Kundenorientierung – Was will sie?

Aus Familienwortschatz
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Aus dem Krankenhaus mit postulierter „caritativer Liebestätigkeit“ sind freigemeinnützige Dienstleistungsunternehmen geworden und diese benötigen Kunden, um am Markt bestehen zu können.

"Kundenorientierung ist mehr als nur der diplomatische Umgang mit "schwierigen" Kunden. Sie ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit - auch in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Praxen wird ein Faktor zur Bindung des Kunden an das "Unternehmen Praxis" oder Krankenhaus immer wichtiger: Der Umgang der Pflegenden, der Mitarbeiter oder der Therapeuten mit den Patienten."[1]

Warum Kundenorientierung

Vorwiegend in den privatwirtschaftlich geführten Krankenhäusern wird dieser Begriff zum Synonym einer Einstellung. Der Kunde ist König - wer möchte als Patient nicht König sein? Damit das klappen soll, legt man die Normen in der Betriebsphilosophie fest. Ein guter Gedanke. Aber: In der Realität "regiert auch hier das Geld die Welt". Auch die Arbeit im Krankenhaus wird zunehmend von der Gier, vom Egoismus und durch den Kampf um Macht und Geld geprägt. Gerade unter diesen Bedingungen ist es wichtig, sich auf Visionen neu zu besinnen. Das ist nicht naiv und auch nicht blauäugig, wie man noch vor einem Jahr urteilte, sondern unabdingbar. Was möglich wäre, würde man nicht die Vision in Frage stellen, sondern die Realität, beschreibt der folgender Artikel.

Die Vision

Ein Patient (von latein: patiens ‚aushaltend‘, ‚fähig zu ertragen‘; passio: das ‚Leiden') ist auch unser Kunde, …

  • weil er als Versicherter für die jetzigen Leistungen seine Beiträge entrichtet hat oder sogar "Selbstzahler" ist.
  • weil wir es (auch ohne Helfersyndrom) gut mit ihm meinen, denn gut gemeint ist nicht immer das Gegenteil von gut.
  • weil letztendlich der Patient unser Arbeitgeber ist, denn alle Mitarbeiter leben letztendlich von den Erlösen die eine Klinik/ ein Krankenhaus oder auch ein Pflegeheim erwirtschaften.
  • weil nicht wenige unserer sogenannten "Patienten" lieber Kunden sein möchten. Spätestens dann, wenn sie wieder selbst für sich entscheiden können, müssen sie es auch dürfen!

In der Medizin und in der Pflege sperrt man sich gegen den Begriff „Kunde“. Oberflächlich betrachtet ist das fast verständlich, denn dieser Begriff ist nicht selten „schlecht besetzt“.

Der Kunde

Kunden erhalten unter Wettbewerbsbedingungen innerhalb einer freiwilligen Austauschbeziehung (Ausnahme ist im Krankenhaus der Notfall) Leistung gegen Geld (Selbstzahler und Kasse). Diese Austauschbeziehung betrifft gleichermaßen Kassenpatienten (GKV) und Privatpatienten (PKV). Der Unterschied besteht allerdings innerhalb der Erlöse: Der Privatpatient zahlt mehr, gehört jedoch zu einer kleinen Gruppe der Kunden (10 Prozent der Bevölkerung). Bezüglich der Erlöse bringt die größere Anzahl der Kassenpatienten (90 Prozent der Bevölkerung)auch den größeren Anteil. Sie sind daher nicht in einer schlechteren Ausgangssituation (subjektive Wahrnehmung eines Minderwertigkeitsgefühls).

Kunden sind kritisch und wählen sorgsam das Krankenhaus aus, dem sie ihr „gutes Geld“ anvertrauen, um mit diesem den größtmöglichen gesundheitlichen Nutzen zu erzielen. Innerhalb dieser Beziehung haben Kunden (Patienten) und Anbieter (Krankenhausträger) eigentlich gleichgerichtete Interessen (Heilung zu erzielen). Problematisch ist allerdings die Verfahrensweise der GKV, die ihren Mitgliedern innerhalb einer vermeindlichen Kundenorientierung die Krankenhäuser vorschreibt.

Eigentlich gehen Kunden kein zweites Mal in ein Krankenhaus, mit dem sie nicht zufrieden waren oder von dem sie durch andere Patienten Schlechtes erfuhren. Es sei denn, sie werden als Notfall nochmals dorthin „verschleppt“, dann trifft die Bezeichnung Patient wieder voll zu.

Einige Krankenhaus-Mitarbeiter verbinden mit dem Begriff „Patient“ noch traditionell nur deren Hilflosigkeit. Das löst dann Beschützerreflexe aus, aktiviert Mutterinstinkte, in manchen Fällen besteht die Gefahr, dass sogar Macht/ Gewalt ausgeübt wird. Genau das will die Kundenorientierung nicht: sie bevorzugt den mündigen und kritisch offenen Patienten.

Klinikbetreiber befinden sich innerhalb der Kundenwerbung im Wettbewerb. Um an diesem teilnehmen zu können, sind innerhalb der Kundenorientierung eine gute Arbeitsorganisation, ein klares Leistungsprofil und ein eindeutiges und nachvollziehbares Leitungsspektrum Voraussetzung.

Leider impliziert der inhaltslose Begriff „Kunde“ auf der Grundlage schlechter Erfahrungen und mystifizierter Berichterstattungen den Gedanken an Abzocke, finanziellen Gewinn, veränderte (schlechtere) Arbeitsbedingungen, Lohndamping und Entmündigung der Mitarbeiter: Das ist leider zunehmend so, liegt aber nicht am Begriff, sondern ist Ausdruck einer Reglementierung durch die Politik und übertriebener Kosteneffizienz/ Gewinnstreben vorwiegend einiger Krankenhauskonzerne.

Diskrepanzen zwischen einem Leitmotiv, wie es auch die "Kundenorientierung" für Klinikbetreiber, Krankenkassen und Mitarbeiter sein soll, und dem täglichen Erleben führen nicht selten zur "inneren Kündigung" der Mitarbeiter. Nichts ist für Kunden und Mitarbeiter schädlicher als das! „Der geistige Tod eines Volkes liegt in seinen Geldschränken“ schrieb Leonard Frank.

Die größten Probleme mit der Kundenorientierung und daher folglich mit ihren Mitarbeitern haben Kliniken, die nach dem System eines „Ständestaates“ und vom „Kastenwesen“ geprägt sind und jene, die unter dem Begriff der Kosteneffizienz die alleinige Gewinnmaximierung verstehen. Die Folge: Personalreduzierung auf allen Ebenen und das nicht selten zu Ungunsten der Qualität der Patientenbetreuung.

Kundenorientierung im Krankenhaus erfordert Menschlichkeit innerhalb eines knallhart materialistischen Systems. Gelingt diese Umsetzung nicht, bleibt der Kunde weiterhin der Patient im Sinne des Leidenden und des Erduldens. Siehe auch: Diskussionsseite dieses Artikels.

Quellen

Siehe auch