Reanimation

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Reanimation, auch Cardio-Pulmonale-Reanimation (Abkzg: CPR) = Wiederbelebung durch Maßnahmen zur Atmung, Stabilisierung der Herzaktion und Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs

Im Krankenhaus sollte ein Notfallpatient mit Herzkreislaufstillstand bei Kammerflimmern innerhalb von drei Minuten reanimiert werden, um eine weitere Schädigung anderer Organe zu verhindern. Nach der begrenzten Überlebenszeit der Organe bleiben diese irreversibel geschädigt. Am empfindlichsten reagieren Gehirn und Herz. Die Überlebenszeit für das Gehirn beträgt ca. 5 Minuten (Grenzzeitpunkt von außen akut nicht bewertbar). Für das Herz beträgt dieser Zeitraum deutlich länger: 30 bis 75 Minuten (ohne weitere Schädigungen des Herzens).

Eine professionelle Notfallversorgung, als Zusammenarbeit aller Profis in einer Überlebenskette, muss als Standard für ÄrztInnen und Pflegende festgelegt und als Qualitätskriterium betrachtet werden.


Internationale Richtlinie zur Cardiopulmonalen Reanimation (CPR)

Die Richtlinien des International Liaison Committee on Resuseitation (ILCOR) zur Cardiopulmonalen Reanimation (CPR) wurden im August 2000 weltweit veröffentlicht.

- Aktuelle Ergänzung: Achtung, neue Leitlinien seit Ende 2005! -

Danach gehören diese Basismaßnahmen zur Notfallversorgung:

1. Das schnellst mögliche Erkennen der klinischen Zeichen eines akuten Koronarsyndroms oder eines apoplektischen Insultes. Sorge für die Einleitung der vorausgeplanten Maßnahmen (Reaktion einleiten = Notruf an das Notfallteam).

2. Atemspende beziehungsweise Beatmung bei funktionellem Atemstillstand. Dazu gehört als Voraussetzung das Erkennen einer evtl. Atemwegsverlegung (Fremdkörperaspiration) und die Fremdkörperentfernung.

3. Durchführung der Herzdruckmassage und gleichzeitiger Beatmungsmaßnahmen beim Herzkreislaufstillstand.

4. Externe (automatische) Defibrillatoren (Abkzg. Defi; AED) beim tachykarden funktionellen Herzkreislaufstillstand.

zu Punkt 1:

Bewusstseinskontrolle

Die Bewusstseinskontrolle soll primär durch laute Ansprache erfolgen. Reagiert der Patient nicht, sollte er leicht an der Schulter geschüttelt werden oder durch Umfassen des Unterkiefers ein taktiler Reiz gesetzt werden. Gleichzeitig erfolgt die Suche nach allgemeinen Zeichen einer Kreislauffunktion (Schlucken, Husten, Bewegen) oder das Feststellen der Reaktionslosigkeit auf eine durchgeführte künstliche Beatmung.

Pulskontrolle

Für Laien wird das Überprüfen des Karotispulses nicht mehr empfohlen. Laien sollen nur nach allgemeinen Zeichen einer Kreislauffunktion suchen. Die Suche nach einer Kreislauffunktion durch Pulskontrolle (K- bzw. Carotispuls) sollte bei medizinischem Fachpersonal nicht länger als zehn Sekunden dauern.

Notruf

Bei bewusstlosen Personen/Patienten sollen die Ersthelfer (auch medizinisches Fachpersonal) zuerst den Rettungsdienst alarmieren und danach mit den Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen ("Phone first").

Ausnahmen hiervon sind Kinder unter acht Jahren oder Personen mit primärem respiratorischen Versagen, zum Beispiel Ertrinkungsopfer, Verletzte nach Trauma oder Drogen-Intoxikierte. Hier muss sofort Hilfe geleistet werden. In diesen Fällen ist unverzüglich, da es sich um ein respiratorisches Versagen handeln dürfte, mit der Beatmung oder Reanimation zu beginnen. Schnellstmöglich soll hier der Notruf abgesetzt werden.


zu Punkt 2:

Beatmung

Das Beatmungsvolumen ohne zusätzlichen Sauerstoff bei der Atemspende Mund zu Mund, Mund zu Nase, per Atemmaske mit Filter oder Beatmungsbeutel sollte etwa 10 ml/kg KG (700 bis 1000 ml) umfassen.

