Metaparadigma

Aus Familienwortschatz
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Metaparadigma ist der Schlüsselbegriff (gemeinsame Nenner) einer wissenschaftlichen Disziplin. Theorien, Modelle und Konzepte lassen sich damit allgemein und übergeordnet sowohl einschätzen, als auch beurteilen.

Metaparadigma der Pflege

In der Pflege galten die vier Schlüsselkonzepte Person, Gesundheit, Umgebung und Pflege selbst als besonders relevant. Sie können sich im Detail überschneiden. Aus pflegewissenschaftlicher Sicht ist das Paradigma-Denken überwunden (siehe unten)!

Person/ Mensch

Aussagen über Pflegebedürftige, Pflegende oder andere beteiligte Personen, wie Ärzte und Angehörige vermitteln ein dahinter verborgenes Menschenbild. Dieses Menschenbild kann zum Beispiel

  • christlich geprägt sein - der Mensch als Krone der Schöpfung
  • oder auch humanistisch - Menschen mit einem nicht absehbaren, inneren Potenzial
  • oder funktionalistisch - der Mensch als lebende Maschine.

Kritisch zu betrachten sind Menschenbilder, die Menschen einen unterschiedlichen Wert zusprechen, beispielsweise rassistische, sexistische oder auch weniger offensichtliche, wie die weniger gute Versorgung von alten, multimorbiden Patientinnen u Patienten.

Gesundheit

Pflegetheorien vermitteln mehr oder weniger vollständig auch ein Verständnis über Gesundheit und Krankheit und deren Verhältnis zueinander. Es gibt dafür die unterschiedlichsten Definitionen. Eine der bekanntesten ist die der WHO. Sie definiert Gesundheit in einer Maximaldefinition als das vollständig, allumfassende Wohlbefinden. Virginia Henderson definierte Gesundheit als die relative Unabhängigkeit eines Menschen und die vernünftige Abhängigkeit von anderen Menschen.

Umgebung/ Umwelt

Pflege findet nie in einem Vakuum statt, sondern immer unter bestimmten Rahmenbedingungen. Sie sind politisch, räumlich, sozial, kulturell...bedingt. Mit diesem Metaparadigma lässt sich einschätzen, inwieweit diese Bedingungen theoretisch berücksichtigt sind und wie die Pflege dadurch beeinflusst wird. Dies wird auch unter den Begriffen Ökologie oder Kontext diskutiert.

Pflege

Pflege ist kein einheitlicher Begriff und hat wenig fest umrissene Tätigkeiten. Ab wann ist ein Mensch pflegebedürftig? Pflegebedürftigkeit ist zunächst keine festgelegte Messgröße. Diese Begriffe müssen erst definiert werden, um sie zu klären. Eine der bekanntesten Pflegedefinitionen stammt ebenfalls von Henderson (1960):

"die einzigartige Aufgabe der Pflege ist es, dem einzelnen, krank oder gesund, bei der Durchführung jener Tätigkeiten zu helfen, die zur Gesundheit oder Rekonvaleszenz (oder zum friedlichen Tod) beitragen, die er ohne Hilfe selbst durchführen würde, wenn er die dazu notwendige Kraft, den Willen oder das Wissen hätte. Dies ist auf eine Weise zu tun, die dem Patienten die schnellstmögliche Wiedererlangung seiner Unabhängikeit erlaubt."

Damit beinhaltet Pflege hier auch Geburtshilfe.

Pflegewissenschaftliche Kritik

Paradigma in Wissenschaften nach Kuhn:

  1. Das Paradigma einer Wissenschaft bestimmt eine Zeit lang die gesamten wissenschaftlichen Aktivitäten
  2. Es gibt einen Einigungsprozess zur Paradigmaformulierung
  3. Neue Untersuchungen "stürzen" das alte Paradigma

Das Paradigmendenken ist in der Pflegewissenschaft überwunden, da es eher für Naturwissenschaften (Physik, Chemie) gilt.

Sozialwissenschaften (wie die Pflegewissenschaft) können keine paradigmatischen Wissenschaften sein, denn Leben (soziales) ist so komplex, dass es niemals mit einem Paradigma beschrieben werden kann. Daraus lässt sich folgern, was Pflegewissenschaft nicht ist: eine paradigmatische Wissenschaft.

siehe auch

Literatur

  • Scupin, O.; Pflegebedürftig - Herausforderung oder das "Ende" des Lebens? Der Entwurf einer subjektiven Theorie der Pflegebedürftigkeit, Berliner Studien zur Wissenschaftsphilosophie & Humanontogenetik Band 21; Bielefeld : Kleine Verlag, 2003. ISBN 3-89370-379-9