Methicillinresistenter Staphylococcus aureus

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Methicillinresistenter Staphylokokkus aureus (auch multiresistenter Staphylokokkus aureus) (MRSA) ist ein gegen bestimmte Antibiotika resistenter Infektions-Erreger. Die Leitresistenz besteht gegen Oxacillin / Methicillin - daher der Name. Der Erreger kann aber auch gegen Gentamicin, Chinolone der Gr.IV, Teicoplanin, Quinopristin/Dalfopristin unempfindlich sein. Wie der Methicillin sensible Staph. aureus (MSSA) kann der Erreger eitrige Infektionen hervorrufen.

Staphylokokken

Staphylokokken sind unbewegliche, meist in Haufen oder in kurzen Ketten gelagerte, nicht sporenbildende grampositive Kugelbakterien (Kokken). Auf Agarnährböden bilden Staphylokokken runde, glänzende Kolonien, die weißlich oder goldgelb (daher der Name "aureus" = golden) sein können. Sie sind in der Lage unter den verschiedensten Umweltbedingungen zu wachsen. Die besten Voraussetzungen ergeben sich allerdings bei Temperaturen zwischen 30°C und 37°C. Ein besonderer Faktor für ihre Resistenz ist die erhöhte pH-Toleranz, sowie die Unempfindlichkeit gegen Austrocknung. Mit einigen Ausnahmen sind Staphylokokken fakultativ anaerob. Im Bezug auf den Selektionsdruck gegen antibakterielle Wirkstoffe, setzt sich bei Staphylokokken vergleichsweise schnell eine Resistenzentwicklung, durch Mutation oder der Bildung von Resistenzgenen, durch. Besonders betroffen sind krankenhausspezifische Stämme.


Hinter der Abkürzung MRSA verbergen sich Bakterien und zwar Staphylococcus aureus, die Abwehrmechanismen gegen Antibiotika wie Methicillin bzw. Oxacillin entwickelt haben und daher nur noch schwer zu behandeln sind. Diese widerstandsfähigen Bakterien werden Methicillin-resistente Staphylococcus aureus oder MRSA genannt. Gelegentlich kann in der Literatur auch die Abkürzung ORSA für Oxacillinresistenter Staph. aureus gefunden werden. Die Begriffe haben dieselbe Bedeutung und kommen aus dem unterschiedlichen Gebrauch der Begriffe Methicillin/Oxacillin, die dasselbe Medikament bezeichnen.

Staphylococcus aureus kommt regelmäßig auf der Haut gesunder Menschen vor, kann jedoch auch in den Körper eindringen und dort Infektionen verursachen.

MRSA findet sich am häufigsten in der Nase, im Rachen, in der Leistengegend und im Dammbereich, mitunter auch in Wunden, im Urin und Blut.

Erläuterung

Methicillin wird im allgemeinen als Oberbegriff für moderne Penicilline verwendet, z.B. Ofloxacin (Tarivid®), Ciprofloxacin (Ciprobay®), Moxifloxacin (Avalox®) resistent heißt, daß der spezifische Erreger gegen ein Antibiotikum in therapeutischer Konzentration "immun" ist Staphylokokkus aureus ist ein Erreger, der fast überall vorkommt, bei fast jedem Menschen zu finden ist (auch wenn er keine Symptome verursacht) und im Krankheitsfall Eiter verursacht. Typische Erscheinungsformen sind die Nagelbettentzündung (Panaritium) oder der vereiterte Zahn.

Vorkommen

Inzwischen kann bei etwa jedem zehnten Menschen in Deutschland eine Besiedlung mit MRSA nachgewiesen werden, auch ohne Vorliegen einer Grunderkrankung, Wunde oder eines sonstigen Risikofaktors. Besonders chronische Wunden wie Ulcus cruris oder das diabetische Gangrän sind oft mit MRSA besiedelt. Über Schmierinfektionen wird der Keim häufig auch in den Nasen-/Rachen-Raum verschleppt (ein Patient führt bei sich einen Verbandswechsel durch, wäscht sich danach zwar die Hände, desinfiziert sie aber nicht, putzt sich dann z.B. die Nase und verschleppt so unmerklich die Keime).

Gelegentlich wird MRSA auch im Blut oder Urin nachgewiesen.

Risikogruppen

Das Immunsystem eines gesunden Menschen wird "spielend" mit MRSA fertig, ohne daß es zu einer schwerwiegenden Erkrankung kommt. Gefährdet sind jedoch unter anderem folgende Personengruppen:

  • Säuglinge/Kleinkinder
  • Patienten mit großflächigen Wunden (z.B. Verbrennungen)
  • Dialysepatienten
  • i.v. Drogenabhängige
  • Patienten mit chronischen Wunden (Ulcus cruris, Dekubitus, Tracheostoma, diabetisches Gangrän...)
  • Diabetiker
  • Patienten mit AVK (arterielle Verschlusskrankheit)
  • immungeschwächte Menschen:
    • HIV-Erkrankte
    • Krebs-Patienten während der Chemotherapie
  • ältere multimorbide Patienten
  • Patienten mit mehreren Krankenhausaufenthalten in den letzten 12 Monaten
  • Patienten mit Aufenhalten in einem Land mit hoher MRSA-Prävalenz (z.B. süd- und osteuropäische Länder, USA, Großbritannien, Japan..)

Screening

Während es mehrere Tage dauert, bis das Ergebnis eines normalen Wund- oder Hautabstrichs vorliegt, lässt sich mit Hilfe moderner PCR-Tests ein MRSA innerhalb weniger Stunden nachweisen. In Krankenhäusern sollten bestimmte "Risiko"-Patienten bei Aufnahme prophylaktisch isoliert werden. Durch die PCR-Tests läßt sich die Isolation oft auf wenige Stunden beschränken. Hatte ein Patient einmal eine MRSA-Kontamination/Infektion, kann der PCR Abstrich lange positiv sein, auch wenn der Patient erfolgreich eradiziert wurde. Der PCR-Test weist das vorliegen bestimmte, für den MRSA-Keim typische Gensequenzen nach, nicht lebende Zellen!