Die Inspirationszeit soll etwa zwei Sekunden betragen. Zu beobachtender Erfolg dabei soll der sich deutlich anhebende Thorax sein.

Empfehlenswerte Hilfsmittel bei der Beatmung (ohne Intubation) sind der Guedeltubus, der Ambubeutel (oder Rubenbeutel, Beatmungsbeutel) mit einer passenden Gesichtsmaske. Durch die manuelle Kompression gestaltet sich das Einpressen der Luft in die Lungen des Notfallpatienten deutlich leichter und kann dadurch gleichmäßiger und langer durchgeführt werden. Bei der Mund zu Mund - Beatmung ist ein Sich Abwechseln der Helfer nach wenigen Minuten sinnvoll.

Beatmung mit Sauerstoff

Bei Beatmung mit Sauerstoff (> 40 Prozent O2) soll das Beatmungsvolumen 6 bis 7 ml/kg KG (400 bis 600 ml) betragen.


zu Punkt 3:

Herzdruckmassage ohne Beatmung

Für Laien, die keine Mund-zu Mund Beatmung, Mund zu-Nase Beatmung (Ekel-Überwindung oder massive Blutung im Gesichtsbereich) oder eine Beatmung über eine Beatmungsmaske durchführen können, ist eine Herzdruckmassage ohne Beatmung möglich. Es ist besser, das restoxygenierte Blut im Kreislauf zu verteilen, als keine Reanimation durchzuführen. Jedoch sollte man dabei bedenken, dass ohne Sauerstoffzufuhr (Beatmung) eine Wiederbelebung kaum zum Erfolg führen kann. Ohne Sauerstoffzuhr kann das Gehirn des Menschen nicht überleben. Nach spätestens 5 Minuten kommt es zu irreparablen Schäden. Als Faustformel gilt: je Minute ohne Sauerstoffversorgung sinkt die Überlebenschance um ca 10%. Nach 5 Minuten hat man dadurch immer noch eine 50:50 Chance. Eine Reanimation ohne Beatmung kann deshalb nur von kurzer Dauer ( max. 3-5 Minuten) sein. Günstiger wäre es, wenn sich jeder Erst-Helfer eine Beatmungshilfe zulegen würde, die für wenig Geld in Sanitätshäusern, Apotheken oder bei Hilfsorganisationen zu erhalten sind. Dadurch lässt sich das "Ekel"-Professionelle Helfer sollten baldigst für die Beatmung sorgen (Mund-zu Mund, mit Ruben-Beutel, noch besser mit O2, manuelle Beatmung)

Druckpunkt

Der Druckpunkt für die Herzdruckmassage hat sich nicht verändert, wird den aktuellen Richtlinien nach aber anders ermittelt. Laut der neuen Methode wird der Mittelpunkt des Brustbeins ermittelt und der Handballen unter diesem Punkt angesetzt.

Die "Zweifinger-Methode" wird nicht mehr gelehrt, führt aber weiterhin zum richtigen Druckpunkt.

Druckfrequenz

Die Druckfrequenz (Geschwindigkeit) bei der Herzmassage beträgt mindestens 100 Hübe bis maximal 120 pro Minute.

Dadurch kann effektiv, nach Abzug der Beatmungsphasen, eine Herzdruckmassage mit einer Kompression von zirka 70-80 pro Minute erreicht werden.

Verhältnis von Druckfrequenz zu Beatmung

Das Verhältnis von Herzdruckmassage zur Beatmung ist für alle Gegebenheiten (Ein Helfer und Zwei Helfer Methoden, Laien und Medizinisches Fachpersonal) 30 : 2, solange der Patient noch nicht intubiert ist.

Bei intubierten Patienten wird die Herzdruckmassage zur Beatmung nicht unterbrochen.

Studien haben gezeigt, dass durch längere kontinuierliche Phasen der Herzdruckmassage mit einer besseren koronaren und zerebralen Perfusion zu rechnen ist.


Überkopfreanimation

Falls man als Einzelperson mit Medizinischer Ausstatung wie Beatmungsbeute oder Maske in die Situation kommt, allein einen anderen Menschen reanimieren zu müssen, ist die Überkopfreanimation das Mittel der Wahl. Der Ersthelfer befindet sich dabei sowohl bei der Beatmung als auch bei der Herzdruckmassage am Kopfende des Patienten, er reanimiert also über dessen Kopf hinweg. Dies spart zunächst die Zeit beim Wechsel zwischen Kompression und Beatmung. Für die klassische Laien-Reanmiation ist die Methode nicht geeignet und wird auch nicht gelehrt.

