German Diagnosis Related Groups

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Die German Diagnosis Related Groups (G-DRG) sind die deutsche DRG Version, und seit Januar 2004 verpflichtend als Entgeltsystem für Krankenhäuser eingeführt.

Prinzip

DRGs sind Patientenklassifikationssysteme und wurden bereits Mitte der 70er Jahre in den USA entwickelt. In DRG-Systemen werden stationäre Patienten Fallgruppen (DRGs) zugeordnet: Fallgruppen sollen primär ökonomisch homogen sein, das bedeutet, Patienten die derselben Fallgruppe zugeordnet sind, sollen ähnliche Kosten verursachen. Darüber hinaus erfolgt die Fallgruppierung sekundär unter medizinischen Kriterien. Jede Fallgruppe wird entsprechend ihrer ökonomischen Fallschwere und ihres Ressourcenverbrauches mit einem Relativen Kostengewicht belegt und mit einem fixen Entgelt vergütet.

Am 27.Juni 2000 hat sich die Selbstverwaltung in Deutschland für die Einführung der Australian Refined DRGs Version 4.1 (AR-DRGs), entschieden, weil sich dieses System, aufgrund der Erfüllung der gesetzlichen Vorlagen und der Bewertung durch einen gutachterlichen Systemvergleich gegenüber anderen DRG-Systemen als vorteilhaft erwiesen hat. Das australische System beinhaltet ein spezielles Schweregradkonzept, wodurch sich Begleiterkrankungen und Komplikationen abbilden lassen, ohne dass es dabei zu unübersichtlich vielen Fallgruppenzuordnungen kommt. Zur Anpassung des australischen AR-DRG-System als Grundlage für das deutsche System standen viele Vorbereitungen an, die z.B. mit der Übersetzung, der in englisch beschriebenen Systematik, ins Deutsche begannen.

Geschichte

Die ersten DRGs wurden in den 1960er Jahren in den USA im Rahmen eines Projektes zur Qualitätssicherung definiert, und 1983 erstmals in den USA als Basis zur Krankenhausvergütung eingesetzt. Seit dem machen sie auch vermehrt in europäischen Ländern und Australien Schule.

Einführung

  • 2000: Gesetzesentwurf: GKV-Reformgesetz, Artikel 4; KHG §17b
  • 01. Januar 2003 - 31. Dezember 2003: Krankenhäuser können auf freiwilliger Basis per DRG-Eingabe ihre Behandlungsfälle abrechnen
  • 01. Januar 2004: Die DRGs sind verpflichtend eingeführt

DRG-Code

DRG-Code


benötigte Daten

  • Hauptdiagnose, die den Krankenhausaufenthalt begründet
  • Nebendiagnosen, die den Schweregrad berücksichtigen sollen
  • Operationen und Prozeduren (wie zB Beatmung, Lungenaufnahmen)
  • Alter des Patienten
  • Geschlecht des Patienten
  • Verweildauer



der Grouper

Der sogenannte Grouper, eine Computer-Software, errechnet dann daraus die passende DRG

Kritik

Homogenität

DRGs wurden mit dem Anspruch gebildet, homogene Gruppen von Behandlungsfällen darzustellen. Unter Homogenität wurde dabei sowohl die Ähnlichkeit der Fälle innerhalb der einzelnen DRG aus klinischer Sicht, wie auch – und besonders – die Ähnlichkeit der Fälle bezüglich der Kosten verstanden. Im G-DRG-System ist das Hauptaugenmerk auf das Leistungsgeschehen gerichtet, welches aufgrund medizinischer Diagnosen und daraus folgender Intervention zu vergüten ist. Demnach sollen sich alle Leistungen innerhalb des Versorgungsprozesses vom Anlass des Krankenhausaufenthaltes ableiten lassen.

Für die Pflege stellt sich die Frage, ob ihre Leistungen angemessen bei der Bestimmung einer DRG berücksichtigt werden, bzw. ob DRGs die Pflege adäquat abbilden (können). Es gibt wohl DRGs, mit denen ein Pflegeaufwand relativ gut vorhergesagt werden kann, jedoch gibt es offensichtlich genauso DRGs, mit denen das absolut nicht möglich ist.

