Rezension:Schnell, M.W.; Heinritz, Ch. - "Forschungsethik" (Hans Huber)

Aus Familienwortschatz
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Buchrezension
Titel "Forschungsethik - Ein Grundlagen- und Arbeitsbuch für die Gesundheits- und Pflegewissenschaft"
Autor(en) Martin Schnell und Charlotte Heinritz
Datum 2006, 1.Auflage
Verlag Verlag Hans Huber
ISBN ISBN 3456842880


Dies ist eine offizielle Rezension des PflegeWiki-Benutzers Produnis.

Da Rezensionen abgeschlossene Arbeiten sind, welche die subjektive Beurteilung des Verfassers beinhalten, sollen diese nicht von der Wikigemeinschaft überarbeitet werden.

Aus diesem Grund ist diese Seite "geschützt", und kann nicht bearbeitet werden.

Wenn Sie zu diesem Titel eine eigene Rezension verfassen möchten, nutzen Sie bitte die Diskussionsseite.



Inhalt

Zum ersten Mal widmet sich ein eigenständiges Buch speziell dem breiten Bereich der Forschungsethik in der Pflege. Die Autoren nehmen sich dem Problem an, dass im deutschsprachigen Raum kaum Strukturen für die forschungsethische Schulung von Wissenschaftlern oder für die Beratung und Begutachtung von Forschungsprojekten in forschungsethischer Hinsicht existieren. Das Buch möchte dazu beitragen, diesen Mangel auszugleichen. In 6 Kapiteln (und einem umfangreichen Anhang) bietet es in gelungener Weise einen Einstieg in die Problematik forschungsethischer Fragestellungen und Aufgaben sowie in die forschungsethischen Prinzipien.

Anhand von Beispielen zeigen die Autoren solche Fragen auf, die in der Durchführung von empirischen Forschungsprojekten in forschungsethischer Hinsicht auftreten können, und regen zur Reflexion an. Des Weiteren werden die Aufgaben und Prüfungsvorgänge einer Ethikkommission exemplarisch aufgezeigt. Somit richtet es sich sowohl an (erfahrene) PflegewissenschaftlerInnen, die bereits im Feld forschen, sowie an StudentInnen, welche für wissenschaftliche (Abschluss-)Arbeiten sich erstmals mit der Thematik befassen.

Das Buch unterteilt sich in 6 Kapitel und einen umfangreichen Anhang:

  • Einleitung in das Problemfeld
  • Grundlagen der Forschungsethik
  • Skala ethisch-methodischer Komplexität
  • Das Problem der Vulnerabilität und sein Umfeld
  • Die Prüfung durch die Ethikkkommissionen
  • Übungsaufgaben
  • Anhang


Einleitung in das Problemfeld

Im ersten Kapitel widmen sich die Autoren auf 8 Seiten dem Einstig in das Problemfeld. Zunächst werden mögliche Rollen von Pflegenden im Forschungsprozess skizziert und der Zusammenhang von "Theorien der Pflege" und Pflegeforschung aufgezeigt. Anschließend wird die Rolle des Patienten als Proband beschrieben.

Es wird ein kurzer Einblick in den geschichtlicher Verlauf der medizinischen und (amerikanischen) pflegerischen Forschungsethik gegeben.

Zum Kapitelabschluss geben die Autoren kurze Bemerkungen, warum Forschungsmethoden nicht ethisch neutral sind.


Grundlagen der Forschungsethik

Die im ersten Kapitel gegeben Bemerkungen, dass Forschungsmethoden nicht ethisch neutral sind, werden im zweiten Kapitel weiter gestützt. Dies geschieht zunächst durch Bezugnahme auf die Menschenrechte und Menschenwürde sowie der informierten Zustimmung (informed consent). Anschließend formulieren und erläutern die Autoren 8 forschungsethische Grundsätze (Prinzipien). Diese werden abschließend zum "Kern der Forschungsethik" zusammengefasst.


Skala ethisch-methodischer Komplexität

Das dritte Kapitel befasst sich mit der Anwendung der 8 forschungsethischen Prinzipien anhand von 8 Fallbeispielen, welche in Komplexität und "forschungsethischer Schwierigkeit" ansteigen. Jedes Fallbeispiel endet mit der Frage "Was hat der Forscher zu beachten?", welche zur selbstständigen Reflexion einlädt. Anschließend werde die zu beachtenden Aspekte beschrieben.