Maßnahmen

Allgemein

Die Kontamination (Besiedlung) wird lokal bekämpft. Bei einer systemischen Infektion richtet sich die Therapie nach der Klinik. Muss antibiotisch behandelt werden, soll unbedingt das Antibiogramm beachtet werden. Der Fortschritt der Behandlung wird durch Abstriche kontrolliert. Im allgemeinen wird von einer erfolgreichen Therapie ausgegangen, wenn drei Proben an drei aufeinanderfolgenden Tagen eine negative Befund aufweisen. MRSA ist keine meldepflichtige Erkrankung. Eine Meldung an das zuständige Gesundheitsamt muß nur bei gehäuftem Auftreten (laut Infektionsschutzgesetz: bei zwei oder mehr Erkrankungen in zeitlichem oder räumlichen Zusammenhang) erfolgen. Nach der letzten Erweiterung der Meldepflichregelung, die zum 01.07.2009 in Kraft trat, ist der Nachweis von MRSA in der Blutkultur oder Liquor durch das Labor an das zuständige Gesundheitsamt zu melden.

Zur lokalen MRSA-Sanierung können Polyhexanid-haltige Produkte verwendet werden (einige müssen vom Apotheker selbst hergestellt werden):

  • Zur Reinigung von Wunden eignen sich Octenisept®, Prontosan®, Prontosan® Wound Gel.
  • Zur Sanierung von MRSA-Besiedlungen im Nasen-/Rachenraum eignen sich
    • Mupirocin/Turixin®-Nasensalbe
    • Prontoderm® Gel light
    • ProntOral®, Octenidol® (Ausspülen des Mundes und Gurgeln nach dem Zähneputzen)
  • Zur täglichen Körperpflege sollten vorübergehend anstelle herkömmlicher Seifen und Shampoos geeignete Waschlotionen (z.B. Prontoderm®, Prontoderm® Foam) benutzt werden.

Schutzmaßnahmen beim Umgang mit MRSA-Patienten

...allgemein

  • alle an der Behandlung und Pflege Beteiligten müssen informiert werden
  • Instrumente und Pflegematerialien verbleiben beim Patienten oder werden nach Gebrauch gründlich desinfiziert
  • Einweg-Material zu verwenden ist Verschwendung!

...im Krankenhaus

  • MRSA-Patienten müssen isoliert untergebracht werden (Kohortisolierung möglich)
  • Die Pflegekräfte die MRSA-Patienten versorgen, sollen reduziert werden (etwa 1-2 Personen pro Schicht)
  • Pflegekräfte müssen je nach Tätigkeit im Patientenzimmer Handschuhe, Schutzkittel tragen. Wenn nur das Essen ins Zimmergebracht wird, reicht beim verlassen des Zimmer eine hygieneische Händedesinfektion. Mundschutz und Kopfhaube sind nur zweckmässig wenn infektiöse Aerosole entstehen können.
    • bei länger dauernder Isolierung erhöht sich die Gefahr von Hospitalismus
  • Geschirr wird beim Spülen im Geschirrspüler ausreichend thermisch desinfiziert, kontaminiertes Geschirr auf direktem Weg in den Essenwagen geben (kein Einmalgeschirr).
  • Abfälle werden im Zimmer gesammelt
  • Bettwäsche, Handtücher etc. werden im Zimmer in Wäschesäcken (normale Krankenhauswäsche) gesammelt
    • volle Abfallsäcke und Wäschesäcke fest verschließen und beim Verlassen des Zimmers in einen weiteren Sack geben. Direkt der Entsorgung zuführen!
  • Patientendokumentation/Kurve nicht auf dem Patientenbett ablegen
  • nach Entlassung des Patienten bei der Aufbereitung von Zimmer, Bett, Nachttisch und anderen Materialien normales Desinfektionmittel benutzen
  • Duschvorhänge, Gardinen bei längerem stationärem Aufenthalt (<4 Wochen)sinnvoll.

Bitte beachten: die Patienten haben meist eine lange "Krankenhauskarriere" hinter sich, also nicht auch noch zusätzlich sozial isolieren!!!

...im Pflegeheim

  • in der Regel keine Isolation, aber ggf. kann ein Einzelzimmer sinnvoll sein
  • eine gemeinsame Unterbringung mehrerer Bewohner mit MRSA ist möglich (Kohortenisolierung)
  • Pflegekräfte tragen Handschuhe, Schutzkittel bei Arbeiten direkt am Patienten, wenn Kontaminationen zu erwarten sind
  • Händedesinfektion vor und nach Bewohnerkontakt und ablegen der Handschuhe
  • tägliche Zimmerdesinfektion (Zimmer von MRSA-Bewohnern werden als letzte desinfiziert)

...in der ambulanten Pflege

  • Handschuhe, Schutzkittel bei Arbeiten direkt am Patienten
  • Händedesinfektion vor und nach Patientenkontakt und nach ablegen der Handschuhe

...im häuslichen Bereich

  • Angehörige sollten engen Körperkontakt meiden
  • Einmalhandschuhe bei Verbandswechseln
  • Wäsche mit 60 Grad waschen ist ausreichend (entspricht einer chemothermische Desinfektion)

Weblinks

Literatur

  • Heuck, D.; Witte, W. (2005) "Vorsichtiger Optimismus" in Altenpflege 09-2005, S.58-60


Bitte beachten Sie auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!