Wolfram Fischer konnte in mehreren Untersuchungen, die in Ländern mit DRG- Erfahrung, wie zum Beispiel Dänemark (Viborg) und der Schweiz (St.Gallen), durchgeführt wurden, zeigen, dass diagnosebezogene Patientengruppen bezüglich des Pflegeaufwands innerhalb einer Gruppe relativ stark schwanken. (vgl. Fischer, 2001). Aus Sicht der Gesamtkosten wie auch der Pflegekosten heißt dies, dass ärztliche Diagnosen und Prozeduren zwar kostenrelevante Kriterien sind, dass es aber noch mehr Variablen zu geben scheint, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Behandlung des Patienten und damit auch auf die Kosten haben Insgesamt kann nach allen Untersuchungen festgehalten werden, dass keine lineare Beziehung zwischen medizinischer Diagnose oder Diagnosegruppe (DRG) und erforderlicher Pflege vorausgesetzt werden kann. Dies kann darin begründet sein, dass sich Pflege aus einer anderen Perspektive mit demselben Gesundheitsproblem beschäftigt als es die Medizin tut .


Medizin vs. Pflege

Gewinnung und Interpretation von Daten, die den Aufwand, den ein Patient im Krankenhaus erfordert, prognostizieren, sind abhängig vom angestrebten Ziel. Im Krankenhaus werden Zieldiskussionen meistens nicht pflegespezifisch geführt, da die medizinische Behandlung im Vordergrund steht. Die medizinischen Diagnosen dienen aber als Grundlage zur DRG-Konstruktion. Die Diagnose bringt insofern die Patientenstruktur aus ärztlicher Perspektive hervor, nicht jedoch aus Sicht der Pflege.

Das wesentliche Ziel der Medizin lässt sich als Ausschaltung von Krankheitsursachen bzw. die Beeinflussung von Krankheitssymptomen verstehen, wohingegen das wichtigste Ziel der Pflege als größtmögliche Selbständigkeit in der Alltagsbewältigung durch Förderung der gesunden Anteile, unter der Voraussetzung des Einverständnisses der Betroffenen, definiert werden kann (Bartholomeyczik, 2002). Pflege wird daher vom Verlauf des Gesundungsprozesses bestimmt, nicht aber unbedingt von der ärztlichen Behandlung, denn Pflegeleistungen werden zwar über ärztliche Verordnungen ausgelöst, können jedoch auch von der Pflege aufgrund der vorliegenden Pflegediagnostik und der gesteckten Pflegeziele initiiert werden.

ICD-10 Diagnosen

Es werden die ICD-10 Diagnosen "Dekubitalgeschwür", "Diarrhö nach Antibiotika", "Orientierungsstörung" und "Demenz" als pflegerelevant benannt. Gerade die Diagnose Demenz wird als beispielhaft problematisch diskutiert, da sich in der ICD-10 17 unterschiedliche Formen der Demenz finden lassen. Die Pflege interessiert aber weniger die Ursache oder der Typ der Demenz, sondern das Erscheinungsbild, das Phänomen der Erkrankung und welche Auswirkungen es auf den Betroffenen hat. Sie weisen ferner darauf hin, dass es keine Diagnose für Mobilitätsbeeinträchtigung in den ICD-10 gibt, dabei stellt jedoch insbesondere die beeinträchtigte Mobilität eine der größten pflegerischen Aufgaben da.

Peer et al. führten 2002 eine Untersuchung auf zwei chirurgischen Stationen im Klinikum Lüdenscheid durch, bei der Pflegende mit einem eigenen Software-Programm pflegerelevante Nebendiagnosen aus dem ICD-10-Schlüssel kodieren sollten. Welche Diagnosen ausgewählt wurden, wird nicht benannt. Die von den Pflegenden kodierten Fälle wurden mit denen der Mediziner verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass, in fast allen Fällen, durch zusätzliche pflegerische Kodierungen die Eingruppierung in eine höhere DRG erfolgte, und somit ein höherer Vergütungssatz erzielt wurde. Inwieweit diese DRG den tatsächlichen Leistungsaufwand widerspiegelt, ist unbekannt. Eine weitere Idee bei der Bestimmung pflegerelevanter Nebendiagnosen ist, die NANDA Pflegediagnosen auf die ICD-10 zu übertragen. Wolfram Fischer konnte nach einer Untersuchung zeigen, dass dies nur bei ca. einem Fünftel der NANDA Pflegediagnosen möglich ist.