Reanimation in Bauchlage

Eine neue Studie der Johns Hopkins University (Baltimore) und der Columbia University (New York) berichtet über die CPR in Bauchlage in der 6 Patienten nach mindestens 30 Minuten erfolgloser Reanimation in Bauchlage gedreht wurden um die Reanimation in dieser Lage fortzusetzen. Obwohl keiner der Patienten der Studie überlebten, kommt die Studie zu einem positiven Schluss: "Der systolische Blutdruck war um 48 bis 72 mmHg, der arterielle Mitteldruck um 32 bis 46 mmHg höher als unter der Reanimation in Rückenlage."[1]

zu Punkt 4:

Anwendung Automatisierter Externer DefibriIlator

Die Anwendung von automatisierten externen Defibrillatoren (AED) gehört auch zu den von Laien erlernbaren und von Laien leicht anzuwendenden Maßnahmen.

Die Anwendung von AED´s bei Kindern unter acht Jahren kann erfolgen, wenn der AED über entsprechende Kinderelektroden verfügt. Diese reduzieren die angewandte Energie. Ferner verfügen einige AED über ein spezielles Kinderprogramm (z.Bsp Samaritan PAD) Für Säuglinge (unter 12 Monaten) ist ein Einsatz des AED nicht empfohlen.

Ausstattung, Vorbereitung

Ersthelfer, dazu gehört in der akuten Situation auch das Krankenpflegepersonal, sollen in der Anwendung von AEDs trainiert, damit ausgerüstet und für die Anwendung autorisiert werden.


weiteres:

Begleitende Pharmakotherapie

Klärung des ärztl. Verantwortungsbereichs !

Beim Vorhandensein eines venösen / ossären Zugangs soll gegeben werden:

  1. Adrenalin: 1 mg i. v., alle 3 bis 5 Minuten; endobronchial: dreifache Menge, 3 mg Adrenalin. (endobronchiale Anwendung nach neuen ERC Guidelinien nicht mehr empfohlen!!!)
  1. Vasopressin: 40 I.E. i. v., 1 x Bolus bei Kammerflimmern (weitere randomisierte, multizentrische Studien sind zur Zeit in Arbeit, das Medikament ist derzeit in Deutschland nicht zugelassen und muss über internationale Apotheken bezogen werden).
  1. Amiodaron: 300 mg i. v., zweite Dosis: 150 mg i. v. (durch NA) (max. 2,2 g/24 h)(cave: Kompartibilitätsprobleme mit anderen i.v Medikamenten! Kann z.B. zur Ausflockung führen!).
  1. Lidocain: 1 bis 1,5 mg/kg KG alle 3 bis 5 Minuten.
  1. Atropin: einmalig 3mg . (Kompletter Parasympathikusblock]]
  2. Magnesium Sulfat: 1 bis 2 g (bei Torsade de pointes).

Handlungsschema beim Antreffen einer bewußtlosen Person

Bewusstsein prüfen (anrufen, Schulter schütteln, massive Schmerzreize setzen) - ohne Bewusstsein

Atmung prüfen (sehen, hören, fühlen)

C - Kreislauf prüfen (Karotispuls, bis hierher max. 10 Sekunden, 1 Schlag aufs Brustbein nur bei "beobachteten" Herzstillstand)

Alarm geben, Anforderungen rufen (bin in Zi xx, Frau NN, Notarzt, RR, O2)

Möglichkeit A)

Kreislauf - ja

Atmung - ja

Stabile Seitenlage

Möglichkeit B)

Kreislauf - nein: 30 X Druckmassage (unterer Teil Brustbein-Handballen, Tempo: 100 pro Minute)

Atmung - nein: Atemwege freimachen ( dann Esmarchscher Handgriff zur Überstreckung ) - 2 X beatmen

In naher Zukunft:

Die Anwendung von automatischen externen Defibrillatoren gehört auch zu den von Laien erlernbaren und von Laien anzuwendenden Basismaßnahmen. Sie unterscheidet automatisch zwischen Herzrhythmus, Herzstillstand und Kammerflimmern. Danach wie bei C)

Möglichkeit C)

wenn Kreislauf ja - Atmung nein : nur beatmen (Beatmung fortsetzen, Kreislauf minütlich prüfen)



Die nächsten Maßnahmen:

O2-Gabe bei Spontanatmung oder zusätzlich zum Beatm.beutel.