Das Problem der Vulnerabilität und sein Umfeld

Das mit 6 Seiten kürzeste Kapitel beschäftigt sich mit der Bestimmung von vulnerablen Gruppen. Die Autoren liefern eine Definition zu Vulnerabilität und beschreiben die Problematik z.B. in der Umsetzung des informed consent, des Datenschutzes oder der ethischen Prognose und Prävention bei bestimmten Untergruppen.

Die Prüfung durch die Ethikkkommissionen

Im fünften Kapitel befassen sich die Autoren mit Aufgaben und Prüfvorgängen von Ethikkommissionen. Zunächst wird der Unterschied zwischen Ethikkommissionen, Ethikforen und dem Nationalen Ethikrat aufgezeigt und ein kurzer geschichtlicher Einblick hinsichtlich Pflegeforschung und Ethikkommision(en) gegeben.

Am Beispiel der Ethikkommission DG-Pflegewissenschaft folgt die Beschreibung von Hauptaugenmerken, an denen sich die Prüfung eines Forschungsvorhabens seitens der Ethikkommission orientiert. Des Weiteren wird das "ethische Clearing" als Ergebnis der Beratung durch eine Ethikkommission (auch anhand eines Muster-Clearing) beschrieben.

Abschließend wird an Beispielen angemerkt, dass trotz Plausibilitätsprüfung seitens einer Ethikkommission bei empirischen Forschungen dennoch ethisch relevante Probleme eintreten kännen.


Übungsaufgaben

Das sechste Kapitel bietet 5 Übungsfallbeispiele, an denen die interessierten Leser ihre (neuerworbene) ethische Urteilskraft messen können. Zu jeder Übungsaufgabe werden Bearbeitungshinweise gegeben, über deren Umfang der Leser weiter hinausschreiten kann und soll.


Anhang

Das Buch bietet einen umfangreichen Anhang. Zu jedem angehängten Dokument wird zunächst eine Vorbemerkung im Sinne eines Abstracts zur Verfügung gestellt.

Angehängte Dokumente sind:

  • Auszüge aus dem Bundesdatenschutzgesetz
  • Auszuge aus dem Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
  • Auszuge aus dem Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft
  • Auszug aus den ethischen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e.V. und des Bundesverbandes Deutscher Psychologen
  • IHK/ESOMAR Internationaler Kodex für die Praxis der Markt- und Sozialforschung
  • Deklaration des Weltärztebundes von Helsinki: Ethische Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen
  • Die drei primären Grundsätze des Belmont-Reports
  • Informationsschreiben (Muster für die Mitwirkenden eines pflegewissenschaftlichen Forschungsprojekts)
  • Einverständniserklärung (Muster für die Teilnahme an einem pflegewissenschaftlichen Forschungsprojekt)


Fazit

Ein solches Buch ist meiner Ansicht nach schon lange überfällig. Die Autoren verstehen es, ohne Umwege und Ausschweifungen das Themengebiet der (nicht nur pflegewissenschaftlichen) Forschungsethik zu umreissen und die wichtigen Aspekte in einem eigenständigen Buch zu sammeln. Bisher war hierzu die Lektüre mehrerer unterschiedlicher Bücher notwendig, wobei die Arbeitsweisen einer Ethikkommission bis dato nie so konkret angesprochen wurden.

Anhand der gut ausgewählten Fall- und Übungsbeispiele lassen sich die (hier evtl. neu) erworbenen Kenntnisse anwenden - auch wenn dem (unerfahrenen) Leser hier deutlich wird, dass es keine forschungsethische "Allheilformel" gibt. Vielmehr muss jedes Projekt (in seiner Einzigartigkeit) im Hinblick auf die vorgestellten 8 forschungsethischen Prinzipien analysiert werden. Einen gelungenen Abschluss bildet der umfangreiche Anhang, welcher dem Leser einen Einblick in die im Buch angesprochenen Dokumente gibt.

Bewertung von Produnis: 5 von 5 Amelies!

Produnis vergibt 5 von 5 Amelies