interne Budgetierung

Das DRG-System unterstützt die Fallbetrachtung und ignoriert Abteilungsgrenzen und Berufsgruppen, da pro Behandlungsfall ein Pauschalbetrag vergütet wird, den das Krankenhaus selbständig auf die einzelnen Funktionseinheiten verteilen muss. Da jedoch der pflegerische Aufwand bei gleicher Diagnose (oder DRG) stark variieren kann, ist es schwierig, der Pflege ihren gerechten Anteil zukommen zu lassen. Einer lückenlosen Pflegedokumentation kommt daher eine große Bedeutung zu. In Zukunft wird noch mehr für die interne Budgetierung gelten, was schon lange für die Dokumentation gilt: Was nicht dokumentiert, also nicht erfasst ist, gilt als nicht geleistet, und wird daher auch nicht vergütet. Pflege ist aufgefordert, entsprechende Arbeitsmethoden zu entwickeln, die den pflegerischen Anteil im DRG-System aufzeigen, der dann bei der Kostenkalkulation miteinbezogen werden kann. Der pflegerische Aufwand, also die täglich für den einzelnen Patienten erbrachten Leistungen, muss als präziser schriftlicher Nachweis in Form der Pflegedokumentation vorliegen, und so für die Kostenrechnung erfassbar sein.


Erwartungen

Pflegeintensität

Da die DRGs nicht direkt von der Aufenthaltsdauer des Patienten abhängen, sind Krankenhäuser daran interessiert, die Liegedauer gering zu halten, um Kosten einzusparen oder Gewinne zu erzielen. Die Pflegetage zum Ende einer Krankenhausbehandlung sind aus pflegerischer Sicht meist weniger aufwendig als zu Beginn. Da sich die Liegezeiten jedoch verkürzen, werden weniger aufwendige Patienten (Patienten am Ende der Krankenhausbehandlung) durch aufwendigere („frisch aufgenommene“ Patienten) ersetzt, weil frei gewordene Betten meist sofort neu belegt werden. Die Pflege in diesem Entlohnungssystem wird daher mit durchschnittlich pflegeintensiveren Patienten arbeiten müssen.

Von den 2087 deutschen Krankenhäusern verfügten im Jahr 2007 nur 445 über eine eigene Fachabteilung Intensivmedizin.

Patienten-Picking

Mit Patienten-Picking werden die Versuche bezeichnet, sich aus verschiedenen Patienten, die zur Aufnahme anstehen, sich die "profitabelsten" Patienten auszusuchen und relativ "kostspielige" abzulehnen, obwohl eigentlich Kapazitäten frei wären und eine Aufnahmeverpflichtung besteht. Eine ähnliche Möglichkeit ist es, die Zahl der Intensivbetten von vornherein bewusst niedrig zu halten und sich auf profitable Patientengruppen zu "spezialisieren". Versorgung in Betten in Intensivstationen mit einem Anteil von nur fünf Prozent der Krankenhausbetten sind nämlich etwa für 20 Prozent der Klinikkosten verantwortlich.

ambulante Pflege

Durch die Verkürzung der Liegedauer im Krankenhaus werden Pflegeleistungen an nachfolgende Institutionen, wie Pflegeheime und (vor allem) die ambulante häusliche Krankenpflege weitergeleitet. Durch diese vermehrte Verlagerung pflegerischer Aufgaben vom stationären in den ambulanten Bereich müssen pflegerische Strukturen und Prozesse im Krankenhaus auf die Anforderungen der im ambulanten Bereich tätigen Pflegenden ausgerichtet, und die sektorenübergreifende Kommunikation und Koordination systematisiert und intensiviert werden. In Ländern, wie zum Beispiel den USA oder Australien, gab es nach Einführung der DRGs einen regelrechten Boom im Bereich der ambulanten Pflege.

Prof. Dr. Bartholomeyczik gibt zu bedenken, dass es keine differenzierte Diskussion darüber gibt, in welchem Zustand Patienten entlassen werden dürfen, und fordert die Entwicklung differenzierter Normen. Da bei vielen Patienten die Entwicklung der Selbständigkeit zum Zeitpunkt der Entlassung noch nicht auf dem benötigten Stand ist, fordert sie, das DRG-System dürfte nicht eingeführt werden, solange die Versorgung außerhalb des Krankenhauses, vor allem die nicht-stationäre Versorgung, dermaßen schlecht funktioniert wie es jetzt der Fall ist. Fest steht nur, dass die Finanzierung einen Drehtüreffekt ausschließen soll. Dies sieht nach Meinung von Bartholomeyczik wie ein gewaltiges Versuchsfeld mit Pflegebedürftigen aus, bei dem ausprobiert wird, wie früh Pflegebedürftige aus dem Krankenhaus entlassen werden können, und in welche anderen Versorgungssysteme sie abzuschieben sind, um eine Wiedereinweisung zu vermeiden.