Vorbereitungen für Infusion

Vorbereitungen für ärztliche Untersuchung

Vorbereitungen für Transport (übrigens auch, wenn Ärztin/Arzt zu lange Anreise haben)

Automatisierte Externe Defibrillatoren, AED

So genannte Automatisierten Defibrillatoren, Elektroschock-Geräte, genannt AED, auch Public Access Defibrillator (PAD), in U-Bahnen, Theatern und Rathäusern sollen die Überlebensrate steigern, wenn das Herz plötzlich flimmert. Die Bedienung ist kinderleicht - man muss sich nur trauen.

Bei diesen Geräten handelt es sich um halbautomatische Defibrillatoren, die den Anwender mit Sprachanweisungen durch die Defibrillation führen und teilweise auch Anweisungen zur eventuell nötigen kardiopulmonaren Reanimation geben.

Oftmals werden diese Geräte als "Vollautomaten" bezeichnet. Dies ist falsch und kann etwas irreführend sein, weil bei den meisten Geräten letztlich der Anwender derjenige ist, der den elektrischen Impuls durch Knopfdruck freigeben muss. Achtung: Die Defibrillatoren sind nicht in der Lage, die eventuell notwendigen Herzkompressionen zu ersetzen.

Die Björn Steiger Stiftung in Deutschland engagiert sich mit ihrer Aktion "Kampf dem Herztod" besonders, auch in Österreich werben viele Hilfsorganisationen, wie das Österreichische Rote Kreuz für die vermehrte Anschaffung und Installation von AED/PAD.


Artikel dazu:

Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator

Bei Patienten mit hohem Risiko für Kammerflimmern können miniaturisierte automatische Defibrillatoren (Implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren oder ICD von englisch Internal Cardioverter/Defibrillator), ähnlich einem Herzschrittmacher, implantiert werden. Ihre Elektroden haben dann direkten Kontakt zum Herzmuskel und lösen bei Bedarf selbstständig aus. Durch den direkten Kontakt sind viel geringere Energien möglich, der Patient merkt häufig nur einen leichten Schlag - so ähnlich wie beim Anfassen eines elektrischen Weidezauns. In vielen Fällen jedoch wird von Patienten eine fast unerträglich starke Empfindung dieser Therapieabgaben geschildert. Da zumeist mehrere Auslösungen von Elektroschocks dicht hintereinander erfolgen ist die psychische Belastung enorm hoch, in vielen Fällen müssen die Patienten durch Psychologen intensiv betreut werden.

Weblink dazu

Ärzte empfehlen Reanimationstakt von Bee Gees

Der Bee Gees Song "Stayin' Alive" wurde bei Reanimations-Übungen vorgespielt, damit die Teilnehmenden ein Gefühl für die richtige Geschwindigkeit der Kompressionen erhalten und auch länger durchhalten. Selbst bei den folgenden Übungen ohne "Begleitmusik" waren die Teilnehmenden konstanter im richtigen Takt, die zuvor mit dem Song "Bleib am Leben" aus "Saturday Night Fever" CPR geübt hatten. Als Gedächtnisstüzte sicher eine akzeptable Sache - aber es folgt daraus keine Empfehlung Rettungsfahrzeuge nur noch mit einer Stereoanlage ausrücken zu lassen.

Siehe auch:

Literatur

Referenzen

  • The American Heart Association in Collaboration with the International Liaison Committee on Resuscitation (2000): Guidelines 2000 for Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care. An International Consensus on Science. Circulation 102 (Suppl): I1-384 (Die Leitlinien 2000 - Orig. engl. Vgl. dazu den Link Die Leitlinien 2000 für die CPR...)
  • Friedhelm Henke: ERSTE HILFE - Lebensrettende Sofortmaßnahmen. Kohlhammer, Stuttgart 2005. 287 Seiten. ISBN 3-17-017884-9. (Das Buch entspricht den aktuellen internationalen und europäischen Richtlinien der Erste-Hilfe-Verbände und hat auch einen Übungsteil mit Fragen und Antworten.)

Weblinks