ordenmitglieder auch ihre eigenen Betten zur Verfügung, wodurch bis zu 2000 Kranke aufgenommen werden konnten. Zu jener Zeit waren im Hospital von Jerusalem etwa 400 adlige Brüder tätig, zusätzlich waren auch noch nichtadlige Helfer angestellt, die hauptsächlich für die Versorgung am Krankenbett zuständig waren; täglich sollen also 168 Pfleger beschäftigt gewesen sein. Das Jerusalemer Hospital hatte elf Stationen auf denen jeweils 12 Pfleger und ein Meister dienst taten, die Meister waren für die Neuaufnahmen und die Verteilung der Kranken auf die einzelnen Station zuständig. Jeder Kranke erhielt ein Einzelbett, was sehr ungewöhnlich war, da sich in anderen Hospitälern dieser Zeit meist zwei Kranke, meist auch noch mit unterschiedlichen Erkrankungen ein Bett teilen mussten. Jedes Bett sollte mit zwei Leinentüchern und einer Decke ausgestattet sein und sogar die Maße der Betten waren in der Hospitalordnung festgelegt. Je zwei Kranke teilte sich ein Lammfell und ein paar Schuhe, mit denen sie sich bedecken konnten wenn sie ihr Bett verließen.

An drei Tage in der Woche erhielten die Kranke frisches Fleisch (meist Schaf oder Schweinefleisch); an den andren Tagen standen Brühe, Eier und Mehlspeisen, Käse und Fisch auf dem Speiseplan. Zeitgenössische Quellen berichten, dass von den Brüdern Hühner, Tauben, Rebhühner, Lämmer, Böcke, Eier Fische, Birnen, Pflaumen Kastanien, usw. zugekauft wurden, wozu jeder Station ein gewisser Geldbetrag zur Verfügung stand. Die Kranken erhielten zum Essen ein Tischtuch, dass auf ihr bett gelegt wurde und einer der Pfleger teilte aus Tragekörben Brot an die Patienten aus, wobei die Brotsorte regelmäßig gewechselt wurde um zu verhindern, dass die Kranken einer Brotsorte überdrüssig wurden. Von den Ärzten war ein allgemeines Verbot erlassen worden den Kranken Bohnen, Linsen Meerzwiebeln, Muränen und Fleisch von Mutterschweinen als Speise zu reichen, da diesen Nahrungsmitteln eine schädliche Wirkung zugeschrieben wurde.

Wahrscheinlich war bereits diese sehr ausgewogene und vitaminreiche Diät der Hauptgrund warum die Kranken die zum größten Teil an Erschöpfungszuständen litten schnell wieder gesund wurden.


Der Alltag im Hospital

Die dienenden Brüder des Johanntierordens wuschen jedem Patienten täglich den Kopf und stutzen ihnen die Bärte, montags und donnerstags wurden den Kranken die Füße gewaschen und die Sohlen mit Bimsstein gereinigt. Während den Essensausgaben wurde Wasser versprengt und die Pfleger räucherten die Säle mit Räucherwerk aus, dies sollte der Desinfektion dienen, vertrieb aber vor allem lästige Insekten.

Die Ärzte, welche in Hospital angestellt waren hielten morgens und abends Visite, wobei sie auf jeder Station von zwei Pflegern begleitet wurden, von denen einer, der sog. Hospitaliter, die nötigen Medikamente beschaffte und der andere, der Scriptor, die vom Arzt verordnete Behandlung niederschrieb und die Urinflasche hielt. Neben diesen Ärzten und Chirurgen waren im Hospital auch Bader angestellt, die die Kranken, wenn es von Arzt angeordnet wurde, zur Ader ließen. Nach Einbruch der Dämmerung übernahmen je zwei Pfleger den Nachdienst auf den einzelnen Stationen. Nach der Nocturne, dem Nachtgebet, prozessierten alle im Nachtdienst Tätigen über die Stationen; dabei wurden die Lampen entzündet und an die Kranken Wasser und Wein ausgeteilt, danach folgte eine weitere Waschung der Kranken. Während der Nachtwache patrouillierten die Pfleger mit Kerzen durch die Krankensäle und kontrollierten den Schlaf und das Befinden der Patienten. An jedem Tag wurde vom Ordensgeistlichen eine Messe gelesen, die Kranken die Beichte abgenommen die Kommunion ausgeteilt und Sterbenden der letzte Beistand geleistet. Jeden Sonntag wurde eine Prozession durch das Spital geführt und dabei das Evangelium verlesen. In einem Johanniterhospital Verstorbene wurden in einem verzierten und mit dem Ordenskreuz geschmückten Sarg auf dem Ordensfriedhof beigesetzt.

Heilkunde im Mittelalter

Zu Zeiten der Kreuzzüge waren Arzt- und Priestertum eng verwand. Die Pflege der Kranken und auch die Bewahrung des Wissens um die Heilkunst lagen bei den Klöstern. Die größten Sammlungen medizinischer Bücher waren in den größeren Klöstern dieser Zeit zu finden, bevor die ersten Universitäten gegründet und weltliche Ärzte ausgebildet wurden. Die medizinische Wissenschaft in dieser Zeit basierte hauptsächlich auf den Lehren der griechischen und römischen Ärzte der Antike. Durch den muslimischen Einfluss im heiligen Land fand auch die arabische Heilkunst Einzug ins christliche Europa (in Arabien waren , im Gegensatz zu Europa, die Lehren aus der Antike erhalten geblieben). Die Pflegeorden im heiligen Land trugen einiges dazu bei, dass sich dieses Wissen auch in Europa weiterverbreiten konnte. Die Grundlage für das Medizinverständnis dieser Zeit bildete die sog. Humoralpathologie, die von Hippokrates entwickelt und von Galenus weiterentwickelt wurde. Nach dieser Theorie war die Gesundheit eines Menschen vom Gleichgewicht der vier Körpersäfte Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle abhängig. Eine Krankheit erklärte man sich damals als die Folge eines Ungleichgewichts (Dyscrasia) dieser vier Säfte untereinander. Aus dieser Säftelehre leitet sich auch die besondere Bedeutung der Harnschau als eines der wichtigsten diagnostischen Mittel dieser Zeit und die Bedeutung des Aderlasses als Therapieform ab. Aus diesem Grund war auch in den Johanniterhospitälern die Beobachtung der Ausscheidungen der Kranke von solch großer Bedeutung und war Teil der Grundpflege. Aderlass und Schröpfen waren damals gängige Methoden der Therapie und sollten der Regulierung des Blutkreislaufes dienen. Da allen Nahrungs- – und Heilmitteln im Mittelalter bestimmte Eigenschaften zugeordnet wurden, war auch die Diätetik ein wichtiger Bereich der mittelalterlichen Medizin. Oft wurde vom Aussehen einer Pflanze auf deren Wirkung im menschlichen Körper geschlossen; so z.B. beim Johanniskraut, dass seinen Namen den Johannitern verdankt, die es, aufgrund der roten Flecken auf den Blättern, die an Blut erinnerten, zur Wundversorgung einsetzten.

siehe auch

Weblinks