Personal

Der Einsatz von Pflegenden wird nicht mehr auf einer festen Station erfolgen, sondern vom Bedarf einzelner Stationen und Funktionseinheiten gesteuert werden. Neben dieser einsatzortbezogenen Flexibilität wird jedoch mittelfristig auch eine zeitliche Flexibilität der Pflegenden gefordert werden, um auf „saisonbedingte“ Belegungsdichten von Stationen und Funktionseinheiten zu reagieren. Unter sozialen Gesichtspunkten betrachtet ist hier zu bedenken, dass die höheren Anforderungen an Flexibilität der Pflegenden nicht unbedingt zu deren Zufriedenheit beitragen werden.



Befürchtungen

  • Krankenhausschließungen
  • Personalabbau

siehe auch

Medizinischer Kodier- und Dokumentationsassistent

Literatur

Bücher:

  • Bartholomeyczik, S. (2002): Erforderliche Pflege und die geplante Einführung der DRGs in: Kolb, S. et al, Medizin und Gewissen – wenn Würde ein Wert würde..., Mabuse Verlag, S. 229-235
  • Fischer, W. (2002): Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege, Hans-Huber-Verlag, ISBN 3456835760 und [1]
  • Hollick, J., Kerres, A. (2002): Pflege im DRG-System, Spitta-Verlag, ISBN 3934211380


Zeitschriften:

  • Bartholomeyczik et.al. (2005): Arbeitsstrukturen in der Pflege im Krankenhaus und die Einführung der DRGs. In: PfleGe 10 (3), S.125-130
  • Althauser, M. (2004): Auf einem Auge blind. In: Nightingale 3 (1) S. 11- 20
  • Arbogast, C., Großhans, R. (2003) Zukunft der Führung in der Pflege in: Die Schwester Der Pfleger 42(8) S. 600-603
  • Braun, B., Müller, R., Timm, A. (2004) Arbeitsbedingungen von Pflegekräften und DRG in: Dr.med.Mabuse Nr. 149 S. 20-21
  • Harms, K., Dieffenbach, S. (2001a): DRG und ihre Bedeutung für die Pflege – Pflegedokumentation und Leistungserfassung in: Intensiv 6/2001, S. 246-250
  • Haubrock, M. (2004) Das deutsche Gesundheitssystem in der Krise ? Teil2 in: Die Schwester Der Pfleger 43 (8), S. 604-607
  • Hunstein, D. (2003): Pflegerische vs. medizinische Aussagen in DRGs in: DV Pflegewissenschaft (Hrsg.), Das Originäre der Pflege entdecken. Pflege beschreiben, erfassen, begrenzen, Mabuse Verlag, S. 161-180
  • Knoch, A. (2003): Wenig Personal – viel Arbeit; Pflege Aktuell 57 (4); S. 188-191
  • Knüppel, D. (2003): Die DRG- Einführung und ihre Folgen – Lehren aus den USA in: Das Krankenhaus 95 (5) S. 387-391
  • Mansky, T., Glier, O., List, S.M. (2004): Das DRG-System zeigt Wirkung in: f&w – führen und wirtschaften im Krankenhaus 21 (6) S. 558 -563
  • Peer, S., Risse, G., Lorenz, S. (2002): DRGs und Pflege – die Zeit läuft in: Die Schwester Der Pfleger 40 (8), S.678f
  • Schanz, B. (2003): DRGs als leistungsgerechte Finanzierung – aber nicht für die Pflege in: Die Schwester Der Pfleger 41 (2), S. 124f
  • Von Gagern-Unkel, U. (2003): Die Arbeitsorganisation im Krankenhaus muss sich entscheidend ändern in: Pflege Aktuell 57 (2); S. 75-77


weitere Veröffentlichungen

  • Hunstein, D., König, P., Müller M. et al. (2006): Vermeiden von Fehlentwicklungen durch korrekte Abbildung des Pflegeaufwands im G-DRG-System (Expertenstellungnahme des Deutschen Pflegerats), abrufbar unter [2]

Weblinks