Behinderung

Aus Familienwortschatz
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Eine Behinderung ist eine dauerhafte und sichtbare Abweichung im körperlichen, geistigen oder seelischen Bereich, der allgemein ein entschieden negativer Wert zugeschrieben wird. Dauerhaftigkeit unterscheidet Behinderung von Krankheit. Sichtbarkeit ist im weitesten Sinne das Wissen anderer Menschen um die Abweichung.

  • Ein Mensch ist behindert, wenn erstens eine unerwünschte Abweichung von wie auch immer definierten Erwartungen vorliegt und wenn zweitens deshalb die soziale Reaktion auf ihn negativ ist" (Cloerkes, 2001, S. 7)

Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) unterscheidet außerdem zwischen Schädigung und Behinderung. Schädigung ist demnach eine Störung auf organischer Ebene. Eine Behinderung eine Störung auf der personalen Ebene, die Bedeutung für einen konkreten Menschen hat. Benachteiligung (Handicap) schließlich umfasst die möglichen Konsequenzen im sozialen Bereich" (vgl. Cloerkes, 2001, S. 4).

Bleidick unterscheidet außerdem zwischen körperlicher, geistiger und seelischer Behinderung (1976)

• 5. Mai – für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung – 5. Mai •


Aktionstag am 5. Mai

Weltgesundheitsorganisation (WHO)

1980 entwickelte die WHO mit dem ICIDH ("International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps") ein Klassifikationsschema von Krankheiten und Behinderung. Dabei wird zwischen Impairment, Disability und Handicap unterschieden (siehe oben).

1999 wurde dieses Schema im ICIDH-2 (International Classification of Impairments, Activities and Participation: A Manual of Dimensions and Functioning) verändert und erweitert. Hierbei sind nicht mehr die Defizite einer Person maßgeblich, sondern die persönlichen Fähigkeiten und die soziale Teilhabe.

Begriff der Behinderung im deutschen Sozialrecht

Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn

  • ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen
  • und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Behinderung ist danach keine medizinische Kategorie. Das entscheidende Kriterium ist vielmehr die Teilhabe am Leben der Gesellschaft, die beeinträchtigt ist. Die Beeinträchtigung ist dann erheblich, wenn sie Folge einer dauerhaften Regelwidrigkeit der körperlichen, geistigen oder seelischen Funktionen des Menschen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat damit den Behinderungsbegriff aus dem ICIDH 2 der WHO aufgegriffen[1]. Dieser Behinderungsbegriff gilt auch für die Krankenversicherung, wenn sie nach § 33 Abs. 1 SGB V Leistungen zum Ausgleich der Behinderung erbringt[2]. Als Behinderung ist beispielsweise die pathologische Kahlköpfigkeit bei einer Frau anzusehen, so dass die Krankenkasse die Kosten einer Perücke übernehmen muss[3].

Der sozialrechtliche Behinderungsbegriff hat eine gemeinsame Schnittmenge mit dem Krankheitsbegriff der Krankenversicherung in der funktionellen Regelwidrigkeit. Krankheit liegt dann vor, wenn daraus Behandlungsbedürftigkeit (oder Arbeitsunfähigkeit) folgt, Behinderung dagegen, wenn die Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Teilhabe die Folge ist. Für das Vorliegen der Behinderung muss die Regelwidrigkeit zusätzlich von Dauer sein, dennoch ist Behinderung nicht bloß eine dauerhafte (chronische) Krankheit. Ein Mensch kann also krank und behindert, aber auch "nur" krank oder "nur" behindert sein.

Im Recht der deutschen Sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) sind Krankheit oder Behinderung

  • Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat, oder
  • Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane, oder
  • Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen.

Eine weitere Unterscheidung zwischen Krankheit und Behinderung wird im Pflegeversicherungsrecht nicht vorgenommen, da es nicht darauf ankommt, ob die Pflegebedürftigkeit Folge einer Krankheit oder einer Behinderung ist.

Fußnoten


Literatur

  • Cloerkes, Günther (2001): Soziologie der Behinderten. 2. neubearb. u. erweiterte Aufl. Heidelber, Universitätsverlag C. Winter, Edtiton "S"
  • Bleidick, U: Metatheoretische Überlegungen zum Begriff der Behinderung. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, Nr 27, 1976, S. 408-415.

siehe auch

Weblinks



vgl. Wikipedia: "Behinderung"